Das Tolle an diesem ganzen YouTube-Quatsch ist ja, dass man nun Dinge zu Gesicht bekommt, von denen man zwar gehört hat, dass sie existieren, man aber nie die Chance hatte, sie tatsächlich mal zu sehen.
Ich rede von Video-Bootlegs.
Früher war es doch so: Auf der lokalen Schallplattenbörse, gerne in einem Nebensaal der örtlichen Kongress- oder Stadthalle, wurden obskure VHS-Tapes angeboten, deren ungeheure Preise nur noch von der ungeheuer schlechten Video-Qualität übertroffen wurde. Der Verkäufer wusste aber auch immer zu versichern, dass es sich garantiert um den mega raren, wahnsinnig gesuchten Mitschnitt des legendären Konzertes von X in Y handelt.
Wohl dem also, der einen Videorekorder und ein dickes Portemonnaie sein Eigen nennen konnte.
Heute ist alles anders. Heute sucht man ein bisschen bei Youtoube, Dailymotion oder Google und findet obskurstes Material, dass irgend ein Hardcore-Fan digitalisiert und online gestellt hat.
Zum Beispiel von Kraftwerk:
Taschenrechner (1): Dies ist ein Mitschnitt einer Sendung Discoring der italienischen RAI und – Sensation! – Kraftwerk singen den Text zu Taschenrechner in italienisch. Man beachte bitte den Moderator und die ausgefeilte Choreographie.
Taschenrechner (2): Ausschnitt einer ORF-Sendung über Kraftwerk. Interessant ist hier die Interaktion mit dem Publikum.
Taschenrechner (3): Ein Auftritt im klassischen Menschmaschine-Outfit. Hier bitte das extrem abgehende Publikum beachten.
Taschenrechner (4): Ein Video-Bootleg vom 2004er Konzert in Rom. Erstaunlich guter Klang, dafür sieht man fast nur Hinterköpfe.
Taschenrechner (5): Ein Video-Bootleg vom 1998er Konzert in New York. Grausam.
Heimcomputer – stammt vermutlich aus der selben Quelle wie Taschenrechner (3). Eine extrem funky Version des Stücks. Da sage noch einer Kraftwerk wäre keine Live-Band.
Tanzmusik – Ganz famos. Ausschnitt aus einer Aspekte-Sendung des ZDF von 1973. Bitte beachtet neben der bemerkenswerten Anmoderation das elektronische Schlagzeug, das Karl Bartos spielt.
Organisation – Ruckzuck: Das ist nur was für ganz harte Fans. Organisation war der Vorläufer von Kraftwerk. Florian Schneider noch an der Querflöte. Hier bitte auf die bemerkenswerte Perfomance des Perkussionisten und die psychedische Atmosphäre achten. TV-Auftritt von 1970.
Obskures TV-Special – hieraus wurden Taschenrechner (3) und Heimcomputer geschnitten. Sehr sehenswert sind allerdings die Interview-Passagen mit Florian Schneider Ralf Hütter.
Klasse.Danke.
Sorry, aber für mich ist das keine Form von Musik. Das ist höchstens eine niedere Form von Unterhaltung, aber nichts was musikalisch wäre.
Mag sein, dass es auch absolut nicht meine Zeit ist/war, aber Kraftwerk und ähnliches mag ich einfach nicht. Wo ist da die Kunst? Hört euch lieber eine CD von Dave Weckl oder Chick Corea an, das ist wenigstens gekonnt!
Was solls, jedem das seine…
@Marvin
Das Gekonnte damals war, daß Kraftwerk mit die ersten waren, die sich damit beschäftigt haben, wie man mit elektronischen Gerätschaften Musik machen kann.
Dabei haben sie etwas gemacht, was es vorher noch nicht gab, und genreübergreifend hunderte von Bands beeinflusst und viele Musikrichtungen erst möglich gemacht.
Im Prinzip also eine Pionierleistung vom Schlage Charlie Christian.
Besonders das letzte Video ist ne schöne Sache. Allerdings wird dort Ralf Hütter interviewt.
„wo ist da die kunst?“ – das wird meine nächste tagline. klasse. :)
@Philip: Ups, stimmt!
