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Künstlersozialkasse: Abschaffen?

Die Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein machen sich mit einem Antrag im Bundesrat für die Abschaffung der Künstlersozialversicherung stark. Weil weniger Bürokratie und so. Ganz lieb.

Nun ist es nicht so, dass ich die KSV ununterbrochen supertoll finden würde. Wir führen bspw. Beiträge ab, selbst wenn keiner der Autoren oder Designer oder Programmierer oder Fotografen, deren Leistungen wir in Anspruch genommen haben, in der KSK sind. Das nervt und kostet Geld, ist aber der Preis für einen der sehr raren Solzialbereiche, in denen in Deutschland so etwas wie künstlerische Selbstständigkeit oder Kulturschaffen überhaupt wahrgenommen wird. Schließlich erwartet einen meist nichts als reines Entsetzen, wenn man im September 2008 noch nicht genau sagen kann, wieviel man im Januar 2009 verdienen wird (Ha! Wer weiß das schon?), keine bezahlten Urlaubszeiten hat oder keine regelmäßigen und immer gleich hohen Zahlungseingänge auf seinem Konto nachweisen kann.

Auch die Aufnahme in die KSK ist eine Geschichte für sich, ich kenne genügend Leute, die es trotz klar künstlerischer Tätigkeit nicht in die KSK „geschafft“ haben.

Trotzdem: Die KSV/KSK abschaffen, um Bürokratie zu vermeiden?
Da fallen mir ein Haufen dringendere Startpunkte ein.

29 Kommentare

  1. 01
    steffen

    besser als abschaffen wäre umbauen. (reformieren darf man ja heutzutage nicht mehr schreiben).

    z.b. schauspieler: dass schauspieler, egal ob film oder theater nicht als schauspieler mitglied in der ksk sein können, ist so grotesk wie wahr. dass es aber immer noch journalisten gibt, die in der ksk sind oder gar webseiten-programmierer, ist nun gar nicht mehr zu verstehen.

    als pr-verantwortlicher in einem unternehmen ist es für mich nicht nachvollziehbar, pflichtabgaben für einen grafikdesigner an die ksk zu bezahlen – jedoch keine abgaben entrichten zu müssen, wenn ich mit einem schaupieler einen werbespott drehe.

    da die ksk aber wegen der vielen interessen nicht reformierbar ist, bleibt wohl nur eines übrig: auflösen – und eine kasse gründen, die tatsächlich für künstler im ursprünglichen wortsinne ist (lebenskünstler sind wir alle, trotzdem sind wir nicht alle in der ksk)

  2. 02
    Kai

    Anderswo heißt es:

    „Regierungssprecher Dr. Christian Hauck hat am Abend Meldungen über eine angebliche Bundesratsinitiative Schleswig-Holsteins zur Abschaffung der Künstler-Sozialversicherung als falsch zurückgewiesen. „Es gibt keine schleswig-holsteinische Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Künstler-Sozialversicherung. Die Medien-Information des Deutschen Kulturrates sowie die daraus resultierenden Agenturmeldungen sind in diesem Punkt schlicht falsch. Durch eine Nachfrage in der Staatskanzlei hätten es sich die Berichterstatter ersparen können, eine Ente in die Welt zu setzen. Abgeordnete hätten es sich ersparen können, diese Ente zu kommentieren“, sagte Hauck.

    Quelle: http://www.hl-live.de/aktuell/textstart.php?id=46551

  3. 03

    Morgen wird die „O2-World“ in Kreuzberg-Friedrichshain eröffnet. Kein Grund zu feiern: Gentrifizierung (http://de.wikipedia.org/wiki/Gentrifizierung), sprich höhere Mieten/Lebenserhaltungskosten im Kiez führt zu einer Verdrängung sozial-schwächeren alteingesessenen Bewohnern.

    infos: http://www.ms-versenken.org/ http://www.kreuzberg-info.de/pirati/

    Aus Protest gegen die Eröffnung findet morgen eine Protestdemonstration statt, zu der Sie, meine lieben Spreeblick-Blogger herzlich eingeladen sind.
    Treffpunkt ist 17.30h am Kottbusser Tor.

  4. 04
  5. 05

    Und um Kais Kommentar zu ergänzen: Politiker von SPD, CDU, FDP, Grünen und Linkspartei haben sich dagegen ausgesprochen. –> http://www.tagesschau.de/inland/kuenstlersozialkasse102.html

  6. 06

    Ja super, die FDP ist vorantreibende Kraft was die Abschaffung anbelangt.

