Wenn jemand eine Wand hochzieht und ein anderer Jemand des nächtens auf dieser Wand ein Hakenkreuz hinterlässt, dann ist es offensichtlich: Der Wanderbauer hat seine Sorgfaltspflichten verletzt. Ganz besonders, wenn er die Wand in einer Farbe errichtet hat, die seit jeher für Kontroversen sorgt, zum Beispiel: Grün. Oder in einer Gegend, in der es schon häufiger zu politischen Graffiti gekommen ist, zum Beispiel: Dortmund.
Das schon legendäre Landgericht Hamburg hat entschieden, dass es Stefan Niggemeier vorzuwerfen ist, dass ein die Callactive GmbH beleidigender Kommentar in der Nacht von Samstag auf Sonntag für mehrere Stunden online war. Zwar habe Niggemeier aufopferungsvoll seinen Garten gehegt und gepflegt, es sei aber bei Themen von einer derartigen Brisanz zu erwarten, dass rechtswidrige Kommentare erfolgen würden, daher sei eine vorherige Moderation vonnöten.
An diesem Urteil ist so vieles interessant, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. In aller dem Urteil angemessenen Willkür daher einfach ein paar lose Gedanken.
In meiner Zeit als Blogger habe ich etwas zunächst mit Verwunderung und dann als gegeben, aber immer noch mit Verwunderung, zur Kenntnis genommen: Es gibt keine Themen ohne Brisanz. Nun gut, man muss dem Landgericht Hamburg zugute halten, dass es in bester Juristenmanier einen lustigen Zirkelschluss dahingedacht hat, der besagt: Dass das Thema brisant war, sieht man an den Brisanz ausschwitzenden Kommentaren. Aber trotzdem, nur aus Laienperspektive: Was wäre denn aus Sicht des Richters ein Thema, dass niemanden provoziert? Ohrenstäbchen? Natürlich nicht, denn schreibt man von seiner stillen, aber intensiven Leidenschaft für Ohrenstäbchen, kommt mit Sicherheit jemand auf den Gedanken, die kaum mit Worten zu beschreibende Gesundheitsgefahr, die von diesen Stäbchen ausgeht, zu beschwören. Von da an ist es auch in den besonnensten Schädeln nur noch ein kurzer Weg zu einem umfassenden Rundumschlag gegen „die hirnverstopfende Ohrenstäbchenmafia“. Und dann möchte ich nicht mit Vertretern der watteverarbeitenden Industrie vor Gericht darüber streiten, ob ich die Brisanz des Themas Ohrenstab (die Verkleinerungsform haben sich die Anklagevertreter im Vorfeld verbeten) verkannt habe. Denn es gab ja heftige Kommentare, q.e.d.
Der nächste auffallende Punkt ist der Ehrbegriff. Gestern erst musste ich mir von einem verwirrten Leser anhören, meine Hände seien die eines Psychopathen. Er ergoss Spott über die Farbe meiner Greiforgane, über die Beschaffenheit und Form meiner Fingernägel. Ich, der ich weiß, dass sich in meinen Händen die Pelzigkeit meines Vaters mit der Weichheit meiner Mutter auf seltsame und doch erregende Art vereint, dachte mir: Och, ja. Aber ich bin auch nur jemand, der in Cafés versucht, ins Internet zu kommen, während die Leute von der Callactive GmbH immerhin Menschen dazu bekommen, im Fernsehen anzurufen. Wie damals bei „Monitor im Kreuzfeuer“. Oder so ähnlich, halt bloß ohne Aussage, Anstand, Hirn oder Sinn für Farben.
Das bringt mich zum nächsten Punkt: Warum um Gottes Willen kann man diese Sendungen eigentlich nicht per ordre de mufti abschaffen, ganz einfach, weil sie so benebelnd hässlich sind, dass sie eine Gefahr für Netzhaut und angrenzende Hirnregionen darstellen? Hat Geschmack überhaupt keine Stimme vor Gericht?
Abschließend: Was bedeutet das Urteil für die Diskussionskultur in Deutschland? Zunächst einmal: Nichts. Es gibt keine Präzendenzfälle im deutschen Recht und auf der anderen Seite sind Kommentare (selbst von Handverächtern) zu wichtig, als dass man jetzt im vorauseilenden Gehorsam bei jedem Thema, selbst wenn es um Ohrenstäbchen geht, die Kommentare dicht macht. Einerseits.
Andererseits drängt sich schon eine Frage auf: In einer Zeit, in der die gesamte Politik in die Mitte drängt*, könnte man sich dann nicht darauf einigen, dass die Mitte dort ist, wo Meinungen dem Beweis zugänglich sind und Besonnenheit zuhause ist? Wäre dann die Mitte nicht dort, wo Rechtsprechung, statt gröbstmöglich Gefahrenabwehrrecht und Störerhaftung zusammenzuwerfen, sich dazu durchringt, zu schauen, was überhaupt dem Ganzen zugrunde liegt? Ich habe eingangs erwähnt, dass jedes Thema versteckte Kontroversen birgt.
Das stimmt nicht ganz. Zum Thema „Anrufsendungen“ habe ich noch keine zwei Meinungen gehört. Bei diesem Thema sind sich alle einig. Bis auf die, die das Sagen haben. Das könnte man achselzuckend hinnehmen. Oder für ein Demokratiedefizit halten.
Ich lasse jetzt todesverachtend die Kommentare offen. Ich vertraue auf eure geistige Gesundheit und würde gern wissen: Wie geht ihr in Zukunft mit euren Kommentarspalten um?
*hat Angela Merkel eigentlich wirklich gesagt: „Die Mitte, das ist die CDU, die CDU, das sind wir, wo wir sind, da ist die Mitte“? – Klingt wie „Hitler ist Deutschland, Deutschland ist die Partei, die Partei ist Hitler. Helau!“ von Heydrich Rudolf Heß, das ist aber nur Zufall, in der DDR gab es keine Politik, das darf man Frau Merkel also nicht übel nehmen
Als Mitglied des ADOC (Allgemeiner Deutscher Ohrenstäbchen Club) bleibt mir nur zu fordern „Freie Ohren für freie Bürger“!
