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Die NPD – Gut, dass es sie gibt

hitler macht das beste draus
Foto © zokete

Saufen am Wochenende, 14 Tage Urlaub à la Ballermann 6, einen Porno für den Videorecorder zu Hause – der kleine Kick, der von der Trostlosigkeit ablenken soll, doch die tiefsitzende Unzufriedenheit bleibt.

Knapp sechzigtausend Menschen in Mecklenburg-Vorpommern hassen also Ausländer. Das kann man bedauern, aber wie soll man es ändern? Die NPD erzeugt in mir zunächst den Impuls, wie der junge Anakin Skywalker meinem Hass nachzugeben, Hass auf die schwitzenden Wurstgesichter der Geiferer, auf die sprachdemolierenden Trugdeutschen. In den Hass mischt sich aber auch eine große Freude über die fantastische humoristische Vorstellung, die diese Hitler-Kleindarsteller bieten. Die NPD ist ein ästethisches Großereignis, ein Russlandfeldzug der schlechtsitzenden Krawatten. Ihr Hitlerbild ist „Schtonk“ entlehnt, nicht „Triumph des Willens“.

Aber weder Hass noch Spott ändern irgendetwas. Stattdessen habe ich das Programm der NPD gelesen. Auffällig ist, dass das sozialistische Element, die Globalisierungskritik und die Ablehnung der amerikanischen Außenpolitik in der Auseinandersetzung mit der NPD selten auftauchen. Die wirtschaftliche Autarkie, die Entflechtung der Konzerne, der Umweltschutz, all das sind Punkte, die großen Raum bei der NPD einnehmen.

Konzerne sind verfassungswidrige Organisationen. Durch ihre bloße Existenz als große Kapitalakkumulationen verfügen sie über illegitime politische Macht. Sie müssen deshalb abgeschafft werden.

Das ist nicht von der NPD. Das stammt von Attac.

Die NPD sagt Folgendes:

Die Weltwirtschaft wird zunehmend von multinationalen Mammutkonzernen geprägt. Diese haben Größen und Verflechtungen erreicht, die eine sinnvolle Kontrolle dieser Konzerne auf nationaler Ebene unmöglich machen.

Die jungen Hippen von Attac, beliebt bei aller Welt, und die NPD finden es also schlecht, wenn ein Unternehmen ein anderes übernimmt. Die Übernahme von Konkurrenten ist jedoch gerade einer der Motoren der freien Marktwirtschaft. Aber was hat uns die Marktwirtschaft schon gebracht? Außer einer gesicherten Ernährungslage vielleicht. Und Häusern mit Wärmedämmung. Und Autos, die immer umweltverträglicher werden. Und Medikamenten, die ein Leben mit HIV ermöglichen. Und Fernreisen, Fernsehen, Fernsprechanlagen und fernünftiger Kleidung.

Globalisierung im Allgemeinen ist des Teufels, der Teufel selbst sind die USA:

Es liegt auf der Hand, dass die herrschende Klasse in Washington schon lange vor dem 11. September sich darüber klar wurde, den Irak zu besetzen und Saddam Hussein zu stürzen. (…) Der US-Imperialismus verhält sich zur Zeit wie ein wildgewordener Elefant, der jedes Hindernis in dem Glauben aus dem Weg räumen will, dass dies durch reine körperliche Kraft gelingen kann.

Dieses Zitat ist der Website der International Marxist Tendency entnommen.

Der US-Imperialismus mißachtet dieses Recht (gemeint ist das Selbsbestimmungsrecht der Völker, d.Red.), versucht freie Völker dem Diktat weniger superreicher US-Bürger zu unterwerfen.

Hier spricht wieder die NPD.

Das freie Volk des Irak und das freie Volk Afghanistans werden diese Freiheit laut besungen haben, die Iraker in den Folterkellern Saddam Husseins, die Afghanen – ach nein, die durften ja nicht singen – die werden also Gedichte über das Selbstbestimmungsrecht der Völker unter ihre Kopfkissen gesteckt haben.

Wer also von der NPD spricht, der darf vom Sozialismus nicht schweigen. Das neue „Es war nicht alles schlecht“ – Gerede, das in vielen Wendeverliererhaushalten an die Jüngeren weitergegeben wird, fällt auf fruchtbaren Boden. Es geht mir jedoch nicht darum, die Totalitarismustheorie wiederzubeleben. Vielmehr ist es wichtig, dass sich Menschen, die einen liberalen oder bürgerlichen Hintergrund haben, für den argumentativen Wettstreit munitionieren. Die meisten Menschen fühlen sich ganz wohl in diesem Staat mit seinen Freiheiten und seinem Wohlstand. Sie haben nur den ideellen Hintergrund des Ganzen vergessen, wissen nichts mehr über die Aufklärung und die Geistesgeschichte. Es wird als selbstverständlich angesehen, in einer Demokratie zu leben, dabei ist es eine geschichtliche Ausnahmesituation, ein beinahe einmaliger Glücksfall.

Nicht alles bei der NPD klingt sozialistisch, manches ist auch dem Liederbuch der Wertkonservativen entnommen.

Dies betrifft in erster Linie die Wahrung traditioneller Werte, die durch die Amerikanisierung in Rundfunk, Musik, Film und Fernsehen zerstört wird bis hin zur Auflösung der allgemeinen Sittlichkeit durch Förderung von Prostitution, Konsumfixierung und Abtreibung.

Hier wird munter alles zusammen geworfen, was nicht zusammen gehört. In beinahe allen amerikanischen Bundesstaaten ist Prostitution verboten, die Mainstreamserien aus den USA halten familiäre Werte hoch, Abtreibung wird keinesfalls propagiert.

Was die Stellung der Frau angeht, ist die NPD ganz bei Eva Herrman. Dieser Punkt ist in den letzten Wochen ausführlich genug durchgekaut worden, mögen die Frauen selbst entscheiden. Ach ja, sie haben sich schon entschieden.

Manches in dem Programm ist auch einfach nur seltsam:

Die Polizei wird umorganisiert, dezentralisiert und menschengerecht ausgerüstet, damit sie nicht vornehmlich dem Schutz der wenigen superreichen asozialen Kapitalisten und ihrer Komplizen in den herrschenden oligarchischen Parteien dienen muß, sondern ausschließlich dem Schutz des ganzen deutschen Volkes. Präsenzpolizei statt Reaktionspolizei.

Die Polizei ist bereits Ländersache, ob sie Angelegenheit von Stadtteilbeauftragten werden soll und was man unter menschengerechter Ausrüstung zu verstehen hat, weiß nur die NPD. Präventionsarbeit (wenn das mit „Präsenzpolizei“ gemeint ist) ist Angelegenheit der zuständigen Ordnungsbehörden, die ihre Arbeit nicht schlecht verrichten. Und dass sich auf Sylt die Polizisten stapeln, wurde bisher auch nicht beobachtet.

Und die gängigsten Evergreens des Populismus dürfen natürlich auch nicht fehlen:

Einführung der Todesstrafe in besonders schweren Fällen bei wiederholtem Sexual-, Kindes-, Raub- und Massenmord und bei schwersten Fällen des Rauschgifthandels.

Nun hat es in der Geschichte der Bundesrepublik nicht allzu viele Fälle von wiederholtem Massenmord gegeben, aber in den anderen genannten Fällen hat der Delinquent auch momentan nicht mit richterlicher Milde zu rechnen. Und trotzdem dürfte die NPD mit dieser Forderung auf breite Zustimmung treffen. Diese platten Parolen sind ein Härtetest für Menschenrechtler, deren Prinzipien größtenteils komplexere Argumentationsmuster zugrunde liegen. Um zu erläutern, warum die Todesstrafe und Menschenwürde nicht vereinbar sind, muss man mehr Worte machen als die Auge-um-Auge-Vertreter. (Bei Auge um Auge muss ich immer an meinen ersten Strafrechtsprofessor denken. Der sagte: „Das klingt einleuchtend. Aber was macht man mit einem Betrüger? Erzählt man dem Lügen?“). Aber wenn die Gegenseite schon biblisch wird – wie wäre es mit: „Du sollst nicht töten“?

Und schließlich bleibt noch das Alleinstellungsmerkmal der NPD: Der Rassismus. Ihr Nationsverständnis kennt nur das völkische Prinzip, es hat nichts mit dem vielzitierten französischen oder amerikanischen Patriotismus zu tun. Woran es sich nun im Einzelnen bemisst, wer Deutscher ist und wer nicht, wird wohl am Ende der NPD-Vorstand festlegen. In der Wirtschaftspolitik der NPD äußert sich der Rassismus im Streben nach Autarkie.
Die Autarkie – jeder VWL-Student ringt zuverlässig nach der zweiten Vorlesung mit allen ihm zur Verfügung stehenden Händen, wenn er mit dieser Idee konfrontiert wird. Es gibt nicht ein Beispiel in der Geschichte der Menschheit, das belegt, dass Autarkie funktioniert. Fortschritt ist nur möglich, wenn Menschen sich miteinander austauschen. Autark sind Amazonas-Indianer. Wer aber so zivilisationskritisch ist, wie sich die NPD im Eingangszitat gibt, der möchte möglicherweise aus den Deutschen einen Stamm von lendenbeschurzten Streuobstwiesenbewohnern machen.

Der Verdienst dieser Partei, die jeden Blödsinn, der im öffentlichen Diskurs herumirrt, gierig in sich aufnimmt wie ein adipöser Säugling eine gutsortierte Milchbar, besteht darin, dass sie uns zwingt, uns wieder mit dem zu beschäftigen, was wir alle so lieben, aber beinahe vergessen haben: Unsere Demokratie. Geht doch mal wieder wählen. Ihr Souveräne.

83 Kommentare

  1. 01

    Das „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ist ja bereits eine entscheindende Weiterentwicklung beim Verständnis von Strafe und Sühne: Wo in archaischen Zeiten wegen einer Lapalie ganze Familien befehdet wurden, um sie auszulöschen, wurde im Verfahren „AuA ZuZ“ nur noch im Maße der vorgeworfenen Tat vergolten.

  2. 02
    Malte

    Ja, AuA ZuZ ist ein Übermaßverbot.

  3. 03

    Mit Nudelholz kann man das Geteig nicht ausdünnen. Empfehle die alte Heidegger Logik: einstellen, umstellen, draufstellen. Außerdem, die NPD futtert bestimmt Zimtgebäck, und das ist ja krebserregend.

  4. 04
    sunny3d

    Was mir zunächst grundsätzlich an den von dir aufgelisteten Programmpunkten auffällt, ist das es sich immer darum dreht etwas radikal ABZUSCHAFFEN oder radikal EINZUFÜHREN. Das geht schon mal so gar nicht, bzw. weiß ich nicht, ob die sich das wirklich alles vorstellen können, was die da so plappern.

