Von Zeit zu Zeit kommen E-Mails mit der Bitte um Veröffentlichung bei uns an, in den meisten Fällen wird aus verschiedenen Gründen daraus nichts, in manchen stimmen wir jedoch gerne zu. Hier der Text einer wahren Begebenheit von Dominic alias Berlinnow.
Im Februar war ich beruflich in Hannover und hatte nach getaner Arbeit am Bahnhof eine dreiviertel Stunde Zeit, da ich auf meinen Zug warten musste, und stand vor dem Bahnhof um meine Nikotinsucht zu befriedigen. Ich bemerkte einen Obdachlosen, der die Mülleimer nach Flaschen durchsuchte. Ich weiß nicht warum, aber aus irgendeinem Grund verspürte ich den Drang ihn anzusprechen. Gedacht, getan. Ich fragte ihn ob ich ihn zu McDonalds einladen durfte, daraufhin stiegen ihm Tränen in die Augen und er sagte mir, dass ihm so etwas nach 4 Jahren Obdachlosigkeit noch nicht passiert sei. Das ließ mich schon mal schlucken.
Wir machten uns also auf den Weg durch den Bahnhof, wo uns direkt 2 Bahnhofscheriffs ansprachen. Sie wollten ihn des Platzes verweisen, da er ja offensichtlich obdachlos war. Nach einigem hin und her und meiner Erklärung das er mit mir jetzt was essen gehe, ließen sie von uns genervt ab. Als wir dann bei McD saßen, fragte ich ihn, was ihn denn auf die Straße verschlagen habe. Seine Geschichte lässt mich immer noch zittern.
Er berichtete mir das er eigentlich mal Arzt gewesen sei, was ich ihm auf Grund seiner Ausdrucksweise auch durchaus glaube. Er erzählte mir, dass seine Tochter mit 14 Jahren von einem Auto überfahren wurde und starb. Ein halbes Jahr später brachte sich dann auf Grund dieses traurigen Ereignisses auch seine Frau um. Er verlor jeglichen Halt und verbrachte seine Zeit damit, seinen Kummer in Alkohol zu ertränken. Es kam, wie es kommen musste: er bezahlte seinen Rechnungen nicht, verlor seine Wohnung und sitzt nun seit nunmehr vier Jahren auf der Straße.
Diese Geschichte hat mich sehr berührt und ich habe es leider versäumt ihn darauf anzusprechen, wo genau er sich in Hannover die meiste Zeit aufhält. Dennoch möchte ich der Welt gerne davon erzählen. Nicht nur, um auf seine Geschichte aufmerksam zu machen, sondern auch, um den Leuten ins Gedächtnis zu rufen, dass die meisten Menschen, die auf der Straße leben, ein hartes Schicksal getroffen hat. Es geht mir darum nicht dabei mich selbst in irgendeiner Weise zu profilieren, das möchte ich klar stellen. Ich fühle mich einfach schlecht weil ich nicht mehr für ihn getan habe. Ich selbst bin zwar auch nicht der Wohlhabendste, dennoch habe ich ein Dach über dem Kopf und genug Geld um jemanden mal ein Essen auszugeben.
Ich bitte alle Leute darum einfach mal ein wenig genauer hin zu sehen. Habt ihr ein wenig Zeit und seht einen Menschen ohne Obdach? Werft ihm nicht einfach 50 Cent hin, sprecht ihn an, ladet ihn ein, redet mit ihm, er wird euch schon nicht beißen, das verspreche ich euch. Es sind Menschen wie Du und ich die einfach in einer scheiß Situation sind. Sie verdienen Respekt und Anerkennung. Anerkennung dafür das sie überhaupt noch leben, oder wer von euch würde es durchstehen auf der Straße leben zu müssen? Schaut hin, bitte!
Danke!
Gute Geschichte!
Ich bin absolut deiner Meinung, dass man (vermeintlich) Obdachlosen kein Geld geben sollte, sondern eher zum Essen einladen, gemeinsam Regeschirm/Jacke kaufen gehen, etc. sollte.
Mach ich genauso. Und falls dann mal einer sagt: „Nee, ich will nur Geld.“ (kommt leider auch ab und an vor) – dann einfach weitergehen und nichts geben. Sich aber deshalb nicht entmutigen lassen und das nächste Mal wieder Hilfe anbieten!