  7. 07

    Die Logik, warum ich mich um die Versicherung des Auftragnehmers kümmern muss, wenn ich einen Küunstler beauftrage, wird sich mir nie erschließen. Jeder anderer Freiberufler muss sich auch selbst um seine Sozialversicherung kümmern. Bei uns in der Firma war die KSK schon mehrmals der Grund, warum ein Auftrag nicht erteilt wurde. Der Papierkrieg war einfach zu viel.

  8. 08
    Jan(TM)

    Was würde SLIME heute machen wenn es die KSK nicht gebe? Irgendwie find ich es gerade witzig das Punkbands sozialversichert sind. Oder sind das keine Künstler? Oder ist man da gar nicht pflichtversichert?

    Beim lesen des Wikiartikels hat es mich vor lachen fast vom Sofa geworfen: „Der Deutsche Kulturrat sowie die Journalistengewerkschaften dju und DJV warnen: Eine Abschaffung der Künstlersozialversicherung würde das Ende des freien Journalismus in Deutschland bedeuten.“

  9. 09

    Zu dem Thema kann ich leider nichts beisteuern. Aber ich kann berichten, dass es einen Antrag gibt, das Copyright von Komponisten von bisher 50 Jahren auf mindestens 70, wenn nicht 95 Jahren zu erhöhen. Hintergrund: bei höherer Lebenserwartung erleben viele den Ablauf der bisherigen Frist. Bei Autoren waren es bislang schon 70 Jahre, so dass Komponisten im Urheberrecht bislang schlechter gestellt waren.

  10. 10
  11. 11

    Mir erschließt sich nicht ganz, wieso manche Selbstständige son tolles Ding ham und andere nicht.

    Und es ist natürlich ein Faktor für alle, die nicht darin versichert sind, deren Dienstleistung dadurch aber teurer wird. Irgenwie ungerecht.

    Wieviel zahlt man denn im Monat als KSK-Versicherter?

  12. 12
    Tim

    @11
    Du zahlst nach deinem Einkommen. Jedoch nur die Arbeitnehmeranteile. Die andere Hälfte schiesst der Staat zu und holt es kollektiv von den Auftraggebern wieder zurück (pauschal umgelegten „žKünstlersozialabgabe“). Das geniale – aber auch ungerechte gegenüber anderen Freiberuflern ist: Die KSK ist eine Pflichtversicherung. Es gibt anders als bei der freiwilligen Versicherung keine Mindestbeiträge. Ein „Künstler“ zahlt bei 10.000 Euro Jahreseinkommen 67 Euro monatlich Krankenversicherung und 10 Euro Pflegeversicherung. Dazu 80 Euro Rentenversicherung (gesamt also rund 160 Euro monatlich). Dagegen will alleine die gesetzliche Krankenversicherung von einem normalen Freiberufler schon mindestens 260 Euro/Monat. Gesetzliche Rentenversicherung würde bei den 10.000 Euro Einkommen noch einmal 160 Euro bedeuten.

    Dazu: Ab dem 1.1.2009 müssen Freiberufler das Krankengeld extra versichern. Die KSK-Mitglieder nicht, da sie den Status einer Pflichtversicherung hat. Bringt noch mal einen Vorteil von sicher 30 Euro im Monat.


    Noch Beispiele für weitere Ungerechtigkeiten erwünscht? Während Freiberufler meist alle 3 Monate ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen, können Journalisten einfach 4,8% Ihres Jahresumsatzes (Umsatz ohne Mehrwertsteuer) als Umsatzsteuerpauschale abziehen.

  13. 13
    Tim

    Nachtrag:
    Wer als Grafiker beim Finanzamt geführt wird, sogar 5,2% (keine Grafikdesigner). Oft bekommen Sie als Freiberufler nur wenige Rechnungen und können deshalb nur geringe Vorsteuerbeträge abziehen. Die Pauschalsätze für den Vorsteuerabzug liegen oft darüber.

  14. 14
    DieterK

    @WeltdesWissens (9)
    „Zu dem Thema kann ich leider nichts beisteuern. Aber ich kann berichten, dass es einen Antrag gibt, das Copyright von Komponisten von bisher 50 Jahren auf mindestens 70, wenn nicht 95 Jahren zu erhöhen.“

    Bei der geplanten Verlängerung geht es nicht um die Rechte der Komponisten, sondern um die der Interpreten / Labels.

