Ich bin zu diesem Buch gedrängelt worden. „Aus dem Tagebuch eines Behinderten“ steht hinten drauf und ich denke an die Bulimie-Bekenner und Kranken, die sich selbst erfunden haben (sich und ihre Krankheit) bei Johannes Baptist Kerner. Leidenskultur, der neue alte Scheiß, zeig mir deine Wunden, dann zeige ich dir meine oder wir gründen eine Wundenausstellindustrie mit Buch, Lotion und Käppi zur Behinderung. Multiple Chemikalienunverträglichkeit jetzt auch mit energiesparender Leichenbittermiene.
„Mein Dämon ist ein Stubenhocker“ von Maximilian Dorner habe ich dann trotzdem gelesen und es ist ein gutes Buch. Weil Dorner schreiben kann (hat damit zu tun, dass er Schriftsteller ist und kein professioneller Erdulder), weil er ein kluger Beobachter seiner selbst ist, weil er weder übermäßig tapfer noch unerträglich heulsusig ist, weil das Buch komisch ist.
Seit zwei Jahren ist Dorner an Multipler Sklerose erkrankt, die Krankheit schreitet mal rasch voran, mal gewinnt er wieder etwas Kontrolle über seine Nerven. Er ist inkontinent, hat hilfsbereite Freunde, bekommt vom Arzt gesagt, er solle regelmäßig onanieren, weil der Rotz rausmüsse, ist Mittelpunkt von Partys, muss Fragen beantworten und weiß doch auch nicht so genau.
Im Netz führt er sein Tagebuch fort, heute abend liest er in:
Der Literarische Salon
BKA-Theater
Mehringdamm 34, 10961 Berlin, ab 20:30 Uhr.
Der kann tatsächlich schreiben. Verdammt, kann der schreiben.
MS als Krankheit,
trifft auch Rhetorisch weniger begabte Menschen.
Klingt wahrlich lesenswert. Danke.
Danke für den Tip. Das Buch wird besorgt, das Tagebuch verfolgt.
@#673905: Rhetorik als Begabung,
trifft auch an MS nicht erkrankte Menschen.
Danke für den Literaturtip!
Du sagst doch immer für ein Heidengeld den modernsten ‚Rolli‘ gekauft zu haben.
Prima, wenn man ein Maschinenbaustudium mit Prädikat absolviert hat.
Manno, krieg das Ultramoderne Teil nicht ineinander gefaltet.
Der Anschiss seitens des Besitzers lässt nicht lange auf sich warten.
„Du musst mit dem linken Arm zuerst den ganz rechts stehenden Bügel greifen,
um dann -gleichzeitig- mit beiden Händen“ (hab´s vergessen) irgendwas zu machen.
Grüß Gott, macht man ja sonst nicht, sich als Autor einmischen, aber die kurze Kritik und die Kommentare (Danke Frederic!) haben mir so gefallen, dass ich einfach sage: DANKE
Ja, dem Max sein Buch hat mich auch völlig begeistert, ich hab’s auch rezensiert auf meinem Blog für MS-Betroffene.
Dass es auch nicht-Betroffene lesen, finde ich ganz prima.
Gemach, Gemach, Malte Welding,
so ein „Dackelhaftiger“ Kommentar ( dachte ich spontan ), aber wir leben in einer Demokratie!
Weiß nicht ob der Beitrag aus Ost- oder West-Berlin stammt? Na Na, sage ich da als Schwabe, der gern im Süden zu Hause ist und sicher die Stuttgarter und Münchner Luft, der Berliner vorzieht, wenn ich Deinen Beitrag lese (n) (muß, wie Du so schön geschrieben hast).
Muß ich daraus „schlau“ werden?
Ich finde es z.T. unwahrscheinlich „UN-IN-FORM-IERT“, was hier geschrieben wird.
Selbst habe ich seit 1990 Multiple Sklerose und gehe damit sehr offensiv um. Mich konnte bis vor kurzem NICHTS umhauen.
Dann kam 2007: Eine Krise in der damals 14-jährigen Beziehung, Arbeitsplatz verloren – nach 11 Jahren Zugehörigkeit, davor unrechtmäßig gemobbt und gekündigt ( SCHEISS auf KÜNDIGUNGSSCHUTZ, denn das geht sehr schnell – bin jetzt noch vor Gericht mit dem Arbeitgeber und ist bestimmt NICHT gesundheitsfördernd, zumal als Auslöser 3er Schübe ).
Danach hat sich die MS gemeldet, die ich akribisch untersucht habe und mit der ich streng umgegangen bin.
Hätte ich nicht eine „Entzündungshemmende Ernnährung“ in mein Leben eingeführt, hätte mein Körper immer noch das MS-Feuer hochgehalten.
Leider kann ich selbst seit 5 Monaten nicht mehr lange gehen und denke oft, daß der Rollstuhl bereits wartet. Dann geht es wieder aufwärts; Du selbst denkst Du schaffst das, was normalerweise kein Problem ist … und Du siehst aus und fühlst Dich wie früher, nur es hält einfach nur noch 2-3 Stunden am Vormittag und zum Mittags ist dann Ende der Fahnenstange.
Wenn ich morgens aufwache, bin ich der gesunde Armin, dann denke ich „was für ein Simulant bist Du?“. Dann kommt das Thema schnell wieder auf den Tagesplan, wenn Dinge nicht mehr gehen, die im Kopf kein Problem darstellen!
Ich merke, daß keiner, absolut KEINER annähernd nachvollziehen kann, was im Kopf eines Betroffenen abläuft, wer nicht selbst Einblick, oder besser einen Tag als MS-Erkrankter erlebt hat.
Also BITTE zuerst DENKEN, dann EHRFURCHT vor dem Individuum und GEHIRN einschalten.
DANKE,
Grüße,
Armin
P.S. Ach ja, die Psyche funktioniert, habe sicherlich den Vorsprung vieler, die mit Pädagogik und Psychologie bei Multiple Sklerose ( ob gesund oder erkrankt ), nicht so sehr bewandt sind. Alles Gute.
Nein Armin, ich kann es wirklich nicht im Ansatz nachvollziehen. Und ja, ich bin froh darüber.
Es wäre geheuchelt, würde ich behaupten, einmal im Körper einer sehr guten Freundin stecken zu wollen, nur um mitzuerleben, wie beschissen sie sich fast täglich fühlt. Natürlich will ich das nicht, das wäre ja grade zu selbstzerstörerisch.
Dennoch bin ich sehr sehr froh, dass eben diese Freundin, die begeistert ist von „Mein Dämon ist ein Stubenhocker“, mir dieses Buch ausgeliehen hat und ich bekomme auch demnächst von ihr das nächste Buch des Herrn Dorner.
Wie gesagt, ich kann mich nicht reinversetzen, aber ich bin einen riesigen Schritt weiter gekommen im Verstehen um diese Erkrankung. Oder nein, eigentlich geht es nicht um das Verstehen der MS an sich, sondern um das Einfühlen in die Berg- und Talfahrten im täglichen Leben der Betroffenen. Und da wage ich zu behaupten, dass Herr Dorner uns Nicht-Betroffenen einen Einblick gewöhrt hat, den wir anders kaum hätten bekommen können.