Hmm. ob ich diese ganze arzt geschichte brauche? das macht die sache unglaubwürdig und bietet eine extreme angriffsfläche für „neo-cons“, die alte nummer: „du idealist, der hobo lügt doch nur um an geld zu kommen etc.“. ich wette das werden sich 2/3 aller leser eh denken (siehe „dont think of an elephant“)
tatsache ist: jeder obdachlose ist in einer schlimmen situation, aus der er alleine nicht mehr rauskommt. das problem scheint mir: die bocklosigkeit. keiner hat bock sich mit obdachlosen zu beschäftigen, obdachlose haben keinen bock sich mit ihrer sucht zu beschäftigen (schonmal versucht kein fleisch/kohlenhydrate zu essen? das ist hart. ich will nicht wissen wie das mit härteren drogen ist) und es folgt das alte schuldzuweisungsspiel (der kauft sich ja eh nur alkohol/drogen, bzw. job finde ich nicht weil auf der straße etc.) und danach kollektives wegschauen.
kann man menschen zu einer therapie zwingen? wahrscheinlich nicht. aber mit einem vollen magen überlegt man es sich vielleicht zweimal, von daher danke fürs hinschauen.
Ich habe auch mal einem Obdachlosen einen McD-Burger vorbei gebracht. Der hat sich auch sehr gefreut.
Was mich immer ein bisschen stört bei diesen Geschichten: Hätte er seit seinem 17. Lebensjahr geklaut, alte Omas umgeschubst, konstant CDU gewählt, seine Mutter beschimpft und nur aus Spaß gesoffen und heute obdachlos – er wäre trotzdem ein armer Kerl. Arzt sein machts nicht besser und nicht schlechter.
@#748123: na ja, carbs und fats sind m:E. deutlich schwieriger als booze und alle anderen „Bewusstseinserweiterer“ – weil: man kann nicht auf null gehen. Null saufen klappt – null essen klappt dauerhaft nicht.
BTW.: Wir wäre es mal nen Penner was anderes zu kaufen als McD – denn Ihr fresst selbst doch auch nur im Notfall/Ausnahme den Dreck, oder nicht?
also ich geb generell leuten auf der straße kein geld. ich hab nicht viel, das ist aber nicht der grund. obwohl ich als student unter der armutsgrenze (wer auch immer die eingezogen hat) lebe, fühl ihc mich nicht wirklich arm.
meiner meinung ist es klar, dass die meisten leute auf der straße durch dumme schicksalsschläge dahin gekommen sind, von denen sie sich nicht erholen konnten. das kann ich gut verstehen.
nicht verstehen kann ich, warum man weiter auf der straße lebt und sich soweit erniedrigt andere leute anzubetteln oder in mülltonnen zu wühlen. ne zeitlang ok, aber irgendwann muss der will normal zu leben größer sein als auf der straße zu leben. man muss nur zu den richtigen stellen gehen und einem wird geholfen. wenn man das nicht tut, ist einem nicht zu helfen und ich bin nicht gewillt so jemandem noch geld zu geben.
klingt vielleicht hart und kann sein das ich falsche annahmen mache, aber das ist meine meinung.
Hmm ich komme aus Hannover und auf dem Engelobostelerdamm steht auch immer ein Penner vor dem Plus. Dem haben ich und nen Kumpel von mir auch schon oft ne Suppe o.ä. nach dem Einkauf in die Hand gedrückt. @jaap:
Irgendwie hast du Recht mit deiner Aussage. Theoretisch muss niemand hungern in Deutschland bzw. auf der Straße leben. (Noch nicht) Deswegen verstehe ich es ebenfalls nicht, warum manche Menschen lieber mit der Straße vorlieb nehmen. Andererseits sollte man hier nicht von Verständnis sondern von Nachvollziehbarkeit reden. Ich glaube nämlich das die meisten dieser Leute, vielleicht auch dieser Arzt, einfach mit dem Leben als „normaler Bürger“ abgeschlossen haben. Dies kann viele Gründe haben: Alkoholkonsum, geistige Verwirrtheit oder wie vermutlich im Fall des Arztes Realitätsflucht. Wenn seine Geschichte wirklich stimmt, dann ist das möglich…
@#748128: Was mich an dieser Geschichte berührt (gehen wir mal davon aus, dass sie stimmt), ist gerade die Tatsache, dass einer wie Du und ich (also gebildet, finanziell irgendwie ok, Familie) abrutscht, wo man doch denkt, der ist eigentlich nicht gefährdet. Mit 17jährigen, omaschupsenden, cduwählenden, schuleabgebrochenen Ladendieben habe ich kaum Berührungspunkte.