    Es klingt auf jeden Fall sehr gruselig, denn dann müsste ich in vllt zwanzig Jahren in einem Land leben, in dem Heidi auf Dauerwiederholung auf dem zweiten Programm läuft, weil es gibt nur zwei Fernsehprogramme, denn die sind besser zu kontrollieren. O.K. – irgendwie würde sich die Bevölkerung nur von einheimischen Produkten ernähren, wobei es im Winter dann halt nur Sauerkraut und alte Äpfel gibt, um die Vitamin – C – Versorgung zu gewährleisten.

    Das Internet wird abgeschafft. Polizist wird einer der beliebtesten Berufe überhaupt werden, denn alle Dealer und Prostituierte müssen von nun an ordentlich Schmiergeld zahlen, denn diese Nachfrage wird nicht zurückgehen – glaube ich.

    Die Bevölkerung wird sich eh enorm dezimiert haben, da alle vor Schreck ihren Koffer gepackt haben werden um woanders hinzugehen, vielleicht gibt es wieder ein Mauer… vielleicht kommt dann auf jeden Bürger ein Polizist – also Ziel erreicht…

  5. 05
    sunny3d

    Ja – und es gibt wieder öffentliche Stenigungsplätze und Hexxenverbrennungen…

  6. 06
    Harm

    Ich habe den Verdacht, dass Ausländerhass bei denen am tiefsten sitzt, die am wenigsten mit diesen Kontakt haben. (von mir aus auch Migranten)
    Wurstgesichtige Geiferer, die Parteiprogramme nicht richtig lesen können, wird es immer geben. Die Frage ob diese dann die Partei der schlechtsitzenden Krawatten oder andere Lügenbolde oder garnicht wählen, wird u.a. auch von dem Umgang mit der tollen Marktwirtschaft von den derzeitigen Volksparteien beeinflusst. Wenn es kein zu verteilendes Vermögen mehr gibt, wählen die Wurstgesichter auch die Hisbollah.

  7. 07
    michael

    Erinnert mich ein bisschen an die Geschichte-LK-Stunden, in denen wir die NSDAP-Ideologie besprochen haben. Damals haben wir viel gegrinst, deren ganzes ideologisches Kartenhaus basierte darauf so ungefähr alles was damals in den Zwanzigern viel gewählt wurde (Konservative, Sozialisten/Kommunisten) zusammenzubringen und die beliebtesten Ideologien der viel betrauerten Kaiserzeit (Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus) dranzudübeln.

    Was logischerweise zu den übelsten Widersprüchen führt. So ähnlich klingt das NPD-Programm dann auch. „Die beliebtesten Ideologien von heute zusammen mit den Hits von vor 70 Jahren“ oder so ähnlich.

    Was am Ende übrig bleibt, ist Unverständniss, wie man nur so blind angesichts eines solchen Mischmaschs an kruden Theorien sein kann. Wahrscheinlich funktionieren die sprichwörtlichen Stammtischparolen wirklich bei vielen Menschen sehr gut.

  8. 08
    Malte

    @ Harm
    Da ist was dran. Allerdings galten bis vor ein paar Jahren die Viertel von Städten wie Oberhausen, Dortmund etc, die einen besonders hohen Ausländeranteil haben, als NPD-Hochburgen. Damals aber um ein Prozent herum. Die NPD macht einiges genau wie die Hisbollah, die Aktivisten geben Nachhilfe und organisieren Veranstaltungen, die unpolitisch daher kommen.

  9. 09

    Das Problem mit diesen kruden, zusammengenagelten Theorien ist, dass sie in jenen Zeiten besonders plausibel wirken, wo andere Theorien auch nicht wirken.

  10. 10

    „Das neue „žEs war nicht alles schlecht“ – Gerede“ – Dieses Gerede ist nicht neu, sondern alt. Günter Grass hat gleich nach der Wende soetwas ähnliches formuliert, indem er davor gewarnt hat, die DDR im Schnellschuss-Verfahren zu „annektieren“, ohne, dass die DDR-Bürger ihre Identität vorher finden durften.

    Es wurde pauschal alles für schlecht erklärt, nach dem Motto: Westen gut – Osten schlecht. Mit dem Ergebnis, dass das Selbstbewusstsein der ehemaligen DDR-Bürger in den Keller ging – denn sie waren die pauschal schlechten. Und siehe da, nun haben wir im Osten die meisten Rechtswähler und Nazis – denn wohin gehen die, die da mit Minderwertigkeitskomplexen beladen sind? – zu den Braunen, damit sie wenigstens etwas haben, das ihnen keiner nehmen kann: ihr „Deutschsein“.
    An dem Gerede „žEs war nicht alles schlecht“ ist viel Wahrheit. Nur: aus dem Guten, das da war, hat man keinen Nutzen gezogen, man hat es durch die verfrühte Wiedervereinigung eingestampft.

    Auch von der „Freien Marktwirtschaft“ lässt sich am Ende sagen: „žEs war nicht alles schlecht“. Ich behaupte, die sog. Demokratie und der freie Markt haben uns mehr Kriegstote und -leid beschert als Tyrannei – als Beispiele seien genannt die Kolonnisierung der Welt (im Namen des Mammon) durch die Europäer ebenso wie die USA mit ihrer Demokratie des Stärkeren.

    Dinge, die ich schlecht finde:
    RTLII
    NPD
    Procter & Gamble
    Chiquita
    Klaus Kleinfeld
    US-amerikanische Politik
    Eddi „Ich-bin-stolz-ein-Bayer-zu-sein“ Stoiber

    Dinge, die ich gut finde:
    Respekt

  11. 11
    Jan(TM)

    Dachte ich mir doch schon immer das ATTAC nur aus Kryptofaschisten besteht oder wars das die NPD von Linken unterwandert ist? Ach egal die wollen alle nur unsere freie Marktwirtschaft kaputt machen die uns „gesicherten Ernährungslage … Häusern mit Wärmedämmung. Und Autos, die immer umweltverträglicher werden. Und Medikamenten, die ein Leben mit HIV ermöglichen. Und Fernreisen, Fernsehen, Fernsprechanlagen und fernünftiger Kleidung.“ gebracht hat. Warum hast du nicht den Atomausstieg, Abrüstung, Abschaffung der Kinderarbeit und die Bekämpfung des Klimawandels erwähnt?

  12. 12
    raha

    „Die Übernahme von Konkurrenten ist jedoch gerade einer der Motoren der freien Marktwirtschaft.“
    Nicht wirklich, Wettbewerb aber schon. Etwas unglücklich formuliert, scheint hier die Angst vor Monopolismus durch. Dieser vernichtet Wettbewerb und auch dessen Innovationspotential, zudem bilden sich unsoziale Wirtschaftsbereiche.

    „Aber was hat uns die Marktwirtschaft schon gebracht?“
    Ist eine soziale Marktwirtschaft, also incl. staatlicher Eingriffe.

    „Außer einer gesicherten Ernährungslage vielleicht.“
    Staatlich subventionierte Lebensmittel und Sozialversorgung.

    „Und Häusern mit Wärmedämmung.“
    Wurde/Wird staatlich gefördert.

    „Und Autos, die immer umweltverträglicher werden.“
    Grundlage ist die Besteuerung der Brennstoffe und die daraus resultierende Veränderung der Nachfrage.

  13. 13
    Alpha-Hasi

    Weiten Teilen des Textes würde ich zustimmen, aber an manchen Stellen, ist es mir zu einfach.

    Es geht mir jedoch nicht darum, die Totalitarismustheorie wiederzubeleben

    Genau das tust Du aber. Erstmal gibt es nicht den Sozialismus. Und dann ist zumindest die Kritik aus den ersten Zitaten nicht falsch. Faktisch gibt es mächtige Konzerne, faktisch werden diese immer größer und faktisch üben diese auch eine imense politische Macht aus (bis hin zur Gesetzgebung). Auch eine imperialistische Gewalt Amerikas ist zu beobachten, von den Tribunalen im Inland, in denen Menschen ohne Würde nach Geständnissen aus Folterverhören abgeurteilt werden, ganz zu schweigen (in Europa nannte man das noch Hexenprozesse und ist stolz darauf, dass diese abgeschafft wurden).

    Die Lösung kann nicht plump und einfach „Entmachten durch Enteignen“ sein, stimmt, aber die Alternative, die Du erwähnst, ist „Sei froh, dass es so ist, und mach den Mund zu“.

    Ich habe grundsätzlich ein Problem damit, wenn Leute dadurch kritisiert werden, dass auch Nazis sich ihrer Ideen oder Symbole annehmen. Eine Kritik am Kapitalismus wird nicht dadurch falsch, dass sie auch von Nazis geübt wird. Wenn die Nazis auf einmal die Kleidung „der Linken“ annimmt, kann die Lösung nicht sein, dass „die Linken“ sich andere Klamotten zulegen. Wenn die Nazis im Landtag einmal für ein sinnvolles Gesetz stimmen, kann es doch nicht dazu führen, dass auf einmal alle anderen Parteien dagegen sind. Ich will sagen, man darf sich auch nicht im negativen Sinne von Nazis die eigene Meinung vorgeben lassen.

    „Früher war alles besser“ ist nicht nur ein Problem im Osten, auch im Westen wird vermehrt nach alten Denkmustern gefragt, wie die Bucherfolge von Eva Herrmann und Bernhard Bueb zeigen. Doch während die einen an Adenauer (und seine Riege mit lauter Altnazis, die Ende der 60er aufgearbeitet und danch gleich wieder verdrängt wurde) denken, greifen die anderen nach Wilhelm Piek (und einem wie auch immer gearteten sogenannten „Sozialismus“).

  14. 14
    Ganz Schlecht!

    Das sit mit Abstand der schlechteste Beitrag, den ich hier gelesen habe, ganz nahe am Stammtisch. Kritik am derzeitigen gesellschaftlichen Modell ist nicht zulässig, weil es uns doch so gut geht und die Kritik auch von den „Nazis“ aufgegriffen wird. Schon mal darüber nachgedacht, dass Du als Mitteleuropäer mit HIV nur deshalb überleben kannst, weil Millionen andere bspw. in Afrka, es gerade nicht können …

  15. 15

    Ich muss es jetzt mal sagen. Malte: Danke! Danke für all die großartigen Artikel, die Du in letzter Zeit hier veröffentlichst.

  16. 16

    Wieviel tausend Menschen in Mecklenburg-Vorpommern hassen eigentlich Menschen die Ausländer hassen?

  17. 17

    „Gut, dass es sie gibt“? Nein! :( Aber gut, dass die NPD sich offensichtlich durch Eigentore wie die neueste sich abzeichnende Affäre um mutmaßlich „zweckentfremdete Fraktions-Gelder“ selber erledigt. :)

  18. 18
    David

    Schöner Artikel, stimm ich mit überein. Man schreibt es aber „vernünftig“ ;)

  19. 19

    Angenommen die NPD sagt: „Lest mehr Spreeblick.“ Dann ist das natürlich auch abzulehnen. Hat ja schließlich die NPD gesagt.
    Ich mein: Was kann die Linke dafür, dass die NPD ihre Themen kopiert? Sind linke Forderungen jetzt deswegen faschistisch? Räumt man auf diese Weise nicht für der NPD das Feld?

