Die aktuelle Presserklärung des AK Zensur gibt es auf der Seite des Arbeitskreises und auch hier. Nach dem Klick.
Pressemeldung des Arbeitskreises gegen Internet-Sperren und Zensur zu weltweiten Bestrebungen nach Internet-Zensur durch die Hintertür
Während in Deutschland das Zugangserschwerungsgesetz von der neuen Regierung für ein Jahr auf Eis gelegt wurde, bemühen sich weltweit Lobbyisten um die Regulierung des Internets zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen. Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur warnt vor den negativen Auswirkungen von geheimen Verhandlungen auf die Kommunikations- und Rezipientenfreiheit.
Seit Mittwoch treffen sich die Verhandlungspartner zur Abstimmung des zukünftigen Handelsabkommens ACTA in einer weiteren geheimen Sitzung in Seoul[1]. Im Vorfeld wurde bekannt, dass dort gravierende Eingriffe in die Kommunikationsfreiheit geplant sind[2].
Ein propagiertes Ziel des ACTA-Abkommens ist der weltweite Schutz der Verwertungsinteressen von Rechteinhabern durch eine strikte Regulierung des Internets – zum Schaden von Millionen Internet-Nutzern.
Die Umsetzung der Ziele würde die Schaffung eines globalen „Notaus-Schalters“ bedeuten. Mit diesem könnten Webseiten, Inhalte und Nutzer effizient vom Netz abgetrennt werden, sollten sie gegen die Interessen der durch die Lobbyverbände vertretenen Rechteinhaber verstoßen.
Die Internet Service Provider sollen dabei als Erfüllungsgehilfen einer Industrie fungieren, deren bisherige Wertschöpfungskette in der digitalen Informationsgesellschaft nicht mehr zeitgemäß erscheint – die gleichzeitig aber auch eine Reform dieses Prozesses um jeden Preis zu verhindern sucht.
Host-Provider würden demnach verpflichtet, im „žNotice and Takedown“-Verfahren schon bei Verdacht einer Urheberrechtsverletzung Webseiten ihrer Kunden vom Netz zu nehmen. Zudem sollen Anbieter von Web-2.0-Plattformen Inhalte ihrer Nutzer bereits vor Veröffentlichung auf mögliche Urheberrechtsverletzungen hin untersuchen.
Die neutrale Position der Zugangsanbieter, die im Gleichgewicht des Netzes eine wesentliche Rolle spielt, wird so massiv bedrängt und droht verloren zu gehen.
Schon vor Monaten hatte die Veröffentlichung von geheimen ACTA-Unterlagen wichtige Fragen für Konsumenten weltweit aufgeworfen. So sieht ACTA unter anderem auch eine Möglichkeit für Zollbeamte vor, die Inhalte von mitgeführten Geräten auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen[3] [4].
Derweil wird vor dem Europäischen Parlament momentan die „ž3-Strikes“-Regelung debattiert[5]. In einem dritten Anlauf zu „žZusatz 138“ des Telekommunikationspakets versucht Verhandlungsführerin Catherine Trautmann die Möglichkeit einer Abschaltung des Internet-Zugangs ohne richterlichen Beschluss durchzusetzen[6]. Somit wäre es auf Grund bloßer Behauptungen, außerhalb des ordentlichen Rechtsweges vorstellbar, Menschen von einem heute unverzichtbaren Kommunikations- und Informationsstrang auszuschließen.
Mit einem ähnlichen Schachzug versucht auch die amerikanische Regierungsbehörde GAO (Government Accountability Office) die Netzneutralität anzugreifen[7]: Ein veröffentlichtes Papier des GAO bewertet eine durch die Schweinegrippe ausgelöste globale Pandemie und eine daraus resultierende stärkere Nutzung und „žVerstopfung“ des Internets durch Privatanwender tagsüber als eine Gefahr für den freien Handel. Der Zugriff auf „žkritische Telekommunikationsinfrastrukturen“ müsse für „žbroker-dealers and other securities market participants“ sichergestellt werden.
Nachdem sich Bürgerrechtler in den letzten Monaten heftig gegen die Scheinargumente und Propaganda des Wahlkampfs zur Wehr gesetzt haben, gibt die Tendenz, fundamentale Themen der Kommunikationsfreiheit auf internationaler Ebene im Geheimen und hinter verschlossenen Türen zu verhandeln, Grund zu tiefer Sorge.
