Bing-bang-gong! Beim letzten Ton war es genau eine Stunde später als Sie denken.
Früher, also ganz ganz früher als die Leute noch auf allen Vieren gingen und das Internetz nur ganz wichtigen Leuten vom Militär zur Verfügung stand um Pornos austauschten, früher also hatte ich noch eine Armbanduhr.
Ich war damals vielleicht fünf Jahre alt, als ich meine erste Uhr bekam. Es war eine analoge Uhr, mit Zeigern und Zahlen und man musste sie regelmäßig aufziehen. Weil ich gar keine Uhr brauchte und sowieso ständig das Aufziehen vergass lag die immer irgendwo auf dem Fußboden rum und irgendwann war sie kaputt.
Aber zum Glück schickte mir unsere Westverwandschaft eine neue Uhr. Eine Uhr mit Batterie und einer Digitalanzeige. Ich war damals sehr, sehr stolz auf diese Uhr weil sie aussah wie die Uhr eines Erwachsenen. Sieh hatte einen Wecker und konnte jede Stunde einmal piepen. Ausserdem hatte sie eine Stoppuhr. Nur eins fehlte ihr, was sie von jeder echten Erwachsenenuhr mit Digitalanzeige unterschied: sie konnte keine Melodie spielen. Jede Digitaluhr die etwas auf sich hielt konnte mit ihrem klitzekleinen Lautsprecher irgendeine GEMA-freie Melodie fiepsen, zum Beispiel „Für Elise“. Und manche Uhren konnten sogar sieben Melodien, eine für jeden Tag.
Wann immer ich neue Kinder traf baten sie mich als erstes: „Spiel die Melodie vor!“ Ich lebte damals in der nähe von Moskau, genauer gesagt in Dubna, weswegen mich die Kinder dies auf Russisch fragten, aber das würde jetzt zu weit führen. „Spiel uns die Melodie vor!“ Ich konnte nur mit den Schultern zucken. „Meine Uhr hat keine Melodie.“ Niemand glaubte mir. Eine Westuhr mit Digitalanzeige und Batterie ohne Melodie? „Sei nicht so gemein, spiel uns die Melodie vor.“ Dieser kleine Mangel meiner Uhr brachte mich um einige Sympathien.
Schnell lernte ich aber die Vorteile einer Uhr kennen: sie sagte mir wann ich aus dem Schulhort nach Hause durfte (um vier), wann meine Lieblingssendung kam (um acht) und wann ich zu hause sein muss (vor zwei Stunden). Der Wunsch immer die genaue Zeit zu kennen nahm einige Zeit später fast krankhafte Züge an: wieder in Berlin, wo alle Jungs aus meiner Klasse Digitaluhren hatten, war es absolut unumgänglich den Stundenbiep anzuhaben: zu jeder Stunde piepte die Uhr einmal kurz. Zu jeder vollen Stunde ging ein Gepiepse durch den Klassenraum. Möglichst synchron musste das Piepsen sein, wehe man war eine Sekunde zu früh oder zu spät dran. Weil ich nicht der Aussenseiter sein wollte verbrachte ich also Stunden vor dem Testbild das Fernsehprogramms. So etwas wie ein Testbild gibt es heute gar nicht mehr: es ist fast so langweilig wie Einkaufsfernsehen. Es wurde ausgestrahlt wenn die Fernsehsender keine anderen Sendungen hatten. Das Testbild hatte ein paar Kreise und bunte Rechtecke mit denen man den Fernseher optimal einstellen konnte. Prominent in der Mitte stand der Name des Fernsehsenders. Das wichtigste aber: es gab eine Uhr! Mit Sekunden! Möglichst auf die zehntel Sekunde genau musste die eigene Uhr gestellt werden. Und weil wir auch schon damals wussten dass auf den Osten kein Verlass ist, musste die Uhr natürlich nach der Testbilduhr der ARD gestellt werden und nicht nach der des DDR Fernsehens. Mit dem gepiepse konnte man Lehrer und Mitschüler wunderbar in den Wahnsinn treiben – dabei spielte es überhaupt keine Rolle dass man sich nach der Zeit des Klassenfeindes richtete.
Mittlerweile habe ich sogar Menschen kennen gelernt, die bewusst ihre Uhren falsch stellen um sich selbst zu betrügen. Der Wecker geht etwas vor damit sie nicht verschlafen und die Uhr im Auto geht nach damit sie nicht so rasen. Dieser Trick funktioniert bei ihnen selbst natürlich nicht, aber bei mir. „Ach ras doch nicht so, wir haben doch noch Zeit.“
Wenn Ihr Montag zu spät zur Arbeit oder zur Schule kommt, dann habt ihr auf jeden Fall die einzig gute Ausrede zur Hand: „Tut mir leid, ich komme mit dieser Zeitumstellung nie klar.“
Ich mag trotzdem Lieber Analoguhren. Digitaluhren sind langweilig.