BTW Du hast vergessen das Kommentieren abzuschalten. (ups ich hatte den letzten Satz überlesen)
Schon schön, wenn „heikle Themen“ nicht mehr (ohne Kontrolle) diskutiert werden dürfen, weil ja irgendjemand was strafbares sagen könnte!
PS:
mit der urteilsbegründung die der herr niggemeier auf seinem blog veröffentlicht könnte/müsste man die vanity fair für das interview mit diesem einen ex-raf-jetzt-nazi-typ verknacken. wo ist da die oberstaatsanwaltschaft!
btw: bombe bombe bombe
Und ich dachte bisher immer, es wäre in einer Demokratie die Aufgabe der Medien sich kontroverser Themen besonders zuzuwenden.
Toll, Danke, Malte. Das mit der Mauer wollte ich auch schreiben!
Und nu?
Nu lob ich Dich einfach mal für den tollen Artikel.
Zur Überschrift: Da Du offensichtlich nicht von diesem Recht Gebrauch machen willst, kann es ja nur noch uns LeserInnen ansprechen. Nur: Wir wären ja schön blöd, wenn wir hier schweigen würden. Entsprechend des Hamburger Urteils musst Du ja schließlich für unser Gesabbel grade stehn. Supi!
HA! mir is noch wasl lustiges eingfallen:
produzenten, bzw verkäufer von megaphonen können strafbar gemacht werden, wenn sie nicht kontrollieren was durch das megaphon gesagt wird, denn ein megaphon lädt ja dazu ein schmipfwörter oder verfassungswidirges in die welt hinaus zu posaunen!
Ja, wie sagte ein befreundeter Jurist neulich so schön: „Wo kämen wir denn da hin, wenn die Meinungsfreiheit über dem Geschäftsinteresse einer Firma stünde :-/
Hamburger Gerichte haben anscheinend durch die Schill-Ära einen schweren Schaden erlitten, anders kann ich mir die bizarren Urteile, die dort zu Internet-Themen ergehen, nicht erklären.
P.S.: Ist der Heydich ein Witz, den ich nicht verstehe, oder ein Typo?
[…]*hat Angela Merkel eigentlich wirklich gesagt: „žDie Mitte, das ist die CDU, die CDU, das sind wir, wo wir sind, da ist die Mitte“?[…]
Ja, das hat die so gesagt. Wenn es Bundeskanzler Merkel war und kein Fake. Es erinnerte mich auch ein wenig an, mhhh, vergangene Politiker
Scheiß Internet!
einfach abschalten, dann muß man auch keine Angst haben, das die arme Kinder lebenslangen Schaden von Internetpornographie und Gewaltonlinespielen bekommen.
Es bleibt dabei: die Hamburger Kammer rund um ihren Vorsitzenden Richter Buske sieht in Blogs und diesem ganzen Mitmach-2.0-Dingsbums geradezu eine Aufforderung an das pöbelnde Prekariat hier systematisch Rechtsverletzungen zu begehen. Und das obige Beispiel vergisst, daß das Web2.0 ja schon längst als „Klowand des Internet“ aktenkundig ist. (Und Niggemeier sitzt ja nur am Eingang und sammelt die Groschen der Urinierenden auf…)
2. Anmerkung: besonders kenntnisreich fand ich ja die Ausführungen der Hamburger Kammer, die Niggemeier nahelegten, daß er quasi eine „Blogsprechstunde“ einrichten solle. Konkret: alle Kommentare strikt sperren und einen Nachmittag pro Woche benennen, wo man sich dann von 14-17Uhr vor den Blog setzt und im Minutentakt die einlaufenden Comments freischaltet. Und ab 17.01Uhr wird dann wieder geschwiegen… aber den rechtlichen Sorgfaltspflichten des Bloggers wäre damit genüge getan. Herrlich! Ein Witz, wenn es nich auch traurig wäre…
Wanderbauer? Heißen die nicht Nomaden? Ach nee, das sind Wanderzüchter. Wär ja auch blöd, von der Saat wegzuwandern. Sorry, OT. Dafür aber völlig unbrisant.
War das nicht Rudolf Heiß: „Die Partei ist Hitler, Hitler aber ist Deutschland, wie Deutschland Hitler ist.“?
Das mit der Mauer wollte ich nicht nur auch schreiben, ich habe es sogar getan. Und zwar als erster, ätsch! ;)
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/410529
Ich sehe ja vieles anders als Du und auch als Lukas oder Niggemeier aber das werd ich, bevor ich es jemanden lesen lasse, nocheinmal genau durchdenken. Aber eines ist mir ja doch heute schon wichtig:
Wie kann man es denn für ein Demokratiedefizit halten dass Dinge, die irgendwie dem eigenen geschmack oder dem angenommenen Geschmack aller oder der meisten widersprechen, nicht verboten werden? Weißt du nicht wie viel von dem, was dir wichtig ist, längst verboten wäre, wenn man dem Geschmack der Mehrheit gehorchen würde?
Ich akzeptiere lieber den ganzen Schrott, der im Fernsehen kommt (ich muss ihn nicht ansehen) als zu fordern, dass auch nur eine Sendung, die meinem Geschmack nicht entspricht, verboten wird.
@Jörg Friedrich:
Hier geht es nicht um Geschmacksfragen, sondern darum, ob diese Sendungen möglicherweise einen gewissen Straftabestand erfüllen könnten. Das ist schon ein bisschen was anderes.
Wenn jetzt Leuten, die ihre dahingehende Meinung, dass dies der Fall sein könnte, äußern, der Mund verboten wird, während dem Treiben besagter Firma achselzuckend zugesehen wird, dann finde ich das nicht nur etwas defizitär, sondern skandalös.
Denn wie ich oben schon andeutete: Man sollte doch meinen, dass in einer Demokratie die freie Meinungsäußerung über dem Geschäfstinteresse einer Firma steht. Laut gängiger Rechtsprechung ist allerdings das Gegenteil der Fall, denn das ist nicht das erste Mal, dass Meinungsäußerungen, die z.B. in die Richtung gingen, dass man mit dem Service einer bestimmten Firma nicht zufrieden war, verboten wurden.