Der AK Zensur ruft die Bundesregierung dazu auf, hier eindeutig Stellung zu beziehen und solch weitreichenden Eingriffen in die Grundrechte ihrer Bürger mit aller Kraft entgegenzutreten.
[1] http://www.international.gc.ca/trade-agreements-accords-commerciaux/fo/seoul-seoul.aspx
[2] http://www.michaelgeist.ca/index.php/view/4510/125/
[3] http://www.wikileaks.org/wiki/Classified_US%2C_Japan_and_EU_ACTA_trade_agreement_drafts%2C_2009
[4] http://www.canada.com/vancouversun/story.html?id=ae997868-220b-4dae-bf4f-47f6fc96ce5e
[5] http://www.unwatched.org/node/1551
[6] http://ak-zensur.de/2009/10/eu-telekom-paket.html
[7] http://www.gao.gov/products/GAO-10-8
Mehr Informationen unter:
http://keionline.org/node/682
http://www.eff.org/deeplinks/2009/11/leaked-acta-internet-provisions-three-strikes-and-
http://www.laquadrature.net/en/legalese-for-progress-not-political-weakness
http://www.reuters.com/article/newsOne/idUSN2620750120091026
Das BVG wirds in Deutschland schon wieder richten … müssen.
Ich kann ja auch C&P, aber als Service am Kunden koenntet Ihr die Links ruhig klickbar machen ;-)
Hallo Johnny,
jedes mal, wenn ich in diesem Blog etwas über dieses Thema lese, bekomme ich ein wenig Angst und würde mich gern selbst engagieren. Dieser Tatendrang verfliegt allerdings meist, sobald ich das nächste Posting in meinem FeedReader öffne.
Nichtsdestotrotz würde ich einen Artikel begrüßen, indem Organisationen, Vereine, … vorgestellt werden, die sich mit dem Thema beschäftigen und die man in irgend einer Form unterstützen kann/soll/muss.
Mir ist zwar bewusst, dass man auf ak-zensur.de einiges machen kann, aber ich habe keine Ahnung, was ich dem Wiki noch hinzufügen soll bzw. habe ich kein Geld übrig, welches ich spenden könnte.
Beste Grüße, ushi
Kapitalinteressen alter Rechtehändler holzen Grundrechte und Fortschritt nieder. Habe dieses Vorgehen bereits hier und hier kommentiert. Beängstigend.
@#736824: Oh. Verloren gegangen. Mache ich gleich, na klar.
@#736829: Ich denke, man tut schon sehr viel, indem man Augen und Ohren offen hält und Informationen weiterträgt. Ich bin immer wieder positiv überrascht, dass diese Themen immer häufiger auch bei Leuten interessiert diskutiert werden, die man nicht unbedingt als „online-affin“ bezeichnen würde, es spricht sich also rum.
Was aktivere Unterstützung angeht: Da sollte man einfach mal rumfragen bei den einzelnen Vereinen. Ich meine auch, dass es bereits ein Wiki mit einer Übersicht gab, weiß aber nicht mehr, wo. Evtl. kann hier jemand in den Kommentaren aushelfen?
Hoffentlich ist das jetzt nicht zu naheliegend, aber evtl. sollte man mal beim örtlichen Stammtisch der Piraten vorbeischauen, um sich Tipps zu holen, wie man sich engagieren kann.
Wir werden dazu übergehen müssen, ein freies Internet per Funk aufzubauen. Vielleicht gibt es unter den Lobbyistendiktatoren aber Leute mit lichten Momenten, die das Schlimmste verhindern.
Wie war das doch gleich: Wir sind das (Internet-) Volk!
@#736952:
Per Funk, das find ich gut. Ich hatte schon reflexartig überlegt wie man alternative Netzwerke schaffen könnte (mit kamen Mailbox/BBS in den Sinn aber das ist natürlich qatsch), als ich den Artikel las.
Die sich da anbahnende Geschichte wär natürlich eine viel krassere Sache als Napster oder Pirate Bay abzuschießen aber genau wie bei solchen Beispielen werden „wir“ immer Techniken entwickeln um der Content-Industrie eins auszuwischen. Da bin ich optimistisch.