Auch wenn beide arme Kerle sind
@#748129: vielleicht hat man in einer fremden stadt mit 45 minuten wartezeit bis zur abfahrt des zuges nicht die muße, sich um einen politisch oder ökologisch korrekten imbiss zu kümmern? manche leute haben auch immer was rumzumeckern. ich finde die aktion gut!
Schöne Geschichte. Der Fairness halber muss aber auch gesagt werden, dass es andere Obdachlose gibt. Solche zum Beispiel, die mich um Geld anhauen, weil sie sich angeblich was zu essen kaufen wollen. Und wenn ich ihnen dann einen von meinen Hamburgern aus der McDo-Tüte rauskrame, ziehen sie wieder ab…
Interessanterweise: Zigaretten nehmen die immer an (verkaufen sie wohl wieder).
Puh, ganz schön viele „Vorsicht vor den bösen Obdachlosen, die unbegreiflicherweise auf der Straße rumlungern wollen, wo sie u. U. auch selbstverschuldet gelandet sind, und Kohle abgreifen oder Kippen zum Verscherbeln“.
Leute, Obdachlosigkeit ist kompliziert und v. a. von Nicht-Obdachlosen schwer zu begreifen.
Es gibt bspw. durchaus nachvollziehbare Gründe, warum manche Obdachlosen nicht in Unterkünfte gehen, sondern lieber auf der Straße bleiben.
Das hat u. a. mit Privatsphäre, Angst vor Fremden und einem Gefühl des Rests von Selbstbestimmung zu tun.
In Unterkünften gibt es keine Abgeschiedenheit, viele haben Sorge um ihre Habe.
Daher ziehen sie es vor, auf der Straße zu bleiben, wo sie diese Dinge kontrollieren können.
Gerade daran kann man aber sehen, daß es sich eben nicht um verwirrte „anormale, sich selbst erniedrigende“ Menschen geht, sondern im Gegenteil um Menschen, die sich auf ihre Weise ihre Würde bewahren wollen.
Ich sagte ja, das ist kompliziert und paradox und schwer nachzuvollziehen. Ich habe mir das aber in Gesprächen mit Obdachlosen so erzählen lassen.
In den Komplex Würde/Selbstbestimmung gehört z. B. auch, daß manche Obdachlose lieber Geld nehmen als bspw. Naturalien — denn das wirkt bevormundend und ist es IMO auch.
Als ob „wir“ wüssten, was „die“ brauchen.
Außerdem unterstellt man dabei, Geld würde nur versoffen und verraucht (Hartz-IV-Kindergeld-Debatte, anyone?).
*Das* ist erniedrigend.
Nimmt man anderen Menschen ihre freie Entscheidung — ja, meinetwegen kann ein Bettler die Kohle, die ich ihm gebe, auch versaufen, wenn ihm danach ist –, weil man es besser weiß als sie, dann ist das verletzend.
Ich behaupte nicht, auch nur im Ansatz zu begreifen, wie es sich anfühlt, obdachlos zu sein, aber gerade daher plädiere ich für Hinschauen (vgl. Artikel) und Zuhören statt vermeintlich klug herumvermuten.
@scanlines: völlig und absolut deiner meinung. danke.
Ein wahrer Humanist, dieser Dominic alias berlinnow. Interessiert euch auch, welche Meinung dieser Typ so über Selbstmörder hat? Dann schaut nach bei Twitter. Zu Gravenreuths Selbstmord heute sagt er nämlich folgendes:
„@moeffju Er hat sich erschossen, selbst schuld. Soll man jetzt trauern? Wer den Freitod wählt sollte kein Mitleid erwarten.“
http://twitter.com/berlinnow/status/9471662954
Wie gesagt, ein wahrer Humanist, dieser Dominic.