@ bongokarl
danke, der war es (fast: rudolf heiß war ein anderer:))
@ jörg friedrich
die von dir unterstellte ist nicht die aussage meines textes
@ Sebastian
das habe ich kommen sehen
Was mich ja brennend interessiert: Wie stellen die Call-In-Sendungen bzw. deren Macher eigentlich sicher, dass die Anrufer während der Live-Sendungen nicht rechtlich unzulässige Kommentare übers Telefon abgeben?
Wird da vorher moderiert?
Sind die Sendungen gar nicht live?
Rechtlich auf der ganz sicheren Seite wäre man natürlich, wenn man überhaupt keine echten Anrufer durchließe, sondern gestellte Anrufer ins Studio durchstellte.
Und das Wichtigste: Haben sich die Menschen in den Chefetagen von Callactive und Co. auch schon solche Gedanken gemacht?
Malte, ganz ehrlich: ich glaube du kannst den Kommentartoren hier trauen. So etwa bis vier Uhr. Da kann es sein, dass ein „verwirrter“ Kommentator hier etwas fragwürdiges hinterlässt und ganz zufällig nur und ausschließlich callakive in dieser unwahrscheinlichen Zeit hier vorbeisurft und den Screenshot macht. klick. Das wäre jedenfalls meine – berechtigte – Angst.
Ist es eigentlich schon Anstiftung zur Straftat, wenn ich hier öffentlich den Gedanken äußere, dass man ja, gedachtermaßen, mal dem Landgericht was rechtswidriges dran malen könnte, wenn ich dazu sage, dass ich nicht will, dass das jemand tut?
@Maltefan: Ich zitiere mal: „Warum um Gottes Willen kann man diese Sendungen eigentlich nicht per ordre de mufti abschaffen, ganz einfach, weil sie so benebelnd hässlich sind, dass sie eine Gefahr für Netzhaut und angrenzende Hirnregionen darstellen? Hat Geschmack überhaupt keine Stimme vor Gericht?“
Und wenn du schreibst: „Wenn jetzt Leuten, die ihre dahingehende Meinung, dass dies [ob diese Sendungen möglicherweise einen gewissen Straftabestand erfüllen könnten] der Fall sein könnte, äußern, der Mund verboten wird, während dem Treiben besagter Firma achselzuckend zugesehen wird, dann finde ich das nicht nur etwas defizitär, sondern skandalös.“ dann lies dir mal die Niggemeier-Texte, die alle noch im Netz sind, durch. Und dann überlege, ob das stimmt, was du schreibst.
Ich will auch zu den Bloggern, Herr Buske !
@Jörg Friedrich
Ich habe das als ironisch überspitztes Geschmacksurteil verstanden, nicht als ernsthafte Verbotsforderung. Kann sein, dass ich das flachs verstanden habe, aber vielleicht muss man zum Lachen in den keller gehen, um das richtig zu verstehen?
Den zweiten Satz verstehe ich nicht. Ich lese das Niggemeier-Blog fast täglich und habe auch die Callactive-Texte größtenteils gelesen, als sie eingestellt wurden, habe aber keine Ahnung, was Du mir sagen willst. Du musst schon etwas deutlicher werden.
I.Ü. finde ich, dass paternalistisch-herablassende Figuren wie „Dann (mach) … und dann überleg Dir mal (…)“ ein bisschen arrogant rüberkommen …
…das sagen psychopathen meistens, dass ihre mitmenschen verwirrt wären. ich meinte aber eigentlich gar nicht psychopath, sondern serienmörder. alles hochwissenschaftlich belegt, nachzulesen in „die hand als spiegel der seele“. oder so ähnlich, ich hab gerade hirnsausen…
Malte,
oh das war er wirklich. Das ist mir jetzt direkt peinlich. :)
@Maltefan: „I.Ü. finde ich, dass paternalistisch-herablassende Figuren wie „Dann (mach) „¦ und dann überleg Dir mal („¦)“ ein bisschen arrogant rüberkommen „¦“
Stimmt, war nicht so gemeint. Mir ging es darum: Meinungen zu Anrufsendungen kann man sicher äußern und werden auch überall und sehr kritisch überall geäußert. Der Kommentar, um den es ging, war ja keine „Meinungsäußerung“ sondern eine extreme Beleidigung. Die Meinungsfreiheit ist nicht in Gefahr, auch nicht, wenn man auf die Freischaltung eines Kommentars mal ein paar Stunden warten muss.
@Jörg Friedrich:
Ah, jetzt, ja …
Doch, ich finde schon, dass die freie Meinungsäußerung in Gefahr ist:
– Wenn von jedem Blog- oder Forenbetreiber eine Vorzensur verlangt wird, würde das die Idee des Blogs, der Community und des freien Meinungsaustauschs darin völlig ad absurdum führen. Ich halte diese Rechte für weit schützenswürdiger als das Recht einer Firma, dass ein beleidigender Kommentar (dass man eine Forma überhaupt beleidigen kann, halte ich schon für merkwürdig) nicht zwischen 4 und 11 Uhr morgens irgendwo in den Tiefen des Internets steht. Ist es das wirklich wert, so tief in eine neue Kultur einzugreifen?
– Wenn diese extreme Auslegung der Forenhaftung Bestand hat, führt das doch dazu, dass sich am Ende keiner mehr was kritisches über eine Firma schreiben traut — oder Kommentare generell geschlossen oder moderiert werden müssten. Schliesslich ist es ja für jeden, der dem Kritiker ans Bein pinkeln will, ein leichtes, nachts um 4 irgendwo vorbeizusurfen und einen rechtswidrigen Kommentar zu hinterlassen. Damit wäre das Medium Blogs doch de facto kastriert.
Ich finde Deine Einstellung sehr legalistisch.
Deine Darstellung entspricht aber m.E. genau nicht dem, was das Gericht scheinbar ausgeführt hat. Es geht nicht um alle Kommentare zu allen Beiträgen, es geht um Beiträge, wo der Blogger aufgrund seiner Erfahrungen davon ausehen muss, dass rechtswidrige Kommetare auftauchen werden. Ich möchte hier nicht meinen eigenen Blogartikel komplett hinenkopieren, bei Interesse folge bitte dem obigen Trackback.
