Der Domaininhaber von Wikileaks.de bekam gestern Abend offensichtlich Besuch von thüringer und sächsischen Polizeibeamten. Grund seien die dort veröffentlichten (australischen und skandinavischen) „Internet-Zensurlisten“, die die deutsche Familienministerin auch Hierzulande durchsetzen will. Ein gutes Timing, das die Beamten da an den Tag legen, denn heute oder morgen findet zum Thema eine Aktuelle Stunde im Bundestag statt.
Die gesamte Aktion sowie das schlampige Protokoll der Durchsuchung, die von der Staatsanwaltschaft Dresden angeordnet wurde, lassen eine ganze Menge Fragen offen.
Wissen die Beamten um die dezentrale Struktur von Wikileaks? Was kümmern deutsche Behörden australische Sperrlisten? Wieso wurde der Domaininhaber nicht über seine Rechte informiert? Was rechtfertigt in diesem Zusammenhang „Gefahr im Verzug“?
Viel unglaublicher jedoch der auf dem Protokoll angegebene Verdacht für die Durchsuchung: die „Verbreitung pornographischer Schriften.“ Als müsste man nur etwas, das nicht nach moralischem Mainstream klingt, in einen Formularkopf eintragen und hätte damit einen Freibrief um Abends viertel vor Neun mal kurz beim XY ohne richterlichem Beschluss alle Festplatten mitzunehmen.
Die ganze Alarmerei quer durch die massenmediale Bank trägt scheinbar Früchte. Hinter Amokläufen stecken schon lange nicht mehr nur Killerspiele und Selbstmordforen. Der Vorverdacht wird gleich auf alle Computer- und Videospiele und das gesamte Internet ausgeweitet.
Ganz so als würden sich Terminologien durch häufigen Gebrauch abnutzen. Nur noch ein paar Interviews bei Beckmann, noch zwei Mal mehr von der Leyen in der Tagessschau zum Thema Kinderpornographie und dann ist das „Kinder-“ auch schon ganz abgeschmirgelt.
Wer weiß bei wem die Jungs in Grün dann als nächstes klingeln werden.
Mehr zum Thema bei Netzpolitik, Indymedia und Fefe.
Tja liebe Blogbetreiber von Spreeblick und co., dauert nicht mehr lange, dann steht die Gedankenpolizei vor der Tür und ihr werdet eingebuchtet wegen Zersetzung des Volkskörpers.
Moment, ich muss mal schnell brechen gehen…
Mal gucken, ob wir im September überhaupt noch wählen dürfen, oder ob das bis dahin auch per richterlichem Eilbescheid wg. Gefahr im Verzug (Volk muckt auf) abgeschafft wird. Merkel weiß ja schließlich am Besten, wie mans macht. Auch bei völliger Ahnungslosigkeit.
gruß, Frank
P.S.: Bei Heise gehts auch rund :)
> Ganz so als würden sich Terminologien durch häufigen Gebrauch abnutzen.
Wieso „als würden“ ?
Wenn ein bestimmter Begriff beliebig benutzt wird verliert er seine Bedeutung.
Wenn ich ZWEI unverbundene Begriffe BELIEBIG häufig zusammen verwende, dann werden sie gemeinsam assoziiert, bis sie zu Synonymen werden. Und der zweite Effekt ist Absicht und wird zur „Erlangung der Bedeutungshoheit“ eines Begriffs permanent eingesetzt. Quasi hermeneutische Begriffsentführung … unerlässlich um den öffentlichen Diskurs in den Bereich jehnseitz der Fakten zu verlagern und dann zu beherrschen.
Uralter Trick … und verunmöglicht die Sachdiskussion im öffentlichen Raum, sodass der Rückweg zu den Fakten ausgeschlossen ist.
LG,
PvW
Auf den australischen Sperrlisten befinden sich massenweise Links zu kinderpornographischen Seiten. Die sind auch hier illegal.
@#712167: der Londoner Flughafen hat’s ja schon erkannt und Spreeblick gesperrt ;)
Schöne Headline in der netzeitung:
http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1307797.html
zeigt mal wieder wie ein gut gemeintes gesetzt (automatisch) durch die geetzeshüter pervertiert wird.
erinnert etwas an die anklage gegen linke wegen des zeigens verfassungsfeindlicher symbole.