  15. 15

    Die Logik liegt darin, dass die allermeisten Künstler über kein besonders hohes Einkommen verfügen, vor allem aber keine regelmäßigen Jobs haben und das mit den «Folgejobs» in dem Segment eine eher seltene Erscheinung sein dürfte.

    Künstler mit Freiberuflern zu vergleichen, zu denen auch niedergelassene Steuerberater, Anwälte und Ärzte gehören, ließt sich für mich ziemlich zynisch.

  16. 16
    Tim

    Steuerberater, Anwälte und Ärzte haben eine berufsständige Sozialversicherung. Das ist auch eine Ungerechtigkeit – aber eine andere Sache. Ich kenne genügend Freiberufler, die auch keine regelmässigen Aufträge haben und kein hohes Einkommen. Das mit den Folgejobs habe ich nicht vestanden? Schreiben denn freie Journalisten nicht mehrmals für ein Presseerzeugnis?

  17. 17

    @Tim

    merci für die Aufklärung. Hört sich für mich an als hätte da eine Interessengruppe (Künstler, die grundsätzlich arm sind) nen guten Deal gemacht und andere (andere Selbstständige, die alle immer ganz doll viel verdienen) nicht. Selbst schuld wenn ma so ne schlechte Lobbyarbeit macht. :-(

  18. 18
    heidrun

    @fpk: zu den „Künstler, die grundsätzlich arm sind“:
    http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/ksk_in_zahlen/statistik/durchschnittseinkommenversicherte.php
    aber die müssen den job ja auch nicht machen, sind ja eigentlich eh nur schmückendes beiwerk….wenn ich mir das öffentliche ansehen der künstler (das ich zu genüge aus eigener erfahrung kenne), und solche zahlen angucke, finde ichs schon ganz ok, dass es da irgendeine art von lobby und irgendeine art von sozialer absicherung gibt. nur weil es anderen selbständigen genauso beschissen geht (was ich für eine ähnlich große gruppe bezweifeln mag), kann man die ksv auch gleich abschaffen? als ob das so viel sei, was die dort versicherten davon haben, dass man es ihnen neiden müsste.

  19. 19

    @#689234:

    Nicht zwangsläufig. Genausowenig wie Bildhauer sofort nach dem einen Skulputurenverkauf oder der gewonnenen Ausschreibung automtisch die nächste Skulptur verkaufen oder Ausschreibung gewinnen.

    Ist Dein Problem jetzt die KSK an sich oder liegt Dein Problem nur darin, einigen Künstlerberufen die KSK nicht mehr zu gönnen?

  20. 20
    Tim

    @19
    „Haste ein Problem“ – das ist der Anmachspruch von dunklen Gestalten in der U-Bahn. Danke, das brauche ich nicht. Die KSK ist nicht unbestritten, aber wenn man bei hier nur gefällige Kommentare schreiben darf, dann war es das. U-Bahn-Anmachsprüche kann ich mri woanders holen.

  21. 21

    Eine neue tolle Idee die natuerlich fuer die soziale Kompetenz unserer Politiker spricht.

    Die KSK „umbauen“ waere sicher ein richtiger Ansatz, es ist doch gerade zu absurd das Unternehmen fuer eine bestimmte Leistung z.B. PR Beitraege an dei KSK entrichten muessen, waehrend dann genau diese Dienstleister sich nicht in der KSK versichern koennen.

    Es sollte einfach simpler und unbuerokratischer werden wenn man sich als Kuenstler (im weitesten Sinne, und das sind meiner Meinung nach Webdesigner genauso wie Schauspieler) versichern moechte/muss. Die Zwangsversicherung durch die Krankenkassen kann sicher nicht die Loesung sein.

  22. 22

    @heidrun

    leider ist es so, in Lobbystan hat jeder ein Recht aufn Stück vom Kuchen, wenn er/sie ne Lobby hat. Und je größer die Lobby, deso größer das Stück. Hurra wir umverteilen!