Meine Lieblingsantwort bei Callactives Money Express ist ja immer noch vom 1. August diesen Jahres, als ein Anrufer bei einem Städtenamen-Rätsel mit den Buchstaben ENGLISCHKERNE (=Gelsenkirchen) nach 2 Stunden vorheriger Laufzeit (!) und vielfacher Erläuterung wonach gesucht wird mit der grandiosen Antwort „Henne legt keine Eier“ kam. Wenn so eine geistige Fehlleistung nicht die Definition von „verwirrt“ trifft (egal aus welchem Grund) dann weiß ich auch nicht weiter. Falls es je zu einer Gerichtsverhandlung über Sinn und Unsinn solcher Sendungen und ihrer Zuschauer im Allgemeinen und dieser Sendung im Besonderen käme, wäre dieser Ausschnitt mein „Beweisstück A“.
Den hab ich schon gelesen. Deswegen meinte ich ja, Deine Einstellung sei sehr legalistisch. Denn de facto ist das eine Einladung, jedweden unliebsamen Kritiker mundtot zu machen. Wie gesagt, nachts um 3 irgendwo vorbeisurfen, unter irgendeinen anderen Artikel einen rechtswidrigen Kommentar setzen, und dann klagen, _obwohl_ er zeitnah gelöscht wurde. Welcher kleine Blogger kann sich schon dauernd gerichtliche Auseinandersetzungen leisten? Da werden sich viele entscheiden, gar nichts kritisches mehr zu bloggen (vermutlich die meisten), oder Kommentare generell nicht zuzulassen, weil sie keinen Bock haben, ständig vor Gericht gezerrt zu werden.
Wie gesagt halte ich diese neuen kulturellen Entwicklungen im Internet für schützenswerter als das Recht einer Firma, zwischen 4 und 11 nicht beleidigt zu werden. Eigentlich finde ich, dass man eine Firma gar nicht beleidigen können sollte. Falsche Tatsachenbehauptungen, Geschäftsschädigung, von mir aus, aber was soll denn bitte an einer Äußerung der Art „Firma X ist ein Arschloch“ dermaßen schlimm sein, dass man ein unbedingtes Recht auf ihre Unterlassung hat? Und zwar präventiv?
Ich habe den Artikel gelesen und muss sagen: Firma X ist ein Arschloch.
( Erfreue dich an deiner Abmahnung, Malte. )
Die Rechtsprechung macht doch eigentlich nicht mal im Vergleich zu „traditionelleren“ Medien Sinn, mit denen dieser Richter doch eigentlich vertaut sein müsste. Wenn ich ein Buch schreibe, oder ein Lied, darf das ja auch nicht vorab zensiert werden. Weil geschichtlich betrachtet, Vorabzensur meistens Teil eines größeren, „bösen“ Staats war. Oder? Buch oder Lied werden herausgegeben, irgendjemand sagt „hoppala“ zum Inhalt, Buch oder Lied wird zensiert, sprich nicht mehr weiter verkauft oder im Radio gespielt. Wer das Buch oder Lied aber schon hat, muss es doch auch nicht mehr zurückbringen. In dem Sinn ist das Ganze viel Unvergänglicher als ein Kommentar, der nach ein paar Stunden wieder gelöscht wird.
Und der Verlag darf doch trotzdem weiterhin Bücher und Lieder rausbringen, ohne diese vorab beim Anwalt vorbeizubringen.
Hoffentlich geht der Richter bald in Rente.
Hab bei WP eingeschaltet, dass der erste Kommentar eines neuen Kommentators abgesegnet werden muss. Eigentlich weil Akismet nicht fehlerfrei ist, aber auch ansonsten ne gute Lösung (meiner Meinung nach).
@ erlehmann
Du mußt noch ein „Mit Verlaub,“ vor „Firma X ist…“ setzen, dann fliegst Du nur raus und Malte Spreeblick bleibt ungeschoren. (Lex Joschka)
Meine Kommentare bleiben offen wie bisher auch.
Vermutlich sitzen die Psychopaten ganz woanders und die Hamburger Richter sorgen sich darum, dass sie rauskommen. Betrachten wir call-in-shows doch einfach mal als panis et circenses. Gegeben seien sie einer Gruppe zweifelhafter psychischer Disposition vor dem Fernsehen (und natürlich den ganzen Studierenden, die sich ihnen aus rein wissenschaftlichem Interesse widmen). Wenn es nun gelänge diese Spiele zu verbieten, was machte dann das Publikum? Genau wegen der darin liegenden Brisanz und in Sorge um das Volkswohl möchte das Gericht den Niggemeier disziplinieren. Angesichts der vielen Fakten, die darauf hinweisen, dass diese Shows tatsächlich rechtswidriger Schmutz sein könnten, drohen ein Verbot und damit der kalte Entzug für die TV-Junkies. Und wehe, wenn sie raus gelassen. Dann können wir uns unsere Meinungsfreiheit abschreiben. Völlig unverständlich, dass sich uns, im Gegensatz zu einigen Juristen, diese höhere Logik nicht erschließt.
„Ich will auch zu den Bloggern, Herr Buske !“
Großartig! Ganz großes, subtiles, Kino!
Kommentare müssen sehr viel ungeahnte Macht haben.
Und Hamburger Richter total viel Angst vor Kommentaren.
Oder vor Meinungen.
Was machen Hamburger Richter eigentlich Nachts?
Klammheimlich Blogs mit Kommentaren befüllen. Nebenverdienst.
Also wirklich, die Brisanz deines Artikels lässt mir die Fußnägel hochrollen… ich denke, die einzige wirkliche Lösung besteht darin, nur noch Berichte über diejenigen Themen zu erlauben, bei denen Konsens besteht. Damit vermeidet man unbedingt jedwede Brisanz und Kontroverse – ergo gibt es keine blöden Kommentare, die man vorher beurteilen oder hinterher entfernen muss. Beispielsweise China macht das ganz gut vor, dort wird einfach nicht über Demokratie berichtet, und es gibt keine unangebrachten Kommentare. Diese Modell ist auf jeden Fall empfehlenswert, man sollte dabei aber auch Anregungen aus Myanmar oder Kuba nicht links liegen lassen.
Im übrigen: Lasst endlich die verdammten grünen Wände in Ruhe!
Vielleicht will der zuständige Richter (siehe irgendwo eine ganz aufschlußreiche Website über ihn) in die Politik, wie damals der Schill? …und benötigt dazu erstmal etwas Medienrummel, damit sein Name… wie beim Richter Schill. Man weiß es nicht, man steckt nicht drin.