  20. 20
    rh

    Musste mich vor kurzem im Rahmen meines Studiums mit einem NPD-Artikel aus der Nationalen Zeitung abquälen. Rhetorisch abgegriffene Stammtisch-Propaganda, die mit Angstmache das Hirn lähmen soll. Konnte darin weder brauchbare oder neue Information finden noch irgendeinen Hinweis auf den Standpunkt, den die NPD vertritt.
    Deshalb schreibt mir Malte aus der Seele: „Vielmehr ist es wichtig, dass sich Menschen, die einen liberalen oder bürgerlichen Hintergrund haben, für den argumentativen Wettstreit munitionieren.“ Da es jedoch keinen Standpunkt gibt, an dem man sich messen könnte, keine Argumente, die nicht irgendwann widersprüchlich oder geleugnet werden, wäre der Wettstreit allenfalls rhetorisch interessant, wenn die Rhetorik nicht so langweilig altbacken daherkommen würde. Weit entfernt von einem Triumph des Willens und bei Todesstrafe für Massenmörder müsste die NPD ihr eigenes historisches Vorbild zum Tode verurteilen.
    Wenn es nicht so traurig wär, wär es zu trivial, sich überhaupt damit zu beschäftigen.

  21. 21
    Mart

    Nee, so wird da nix draus:
    darüber dass die NPD ein blöder Sauhaufen mit verqueren Ideen ist, müssen wir nicht diskutieren – aber bei deinem Beitrag habe ich den Eindruck das du im Umkehrschluss alle Dinge die die NPD irgendwo geklaut und nach Kräften falsch verstanden hat auch den eigentlichen Urhebern der Idee ankreidest. Frei nach dem Motto: „Stand auch so ähnlich bei den Neonazis – muss also Scheisse sein“.

    Wenn die NPD in ihrem Pareiprogramm (das 99,9% der NPD-Wähler nie gelesen haben werden) so etwas ähnliches wie Globalisierungskritik äussert, so ist dies nichts weiter, als der Versuch die simplen ausländerfeindlichen Parolen auf den Plakaten theoretisch zu unterfüttern. Parteiprogramme werden -zumindest bei extremen Splitterparteien- geschrieben um bei der Wahlkommision einen halbwegs seriösen Eindruck zu hinterlassen, mehr nicht.

    Gruß
    Mart

  22. 22
    Malte

    @ raha
    Konkurrenz zu Ende gedacht bedeutet meiner Meinung nach auch die Möglichkeit der Übernahme. Aber du hast natürlich Recht: Monopolismus beendet den Wettbewerb und deswegen wird auch von den Kartellbehörden darauf geachtet, dass sie nicht entstehen, in den USA wird das sogar energischer verfolgt als in Europa scheint mir, wenn ich mich nicht irre, war Microsoft ernsthaft von der Zerschlagung bedroht. Bei den anderen Punkten handelt es sich um ein Missverständnis: Ich meine die Marktwirtschaft in der hiesigen Spielart. Aber die Autos hätten theoretisch auch durch die geänderte Nachfragesituation umweltverträglicher werden können.
    @ alpha-hasi, ganz schlecht und mspro
    Die Theorien der Sozialisten sind nicht schlecht, weil die NPD sie aufgreift, sie sind schlecht, weil sie die Freiheit zugunsten von Sicherheit einschränken. Wir haben ein Modell etabliert, das durchaus nicht das freie Spiel der Kräfte walten lässt. Aber mehr Einschränkung würde ich nicht haben wollen. Und noch einmal speziell an ganz schlecht: Wealth and Health are taken from Nobody.
    @ Kunst-Fehler
    Ich halte es für einen Denkfehler, aus einer Diktatur Elemente herauszurechnen, die einem gefallen haben. Arbeitsplatzsicherheit in der DDR basierte darauf, dass es keinen Wettbewerb gab. Die Folge war, dass der Markt für Konsumgüter leergefegt war. Nun kann man der Meinung sein, dass man ruhig 15 Jahre auf sein Auto warten kann, wenn im Gegenzug der Arbeitsplatz sicher ist. Ich teile diese Meinung nicht.
    @ Jan ™
    Welches Dir bekannte System hat denn eine Lösung für die momentanen Probleme? Wann gab es denn in Deutschland mehr Kinderarbeit? In der Marktwirtschaft oder in der Monarchie? Und in welchen Staaten existiert Kinderarbeit heute? In Demokratien mit unserem Grundrechtkatalog oder in weniger freiheitlich organisierten Systemen? Ist der Klimawandel durch Forschung zu stoppen oder durch 5-Jahres-Pläne?
    @ rh
    Ja, eigentlich gar kein Thema: Parolen des letzten und vorletzten Jahrhunderts gepaart mit ein wenig Umweltschutz und Medienschelte. Aber sie sind nunmal da.

  23. 23

    Ich fürchte, ich muss den zahlreichen Kritikern hier zustimmen: In der Reihe bisheriger Feature-Artikel scheint mir dieser doch ein Ausreißer nach unten zu sein. Zu oft wird in die „Egal ob rot oder braun, ob Nazi oder Sozi: Alles eins!“-Kiste gegriffen, zu deutlich werden da Äpfel zu Birnen (Fusionen sind die Motoren der Wirtschaft?) und zu deutlich werden da manche Details (Marktwirtschaft und soz. Marktwirtschaft, das deutlich gestiegene Risiko and Mord und Folter zu sterben im Irak) geflissentlich ignoriert, alles in allem: Zu oft habe ich sowas schon gelesen, allerdings eher in pervers-liberalen Micronations und abgedrehten Telepolis-Threads.

    Better luck next time!

  24. 24
    sapere aude

    Auf der Befreiungsagenda der USA stehen dann ja jetzt nur noch:

    * Ägypten
    * Angola
    * Äquatorialguinea
    * Bahrain
    * China
    * Elfenbeinküste
    * Eritrea
    * Gabun
    * Iran
    * Kuba
    * Libyen
    * Mauretanien
    * Myanmar
    * Nordkorea
    * Pakistan
    * Russland („gelenkte Demokratie“)
    * Ruanda
    * Simbabwe
    * Swasiland
    * Syrien
    * Tschad
    * Tunesien
    * Turkmenistan
    * Vietnam
    * Vereinigte Arabische Emirate
    * Weißrussland
    * Zentralafrikanische Republik

    aber man muß ja Prioritäten setzen!

    Die Befreiten werden jetzt mit ihren Armstümpfen dankbar die Zettel auseinanderfalten und am Grab ihrer – bei einem Bombenangriff ums Leben gekommenen – Kinder, mit Freudentränen in den Augen endlich ihre Freiheitslieder singen.

    Und was hat uns die Marktwirtschaft schon gebracht? Außer einer gesicherten Ernährungslage vielleicht. Und Häusern mit Wärmedämmung. Und Autos, die immer umweltverträglicher werden. Und Medikamenten, die ein Leben mit HIV ermöglichen. Und Fernreisen, Fernsehen, Fernsprechanlagen und vernünftiger Kleidung … den Klimakollaps vielleicht, die atomare Hochrüstung, die drastische Zunahme von Herz-Kreislauf- und psychischen Erkrankungen – eigentlich Super!

    Super auch, daß, wenn man das jetzt doch nicht so gut findet, man nicht die NPD wählen muß.

  25. 25
    Jan(TM)

    Es mag keine Kinderarbeit in D geben, aber das deutsche „Geiz ist Geil“ System plündert systematisch andere Länder aus und da ist Armut, Hunger, Kinderarbeit.

    Umweltschonende Autos wegen der Marktwirtschaft? Nein wegen Bürgern die sich für Umwelt eingesetzt haben, der Marktwirtschaft ist die Umwelt völlig egal – die machen sich eher Sorgen um das Sharholder Value. Versuch ein 3Liter Auto(Verbrauch) zu kaufen oder einen benzinfressenden SUV – wo hast du mehr Auswahl?

    Du weisst auch das die Marktwirtschaft nur für Medikamente forscht wenn diese auch Profit versprechen? Marktwirtschaft ist nur sozial wenn der Druck der Bürger sie dazu zwingt.

  26. 26
    matze

    @jan(TM)
    Umweltschonende Autos gab es NICHT in der DDR, nicht in der Sowjetunion etc. obwohl der Staat sie hätte fördern können.

    Die gibt es in einer Marktwirtschaft, weil sich Hersteller ein neues Austattungsmerkmal einfallen lassen müssen – warum verkauft z.B. Toyota soviele seiner Hybrid-Fahrzeuge in den USA, weil der japanische Hersteller im Jeep-Land gefördert wird?

    @all und malte
    so wie ich Malte verstehe, beschreibt er einfach ein Teil des NPD-Programms und verknüpft seine Überlegungen sinvoll mit Kritikern anderer Herkunft (ja, auch die NPD sind Kritiker)

    Vor allem macht er darauf aufmerksam, daß die NPD eben NICHT NUR stumpf gegen Ausländer hetzt, nein, sie nimmt Probleme vieler Menschen ernst und gibt Antworten. Antworten, die andere Parteien scheinbar nicht haben.

    Ich habe der NPD mal die Frage gestellt, wie es denn mit ausländischen Investoren in Deutschland aussieht, ob die auch prinzipiell schlecht sind. Da eiert sie ganz schön rum.

    Ich finde Malte hat recht, wenn er uns zum mitmachen auffordert, meckern, abkehren ist immer einfach, aber Demokratie leben, sich in Parteien engagieren, ziemlich schwer.
    Demokratie ist nämlich so wertvoll, daß sie unbezahlbar und daher kostenlos ist, aber keinesfalls umsonst zu haben.

    Vielleicht hat ja hemand Antworten auf folgende Fragen:
    Nur ca. 10% aller Menschen interessieren sich für Politik
    sollte man das ändern? Wenn ja, wie?
    Politische Themen sind komplex und singe Politiker ala Berlusconi oder noch mal den Brioni-Schröder bei Wetten Dass will ja keiner, aber bei der Demokratie mitmachen erst recht viel weniger.

    (Jeder, der mal Schülervertreter war oder heute Elternvertreter ist, wird das wissen.)

    Jedenfalls, danke Malte für einen Beitrag, der sagt: Die Welt ist nicht so einfach, wie man sie gerne hätte.

  27. 27

    Kunst-Fehler: Das mit dem fehlenden Selbstbewußtsein durch mangelnde Anerkennung dessen, was in der DDR gut war, ist mir zu simpel.

    Neonazis im Osten sind kein reines Phänomen der Nachwendezeit. Es gab in der DDR eine gewaltbereite Neonaziszene, die insbes. in der zweiten Hälfte der Achtziger großen Zulauf hatte. Die wurden eher nicht bekämpft als lieber totgeschwiegen (Höhepunkt: das Nichteingreifen und die Verfahren nach dem Überfall auf die Zionskirche und der Kommentar von Hans-Dieter Schütt in der Jungen Welt) Hinzu kamen starke rechtsradikale Tenndenzen in der Armee.