@#748139: Mir kamen mal ein paar Punks entgegen und fragten, ob ich ihnen Geld für Drogen gebe. Das habe ich dann auch gemacht, alleine schon, weil ich ihre Herangehensweise erfrischend ehrlich fand.
@Chris Was hat meine Meinung über Selbstmörder mit Leuten zu tun die unverschuldet in Not geraten? Wer sagt dir das ich da keine persönlichen Erfahrungen mit gemacht habe? Ich denke nicht das die Freitod Diskussion etwas mit dem Thema zu tun hast, wenn du aber Interesse an einem Diskurs hast kannst du mir gerne eine e-mail zukommen lassen.
@frogster: so etwas ähnliches hatte ich auch mal. ein paar punks ( 4 ), die
einfach nur geld für ihre party brauchten. da mir damals alles so ziemlich
egal war habe ich auf die frage : hast du mal ne mark einen hunderter in die hand der person gedrückt. seine antwort war darauf: äh, du hast dich da glaube ich vertan. nö sagte ich. alle 4 haben sich dann bei mir bedankt und sich darüber gefreut wie die schneekönige.
und ja, auch heute spende ich noch obdachlosen, bedürftigen usw. manchmal auch einen schein. wenn ich glaube, das sie ihn brauchen können. und das ist meine entscheidung, menschenkentnis und vieles mehr.
@#748157: Eben. Humanismus hin oder her… so etwas muss man schon mal aus dem Bauch entscheiden. Manchmal habe ich Lust zu helfen und manchmal nicht. Sympathie spielt dabei auch eine Rolle.
Kein Interesse, danke.
Freitod hat nichts mit dem Thema zu tun, schon richtig. Deine Äußerung über Selbstmörder, die generell kein Mitleid verdient haben, hat mit dem Thema aber sehr wohl zu tun, da es diese rührselige Story von dem guten Menschen, der dem armen Mann auf der Straße ein Essen ausgibt und sich damit hier auch noch profiliert, komplett entwertet.
Wir nennen es Bigotterie.
@Chris Ok, noch ein letztes Wort zu dem Thema, dann soll auch gut sein. In meinen Augen sind Selbstmörder Egoisten, die ihre Hinterbliebenen alleine lassen um aus ihrer Situation zu flüchten. Alles andere ist ihnen egal. Ich weiß nicht ob du selbst schon mal von so etwas betroffen warst, aber das ist meine Meinung zu dem Thema. Die Hinterbliebenen verdienen Mitleid, nicht aber der Täter, dieser ist nun mal nicht mehr da. Ich beschäftige mich lieber mit den Lebenden als mit den toten. Außerdem denke ich nicht das man über Tote netter reden muss als über Lebende, ich sehe den Grund nicht. Bis dann…
@#748157:
sowas ähnliches habe ich auch schon erlebt. ich habe den punk gefragt, was er denn machen wolle, mit dem euro. „bier kaufen“ gab er mir zur antwort. das war in ordnung. war auch ne klare sche zwischen erwachsenen und ohne diese betteltour, die mir ziemlich auf den wecker geht – schon zu oft gehört.
ein freund (trockener alki, aktiv im saufnix-board) sagt übrigens, dass die menschen krank sind, nämlich alkoholkrank.
die sache finde ich okay, es hat dem menschen sicherlich auch gutgetan – für diesen tag. ich bin mir aber sicher, dass ich einem junkie sicherlich auch dann keinen schuss finanzieren würde, wenn ich dafür genug geld hätte.
Wenn ein Alki alkoholkrank ist, dann ist ein Junkie doch konsequenterweise auch heroinkrank oder etwa nicht? (Deswegen muss man ihm natürlich keinen Schuss finanzieren wenn man nicht will. Man muss einem Grippekranken ja auch keinen Hustensaft finanzieren.)
@frogster: äh was? hustensaft hilft gegen grippe/husten. das mehr drogen gegen drogensucht helfen ist entweder naiv, oder extrem fies.