Mööönsch Johnny, warum ist Youtube denn jetzt wieder „Quatsch“? Manchmal hab ich bei deinen Comments den Eindruck, da muss sich immer abgesichert werden gegen mögliche Kritiker. Gegen Leute, die dann vielleicht noch politisch korrekter sind als du, während sie gleichzeitig auch die Attitüde „aber eigentlich is mir das ja auch egal“ haben. So wie du. Mal ganz direkt gesagt. ;-) Bei der Gelegenheit will ich gleich anmerken, dass ich deine Sachen (Musik, Radio, Spreeblick) ziemlich klasse fand und finde. Aber jetzt mach mir nicht Youtube madig! Das tolle daran ist doch gerade der freiheitliche Gedanke: jeder kann und darf seinen Kram da rewinstellen und dalle dürfen es sehen. Wie du selber schreibst. Das ist doch absolut genial! Egal ob man selber nur 0.1 Prozent davon sehen möchte. Ich lese ja auch nur einen Blog regelmäßig…
Und wo wir gerade dabei sind, vielleicht gibt das hier ein paar gute Anregungen zum Nachdenken:
http://youtube.com/watch?v=UnYNO3B1Zl4&search=johnny%20haeusler
@Martin: Ich bin nicht Johnny. Der verzweifelt tatsächlich langsam an der hohen Frequenz, mit der hier die Videos von den Aushilfen rausgehauen werden ;)
Danke!
@Programmiernutte: (^,^)
Da hast du absolut recht! Ich habe, als ich den Beitrag kommentierte, nicht über diesen Aspekt nachgedacht, obwohl er mir eigentlich hätte klar sein müssen.Trotzdem ist mein Verständnis von „Musik“ als solcher, doch ein etwas anderer, bin ich doch eher der Musik als Gesamtkunstwerk zugetan.Ich kann einfach nicht mehr in „diese Art von Musik“ hineininterpretiern (sofern das überhaupt nötig ist), als dass ich sie nicht als gameboyartiges Gedudel verstehen müsste und dadurch nicht als Musik würdigen kann.Das heißt aber nicht, dass ich deshalb gleich jene Bands und ihre Fans verabscheuen und auslachen würde, schließlich ist ja nicht gegeben, dass auch jeder die von mir bevorzugte Musik mag.
Ich kenne Charlie Christian nicht, aber was ich bei Wikipedia laß, klingt durch aus interessant:
Grade das weiß ich zu würdigen.@ Frank:
Alles klar! ;)
Ich weiß noch beim Universe Rave in London 96, als die Detroiter Helden (Jeff Mills, Kevin Saunderson etc) ihr Zelt für die 2 Stunden dicht gemacht haben, um andächtig den Helden von Kraftwerk zu lauschen. War ein schönes Bild. Danke für die Videos!
@Marvin:
>Das heißt aber nicht, dass ich deshalb gleich jene Bands und ihre Fans verabscheuen
>und auslachen würde, schließlich ist ja nicht gegeben, dass auch jeder die von mir
>bevorzugte Musik mag.
Genau darauf wollte ich hinaus. Man muß nicht alles mögen, aber einiges sollte man zumindest anerkennen und respektieren.
Und gerade jemanden wie Dave Weckl gegen Kraftwerk zu stellen“¦ Wenn dann ja wohl Buddy Rich, der ist wenigstens in seiner Bedeutung für das Schlagzeugspiel mit Kraftwerk in ihrer Bedeutung für die elektronische Musik gleichzusetzen.
Chick Corea schon eher, aber auch hier eher Bill Evans (der Pianist, nicht der Saxophonist), oder?
@marvin:
Was für ein Mega-Musikbanause muss man sein, um Kraftwerk als niedere Form der Unterhaltung abzutun. Selbst wenn es Deinen Geschmack nicht trifft, so muss man doch die ungeheure Pionierleistung anerkennen. Kraftwerk ist DER Wegbereiter für die elektronische Musik der letzten 30 Jahre, ob Elektro-POP, EBM, ACID, Trance, Techno usw. Viele Bands aus dieser Richtung nennen Kraftwerk als ihre Vorbilder und immer wieder werden Themen von Kraftwerk gerne in aktuellen Songs zitiert. Gerne kannst Du die zusammen gecasteten Musik-Darsteller aus dem TV als niedere Unterhaltungsform bezeichnen. Da bin ich absolut Deiner Meinung.