  23. 23
  24. 24

    @#689289:
    Hä? Meine Frage war eine neutral formulierte Frage, so wie es der deutsche Sprachgebrauch nur hergibt. Was kann ich dafür, wenn Du etwas falsch verstehen möchtest oder ein etwaiges Anmachen zwischen den Zeilen liest, das da überhaupt nicht steht ( „¦ äh oder alternativ mit komischen U-Bahn-Linien fährst)?

    Ich fragte Dich ernsthaft und interessiert, ob Du mit der Institution KSK nicht einverstanden bist oder der Meinung bist, dass ggfs. einige Berufe von ihr nicht mehr betreut werden sollten. Denn so las sich Dein vorletzte Anwort.

    Und das hätte Dir auch selber auffallen können, als Du mich offensichtlich falsch zitiert hast oder?

  25. 25

    Die KSK kenne ich nur von weitem, als die günstige Kasse an die wir bei Events etwas abführen müssen. Gerade für das „Dichter und Denker“ Land ist es doch wichtig sowas zu erhalten. Sehr schade…

  26. 26
    Jo Zimmermann

    Da bringen einige ganz schön was durcheinander:
    Höhe der Beitragssätze in der KSK: genau so hoch bzw. so viel, wie ein Arbeitnehmer bei entsprechendendem Einkommen zahlen würde. Bei dem zahlt die andere Hälfte der Arbeitgeber (weil von dem ist der Arbeitnehmer abhängig). Beim KSK-Versicherten – der in der Regel weit weniger selbständig ist, als ander Freiberufler, zahlen die andere Hälfte zu 30 Prozent die „Arbeitgeber“ = Medienunternehmen, zu 20 Prozent der Staat.

  27. 27
    Jo Zimmermann

    Das mit den 4,8 % Umsatzsteuerpauschale stimmt so auch nicht:
    Unternehmen können von ihrer Umsatzsteuerschuld die von ihnen entrichtete betrieblich veranlasste Mehrwertsteuer abziehen. Dazu müssen Einzelnachweise geführt werden. Kleinstbetriebe bis zu einer bestimmten Umsatzgröße können das gar nicht leisten (keine Sekretärin, kein Buchhalter etc.) Sie dürfen daher statt des Einzelnachweises eine Pauschale abziehen. Diese wird vom Fiskus je nach Branche als Durchschnittsbetrag der Branche ermittelt (bei Journalisten derzeit 4,8% vom Umsatz). Diesen Betrag dürfen die Kleinstbetriebe pauschal von Ihrer Umsatzsteuerschuld abziehen.
    Dann gibt es noch die Betriebskostenpauschale — einheitlich für alle Kleinbetriebe. Hier muss nicht nachgewiesen werden, welche einzelnen Betriebsausgaben man hatte, sondern man darf pauschal 30 Prozent der Einnahmen, höchstens aber 2.455 Euro abziehen (wobei die Umsatzsteuer-Pauschale dann hier schon mit enthalten ist — mehr geht nicht).

  28. 28
    Jo Zimmermann

    Sorry – habe noch vergessen, dass die Sozialabgaben der KSK-Versicherten doch etwas geringer sind, als die vergleichbarer Arbeitnehmer, weil es bei den KSKlern keine Arbeitslosenversicherung gibt und daher auch kein Beitragsanteil anfällt.

  29. 29
    Tino

    Hallo Steffen und Jan M und alle,
    die meinen, dass Schauspieler in die KSK sollen – ja! – aber freie Journalisten da nicht hingehören…??
    Die Einkommen vieler freier Journalisten sind sehr niedrig und tw. kaum existenzsichernd. Es ist daher realistisch, dass eine Existenz als freier Journalist ohne die günstige KSK weitere Einbußen bedeuten und den freien Journalismus weiter aushöhlen würde. Schon jetzt beschränken sich viele Redaktionen auf PR-Meldungen, da gratis. Auch Mehrfachverwertung kann den Honorarverfall meist nicht kompensieren, zumal durch Medienkartelle ein einzelner Artikel für ein Einzelhonorar in mehreren „angeschlossenen“ Zeitungen sowie im Internet erscheint. Sicher fallen Euch jetzt Medienschaffende ein, deren Situation dagegen optimal ist, so wie es auch in der Kunst, ob Schauspieler, Sänger oder Tänzer Höchstverdiener gibt, die auch ohne KSK glänzend zurechtkämen (aber durch ihre Beiträge für Geld in der KSK-Kasse sorgen … siehe Bohlen-Urteil!)
    Tino