    Ausländische Arbeiter in der DDR wurden von der Bevölkerung abgeschottet und diskriminierend behandelt (ein Teil des Lohns wurde eingezogen und an die Heimatländer überwiesen; Frauen, die schwanger wurden mußten abtreiben oder wurden abgeschoben).

    Klar: auch nach der Wende wurde nicht adäquat reagiert: die Täter der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen wurden nur mäßig verfolgt und die Konsequenz der Kohl-Regierung aus den Anschlägen war die Verschärfung des Asylartikels.

    Und fehlendes Selbstbewußtsein ist ganz sicher eine der Triebfedern rechter Gesinnung. Nur ist dieses fehlende Selbstbequßtsein heute wohl eher mit mangelnden Perspektiven als mit der Beurteilung der DDR-Zeit zu begründen: wer heute zwanzig ist, hat nicht mehr viel von der DDR-Gesellschaft erlebt.

  28. 28

    Manueller Trackback:
    Küchentotalitarismus-Theorie
    Die Spreeblickler setzen sich mit der NPD auseinander und wollen „Menschen mit liberalen und bürgerlichen Hintergrund“ Munition für Diskussionen liefern. Rausgekommen ist eine sonderbare Betonung der scheinbar sozialistischen Programmatik der NPD…

  29. 29

    Spannende Sicht von straulau, die ich selbst als Westler bestätigen kann: Lange vor der Wende haben wir mit der Band mehrfach Anfragen für Gigs in Ostberlin bekommen (meist in der Zionskirche), die alle scheiterten, weil sich schon im Vorfeld rechte Gruppen angekündigt hatten und die Veranstalter Ärger befürchteten.

    Unter diesen Apekten muss man den aktuellen Trend als bürgerlich abgesegnetes Coming Out betrachten.

  30. 30
    raha

    Vielleicht versucht man nur zu vergeblich, nach den Zielen im Programm zu suchen! Ansich könnten die Punkte allesamt ausformulierte Stammtischparolen der Bildzeitung sein. Wie schon erwähnt wurde, werden wohl die wenigsten Wähler, wie auch bei den anderen Parteien, das Programm lesen. Daraus kann man sich dann nach Bedarf Headliner für Plakate, Flyer und Diskussionen herauspicken. Das Gesamtziel bleibt diffus und man erreicht ein breiteres Publikum.
    Zum Glück hat die NPD (noch) ein Imageproblem. Derzeit ist aber ein starkes Bemühen erkennber, den Status einer regulären Partei zu erreichen. Ausgang unbekannt.

  31. 31

    „Aber was hat uns die Marktwirtschaft schon gebracht? Außer einer gesicherten Ernährungslage vielleicht. Und Häusern mit Wärmedämmung. Und Autos, die immer umweltverträglicher werden. Und Medikamenten, die ein Leben mit HIV ermöglichen. Und Fernreisen, Fernsehen, Fernsprechanlagen und fernünftiger Kleidung.“

    – Gesicherte Ernährungslage? Maximal in Deutschland, weltweit hungert jeder _achte_ Mensch (http://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger).
    – Medikamente, die ein Leben mit HIV ermöglichen? Ja, aber wieder nur in Deutschland, in Entwicklungsländern und Schwellenländern bekommen gerade einmal 7% der Infizierten Medikamente. Schuld daran ist z. B. auch das Patentsystem der Marktwirtschaft. (http://www.aids-kampagne.de/hintergrundinfos/index.html#behandlung)

    Häuser mit Wärmedämmung, Fernreisen, umweltverträgliche Autos, …, all das können sich nicht einmal alle Deutschen leisten.

    Wo ist also diese hochgepriesene Marktwirtschaft? Muss wohl in einem Paralleluniversum sein, denn _hier_ auf dieser Welt, sehe ich sie nicht.

    Ich finde es nahezu unverantwortlich, diese Probleme so zu übergehen. Es ist nur ein kleiner Absatz in dem Artikel, aber naiver kann er nicht geschrieben sein.

    Wir sind weit davon entfernt in dieser schönen perfekten Welt zu leben, in der alle von den Errungenschaften von Wissenschaft, Forschung und Technik profitieren.

    Und genau deswegen sind wir weit davon entfernt, jede Kritik an der Marktwirtschaft einfach wegstecken zu können, die Marktwirtschaft hochhalten zu können.

  32. 32
    Niels

    @malte:
    1. „Aber was hat uns die Marktwirtschaft schon gebracht? Außer einer gesicherten Ernährungslage vielleicht.“ Das kommt natürlich drauf an wie man „uns“ definiert… wir = die Deutschen, die Europäer oder wer?
    „Wealth and Health are taken from Nobody“??
    Das kannst du doch nicht ernsthaft meinen, oder?!

    2. Schreib doch bitte mal wie du „Marktwirtschaft“ definierst.

    3. Etwas gewagt ist es ja schon sich dem Wesen einer populistischen, geheimdienstlich überwachten Partei über ihr offizielles Programm nähern zu wollen… Auch die NSDAP hatte bekanntlich jede Menge „sozialistische“ Inhalte in ihren Programmen. Trotzdem wurde den deutschen Betrieben erlaubt sich am Leid anderer zu bereichern wie noch nie und man wird schwerlich einen Historiker finden, der das dritte Reich als klassenlose Gesellschaft bezeichnen würde.

    4. Zustimmung für den letzten Absatz!

  33. 33

    Und genau deswegen sind wir weit davon entfernt, jede Kritik an der Marktwirtschaft einfach wegstecken zu können, die Marktwirtschaft hochhalten zu können.

    …was sicher aber kein Grund sein kann, die NPD zu wählen, oder?

    Wer diesen und andere Texte von Malte gelesen hat, wird wohl kaum bezweifeln, dass ihm die Zusammenhänge von Kapitalismus und Ausbeutung sehr bewusst sind. Und vielleicht sollte man auch den ironischen Kontext bemerken: der Absatz mit der Frage, was uns die Marktwirtschaft gebracht hat, ist eine Homage an Monty Pythons „Leben des Brian“.

    Wir sind weit davon entfernt in dieser schönen perfekten Welt zu leben, in der alle von den Errungenschaften von Wissenschaft, Forschung und Technik profitieren.

    Sind wir nicht, viel dichter dran als wir (Deutschen, denn Malte redet dort oben nicht von „wir Weltbürger“ – es sind Deutsche, die die NPD gewählt haben, nicht Afrikaner) ist wohl kaum jemand auf der Welt, aus genau den genannten Gründen. Das kann man nicht toll finden. Man darf sich aber fragen, wieso sich eine Partei wie die NPD so vehement dagegen wehrt, eine Partei, die sicher kein Interesse daran hat, den Wohlstand anderer Länder zu verbessern und die sich vor allem um ihren eigenen Wohlstand kümmern würde, wenn sie könnte.

    Es ist eine (leichte) Sache, sich über das bestehende System zu erregen (und das, während man in einem der wenigen Länder lebt, das die Abkehr von diesem System durch Auswanderung oder die Auseinandersetzung mit ihm durch Gegen- oder Alternativinitiativen so möglich macht wie wenig andere).

    Was ich jedoch nicht verstehe: Wo wollt ihr im Zusammenhang mit dem Artikel hin mit euren sicher korrekten Argumenten, dass es nicht jedem auf der Welt so gut geht, wie es ihm gehen sollte? Wo ist die Diskussion über Demokratie, über die NPD? Wo wären eure „systemkritischen“ Kommentare, wenn die NPD eine Regierung stellen würde?

    Na klar ist es leichter, zum x-ten Mal festzustellen, dass wir in einem ganz beschissenen System leben. Aber genau das das tut die NPD auch, und genau davon handelt der Artikel.

  34. 34
    Niels

    Ok Johnny, teilweise Zustimmung.
    Wobei es trotzdem ein Unterschied bleibt, ob man dieses System in der Absicht kritisiert es eines Tages vielleicht etwas gerechter gestalten zu können oder ob man das Ziel verfolgt ein viertes Reich auf deutschem Boden (und was man dafür hält) zu errichten.
    Dazu folgendes Zitat(Quelle ist mir gerade entfallen): Der Sozialismus appeliert an die edelsten Instinkte des Menschen, der Faschismus an seine finstersten.
    Das durch die Zuhilfenahme beider dieser Ideologien (wobei ich im ersteren Fall eher von Geiselnahme sprechen würde) schon Unrechtsregime schlimmsten Ausmaßes entstanden sind, steht auf einem anderen Blatt.

  35. 35
    matze

    @niels

    definiere doch mal Faschismus und Sozialismus.

    @malte

    ich finde Du hast schon recht, Marktwirtschaft und Profitstreben hat der Welt Aidsmedikamente gebracht (die gab es in sozialistischen Ländern bisher nicht) und was bisher jeder Kritiker zu überlesen scheint, daß Du ja auch FÜR die Entflechtung der Großkonzerne bist (die ja echte Marktwirtschaft behindern – siehe Gas- und Stromkonzerne.)

    Aber zurück zum Rassismus, die interessanteste Frage an die NPD wäre die nach ausländischen Investoren (wie z.B. Microsoft oder auch der Fond, dem die Waffenschmiede Heckler und Koch gehört, oder wie sieht es aus mit General Motors, zu denen Opel gehört.)

  36. 36

    Was ich jedoch nicht verstehe: Wo wollt ihr im Zusammenhang mit dem Artikel hin mit euren sicher korrekten Argumenten, dass es nicht jedem auf der Welt so gut geht, wie es ihm gehen sollte?

    Der Artikel zieht Argumente z. B. von Attac herunter auf Parteiprogrammspunkte der NPD, um sie dann ansatzweise zu widerlegen: So wird kurz angesprochen, warum Autarkie nicht funktionieren kann, Globalisierung doch gut ist, ja sogar notwendig („Die Übernahme von Konkurrenten ist jedoch gerade einer der Motoren der freien Marktwirtschaft.“), warum die Marktwirtschaft, wie sie ist, in Ordnung ist, da sie diese und jene Dinge hervorgebracht haben.

    Die Kritik von Attac und ähnlichen Organisationen, sowie die meines Kommentars oben aber lässt sich nicht so pauschal auf diese eine Aussage („Multinationale Konzerne müssen weg“) reduzieren und dann widerlegen: Es gibt vielschichtige Gründe, wie ich sie angedeutet haben, die im Gipfel die von Attac gemachte Behauptung meiner Meinung nach legitim werden lassen. So entziehen sich multinationale Konzerne bewusst nationalen Grenzen, damit nationalem Recht und daraus wachsenden Verpflichtungen. Wird in dem einen Land etwas per Gesetz gefordert, unterminiert man dies durch Tochterfirmen im Ausland. Hierzulande wurden weitreichende soziale Sicherungssysteme geschaffen. Konzerne wie Nike & Co. lassen sich von unabhängigen Tochterfirmen in Süd-Ost-Asien beliefern. Die Menschen dort arbeiten unter für uns widrigen Bedingungen, ohne soziale Sicherung. Nike hat mit diesen nichts zu tun, da sie die Arbeitnehmer nicht direkt beschäftigen. Und das südostasiatische Land würde sich mit einem alleinigen Vorpreschen gegen diese Ausbeutung in das eigene Fleisch schneiden. Ähnliche Beispiele gibt es für Rosen und Kaffee aus Kolumbien.
    Aus genau diesen Gründen ist eine Kritik, ein permanentes Mahnen zum Entgegentreten gegen dieses Handeln dieser Konzerne gerechtfertigt. Auch wenn sich die NPD dem auf diesen Argumenten gipfelndem Argument (der Abschaffung) bedient.