@Jörg Friedrich etc.
Also wirklich, ich verstehe eure Kommentardiskussion nicht ganz.
„Der Kommentar, um den es ging, war ja keine „Meinungsäußerung“ sondern eine extreme Beleidigung. Die Meinungsfreiheit ist nicht in Gefahr, auch nicht, wenn man auf die Freischaltung eines Kommentars mal ein paar Stunden warten muss.“
Ja, hier war der Fall klar: Extreme Beleidigung und anderes Strafbares muss natürlich weg… aber die Vorablesepflicht erfordert ja auch eine juristische Beurteilung.
Wenn der Fall nicht ganz so klar ist, der Blogger also zur Überzeugung gelangt, der Kommentar wäre so akzeptabel, so kann das jemand anders durchaus anders sehen. Nicht alle Fälle lassen sich mit gesundem Menschenverstand beurteilen, weil die Gerichte eben ihre eigenen, gelegentlich sogar widersprüchlichen Maßstäbe anlegen, die dem Laien eher verschlossen bleiben. Die Gefahr wäre groß, dass Blogger einen Kommentar lieber vorsorglich sperren als sich Ärger mit einem übereifrigen Anwalt einzuhandeln… das geht ja auch in’s Geld, nebenbei bemerkt. Und damit wäre eine Zensur da, die Brisantes komplett rausstreicht, selbst wenn es nicht strafbar ist, nur um eventuellen Ärger zu vermeiden. Übrig bliebe nur noch das, was konsenstauglich ist… nicht jeder kann es sich leisten, bei brisanten Beiträgen ein juristisches Gutachten einzuholen.
Bisher war es umgekehrt: Nur auf Anforderung muss man prüfen und rausnehmen bzw. widersprechen (außer natürlich bei den offensichtlichen Fällen).
Also: Bedenkt, was diese Strafandrohung beim einfachen Blogger von nebenan auslöst. Ich fürchte, wenn sich das durchsetzt, ist Ruhe im Blätterwald…
Da das Hamburger Landgericht im Fragen des Äußerungsrechts bzw. dort, wo das Verfassungsrecht der Meinungsfreiheit zu berücksichtigen wäre, oft eher absonderliche Urteile zu verkünden versteht, vertraue ich hier mehr der Urteilskraft der nachgeordneten Instanzen.
Im Übrigen befürworte ich Disziplinarmaßnahmen gegen Richter Buske.
Eine besondere Sorgfaltspflicht von Bloggern bei Beiträgen bzw. Thematiken, wo es erkennbar absehbar war, dass hier auch Hirnlose, Bekloppte, Diffamierer und Beleidiger sich in Kommentarform beteiligen werden (also: hier z.B. im Fall Callactive) sehe ich trotzdem.
Im Unterschied zu diesem Landgericht bin ich aber der Auffassung (und die nachgeordnete Instanz wird das m.E. auch sein), dass Stefan eine ausreichende Sorgfaltspflicht gewahrt hat. Eine Firma wie Callactive muss es hinnehmen, wenn es nachts irgendwo im Internet für ein paar Stunden diffamierende Kommentare gibt. Das Gut der Meinungsfreiheit wiegt so hoch – und umgekehrt wiegt der tatsächliche Schaden für Callactive so gering, dass ich mich sehr wundern würde, wenn das Urteil des Hamburger Landgerichts bestätigt werden würde.
Malte, Du verkennst, dass Stefan nicht nur einfach eine Wand hochgezogen hat, sondern auch noch ein Schild „Bitte was draufmalen“ rangehängt hat. Insofern hinkt der Vergleich.
Klar ist die Argumentation des LGs schlüssig, wenn man dem Schildaufhänger volle Verantwortung für seine Wand geben will. Kann man so sehen. Einziger Nachteil, an dem man sich hier stoßen kann: Es erschwert die Kommunikation der Leser. Deren Meinungsfreiheit gegen den Schutz auf Beleidigung abzuwiegen wage ich aber lieber nicht.
An sich ist es gemein dem Stefan hier Vorhaltungen zu machen, denn er hat sich wirklich vorbildlich verhalten. Andererseits regt ein kritischer Blog auch zu unqualifizierten Nachrichten an. Und das Internet ist nunmal voller Hirnschlacke. Gerade in Kommentarbereichen. Wenn man also über eine Sache schreibt, die niemand leiden kann (also eben Anrufsendungen im Fernsehen), dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand etwas Unsinniges, gar Beleidigendes, schreibt, doch ziemlich hoch. Um Beleidigungen zu vermeiden, kann man hier natürlich vorzensieren.
Aber man könnte natürlich einfach etwas früher angreifen: Kann man bei diesem anonymisierten, distanzlosen Ding, das das Internet nunmal ist, wirklich die gleichen Maßstäbe ansetzen, wie im wirklichen Leben? Ich denke: Nein. Wenn sich etwas ändern muss, dann nicht die Haftung von Seitenbetreibern, sondern die Schwelle zur Erfüllung eines Beleidigungstatbestandes. Aber mach das mal jemandem klar, der einen Kommentarbereich für ein Forum hält oder Leuten, die das Internet von Bombenbauanleitungen reinigen wollen…
armes Deutschland. Aber warum stellt man nicht einfach die wirkliche Provokation, also das Betreiben von call-in-shows, unter Strafe?
DAMIT WÄRE VIELEN mENSCHEN GEHOLFEN !
wie sähe es im RL aus?
man beleidigt jemanden…1. wenn der/diejenige eine gesetzte und erfahrene persönlichkeit ist, wird es entweder einen haushoch überlegenen, aber dennoch unbeleidigenden konter geben, 2.der angriff wird mit einem müden lächeln und mit charmanter ausstrahlung ins leere laufen gelassen – SO kenne ich das jedenfalls als beobachter solche „ereignisse“, oder 3. der angegriffene stellt sich taub und geht seiner wege.
es gibt dann noch den schlag mensch, der entweder 1.verbal ausfallend/laut wird und unter die gürtellinie zu zielen versucht, indem ein „superlativ“ zum entgegenschleudern produziert (werden soll). 2.handgreiflich/gewalttätig wird.