@alle: diese diskussion ist immer die gleiche. immer wenn ich darüber nachdenke oder diskutiere, kommen diese antworten. komme mir wie im politik lk vor, man scheint nicht drüber hinauszukommen.
am ehesten stimme ich mit @scanlines überein, obdachlose nicht in rollen zu zwängen und sich anzumaßen, man wüsste, was am besten für sie ist. im gegenteil: es sollte darum gehen ihnen so viele möglichkeiten wie möglich zu eröffnen.
@#748166:
Das möchte ich gerne zitieren und nicht weiter kommentieren.
@#748162: Dein Reply und Dein Widerspruch bezieht sich auf ein Tweet, der sich über den hämischen Umgang des Freitods beschwert. Ok, man muss kein Mitleid haben, finde ich in Ordnung. Aber Häme zu empfinden, angesichts eines Freitods, das ist mir zu abgefuckt.
Ich gestehe Dir aber zu, dass es anscheinend eine tiefe persönliche Betroffenheit bei diesem Thema bei Dir gibt. Vielleicht sollte diese aber nicht Dein Wertesystem dominieren.
Ich denke wir müssen Entscheidungen akzptieren. Die Entscheidung auf der Strasse leben zu wollen, die Entscheidung Hedgefondsmanager zu werden oder sich umzubringen.
Es gibt auch genug Männer, deren Kind stirbt und deren Ehe in die Brüche geht und die es dennoch schaffen in geordneten bürgerlichen Verhältnissen weiterzuleben. Man könnte also auch zu anderen Bewertungen kommen bez. Deines Obdachlosen.
@#748143: Danke. Besser hätte ich es nicht sagen können.
@#748143: danke dir auch scanlines.
In Deutschland muss keiner auf der Straße leben und wer es trotzdem tut – soll kein Mitleid von mir erwarten. Es gibt jeden Tag Fälle – wo es jemanden ganz im Leben besonders hart trifft, so hart, dass man seinen halt verliert und plötzlich auf dem Boden liegt. Man darf aber dadurch nicht aufgeben, sondern muss aufstehen und weiterkämpfen. Das Leben ist wie ein Spiel, mit ganz ganz vielen Herausforderungen.
Ich habe mit und vor 16 Jahren bei einem Verkehrsunfall, auf dem Weg in den Urlaub, beide Elternteile und als würde es nicht reichen, meine Beine verloren. In den ersten Monaten war ich auch ein seelisches Wrack wollte nur noch sterben. Ich hatte alles verloren, auch meine Freunde. Keine wollte mehr etwas mit mir zutun haben, nicht mal mehr meine eigene Familie.
Irgendwann habe ich gemerkt, dass so keinen Sinn macht und ich mich entscheiden muss – entweder für das leben und dann auch dem entsprechend zu kämpfen oder für die einfache Variante, den Tot.
Da ich noch diese Zeilen schreibe, könnt ihr euch denken, für was ich mich entschieden habe und einfach hatte ich es in keinster Weise mehr nach dem Unfall.
Und wenn jemand meint, dass er das nicht alles alleine schafft, dann kann er sich professionelle Hilfe holen, aber wenn er selbst dafür nicht bereit ist, dann soll er weiterhin meinetwegen auf der Straße leben, aber bloß kein Mitleid von mir erwarten.
Wenn man etwas unbedingt will, dann klappt das auch, man muss es nur etwas dafür „tun“.
„Ich kann nicht wissen, ob der obdachlose Typ an der Ecke den Euro nimmt, den du ihm gibst und ihn vertrinkt an der Ecke.
Ich kann nicht wissen, ob dein Kind das Taschengeld nicht verkifft.