    Vielmehr ist es wichtig, dass sich Menschen, die einen liberalen oder bürgerlichen Hintergrund haben, für den argumentativen Wettstreit munitionieren.

    Wie kann so ein „argumentativer Wettstreit“ aussehen? Ich nehme an, die Argumente, mit denen wir uns munitionieren sollen, sollen ähnlicher Natur sein wie es auch der Artikel schon ansatzweise zum Beispiel in der Sache mit der Autarkie macht. Doch das ist leider nicht möglich, wie ich es versucht habe mit meiner Kritik zu verdeutlichen. Man kann die NPD nicht argumentativ angreifen, in dem man sagt: „Gegen multinationale Konzerne zu sein greift einen der Hauptmotoren der Marktwirtschaft an, die uns diese und jene Vorteile gebracht hat.“.

    Man kann die NPD angreifen, indem man sagt, dieser und jener Punkt in eurem Programm passt aber in keinerlei Hinsicht zu eurer Ideologie. Aber man kann nicht die Argumente, die die NPD „gierig in sich aufgenommen“ hat, entkräftigen, denn wie der Artikel selbst belegt, sind sie teil eines viel komplexeren, vielschichtigeren Diskurses. Und ich weigere mich schlichtweg, diese Argumente, diesen Diskurs zu widerlegen, entgegen meiner Ansicht, nur um mit der NPD in einen argumentativen Wettstreit einzutreten.
    Das Problem mit populistischen Aussagen ist, dass sie einfach in die Köpfe der Menschen gehen. Die NPD bedient sich dessen, ja. Dennoch können hinter diesen Aussagen Diskurse stehen, die durchaus legitimiert sind.

    Mein Ansatz zum Wettstreit gegen die NPD wäre, ihr die Angriffspunkte für ihre populistischen Argumente zu nehmen. Und dazu zählt vor allem die Diskussion um die diesen Argumenten zugrunde liegenden Missstände nicht als „Blödsinn“ abzutun, sondern aufzunehmen und zu führen.

    Die NPD ist auch deswegen so erfolgreich, weil es die „Wendenverlierer“, die „Globalisierungsverlierer“, die „Marktwirtschaftsverlierer“ überhaupt gibt, bei denen sie auf fruchtbaren Boden stoßen kann. Und ich denke, dass es diese „Verlierer“ mit einer geeigneten globalen Sozialpolitik, einer geeigneten Wirtschafts- und Handelspolitik, einer geeigneten Migrations- und Integrationspolitik nicht geben müsste. Und in der Diskussion um diese Politiken taucht z. B. auch Kritik an der derzeitigen Form der Marktwirtschaft auf.

  37. 37

    Was ich jedoch nicht verstehe: Wo wollt ihr im Zusammenhang mit dem Artikel hin mit euren sicher korrekten Argumenten, dass es nicht jedem auf der Welt so gut geht, wie es ihm gehen sollte? Wo ist die Diskussion über Demokratie, über die NPD? Wo wären eure „systemkritischen“ Kommentare, wenn die NPD eine Regierung stellen würde?

    Auf den Zetteln, die um die Steine gewickelt sind. Die fliegenden Steine.

  38. 38

    Das sind Leute, die auf Menschenjagd gehen, wenn das Licht aus ist.

    Das sind Leute, die sich auf Menschenjagd begeben, wenn das Licht ausgeht (in der Altmark auch tagsüber).

    Das sind Leute, die sich für gleicher halten als andere.

  39. 39
    apfelbaum

    Um mal was ganz anderes zu sagen: Ich find’s erscheckend, dass die Demokratie, dass demokratische Strukturen sich offensichtlich sehr sehr schwer tun, irgendwie mit der NPD umzugehen. Es gibt da ja mehrere Methoden:
    1. Versuch der Demaskierung (z.B. am Wahlabend ARD-Interview)
    2. abkanzeln und ignorieren (sind ja nur verquere Idioten). Sat 1 und RTL beispielsweise haben sich dazu entschlossen, keine NPD-Kandidaten sprechen zu lassen.
    3. hoffen: Die machen sich schon lächerlich, die machen sich selber alle, dann hat sich das Problem erledigt.

    Punkt 1 und Punkt 2 sind ganz eindeutige Ungleichbehandlungen, die derbe in die Hose gehen können. Wie in Österreich. Wir können das Spielchen mit dem „wir, die Demokraten“ und dem „die, die blöden Assos“ ja endlos weiterspielen (hoffentlich), aber es nutzt ja auch nix: Ne Gesellschaft, in der 7 % blöde Wähler-Assos rumspacken, is krank. Und bei 7 % helfen auch die Schattendiskussionen (blabla niedrige Wahlbeteiligung blabla Verlierer des Systems blabla) grad mal garnicht. Und jedesmal, wenn wir also die NPD ignorieren, oder sie demaskieren, ignorieren und demaskieren wir all ihre Wähler – und erklären sie für komplette Vollidioten, was sicher nicht dazu führt, dass sie das nächste Mal demokratisch wählen.
    Deswegen find ich den Artikel gelungen: Inhaltliche Auseinandersetzung statt hoffen und beten. Und endlich mal darüber reden, dass die Linke ziemlich viele Schnittpunkte mit der Rechten hat, wenn es um die Kritik an den herrschenden Zuständen geht. Dass die Lösungen ganz anders aussehen, steht auf einem anderen Blatt.

  40. 40

    Tut mir leid, das ich hier vollkommen am Thema vorbeigehe, aber ich muß das mal (nicht irgendwo) loswerden:

    DIE SPINNEN DIE AMIS !!!


    So nun habt ihr hier immer ne anzeige wie hoch die Terrorismusalarmstufe im Amiland gerade ist ;-)

    Jetzt ist sie gerade „elevated“ … aahh…mhh… erhöht … also dann werd ich mal vorsichtig sein *blitzschnellumdrehundparanoidindergegendumherschau*
    bis denne :)

  41. 41
  42. 42

    Unter diesen Apekten muss man den aktuellen Trend als bürgerlich abgesegnetes Coming Out betrachten.

    Naja — das klingt ja nun wieder so, als sei Rechtsradikalismus angeboren. Man kann aber feststellen, daß hier eine in der DDR angelegte Entwicklung (Abschottung und Ablehnung jeglicher Weltoffenheit, fehlende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus) ungut fortgesetzt wird: mangelnde berufliche Perspektiven, fehlende Erfahrungen gelebter Teilhabe und fehlende Auseinandersetzung mit dem DDR-System in den Schulen. Ach ja, die Verharmlosung durch Polizei und Bürgermeister („ždas sind doch unsere Jungs, die sind doch harmlos“) und die, die das als Standortproblem debattieren wollen, nicht zu vergesen. Das alles trifft auf eine immer professioneller agierende Organisation, die, wie Malte ja schon erklärt, sich vermehrt der sozialen Frage widmet.

    Hinzu kommt, daß die (West-)Presse das Thema jeden Sommer quasi unter Auslandsberichterstattung als Gruselthema behandelt, sich aber, wenn das durch ist, nicht mehr dafür interessiert. Und daß ausgerechnet jetzt die Bundesgelder für die Initiativen gegen Rechts gestrichen werden sollen, ist katastrophal.

    Was ich bei der letzten Wahl recht seltsam fand: daß die Regierungsparteien, auch die PDS, zuvor klassische Partei der Unzufriedenen, sowohl in Berlin als auch in Mecklenburg Stimmen verloren haben und daß nach der NPD ausgerechnet die FDP in MV die meisten Zugewinne hatte. Einerseits sieht das ziemlich unreif aus (die Regierenden abstrafen). Andererseits ist es wohl ein Ausdruck starker Verunsicherung. Ick weeß ja ooch nich.

  43. 43

    Theorien. Schnakengeschwirr. Und wenn es doch – mal theoretisch angenommen – doch anders wäre? Ich denke das Buch „Farinet und das falsche Geld“ von Ramuz ist zwar ziemlich alt, aber aktueller und much more speedy als die muffigen Haudegen von der NPD. Die Extremen haben Bühnenpause! Die Politik geht nach Hause. Leverkusen hat es hart erwischt – aber im Gegensatz zu uns spielen die mit Aspirin und für Geld.

  44. 44
    Tom

    @all:

    LUSTIGE Argumente hier, wenn auf Kommentare geantwortet wird, die auf den Blog-Eintrag von Malte bzgl. Marktwirtschaft mit Kapitalimus = Ausbeutung & Profitstreben antworten:

    a)war in der Sowjetunion auch nicht besser… –>super Totschlagargument, na dann sind die Exportfreihandelszonen ja ne klasse Einrichtung, oder?

    b)Aids-Medikamente/umweltverträgliche Autos hatten die in der DDR auch nicht… –> auch klasse, wenn ihr mir sagt, welches Land (egal ob DDR oder BRD) 1980 die DrittelMix (Aids) Medikamente oder Hybrid Autos hatte, würde ich mich freuen ;-)

    Tom

    P.s.: Den „Wohlstand-gibt-es-aber-in-der-Marktwirtschaft-nur-für-die-Reichen“ Kommentatoren muss ich zwar zustimmen, obwohl es aber eigentlich offtopic ist, auch wenn es durch den kleinen „Marktwirtschaft“Absatz von Malte provoziert wurde..

  45. 45
    anfängerin

    @johnny

    dieser artikel ist sicher nicht geeignet, um eine diskussion über die npd oder die bedrohung der demokratie einzuleiten. vielmehr regt er zum nachdenken über das demokratieverständnis der „liberalen und bürgerlichen“ an. als aufforderung zur „aufrüstung gegen rechts“ gemeint, führt er ironischerweise wunderbar vor augen, wie schlecht bewaffnet die „demokraten“ doch sind. mit so einer undifferenzierten und nachlässigen argumentation (was hat demokratie mit wärmedämmung zu tun und seit wann sind monarchie und marktwirtschaft gegensätze)kann man dieser sache sicher nicht beikommen.

    zum glück gab es hier ja schon genug kritik und genau die diskussion, die der artikel verdient.

    @tom

    du hast recht, es gibt wirklich kaum was fantasieloseres als „im sozialismus war es auch nicht besser“. das erinnert doch eigentlich an die argumentationsformen der rechten.