…..soviel zum RL
da das internet ja kein rechtsfreier raum ist, (wenn mans genau nimmt eigentlich fast doch, sonst gäbe es ein paar seiten weniger…wer nachdenkt,weiß was ich meine…) kann ja nicht jeder wie im RL andere denunzieren oder in ihrer „ehre“ verletzen.
..ja, auch „moderatorinnen“ von call-in-sendungen haben ein ehrgefühl.welches an einem sonntagmorgen innerhalb von ca. 6,5h derart verletzt wurde, daß dies folgen haben musste.
das wäre ja, als hätte helmut kohl sich in seiner ehre verletzt gefühlt, und vor dem BGH gegen den untersuchungsausschuss im fall „schwarzgeld“ geklagt und gewonnen, da er sich durch den Bruch seines gegebenen ehrenwortes in seinem ehrgefühl verletzt und beleidigt gefühlt hätte. (ups,der satz war jetzt bestimmt ein „GAK“)GAK=gefährlichster anzunehmender Kommentar.
nun denn, es war lediglich ein metaphorischer reiz für die synapsen einiger „nachdenker“. weder beleidigend noch ehrverletztend gemeint!ich distanziere mich hiermit von mir selbst. ;-)
ok, nun eine banale frage:warum gibt es im RL nicht alle 10 minuten in deutschland eine KLAGE wegen BELEIDIGUNG, EHRVERLETZUNG und RUFMORD???????—ich schätze mal grob, daß in diesem abstand irgendwo in deutschland JEDER von IRGENDJEMANDEM mal beleidigt wird. sei es mehr oder weniger heftig. weniger oder mehr im ernsten oder weniger ernstem kontext????
—darüber könnte man mal nachdenken.
ich persönlich halte dieses urteil für den anfang vom ende für alle „klein(st)-Blogbetrieber“ – wenn man es subjektiv betrachtet. der begriff „unverzüglich“ ist ein dehnbarer begriff, und 6,5 stunden – sind schon sehr flott. die begründung, ein derart brisantes thema gäbe anlass zu derartiger „sorgfalt“, wie später angeführt, erscheint mir recht subjektiv, da die brisanz eines themas 1.von den daraus resultierenden kommentaren 2.von der art des schreibstils in dem der artikel verfasst wurde 3.zielgruppe des blogs 3.“sprachebene“ der community 4.interpretation des allgemein unbedarften lesers abhängt.
-.- objektiv gesehen stellt es TECHNISCH kein problem dar, eine funktion in ein blog zu integrieren, die innerhalb eines zeitraums x-y die blogs unveröffentlicht sammelt, um deren inhalt zu prüfen.
–allerdings schränkt es die ausführung der meinungsfreiheit eben ein. und das halte ich für bedenklich. ich möchte mir nicht vorschreiben lassen, daß ich am 09.12.2007, von 15-16 uhr meine meinung zu dem artikel „die folgen der aktion’5 minuten licht aus‘ im blog kundtun darf, darüber hinaus jedoch nicht!!!!!!
wie wäre es dann mit „allgemeinen meinungszeiten“ im RL ?—oder wie sagte es dieter nuhr: „Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten.“ Zitat: Dieter Nuhr; Quelle: wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Nuhr
Wieviele Neonazis skandieren öffentlich, ungestraft und immer wieder „Sieg Heil!“ während ein deutsches Gericht über den Blog-Eintrag „Sieg Heil, Moneyexpress“ (der noch nicht mal eine Person verunglimpft) tagt? Mit welcher Latenz werden die denn mal „gelöscht“…?
Herr Richter, der hat „Sieg Heil“ gepostet !
( Los, diskutiert weiter darüber, dann steigt Spreeblicks „Sieg-Heil“-Pagerank … )
Könnte man über „Sieg Heil“ bitte auch so einen Bäpper drübermachen wie über „Terror“?
Ist doch alles quatsch, was bleibt ist, wie damals bei der Abmahnwelle, einfach Augen zu und beten, dass man nicht irgendeinem größenwahnsinnigen Anwalt in die Hände fällt. Deutschland hat einfach zu viele schlechte und arbeitslose Juristen, ich denke, hier sollte der Rechtsstaat mal ansetzen und diese geldgierigen Rechtsverdreher per Quote reduzieren…
Ich persönlich regele das so, dass ich mir Kommentare immer zuschicken lasse und die schnell überfliege. Ohne Mailadresse geht nichts und wer neu ist, muss sich erstmal „beweisen“. Ich denke, die Praxis ist ganz gut und auch mit zahlreichen Kommentaren am Tag zu bewerkstelligen. Ich sehe da größere Schwierigkeiten beim Pingback, der ja zurzeit unter massivem Spam leidet und wo man eben nicht immer die Seiten kontrollieren kann, ob sich darauf irgendwelche seltsamen Inhalte befinden. Und für Links haften Websitebetreiber ja schon lange.
Insofern: Warum regt Ihr Euch schon wieder auf? Ist doch letztlich scheißegal, das wird die Meinungsfreiheit nicht gefährden, brisante Themen werden halt anonym gebloggt auf ausländischen Plattformen. Nur halte ich den hier erwähnten Artikel ohnehin nicht für so brisant, dass man als Betreiber, wie das Gericht glaubt, die Kommentare hätte kontrollieren müssen. Da habe ich anderswo, auch bei mir, aber schon schlimmere Sachen gelesen ;)
die wand bringts aufn punkt -> sollte als grundsatzallegorie in die verfassung eingepinselt werden!
@CRen
Zum Thema ausländische Plattformen…
Wer haftet eigentlich? Der Betreiber des Blogs? Der Autor? Der OwnerC der Domain? Oder der Hoster?
Nun weiss ich endlich, warum die Sendung Brisant im Ersten keine Kommentarfunktion anbietet…
nicht nur einmal hätten die wegen mir Probleme bekommen
Leute, Leute, Leute, hier werden Begriffe wie „Zensur“, „Meinungsfreiheit“, „Beleidigung“ und „Rechtsverletzung“ nicht wirklich kenntnisreich verwendet. Sei’s d’rum.