Doch ich weiß, es zählt, dass du gibst, den Rest entscheidest du nicht.“
abgedroschen aber wahr Bevormundung führt niemanden irgendwo hin
Letztens an der Bushaltestelle gestanden. Ich habe auf jemanden gewartet, als ein Obdachloser kam und mich um ein paar Cents bat. Ich hatte einen tollen Tag und habe ihm zwei Euro gegeben. Er hat sich gefreut. Mir die Hand geschüttelt und sich dann neben mich gesetzt. Irgendwann las ich, dass man jemanden immer in die Augen schauen soll, wenn man etwas gibt. Weil es sonst verachtend wirkt. Habe ich logisch gefunden und gemacht. Er hat mir dann ein wenig von der Straße erzählt. Ich habe nicht viel gesagt. Manchmal nachgefragt. Die Gruft (Unterkunft für Obdachlose in Wien) sei voll, aber zum Glück ist es wieder wärmer. Er war 31, ich hätte ihn auf fast 40 geschätzt. Als ich gefragt habe, wie das dazu kam, ich befürchte das wird man öfters gefragt, erzählte er von seinen Eltern, die ihn im Stich ließen, wie er etwa zwanzig war. Er fragte mich nach meinen, ob sie mir Geld geben, sich um mich kümmern. Ich musste nicken. Viel mehr habe ich dann nicht verstanden. Er wiederholte einige Sätze, wie gut ich es habe, Tränen. Ich habe mich in dem Moment nur noch scheiße gefühlt. Kein bisschen von der Freude des Tages, kein Gefühl etwas gutes getan zu haben. Zu wenig. Ich hätte mehr tun können. Doch ich habe es nicht.
Er hat sich dann von mir verabschiedet, noch mal bedankt und ist weiter.
Ein paar Minuten später, ich war inzwischen aufgestanden und habe mich woanders hingestellt, kam er noch einmal und fragte mich nach ein paar Cent. Als ich ihn fragend ansah, erkannte er mich wieder. Meinte ob er mich schon gefragt hat und ging weiter.
Es ist immer zu wenig.
Ich war selbständig und hatte sehr gut verdient. Ich hatte eine Freundin mit Kontovollmacht und Partner-MasterCard, die sich um die Buchhaltung kümmern wollte.
Einen Tag nach meinem Geburtstag war das Konto gepfändet und gesperrt, meine Freundin weg, alles geplündert. All die Schreiben vom Finanzamt und dem Steuerberater hatte ich nie gesehen, alle Unterlagen hatte sie einfach weggeschmissen. Von heute auf morgen hatte ich weder Geld noch die Möglichkeit meine Tätigkeit weiter auszuüben.
Mich zu wehren, das Finanzamt anzubetteln oder sogar zum Sozialamt zu gehen – das konnte ich nicht, die Kraft hatte ich nicht mehr nach diesem Schock. Meine Mutter nahm mich in der Not bei sich auf. Als sie starb fehlten mir mein Halt und Obdach.
Hätte ich nicht meine jetzige Freundin gefunden die mich aufgenommen hat – Es würde mir wohl ebenso ergangen sein.
So tief unten ist kaum jemand selbst schuld. Redet mit den Menschen und habt keine Vorbehalte, ihr werdet es nicht bereuen und schaden kann es keinem.
mich hat mal ein jüngerer obdachloser in nem park angesprochen. er hat erzählt er sei obdachlos, heroinsüchtig, mit einem messer bewaffnet – weil es auf der strasse gefährlich ist – und er habe hepatitis c. dann hat er mir einen zug von seiner angerauchten tüte angeboten.
so was sollte man immer in einer kontrollierten situation machen – aber zuhören kann man trotzdem.
Ich dachte auch einmal, dass in Deutschland keiner auf der Straßse leben muss oder nicht genug Geld für Essen hat.
Inzwischen weiß ich, dass viele gar nicht in der Lage sind, die vielen Formulare, die Ihnen dann die Grundsicherung sichern, ausfüllen können.
Es ist ein Talent, organisieren zu können. Vielen ist es über den Kopf gewachsen, die Rechnungen zu sortieren, die Formulare auszufüllen. Aus Stolz gestehen sie das niemanden ein. Und schon beginnt die Abwärtsspirale.
Wie man das ändern kann?
Ich weiss es nicht genau aber ich denke, eine Möglichkeit ist, den Menschen das Gefühl zu geben, sie sind etwas Wert. Sie sind es Wert, Hilfe zu bekommen.
Die vergangenen Diskussionen haben gezeigt, dass die Mehrheit der Menschen denkt, dass sozial Schwächer gestellte nur zu faul zum Arbeiten sind. Es wird keine Vollbeschäftigung mehr geben! Arbeitslose Menschen und Hartz IV Empfänger verdienen den selben Respekt wie die arbeitende Bevölkerung.
Dieser Respekt würde vielleicht dazu führen, dass es den Menschen leichter fällt, Hilfe anzunehmen.