  46. 46
    Malte

    Zunächst einmal hätte ich geglaubt, dass Monty Python hier bekannter ist, danke für den Hinweis, Johnny. Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Intention der Autoren in „Das Leben des Brian“ nicht, die römische Herrschaft über Israel zu rechtfertigen. :)
    Die Argumentation der meisten hier geht ungefähr folgendermaßen: Das westliche System ist schlecht, weil es Länder gibt, denen es wirtschaftlich nicht gut geht, in denen Menschen an AIDS sterben etc.
    Aber gerade diese Länder sind doch nicht nach westlichem Vorbild organisiert. Dass die westlichen Länder in Welthandelsrunden brutale und menschenverachtende Verhandlungspartner sind, die sich ihr Gewissen mit einer hanebüchenen Entwicklungspolitik und ekelerregenden Spendenmarathons im TV erleichtern, dass hier in Deutschland eine Klassengesellschaft etabliert ist, gegen die das indische Kastensystem durchlässig wirkt, sind Dinge, die ich durchaus sehe. Der Unternehmer hat kein über den kommerziellen Erfolg hinaus gehendes Interesse. Das muss er aber auch gar nicht haben. Das regulierende Element muss von der Zivilgesellschaft kommen. Und tatsächlich hat die es mit ihrer regionalen Gesetzgebungskompetenz schwer gegen gigantische nationenübergreifende Konzerne. Aber das ändert doch an einigen Tatsachen nichts. Den Ländern der dritten Welt ginge es nicht besser, wenn Europa und die USA nicht existierten oder anders organisiert wären. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zahlen die skandinavischen Länder am meisten Entwicklungshilfe, demokratische, marktwirtschaftliche Länder mit einer starken Zivilgesellschaft. So sieht der Weg in eine bessere Zukunft aus. Von einem guten staatlichen Bildungssystem erzogene Bürger, die ihre Verantwortung in der Gesellschaft und in der Welt ernst nehmen. Man kann die derzeitigen Probleme nicht mehr lösen, indem man sich auf die Suche nach Guten und Bösen begibt. Vorstandschefs von Ölkonzernen mögen reizende Menschen sein, sie können lediglich im Rahmen ihrer Funktion die Probleme anderer Länder nicht mitlösen.
    Aber ursprünglich ging es hier um die NPD. Und ich teile da nicht Martins These, dass man nur die Probleme der Marktwirtschaft beseitigen müsste, dann würde sie nicht gewählt werden. Man muss sich schon die Frage stellen, warum die NPD-Wähler nicht sozialstisch wählen, sondern rassistisch. Und da ahne ich die Antwort: Weil sie Rassisten sind. Für alle anderen Felder gibt es Alternativparteien: ist man mit der Marktwirtschaft unzufrieden, kann man die PDS wählen, möchte man etwas für die Umwelt tun die Grünen. Stört einen der Werteverfall, empfiehlt sich die Partei bibeltreuer Christen. Hasst man aber die Vorstellung, dass seine Kinder mit Ausländern in dieselbe Klasse gehen, wählt man NPD.
    Darum geht es doch gerade: Nach jeder Wahl werden die Wähler der NPD aus dem Schussfeld genommen und es wird gesagt: Die sind Protestwähler, das sind keine Nazis. Wenn ich eine Partei wähle, deren einziger Unterschied zu anderen Alternativen der Rassismus ist, warum bin ich dann kein Rassist?
    Ich argumentiere vom Boden des Grundgesetzes aus. Dieses Grundgesetz verteidige ich gegen den jeweiligen Innenminister genauso wie gegen Attacken von ganz links. Das sind Meinungskämpfe im Rahmen unseres Systems. Aber ganz rechts, da stehen die Menschenfeinde, die, wie Niels ganz richtig zitiert, an das Niedrigste im Menschen appellieren. Sie haben den Rahmen unseres Systems verlassen. Verglichen mit ihrem Idealbild leben wir in der besten aller Welten.

  47. 47
    Robin S. a.k.a. MakeAMillYen

    Wer waehlt die NPD? Ich denke, dass an der Protestwaehler-Sache etwas dran ist. Denn satt und sorglos waehlt keiner einfach so extrem.
    Die Rassisten gibt es daneben auch, in kleinerer Zahl. Das ist selten wahrer Auslaenderhass, sondern oft eine Mischung aus Beruehungsangst, Unwissen und oberflaechlichem Denken. Da helfen praktizierte Gastfreundschaft, gute Vorbilder, Aufklaerung und Gewoehnung.

    Die NPD und andere extreme Parteien werden zu nie ganz verschwindenen Randerscheinungen, wenn andere politische Probleme geloest werden. Naemlich Arbeitslosigkeit, Sozialsysteme, Bildung.

    Noch etwas: Die Diskussion wird von einem Hochlied auf die Demokratie begleitet. Dem stimme ich nur zu, weil ich keinen besseren Vorschlag habe. Mir ist das nicht geheuer, dass jeder mitbestimmen kann.

  48. 48
    Ganz Schlecht!

    @malte

    „Die Theorien der Sozialisten sind nicht schlecht, weil die NPD sie aufgreift, sie sind schlecht, weil sie die Freiheit zugunsten von Sicherheit einschränken.“

    dann leben wir jetzt im sozialismus. die usa ist sogar noch „sozialistischer“.

    diese definition ist quatsch. vielleicht solltest du doch mal marx lesen, auch wenn er in der heutigen zeit nur noch mit spitzen fingern angefasst wird. was du in der ddr oder udssr als sozialismus vor augen hattest, war keiner. ich nenne es gern sozialfeudalismus.

    es wäre schön, wenn die bestehenden verhältnisse nicht als gottgegeben hingenommen werden und denkmodelle zugelassen werden, ohnen dass sie mit dem argument, die kommunisten „fressen“ kinder verdammt wird.

    mahlzeit

  49. 49
    Angsthase

    Malte, dein Aufruf wählen zu gehen ist löblich. Deine Argumentation dahin ist etwas holprig, die „anfängerin“ in Nr. 46 hat es auf den Punkt gebracht.
    Ich möchte eindringlich davor warnen, die „schwitzenden Wurstgesichter der Geiferer, […]die sprachdemolierenden Trugdeutschen“ mit der NPD gleichzusetzen. Sieh dir einen Horst Mahler oder einen Udo Voigt an, die haben mit diesem Stereotypus nur wenig gemein. Nicht von den Schlägertypen auf der Straße geht die eigentliche Gefahr aus, sondern von den schlauen [sic!] Köpfen, den Strategen, den Agitatoren in der NPD-Zentrale, die offensichtlich wissen, was sie tun und mittlerweile (leider) ihre Lektionen in und mit der Demokratie gelernt haben.
    Noch ein Kritikpunkt: In einem intelligenten Weblog wie dem Spreeblick hätte ich von den Machern und einigen Kommentatoren eine insgesamt differenziertere Sichtweise erwartet. Was die Herleitung der Neonazis aus den Hinterlassenschaften der DDR angeht, wie z.B. in den Kommentaren von Stralau zu lesen, so ist das nicht weit entfernt von Stammtischparolen über Sozialleistungen erschleichende Asylbetrüger.
    Respekt übrigens an alle die, die hier ihre Emailadresse oder URL angegeben haben – den Arsch habe ich nicht in der Hose, denn auch Neonazis können inzwischen das Internet benutzen…

  50. 50
    Malte

    @ Anfängerin und damit auch an den anonymen Angsthasen.

    Der Gegensatz zwischen Monarchie und Marktwirtschaft ist historisch begründet.

    Liberale Ideen wurden sowohl vom Besitz- als auch vom Bildungsbürgertum vertreten.

    Einrichtung eines politischen Systems, in dem alle Menschen gewisse Grundfreiheiten wie Rede- und Meinungsfreiheit (einschließlich Religionsfreiheit), Versammlungs- und Bewegungsfreiheit genießen können. Grundrechte sollten den Gebrauch der Freiheiten sichern. Zu diesen sollten sowohl die Unverletzlichkeit der Person, also der Schutz vor staatlicher Willkür als auch Teilnahmerechte, vor allem das Wahlrecht, gehören. Das System sollte eine freie Marktwirtschaft mit freiem Waren- und Kapitalverkehr, mit freiem Organisationsrecht für die Gründung von Kapitalgesellschaften, für Verkehrsbetrieb, Banken und Fabriken garantieren.

    hier.
    Dagegen war in der absoluten Monarchie der Merkantilismus die vorherrschende Wirtschaftsform.
    Es ist sehr leicht, anderen undifferenziert Undifferenziertheit vorzuwerfen. Du selbst (jetzt nur an den Angsthasen) scheinst doch eher wegen der Schläger besorgt zu sein. Oder fürchtest Du, von Voigt zum Rededuell aufgefordert zu werden? Die politische Gefahr geht vom – wie du so richtig sagst – „schlauen“ Voigt aus. Im Dunkel der Nacht aber doch durchaus von den Wurstgesichtern.

  51. 51
    Malte

    @ sapere aude (alter oder neuer Besitzer?)
    Die USA sind ja nicht einmal vorgeblich damit angetreten, die Völker Afghanistans oder des Iraks zu befreien. Wenn man aber in den beiden Fällen mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker argumentiert, ist man auf dem falschen Dampfer. Das kurdische Volk konnte nun gerade unter Saddam Hussein gar nichts selbst bestimmen. In Afghanistan war die Lage vergleichbar. Die Taliban waren in ihrer Mehrzahl Paschtunen. Auszug aus einem Artikel von Jochen Hippler:

    Der Rest des Landes würde von den Taliban dominiert – was praktisch die Rückkehr der Vorherrschaft der Paschtunen in Afghanistan (wenn auch eines anderen Zweiges) bedeutet.

    Das heißt, die anderen Ethnien Afghanistans waren ebensowenig selbstbestimmt wie die Schiiten und Kurden im Irak. Dass man Freiheit aber nicht herbeibomben kann, versteht sich wohl von selbst.

  52. 52
    no return

    Scheint die Sonne auch für Nazis?

    Der Artikel ist gut, aber ich hab ein furchtbar großes Problem mit dem Titel. „Gut, dass es sie gibt“ – Musste das sein? Irreführung des Lesers ist ein Privileg des Intellektuellen, könnte aber genauso gut missverstanden werden. Die Grenzen zwischen Ironie und Gedankenlosigkeit sind manchmal fließend.

  53. 53
    Angsthase

    Lieber Malte, was die „anfängerin“ und ich monieren ist das Durcheinander von Begriffen und damit die Möglichkeit (durch Andere), deine Argumente als nicht stichhaltig abzutun. Beispielsweise ist Monarchie eine Staats- und Regierungsform, Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsform oder Teil eines Wirtschaftssystems.

    Dass die Braunen sich eklektizistisch aus anderen Parteien und Strömungen Programm- und Standpunkte herausklauben ist so neu auch wieder nicht, wenn du dir das Programm der NSDAP ansiehst. Es wird versucht, eine breite Wählerschicht anzusprechen. Insofern bestehen sozialistische neben liberalen und wertkonservativen Ideen.

    Du hast mich missverstanden. Natürlich habe ich vor den Wurstgesichtern Angst, aber gefährlicher sind die genannten und ungenannten Strippenzieher, da sie manipulieren und leiten, das Gift versprühen, die die miese Stimmung aufgreifen und daraus wieder Stimmung machen, die Zweifel säen, die versuchen, die Demokratie auszuhebeln usw.