@Andreas:
Vielen Dank für die großartige Zusammenstellung dieser Bootlegs. Klasse. Obwohl ich schon seit Anfang der Achtziger Kraftwerk höre, habe ich es nur ein einziges Mal zu einem Live-Konzert (2003 im Tempodrom) geschafft. Ich hätte nicht gedacht, wie gut Kraftwerk live sein können.
@Pussykiss:Du schriebst:
Hast du dir die Musik von Kraftwerk denn mal angehört?
Ich schrieb:
und
Ich denke daraus solltest du erkennen können, dass ich einfach die [ironie] musikalische Glanzleistung [/ironie] nicht als Musik betrachten kann, da mir zu wenig Musik enthalten ist.
Gegen die Pionierfunktion von Kraftwerk spreche ich mich auch nicht aus und das ich das durchaus zu würdigen weiß, sollte dir spätestens nach folgendem Satz klar sein:
Mich als Banause zu bezeichnen hingegen ist polemisch und falsch: Ich weiß Musik schon zu würdigen. Über Castingshows reden wir lieber nicht, ich denke es würde dir nicht gefallen, wenn ich dir darlege, dass deren Musik weitaus anspruchsvollere Komposita beinhaltet als Kraftwerk. Die Vermarktung aber ist widerlich, da sind wir uns wohl einig.
@Armin: Vergleichen würde ich die niemals, mir ging es eher um die Genialität dieser Künstler!
@ Programmiernutte: Ja, dazu kann ich mich herablassen ;), aber das schrieb ich ja schon.
verrücktes zeug; [empfehle nebenbei die letzte live dvd von den alten herren.]
zum teil findet man bei google auch tatsächlich gefilmte tv-bildschirme auf denen videoclips laufen. warum stellen die bands das eigentlich nicht gleich komplett auf youtube oder vGoogle? da will wohl irgendjemand sein geschäftmodell schützen ?!
auf jeden fall hab ich da noch nen livemitschnitt von den chilli peppers gefunden, den ich mit euch teilen wollte. viel spaß
@marvin
Auf welchem hohen Roß sitzt Du denn, dass Du musikalische Glanzleistungen beurteilen kannst. Ich glaube eher, dass Du Deine Abneigung gegen Kraftwerk hinter geschraubten Formulierungen verbirgst, damit keiner merkt, was Du eigentlich für eine gequirlten Mist von Dir gibst.
Wann ist denn für Dich Musik mehr als niedere Unterhaltung? Wann ist den Musik für Dich Gesamtkunstwerk? Wer bist Du denn, dass Du so was definieren kannst? Aber ehrlich, Deine Antworten dazu interessiert mich hier nicht wirklich. Meine Fragen sind hier eher rhetorischer Natur.
Übrigens, ja ich kenne Kraftwerk gut genug und (an)höre sie seit 1978. Da hab ich von meinem spärlichen Taschengeld meine allererste Schallplatte, und zwar von Kraftwerk, gekauft.
@Pussykiss: Polemik! Bist du etwa ein Troll?
ganz grosses kino….!
Bin zwar kein Kraftwerk-Fan,
aber die Vids sind doch rel. lustig
immer interessant, wie einige Sachen von „damals“ auch heute (wieder) benutzt werden
ZITAT: „Sorry, aber für mich ist das keine Form von Musik. Das ist höchstens eine niedere Form von Unterhaltung, aber nichts was musikalisch wäre“
Jemanden, der eine solche Formulierung wählt als Musikbanausen zu bezeichnen, finde ich noch relativ moderat! Ganz unabhängig vom konkreten Fall Kraftwerk, lässt diese Formulierung auf ein unglaublich engstirniges Verständnis von Kunst & Musik schließen!
Aber was will man von einem musikalisch ahnungslosen Land erwarten, in dem David Hasselhoff und Daniel Küblböck den Status von „Stars“ erlangen können bzw. welches panische Angst vor jeglicher kultureller EIGENständigkeit hat und dementsprechend ihr kulturelles Erbe ablehnt – insbesondere das der kosmopolitischen, modernistischen und innovativen Weimarer Republik ( dessen „Entartete Kunst“ ist wohl einer der wichtigsten Bezugspunkte für Kraftwerk )