Das mit dem absichtlich Falschstellen mach ich aber auch hin und wieder.. Aber nicht wegen mir, sondern um andere zu Verarschen. Das funktioniert wunderbar. Irgendwann hat man sich selber dran gewöhnt, und man rechnet die richtige Zeit ganz automatisch aus, nur andre fühlen sich reichlich verarscht.
Vielleicht tröstet es Dich. Ich hatte meine erste Westuhr (Digital, versteht sich!) in der zweiten oder dritten Klasse bekommen. Sie hatte auch keine Melodien. Aber als Mädchen war es mir piepegal ;) Sie war aus dem Westen, rosa und ich stolz wie Oskar.
Ja, ja … die Zeitumstellung… ich habe noch eine Woche Schonfrist. Bis zum 2.April, denn erst dann werden hier in USA die Uhren umgestellt. So´n Quatsch!
Wie? In Amerika ist die Zeitumstellung eine Stunde später?
Eine Woche. Ja, ich glaube… Also ich verlass´ mich da mal aufs das Internet. Ansonsten habe ich ja ne gute Ausrede am Montag ;)
Schaut euch mal die Uhrzeiten an.. da stimmt doch was nicht..
Manueller trackback.. ich hab den Trackback hier gesehen… ich weiß es, er war da.. ganz kurz:
http://www.wedgefaraway.net/2006/03/26/podcast-sommerzeit/trackback/
http://www.media-ocean.de/2006/03/25/videobeleg-fuer-wahlbetrug-in-belarus/
Das mit dem Stundenpiepsen im Klassenraum gabs natürlich ebenso im Westen. Eine Uhr hab ich mir dann auch so ungefähr mit dem Schulzwang abgewöhnt, irgendwann in der Oberstufe. Richtig gut war das aber nur die paar wenigen Jahre, die man dann weder Uhr noch Pager/Handy in der Tasche hatte.
Das mit der Zeitumstellung hat mir auch mal wieder keiner gesagt.
Das einzige Problem ist immer, die ganzen Uhren zu checken und zu vergleichen – nicht alle stellen sich automatisch um.
Hm, bei uns war es damals absolut nicht erlaubt, dass die Uhren jede Stunde piepsten. Da ich auch zu den Leuten gehöre, deren Armbanduhr vor geht wäre das für mich wohl auch ziemlich peinlich gewesen.
Mein Westbesuch hatte mir immer Aufziehautos geschickt… Meine erste Digitaluhr bekam ich nach der Wende. Sie war rot, kam aus Taiwan und zeigte immer die verrücktesten Zeiten an. Nach 13:59 kam nicht etwa 14:00 , sondern 13:60 usw.
Mir war es aber egal, da ich die Uhrzeit eh noch nicht konnte.
ich bin auch mehr der analog fan und soweit ich mich in meinem hohen alter noch erinnern kann, war die erste auch ne analog. heute in zeiten des jetten wir mal kurz, tragen wir gerne ne echte breitling bangkok…
Die digitalen Zeiten bringen *mich* auch durcheinander. Sagt mir jemand z.B. wir treffen uns um halbzehn, kann es mir passieren, dass ich 10.30 im Kalender notiere- oder, was in dem Fall besser ist,weil gegen Unpünktlichkeit- 8.30. Die schönen verbindlichen Aussagen Dreiviertelneun oder Viertelacht usf. kenne ich noch von Großmuttern. Da gab es noch keine Digitaslisierung.
Übrigens haben Mimi und meine Wenigkeit heute noch nix geändert (natürlich alles Automatische ausgeschlossen!), wir brauchen diese unnütze Zeitumstellung erst Montag, weil uns dann morgens sicher ne Woche mindestens das Merkellächeln im Gesicht gebrannt steht, wegen der ätzend frühen Weckernerverei!! Achtet mal in der Frühe auf die Gesichter in den kommenden Wochen! Ihr werdet euer blaues Wunder erleben. Ciao :-)
Digitaluhren sind ultra 90er, am besten noch die fetten G-Shock mit Höhenmesser, Temperaturverlauf, Boden-Luft-Abwehrsteuerung und Taschenrechner.
Hatte ich auch mal, aber nur einen Sommer. Der weiße Fleck auf dem Arm sah doch irgendwie doof aus :-/
meine erste uhr war eine analog soweit ich mich in meinem hohen alter noch erinnern kann, in heutiger zeit tragen wir natürlich breitling bangkok…
Meine erste West-Uhr….
eins zwo eins zwo…test test test…..funktioniert, erster Artikel läuft
nunja, nu bin ich dann wohl ab jetz blogger im schnuppermode
thanx2myriver