    Um einem erneuten Missverständnis vorzubeugen: Deinen Artikel finde ich wichtig, und er hat eine Diskussion losgetreten die zeigt, dass es noch genug Argumente und genug „Widerstand“ gegen die Welle von rechts gibt.

  54. 54

    Angsthase: Huch? Den Zusammenhang mit den Stammtischparolen verstehe ich nicht.

    Mein Hinweis bezog sich auf die Argumentation von Kunst-Fehler, der rechte Tendenzen im Osten damit begründet, daß die Leistungen der DDR-Bürger nach der Wende nicht gewürdigt wurden. Ich sage: Es gab da auch schon vor der Wende was.

  55. 55
    fehnman

    @ Malte:

    Man muss sich schon die Frage stellen, warum die NPD-Wähler nicht sozialstisch wählen, sondern rassistisch. Und da ahne ich die Antwort: Weil sie Rassisten sind.

    Ich denke zwar nicht, dass dem tatsächlich so ist, aber ich bin absolut der Meinung, dass man das so sehen, propagieren und entsprechend reagieren sollte. :D

  56. 56
    Angsthase

    @stralau: Konkret meine ich diese pauschalen Äußerungen:

    „fehlende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“[…]
    „es gab in der DDR eine gewaltbereite Neonaziszene“ […]
    „Die wurden eher nicht bekämpft als lieber totgeschwiegen“ […]
    „Hinzu kamen starke rechtsradikale Tenndenzen in der Armee“ […]
    „Ausländische Arbeiter in der DDR wurden von der Bevölkerung abgeschottet und diskriminierend behandelt“ […]

    Vielleicht täusche ich mich, aber deine Aussage, „fehlende Erfahrungen gelebter Teilhabe und fehlende Auseinandersetzung mit dem DDR-System“ scheinen hier wohl auch zuzutreffen.

  57. 57
    anfängerin

    danke angsthase, genau das meinte ich.
    man sollte sich die begriffe, mit denen man um sich wirft, schon mal genauer angucken.

  58. 58
    Malte

    @ Angsthase
    Überall dort, wo autoritäre Regierungssysteme herrschen, ist auch die Wirtschaft gelenkt. Russland ist ein gutes Beispiel: Gelenkte Demokratie mit vorgeblicher Marktwirtschaft, bei der einzelne Konzerne im Falle eines „Fehlverhaltens“ rückverstaatlicht werden.
    Dass die NSDAP aus Eklektizisten bestand, sollten wir alle im Geschichtsunterricht gelernt haben. Auf meinem leider äußerst nordrhein-westfälischen Gymnasium habe ich in Sozialwissenschaften zu Neonazis aber nicht viel mehr gelernt als: „Woran erkennt man die?“ „An den rasierten Schädeln.“ Bei FAP und Wikingjugend ging es in den 80ern nur um Revisionismus und Rassismus und der gute alte Antisemitismus (so richtig mit Auschwitzlüge, Hakennase und allem drum und dran)stand auch viel mehr im Vordergrund. Deshalb finde ich es erwähnenswert, dass die heutige NPD genauso vorgeht wie ihr historisches Vorbild. Wenn das allen Lesern schon bekannt ist, entschuldige ich mich für den Zeitdiebstahl.
    Zum dritten Punkt: Völlig richtig.

  59. 59

    Angsthase: Du irrst. Meine DDR war wohl anders als Deine. Daß Du diese Phänomene nicht erlebt hast, heißt nicht, daß es sie nicht gab (siehe auch Johnnys Kommentar, bezogen auf rechtsradikale Übergriffe).

  60. 60
    Aladin Schneider

    ich wundere mich, dass die NPD nicht die öffentliche Kastration und anschließende Hinrichtung von pädophilen Sexualtätern, den sog. „Kinderschaendern“ in ihr Partei-Programm aufnimmt.
    Damit könnte man in Stammtisch-Deutschland sofort punkten, ohne einen Finger krumm zu machen. Nonstop Stimmung wie bei der WM 2006….
    Noch verwertbare inneren Organe der Deliquenten könnte man an superreiche chinesische Entrepreneur-Klasse verhökern, mit den erzielten Gewinnen den Augias-Stall der zum Himmel stinkenden deutschen Grundschul-Klosetts entmisten.
    Das waere NPD Politik mit Hand und Fuß….

  61. 61

    Hui, hier kommt aber viel zusammen… die Diskussion über unser Wirtschaftssystem: ich bin der Meinung, dass es Afrika in der Tat besser ginge, wenn dort keine europäischen Minen, Gewehre oder andere Waffensysteme im Umlauf wären – und Europa ein wenig schlechter, wenn wir diese Länder nicht so ausnutzen könnten. Und wäre es nicht besser, wenn nordafrikanische Bauern auf dem eigenen Markt eine Chance gegen subventioniertes EU-Obst hätten? Unser demokratisches System zeichnet hier (mit-)verantwortlich und scheitert in gewisser Weise.

    Rassismus im Osten. Nicht pauschalisierend, aber persönliche Erfahrung mit „meinem ersten Ossi“ nach der Wende: es war ganz schön schwierig, ihm abzugewöhnen, jeden nicht europäisch aussehenden Menschen als „Fidschi“ zu titulieren. Wie es in seinem Kopf aussah, kann ich natürlich nur schwer beurteilen.

    Interessant fand ich den Link zum Saar-Echo-Artikel „Reale gegen irreale Wahlergebnisse“ zur Wahlbeteiligung. Auch wenn ich als Demokrat dem Aufruf, Wählen zu gehen, noch jedes Mal mit Eifer folgte, habe ich mittlerweile doch gewisse Schwierigkeiten mit der Wahlentscheidung ob der Korruption Lobbyhörigkeit und Weltfremdheit der „Spitzen“-Politiker über alle Parteigrenzen hinweg und hege gewisse Zweifel an der Funktionalität unseres speziellen Demokratiesystems. Lügende Politiker sind über steigende Politikverdrossenheit durchaus für die Erfolge der NPD mitverantwortlich. Zum Weiterlesen empfehle ich dieses Essay bei SPON.

  62. 62
    Jan(TM)

    @jan(TM)
    Umweltschonende Autos gab es NICHT in der DDR,
    nicht in der Sowjetunion etc. obwohl der
    Staat sie hätte fördern können.

    Die gibt es in einer Marktwirtschaft, weil sich
    Hersteller ein neues Austattungsmerkmal einfallen
    lassen müssen – warum verkauft z.B. Toyota soviele
    seiner Hybrid-Fahrzeuge in den USA, weil der
    japanische Hersteller im Jeep-Land gefördert wird?

    Ach Malte das erinnert mich an meine Pionierleiterin die immer mit „Hat der Westen etwa kostenlose Krankenversorung geschaffen?“ auf praktische jede Frage antwortete. Ich habe nie behauptet das der Staat das macht, sondern das der Staat das unter dem Druck von freidenkenden Bürgern gemacht hat – gegen den Willen der Marktwirtschaft! Du hast behauptet die Marktwirtschaft hätte das alles gebracht, ich meine das die Marktwirtschaft nur durch den Druck der Bürger(nicht des Staates) sich dahin verändert hat wo sie heute ist. 68, die Umweltbewegung, Feminismus.

    Warum Toyota soviele Hybrid Autos in USA verkauft? z.B. wegen Steuererleichterungen und Sonderfahrspuren? http://www.handelsblatt.com/news/Auto/Technik-Sicherheit/_pv/_p/301626/_t/ft/_b/1109414/default.aspx/1,5-liter-auf-100-kilometer.html

  63. 63

    Links und rechts – das sind doch die Lebensthemen unserer Omis (wobei -bei allem Unbill- die besten Kuchenrezepte schon aus dieser Zeit stammen). Heute erleben wir die versloterdijkte globale Etablierung der Diktatur der Reichen, das alpenvergrollte Wetterleuchten des Dollarzerfalls und die High-Tech-Untaten einiger Modernisten im Indianerkleid. „Die Chinesen kümmern sich nicht um unsere Werte, die Araber nur um ihre Pferde“ hat ein Tourist neulich dazum im Flugzeug gesagt.

  64. 64

    Angsthase: war vorhin etwas in Eile, zu den Aussagen, die Du da etwas aus dem Zusammenhang rausgreifst nochmal im einzelnen:

    „fehlende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“[„¦]

    Damit meine ich, daß Nazionalsozialismus (es wurde eher von Faschismus geredet) als Extremauswuchs des Kapitalismus behandelt wurde. Daß der Schwerpunkt bei den Opfern auf den politischen, nicht den rassischen Opfern lag. Und schließlich die Behauptung, daß der Faschismus in der DDR überwunden sei und (platt gesagt) die Nazis jetzt alle im Westen seien. Daß der Antifaschismus zum Gründungsmythos der DDR wurde und damit für alles mögliche herhalten mußte (bis hin zur Bezeichnung der Mauer als antifaschistischem Schutzwall). Das war meine Erfahrung in der Schule und ist somit kein Pauschalurteil, ich habe aber von anderen ähnliches gehört.

    „es gab in der DDR eine gewaltbereite Neonaziszene“ [„¦]

    Was ist daran pauschal? Es gab regelmäßige Übergriffe auf Ausländer und Punks. Ein Beispiel habe ich genannt (Überfall auf die Zionskirche). Sehr aufschlußreich ist ein Text von Konrad Weiß von 1988.

    „Die wurden eher nicht bekämpft als lieber totgeschwiegen“ [„¦]

    OK, statt totgeschwiegen hätte ich eher verharmlost schreiben sollen. Die Fälle, die Aufmerksamkeit auch im Westen bekamen wurden erwähnt. Mit verharmlost meine ich, daß es keine wirkliche Auseinandersetzung gab, weil es sowas: Nazis in der DDR nicht geben durfte. Beispiele (Schütts Kommentar in der Jungen Welt, in dem er Untergrund-Literaten mit Neonazis gleichsetzte) habe ich genannt.

    „Hinzu kamen starke rechtsradikale Tenndenzen in der Armee“ [„¦]

    OK, über das stark kann man sich streiten. Die Tendenzen gab es.

    „Ausländische Arbeiter in der DDR wurden von der Bevölkerung abgeschottet und diskriminierend behandelt“ [„¦]

    Ich habs doch oben erläutert. Die Sache mit den eigenen Siedlungen außerhalb normaler Wohngebiete oder die Abschiebung bei Schwangerschaft.Wie würdest Du das denn nennen, wenn nicht diskrminierend?

  65. 65
    Malte

    @ Jan ™
    Das hat Matze gesagt.

  66. 66
  67. 67
    Angsthase

    Lieber Stralau, ich fürchte, unsere Diskussion verselbständigt sich hier etwas und geht am eigentlichen Thema vorbei. Wenn mein erster Kommentar im Ton etwas schärfer gewesen ist, so entsprang das einem ersten Unmut. Ich bin ja schon wieder ganz zahm ;-)

    Um nochmal kurz auf deine letzten Ausführungen einzugehen: In der Tat muss wohl „meine DDR“ eine andere gewesen sein als deine. Um mit deinen Worten zu reden: Dass du diese Phänomene erlebt hast, heißt nicht, dass man sie auf das „Gesamtbild DDR“ verallgemeinern – also pauschalisieren – kann. Eben das hast du in meinen Augen aber in starkem Maße in Kommentar 30 getan.