Warum will Callactive, dass Niggemeier vorab kontrolliert? Ist er in der Lage, jedwede Rechtsverletzung zu erkennen und zu beseitigen? Sicher nicht. Was würde passieren, wenn er einen Kommentar freischalten würde, der rechtsverletzend wäre? er würde ihn sich zu eigen machen. und dann könnte Callactive ihn für die Äusserung verantwortlich machen. Vollständig.
Wer haftet eigentlich, wenn ich als Blogger auf einen Beitrag bei einem fremden Blog hinweise, wenn in der Kommentarfunktion dieses fremden Blogs irgendein minderschwerer Rechtsverstoß stattfindet, irgendwann eines Nachts? Anders gesagt:
Sollten die in Auftrag von Callactive aktiven Abmahner bei Stefan erfolgreich sein, erscheint mir denkbar, dass dann in Folge auch alle Blogs abmahnbar wären, welche auf Stefans Blogbeitrag verwiesen haben.
Was dies, oder auch nur eine dahin reichende allgemeine Rechtsunsicherheit, für die Zukunft der Meinungsfreiheit im Internet bedeuten würde, mag sich jeder selbst vorstellen.
Im Übrigen ist es nicht nur mein Eindruck, dass es den Callactive in diesem Fall in erster Linie nicht um den Rechtsverstoß bzw. die kurzfristig (für sehr wenige Leser) lesbare Diffamierung innerhalb eines alten Blogeintrags geht, sondern zentral um die Person Stefan Niggemeier, den man sich dort aus begreiflichen Gründen wohl gerne mundtot wünscht. Das Mittel der Abmahnung dient, wenn dies zutrifft, hier der geschäftspolitisch motivierten Durchsetzung von Diskurshegemonie bzw. der Verhinderung von Kritik. Wenn sich Callactive im Rechtsstreit durchsetzt, dann erreichen wir in Deutschland einen Zustand, welcher in seiner tatsächlichen Gestalt nicht allzu weit vom freiheitlich-demokratischen Geist der chinesischen Diktatur entfernt ist, jedenfalls in eine Zustand, wo es für interessierte Firmen ein Leichtes ist, gegen missliebige Blogs bzw. Diskussionen im Internet vorzugehen.
Wenn man das Wort „Presse“ an Stelle von „Blogger“ einsetzt, wird sogar ein richtiges Zitat draus.
Mein Eindruck ist, dass sich unsere politische Elite weniger für Vorgänge im eigenen Land interessiert – obwohl sie durch vernünftige gesetzliche Regelungen Sinnvolles beitragen könnte. Ich persönlich fände es z.B. gut und hilfreich, wenn – vor (!) Vornahme einer Abmahnung – zunächst die Pflicht von Firmen gäbe, auf Rechtsverstöße infolge von Diffamierungen u.ä. hinzuweisen, zusammen mit einer 24-stündigen Frist, die diffamierende Äußerung zu beseitigen. Ich habe keine Ahnung, ob das der richtige und geeignete Vorschlag wäre, aber die gegenwärtige Praxis bei der Ahndung von Meinungsdelikten im Internet ist jedenfalls im Sinne der Aufrechterhaltung der Meinungsfreiheit: ungeeignet.
Im Übrigen tut es m.E. weder dem Rechtsfrieden noch der Rechtspflege gut, wenn der Staat und die politische Elite sehenden Auges zulassen, dass das Institut der Abmahnung immer öfter als Machtmittel im Meinungskampf sowie zur Durchsetzung fragwürdiger Geschäftsinteressen genutzt wird, oder aber sogar selbst zum Geschäftzweck von darauf spezialisierten Rechtsanwälten.
in diesem Zusammenhang mal ganz interessant die Beobachtungen unter [edit malte: finde ich zu strange, dieses blog, sorry]
Der Wand Hakenkreuz Vergleich hinkt aber gewaltig. Stell dir vor du hast jetzt ne ganz neue Wand am Start. Deine Wand kann zwar weiterhin mit Hakenkreuzen dekoriert werden doch erst wenn du einen Knopf an der Wand drückst wird das Hakenkreuz für Passanten sichtbar.
Nun stellt sich die Frage; Ist Jonny auch ein Rechter wenn er den Knopf drückt – ich würde sagen ja! Ich finde es richtig, dass Der Urheber einer Webseite auch für Kommentare seiner Leser haftbar gemacht werden kann. Zumal es ja Mittel gibt Diese zu verhindern.
Geht es bei Kommentaren nicht eher um eine oeffentliche Diskussion des angeschnittenen Themas als um die Meinung des Inhabers [der sagt sie ja in der Regel schliesslich schon im Artikel selbst]? Ueberhaupt… ist der Poster ploetzlich gegenteiliger Meinung, wenn diese in einem Kommentar geaeussert wird?
Sorry, aber deine Aussage ergibt fuer mich wenig Sinn. Auch wenn der Wandvergleich vielleicht nicht perfekt ist.
Generell halte ich eine Moderationspflicht bei eventuell kontroversen/brisanten Themen/Eintraegen aber auch nicht fuer sinnvoll, da dies fuer viele Privat-Blogger schlicht und einfach so nicht moeglich ist [zumindest nicht so, dass dann noch eine ordentliche Diskussion zustande kommen koennte; und darin liegt ja grad einer der Reize einer Kommentarfunktion] und sie somit ganz darauf verzichten muessten.
In Podiumsdiskussionen darf ja auch jeder erstmal seine Meinung sagen und muss sie nicht vorher einem Pruefling zufluestern, damit der die Rechtmaessigkeit ueberpruefen und denKommentar dann gegebenenfalls weiterleiten kann…
Ich frage mich tatsächlich, wie ein fragwürdiger Kommentar, der an einem Sonntag, um 3:37 Uhr morgens eingetragen und der um 11:06 Uhr vormittags, am gleichen Sonntag wieder gelöscht wurde, von einem Unternehmen gefunden wird!?
Aber mit dieser Frage – auf die ich natürlich gar keine Antwort weiß und bei der ich nicht im geringsten auf die Idee kommen würde (und erst recht nicht, dies auch noch schriftlich zu äußern), dass hier vielleicht ein strafbarer Kommentar erschaffen wurde, um gleichzeitig einen Grund für eine strafrechtliche Verfolgung eines kritischen (Medien-)Journalisten zu schaffen – nein, mit dieser Frage auf die mir tatsächlich gar nichts einfällt, möchte ich auch gar keine Antwort wissen und auch andere nicht im geringsten auffordern, sich eine Antwort zu überlegen. Denn die Aufforderung zu einer Antwort könnte ja die brisante Folge einer die Meinungsfreiheit gebrauchenden Antwort provozieren!