Wieso braucht es einen Grund, um einem Obdachlosen ein paar Euro zu geben? Würden wir alle Ausgaben nach diesem Prinzip überdenken, stünde die Wirtschaft schnell still ….
und wenn niemand mehr die 50cent gedankenlos hinwirft, sondern jeder die zu McD einlädt, dann haben sie zwar alle keinen hunger mehr, werden aber sehr oft von fremden menschen bedrängt (ich mag das zum beispiel nicht sonderlich) und können sie auch mal eine notunterkunft gerade in der kalten jahreszeit nicht mehr leisten! was ist denn das für ein seltsamer ansatz??? bisschen zu viel der moral, oder?
ich kaufe mir von meinem geld, das ich auf welchen wegen auch immer bekommen habe, gerne mal alkohol. beruhigt so ungemein die nerven.
eine gute aktion. ich würde soetwas allerdings nur durchziehen, wenn ich mich wohl dabei fühle. auf krampf jemanden anzusprechen, nur um sich in der heiligkeit praktizierter nächstenliebe zu suhlen, kommt mir blöd vor.
ganz davon abgesehen kann ich mir vorstellen, dass vielen obdachlosen bloß dadurch geholfen werden kann, dass man sich ihre geschichten anhört. dass sie die sachen, die sie einsam für sich allein jeden abend auf ihrer isomatte im kopf hin- und herwälzen, mal befreien können. das ist einigen vieleicht sogar wichtiger als geld.
Irgendjemand schrieb oben in den Kommentaren „žIn Deutschland muss niemand hungern.“ Ich frage mich, woher will der/die das wissen?
Die wenigsten von uns haben vermutlich jemals ein Gespräch mit Obdachlosen geführt. Vorbehaltslos. Und Vermutungen sind das letzte, was diesen Menschen hilft.
Danke für den Gastbeitrag, danke @scanlines!
„schöne“ geschichte! das ermutigt mal ähnliches zu tun, die paar euro hab ich auch noch über. mc d hätte es nicht sein müssen, aber du kennst dich in hannover ja auch nicht aus…
den obdachlosen auf dem engelbosterlerdamm in hannover kenn ich auch, der heisst andreas und holt sich immer gleich schnaps von der kohle…
Ich will hier nicht zynisch klingen, aber ist das Sozialsystem in Deutschland nicht so ausgelegt, dass niemand auf der Straße leben muss und einen Platz im Heim bekommt? Gibt es da nicht Hilfsorganisationen?
Sorry, ich kenne mich da nicht aus. Kann mir aber nicht vorstellen, dass die Behörden einen Obdachlosen unter die Brücke schicken, wenn er um Hilfe fragt.
Zum Thema Arzt: die Tatsache (?), dass der Mensch eine hohe Bildung genoss und trotzdem auf der Straße gelandet ist, macht diese Geschichte gerade so ergreifend. Wenn einer sein ganzes Leben lang säuft (= weg wirft), kann man schon vermuten, wo es hinführt. Von einem Arzt erwartet man das nicht und es zeigt nur, dass niemand vor solchen Schicksalsschlägen sicher ist.
Ich hab hier in aaachen auch meine 2 Homies, mit denen kann man reden, ein Bierchen trinken. Es ist sogar so, dass einer auch mal gerne Sachen verschenkt die er findet. Ich geb den beiden natürlich auch Geld, wenn ich nicht selber Pleite bin. Das Problem in Aachen ist, wenn du nachts durch die Straßen läufts, wirst du ungefähr alle 100m angesprochen.
Hallo, Janpaner, du glücklicher hast wohl nie in einer der berühmten deutschen Kringelschlange gestanden!
Theoretisch hast du recht – Deutschland ist ein sog. Sozialstaat.
Praktisch ………………………….
@11:
100%ige Zustimmung.
@35:
Es gibt ne Menge Süchtiger mit Hochschulabschluss, die ihr ganzes Leben konsumiert haben. Die Annahme, dass nur die Unterschicht lebenslange Suchtkarrieren vorzuweisen hat ist falsch. Sucht bedeutet nicht zwangsläufig den ganzen Tag am HBF oder der Trinkhalle abzuhängen, sondern viele Leute funktionieren damit jahrzehntelang im Berufsleben (insbesondere Ärzte).