    So, Frieden jetzt ;-)

  68. 68
    matze

    @malte stimmt, das mit den Autos habe ich gesagt

    @jan
    richtig, der Staat kann umweltschonende Autos fördern, daß hat er aber in der DDR nicht gemacht, von der Sowjetunion ganz zu schweigen.
    Du hast natürlich recht, das bestehende System zu kritisieren:
    NUR Ausbeutung und erst recht Monopole sind eigentlich KEINE Marktwirtschaft. Sondern MACHTwirtschaft.

    Aber zurück zur NPD, also, das einzige, was ich gut an dieser Partei finde, ist ihre staatliche Unterwanderung.
    Den interessantesten Aspekt, den Malte noch einmal klargestellt hat:
    Die NPD-WÄhler könnten ja auch was anderes wählen, wollten sie nur protestieren, aber nur bei der NPD gibt’s das all-inclusive-Paket mit Ausländerhass.

    (Aber in ihrer Selbstdarstellung, z.B. durch Wahlwerbespots, dort schon der Protest betont wird: „Für jeden der vond er NPD reinkommt fliegt einer von den etablierten raus.)

    Gruss

  69. 69
    auweia

    NPD-Wähler schauen nicht in solch schicke Webblogs. Es handelt sich hier um eine aufgedrehte Diskussion, die für politisch oberflächlig gebildete Internauten unterhaltsam ist und uns das wohlige Gefühl gibt „Mensch, ich verstehe ein bisschen was / Ich kann was dazu sagen / ich mach auch mal meinen Mund auf“.

    Nette Geistesübung, lesenswerte und teils kluge Beiträge, Nutzwert außerhalb unserer Köpfe und Laptops: ???

  70. 70
    Malte

    @ auweia
    Ursprünglich enthielt der Text ein Vorwort, das ungefähr das besagt hat, was du jetzt kritisierst. Warum soll man überhaupt einen solchen Text schreiben in einem Blog, das höchstwahrscheinlich nicht von NPD-Wählern gelesen wird? Predigt man da nicht den Konvertiten, wie Johnny kürzlich in einem anderen Zusammenhang meinte? Dazu zweierlei: Auch in der Religion hören natürlich die Konvertiten noch Predigen, Selbstvergewisserung ist also überhaupt nicht verwerflich. Kürzlich habe ich mal gelesen, je weiter man in der Zeit von der Ära des Nationalsozialismus wegschreite, desto mehr Antifaschisten gebe es. Das ist völlig richtig und es bliebe abzuwarten, wie stramm antifaschistisch die Gesinnung vieler heutiger Linker wäre, sollten sich die Mehrheitsverhältnisse irgendwann ändern (was ich nicht im Geringsten befürchte). Zweitens: du kennst ja bestimmt den Marx-Satz, dass es darauf ankomme, die Welt zu verändern, nicht – wie es die Philosophen bis dahin getan hätten – sie zu interpretieren. Angeblich hat Heidegger sinngemäß dazu gesagt, dass man ohne diese Interpretation jedoch keinen Ansatz hätte, was man ändern soll. So geht es hier auch. Solange man gar nicht genau weiß, was die Motivation der Wähler ist, wie man die NPD politisch packen kann, etc. wäre jede Handlung doch bloß Aktionismus.

  71. 71
    auweia

    Natürlich muss man vorher wissen, wo es anzupacken gilt, man braucht einen Ansatz. Ich glaube, den haben wir schon, siehe die mannigfaltigen Diskussionsbeiträge. Aber wer wird jetzt eine NGO Gründen, um frustrierten Mecklenburger Kids bei den Hausaufgaben zu helfen? Wer geht in verrauchte Kneipen und bietet brauner Stammtischrhetorik die Stirn? Wer zieht in die Provinz und wird Landratskandidat?

    Ich bin ein wenig skeptisch, denn diejenigen, die ein Blog wie Spreeblick interessant finden und die hier vorgetragenen Positionen abnicken oder sich in die Diskussion einmischen, ziehen eher nach Berlin, als sich vor Ort politisch zu engagieren. Und die schon in den heilen Großstadtbezirken wohnen, gehen auch nicht wieder zurück, sondern lieber Kaffeetrinken mit Freunden.

    Was natürlich nicht heißt, dass das Forum hier unnütz ist. Trotzdem leben wir in einer Blase, die für uns schön, außerhalb aber irrelevant ist.

  72. 72
    Johannes

    Der Saar-Echo Artikel ist sowas von einseitig. Der Staat darf die Menschen nicht zum Wählen zwingen, wo bleibt da die Freiheit? Und NATÜRLICH hat die SPD mit „realen“ 26% in Rheinland-Pfalz den gerechtfertigten Anspruch, eine Regierung zu bilden. Got Mehrheitsentscheidung? Danach funktioniert eben die momentan am besten funktionierende Staatsform. Dann das Argument, mit den „realen“ Wahlergebnissen wäre z.B. die NPD nicht in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern eingezogen. Die 5% Hürde wäre bei solch einer Bewertung der Wahlergebnisse vollkommen irrelevant. Überhaupt, wie stellt sich der Autor eine Regierung auf Grundlage seiner tollen „realen“ Wahlergebnisse? Absoluter Bullshit.

  73. 73
    turtlebeach

    Ich finde den Artikel auf eine andere, vielleicht subtilere Weise genauso populistisch wie die manche Thesen der Attac oder eben naja…mit was für einem riesengroßen Ideal gehst du an den menschen heran! Wahnsinn, kannst du dem selbst standhalten? Und dieser satz hier hat mir auch gefallen:

    „Eine Kritik am Kapitalismus wird nicht dadurch falsch, dass sie auch von Nazis geübt wird.“

    Ich denke auch teilweise ist das Problem der Linken ihre Selbstzerfleischung anstatt geschlossen ideologisch gegen die Nazis vorzugehen, auch wenn sich da Punkte überschneiden. nur weil die nazis das auch im Programm haben, muss das nicht unbedingt als idee völlig miserabel sein. Natürlich versucht die NPD so populistisch wie irgend möglich zu sein, dann kommen sie mit platter Globalisierungskritik, die intellektuell nicht mit der von Attac zu vergleichen ist, die Linken müssen indessen geschlossen nur eins tun: der NPD sagen, dass sie in die Vergangenheit blickt, wir, die Linken aber in die Zukunft; und in dieser Zukunft ist für uns ein Nationalsozialismus nicht vorstellbar, ganz so einfach ist es zwar nicht, aber ein Ansatz…

  74. 74
    Malte

    @ Johannes
    Mir geht es nur um das Zahlenbeispiel. Hätten mehr Menschen gewählt, hätte die Relation anders ausgesehen. Wahlpflicht wird auch im Saar-Echo nicht gefordert.

  75. 75
    Acid

    Hätten mehr Menschen gewählt, hätte die Relation anders ausgesehen.

    Warum wählen die alle nicht mehr? Ich nehme an, weil sie ahnen, dass es nichts bringt.
    Demokratie bedeutet u.a., dass eine Partei wie die NPD gewählt werden darf. Macht das nicht die Demokratie zur Farce?

    Und was all die Errungenschaften der Marktwirtschaft angeht:
    killercoke.org
    Nike (wunderbar beschrieben von Naomi Klein in „No Logo“ zeit.de/archiv/2001/12/200112_aussehen___no_lo.xml)
    Das Aushöhlen aller möglichen Bürgerrechte
    Massenarbeitslosigkeit und 1€-Jobs
    Werbetrommelfeuer in allen Medien

    Aber immerhin – wir haben Fernwärme (übrigens ein schönes Wort: Fern-Wärme).
    Und, nein, ich habe auch keine bessere Idee. Ich nehme es nur zur Kenntnis.

  76. 76

    @Malte:
    Toller Beitrag. Darf ich für Dich ein Beitrittsformular zur FDP ausfüllen und abschicken :)? Im Ernst: Es ist selten, dass in Deutschland jemand a) so wunderbar offen und ehrlich die VORTEILE einer freien Marktwirtschaft auf rationale Weise betont und b) so unglaublich un-anti-amerikanisch ist. Schliesslich ist Amerika-Bashing ja so schick (und dank G.W. Bush leider auch so einfach)!

    @Jan:
    Heisst das, Du sprichst Dich für Subventionen aus? Glaubst Du, dass diese LANGFRISTIG IRGENDETWAS verbessern können? Bezüglich Deines Arguments „Der freien Marktwirtschaft ist die Umwelt egal“: Ein rational agierendes Unternehmen richtet seine Produkte an der Nachfrage der potenziellen Kunden aus. Sind diese umwelt-sensitiv (wie z.B. die „neuen Amerikaner“ an den Küsten!) produziert es umweltfreundliche Produkte – ganz ohne Zwang, die Aussicht auf mehr Absatz und Gewinn ist genug! So was nennt man auch „Freiheit“. Daher liegt in einer Marktwirtschaft die Verantwortung für solche Themen auch beim Einzelnen – weil es keinen SInn macht, sie auf die Unternehmen abzuwälzen.

  77. 77

    Wir brauchen keinen europäischen Verfassungsvertrag. Die Charta der Grundrechten reicht aus, um das Deutsche Unrecht zurückzuschlagen.

    http://www.praesidentin.de

  78. 78
    Antikraut

    „Es liegt auf der Hand, dass die herrschende Klasse in Washington schon lange vor dem 11. September sich darüber klar wurde, den Irak zu besetzen und Saddam Hussein zu stürzen. („¦) Der US-Imperialismus verhält sich zur Zeit wie ein wildgewordener Elefant, der jedes Hindernis in dem Glauben aus dem Weg räumen will, dass dies durch reine körperliche Kraft gelingen kann.“ – Marxisten da oben

    Also bitte. Es muss doch möglich sein, bei „Marxisten“ etwas Irrationaleres zu dem Thema zu finden. Immerhin behaupten sie nicht, dass die Amis das WTC selbst gesprengt hätten. Gut, der Terminus „US-Imperialismus“ schaut ein wenig ideologisch aus, aber ansonsten beschreibt der zweite Satz die Politik der Bush-Regierung ganz gut, finde ich. Und im Übrigen steht da auch nichts von Selbstbestimmungsrecht der Völker.

    „Die Weltwirtschaft wird zunehmend von multinationalen Mammutkonzernen geprägt. Diese haben Größen und Verflechtungen erreicht, die eine sinnvolle Kontrolle dieser Konzerne auf nationaler Ebene unmöglich machen.“ – NPD, siehe oben

    Wow. Das haben die von mir. Wobei mir der Begriff „Mammutkonzern“ zu tendenziös wäre. Aber wayne.
    Vielleicht sollte ich denen erzählen, dass das eines meiner Hauptargumente GEGEN Nationalstaaten ist…