Meiner Meinung hört bei Kinderporno der Spaß auf! Was fällt denen denn ein, Listen mit Links von solchen Seiten zu vertreiben? Die haben das System provoziert und das System antwortet entsprechend. Dann habe ich auf der Seite noch einen „Insiderbericht“ von einem Pädophilen gelesen, der für seine kranke Perversion plädierte. Was ist das für eine Seite?
Ich werd‘ weich… Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Herr Kreppe der Durchsuchung nicht etwa zugestimmt hat, auch wenn auf dem ersten Blatt ein Häkchen dies andeutet, er aber den Wisch schlicht nicht unterzeichnet hat? Oder?
Nur mal so am Rande: Wer der Durchsuchung zustimmt, kann sie hinterher praktisch nicht mehr gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Denn natürlich dürfen auch Polizeibeamte eure Wohnungen immer betreten, wenn ihr damit einverstanden seid! Bei wem zufälligerweise mal die Polizei mit so einem Wisch vor der Tür steht – ist schneller passiert als man als „Normalbürger“ einfach zu glauben bereit ist -, sollte darauf geachtet werden, dass der Durchsuchung widersprochen wird. Es sollte vorsichtshalber sowieso erst einmal allem widersprochen werden, damit der Widerspruch-/ Beschwerde-/ Klageweg nicht gleich abgeschnitten ist. Damit meine ich nicht, dass die Beamten rausgeworfen sollen – das wird schwierig und endet sicherlich bös-, sondern dass der Durchsuchung NICHT zugestimmt wird. Dafür muss man auch kein Juristensprech beherrschen!
@#712169: Mag sein, es fragt sich allerdings, ob diese Links in irgendeiner Weise verwendet werden sollten, die eine Verbreitung der Inhalte hinter den Links oder den Links selbst bedeutet. Standen denn diese Links irgendwo und für jeden einsehbar im Netz, so dass der geneigte, aber ahnungslose Pädophile nur noch zuzugreifen hatte?
Falls ja, BITTE NICHT HIER VERLINKEN! Danke!
@#712184:
Welcher Spaß, und inwiefern hört er auf? So wie ich das verstehe „žvertreiben“ sie keine Linklisten, sondern sie haben eine Linkliste veröffentlicht, die Verweise auf Seiten enthält, die man in Australien plant zu sperren.
Ich halte es durchaus für wichtig, dass man weiß was gesperrt werden soll. Nur so kann Willkür verhindert werden. Diese Linklisten zu veröffentlichen ist insofern schon wichtig. Wie will man sonst Willkür verhindern? Wie will man sonst die Geeignetheit solcher Reglungen herausfinden?
OMG Wie dumm muss man sein, dass man so einer Durchsuchung zustimmt? Dadurch verbaut man sich praktisch jede Möglichkeit, wegen einer Rechtswidrigkeit der Durchsuchung (Gefahr im Verzuge? WTF? Und überhaupt?) vorzugehen. Etwaige Beweisverwertungsverbote kommen so nicht mehr in Frage.
In solchen Fällen IMMER widersprechen und darauf bestehen, dass das auch im Protokoll vermerkt wird.
EDIT: Da war einer schneller…
dito, Michael.
Vielleicht sollte der Spreeblick auch in zukunft aufpassen über was er schreibt sonst klingelts auch bald bei dir :-D
Also ich finds echt schon hart an der grenze was hier betrieben wird … ähm ich meine von der polizei^^ An der ganze Sache versteh ich echt nicht warum dort Gefahr im Verzug sein soll? Nur weil die möglichkeit besteht das er seine festplatte löschen kann? aber warum? damit rechnet doch niemand das dies gleich alles ilegal ist was er dort betreibt.
@#712167: Noch vor gar nicht langer Zeit haette ich herzhaft ueber die Vorstellung gelacht. Heute scheint sie dann schon ein gutes Stueck weniger unglaubwuerdig.
Jetzt ist mir schlecht, besten Dank ;)
@#712167: kurze Frage… was geht bei Heise?