@ Die Japaner (35): „Ich will hier nicht zynisch klingen, aber ist das Sozialsystem in Deutschland nicht so ausgelegt, dass niemand auf der Straße leben muss und einen Platz im Heim bekommt? Gibt es da nicht Hilfsorganisationen? Sorry, ich kenne mich da nicht aus.“
Hmm, das erinnert mich doch an was… Achja:
Heute ist es zwar längst nicht mehr so schlimm, aber manches ist halt immer noch nicht so einfach…
@#748132: So einfach ist das nicht.
Ein paar Tipps zum Verständnis: Antriebslosigkeit/Depressionen, Selbstaufgabe, Scham. Ab einem bestimmten Pinkt sieht man auch keine Angebote mehr. Den meisten kann man das kaum vorwerfen. So funktioniert unser Gehirn nun einmal. Ich kann das nachvollziehen.
ähm ich hab mein Zivi im Übergangswohnheim für Männer gemacht.
Also in jeder deutschen Kommune gibt es obdachlosen Heime.Obdachlose kriegen übrigens auch AlG 2 und einige von ihnen sind auch in 1euro jobs tätig. Die obdachlosen die auf der strasse sind machen das freiwillig klingt vielleicht komisch aber das ist wohl ihre art von freiheit oder was auch immer.
Danke für diesen Artikel von Dir, der für mich einfach etwas mich Achtung und etwas Nächstenliebe zu den Menschen zu tun hat, den es eben im Moment nicht so gut geht wie mir. Habe zu Weihnachten einen Obdachlosen spontan Heilig Abend zu mir und meinen Freunden eingeladen …. es war das tollste Weihnachten düe den älteren Herrn was er seit Jahren hatte, weil er seit 6 Jahren auf der Strasse lebt, Krankheit, Scheidung … Wohnung verloren, Job verloren und irgendwann nicht mehr die Kraft zum kämpfen. Da ich sehr viel in Afrika reise und dort sehr viele Freunde habe, kann ich genau beurteilen, wie und wann man Menschen, auch nur für einen kurzen Moment glücklich machen kann. Es sollte für alle die eine warme Wohnung haben, zu essen, Freunde und Familie haben, ein ganz natürliches Verhalten und Bedürfnis sein.
Meine Freundin und ich sind letztens an der Bushaltestelle auch von einem Obdachlosen angebettelt worden; da hat sie voellig spontan beschlossen ihm eine Portion Pommes an der Bude nebenan zu kaufen.
Der konnte sein Glueck auch nicht fassen und siehatte dann ein aehniches Problem wie Dominic: der Typ von der Pommesbude wollte ihn erstmal aus dem Laden scheuchen und hat ihm nach dem Aushaenden der Ware mehrmals gesagt, dass er die Pommes dann nicht wieder gegen Geld eintauschen kann.
Ich gebe selber eher selten Geld und dann meistens an einen Strassenmusiker wenn mir ein Song gefaellt oder aber an ein paar Punks, wenn die einen guten Spruch haben. Auf die Aktion angesprochen meinte sie, das sie selber nicht genau wuesste, warum sie das gemacht hat, aber sie wuerde halt lieber Naturalien rausgeben als Geld, was nachvollziehen kann.
netter film von menschen die teilweise (!) auch von der strasse kommen oder zumindest nicht weit davon entfernt waren und sich in einem heim, ihre letzten lebensjahre verbringend, „zusammenfinden“….
http://vimeo.com/9655654
@#748348:
Mir ist in ähnlicher Weise etwas untergekommen.
Ein junges Pärchen mit kleinem Kind stand am S-
Bahnhof. Er sprach mich an mit den Worten:
„Hast Du mir Geld um Essen zu kaufen?“
Angesichts der Situation war ich doch so frech
ihm kein Geld zu geben, sondern ihn in den nä-
chstgelegenen Imbiss zu leiten und den ‚LKW‘ zu
zahlen.
Den er vor den Augen der peinlich berührten Partnerin verzehrt hat.
Mir tat das Kind leid, welches so gar nichts für die Umstände kann.
Naja, jeder hat so seine Sorgen & Nöte.