@#613624:
ich nehme an, sie haben den kommentarfeed abonniert.
weil der verdacht schon einige male geäußert wurde: alles deutet darauf hin, dass ein verärgerter zuschauer über google auf stefans seite gekommen ist. also keine manipulation.
Ich habe ihn natürlich nicht abonniert – sondern auf klassische Art und Weise die an die 25 – 30 Kommentare hier und einige bei SN durchgelesen… und, zugegeben, reichlich mit dem Kopf geschüttelt… ein Kommentar mit diesem Verdacht ist mir dabei nicht aufgefallen – aber ich gebe zu, dass er nicht so originell ist.
Aber abseits aller juristisch Fachsimpeleien etc., bin ich wirklich tief bestürzt darüber – im Grunde als Essenz dieser Diskussion(-en) – dass man im Mediennutzer scheinbar nichts anderes haben möchte, als ein völlig gedankenloses, Geld ausgebendes Wesen, dass konsumiert. Ohne sich Gedanken darüber zu machen und wenn, adnn ohne diese auch zu äußern…
Mir schwebt da eine Karikatur vor Augen, die ich aus meinem Englisch-Schulbuch noch in Erinnerung habe – die Karikatur des perfekten „Sklaven“ in den USA des 19. Jahrhunderts – ein Berg von Mann, mit breiten Schultern aber ohne Kopf darauf…
Einen Mund für diese Telefonshows brauch man ja durchaus nicht, es geht ja nicht darum, eine pder gar die richtige Antwort zu geben, sondern nur anzurufen…
Erschreckend schließlich auch die Tatsache, dass die Rechtssprechung, in diesem Falle das Hamburger Landgericht auf diese Art und Weise urteilt was die berüchtigte „Schere im Kopf“ bei Bloggern wieder ein wenig mehr ins Bewußtsein ruft
:-/
@#613656:
sie nicht im sinne von Sie (du)
callactive hatte niggemeiers feed wohl abonniert
aso na dann
Wer nimmt den das LG-Hamburg eigentlich noch für voll!
Es ist doch offensichtlich das dort ein Richter sitzt der eigentllich seine entlassung wünscht! Auch dieses Urlteil wird wohl wie mittlerweile so viele nur von kurzer halbwertzeit sein. Der gute Stefan ist ja nun auch keiner der sich von einem vertrottelten (Das ist meine Meinung die unter das Recht der freien Meinungsäußeung fällt und keinesfalls als ein Fakt zu betrachten ist) Richter einschüchtern lässt!
Das Problem was ich bei solchen Richtersprüchen sehe ist:
1. die verblödung der Geselschaft
2. das finanziell schwächere Webmaster es schwer haben dagen anzukommen. Immerhin kostet so eine Gerichtsverhandlung erst mal einiges an Geld das vorgelegt werden muß.
Ist ja fast schon ein Aktionsaufruf, die Wände des hamburger „Justizpalastes“, mit entsprechenden Parolen vollzupinseln und anschließen den Eingetümer des Gebäudes für jede einzelne Parole abzumahnen. Dabei aber bitte für jede einzelne Parole eine kleine Kostennote von ca. 10.000,- Euro zu verlangen.
Und bitte unbedingt bitte darauf achten, dass anschließend die Verhandlung auch in Hamburg vorgenommen wird, denn nur so besteht Aussicht auf die lukrative Geldeinnahme.
hm, wen die neben den wänden auch noch die farbe zum sprühen hinstellen könnte das sogar durchgehen. tun sie aber nicht!
trotzdem ist das urteil natürlich ein witz!
@#606823: Sogar in der FAZ wurde anläßlich der Verurteilung eines Anlagebetrügers beanstandet, dass dieser vor öffentlicher Kritik besser geschützt sei als seine Kunden vor ihm. Denn er hatte mehrere Verfahren gegen seine Kritiker gewonnen.
Mir stellt sich die Frage warum die Richter die offensichtlich nicht ganz ordnungsgemaessen Priktiken nicht als Verursacher des Ganzen in die Fallanalyse einbeziehen. Die Persoenlichkeitsrechte des Moderators werden in dem Augenblick zur Disposition gestellt, in dem Er sich bereit erklaert in Sendungen dieser Art zu mitzuwirken. Auch der oft fehlende Hinweis ueber das Auswahlverfahren o.ae. sind sind mir schleierhaft. Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Mutigen, der den ueberwachenden Notaren mal etwas auf die Fuesse tritt. Nur mal so als Tip: Da der um unsere Sicherheit stets besorgter Innenminister die Speicherung von allen Telekommunikationsdaten erreicht hat, koennen diese natuerlich auch fuer Faelle von dieser „Brisanz“ genutzt werden. Diese muessen bei begruendetem Zweifel an der Durchfuehrung vorgelegt werden….Wieviele der Anrufer wurden durchgestellt? Wurde darueber informiert das nur jeder z.B. 100e Anrufer durchgestellt wird? Sind die Aussagen des Mod. verbindlich, wenn nicht wozu Ton? Ist die Art und Weise des Sendungsaufbaus nicht bewusste Irrefuehrung? Also liebe Jurastudenten, waer doch mal n interressantes Forschungsthema fuer n Weinabend, oder? Freu mich auf die Ergenisse;-)
Soviele Fragen, viel Spass beim sinnieren;-)
Die Gedanken sind frei, also Freiheit fuer Blogger!!!!
Euer Joey
Was mir immer noch nicht in den Kopf will: Wenn bereits der BGH ein Urteil gesprochen hat, nach dessen Wortlaut sich Stefan Niggemeier richtig verhalten hat (sehe ich mal so als juristischer Laie), wieso darf dann ein LG diese gleichartige Sache erneut verhandeln? Oder habe ich da was komplett falsch verstanden?
Was mich eigentlich am meisten schockiert, ist das Konzept eines „Landgerichts“ Hamburg. Von was für einem Land soll hier die Rede sein? @_@