Auch wenn es sich dabei faktisch um einen Rechtsverstoß handelt, scheinen die Blockaden gegen die bisher ohnehin eher schlecht besuchten Nazi-Demos lt. Twitter zu funktionieren.
Abgesehen davon wird der gesamte heutige Erste Mai in Deutschland von Demonstrationen bestimmt – und speziell in Berlin bereitet uns die Boulevard-Presse seit Tagen traditionell auf schlimmste Krawalle vor, damit es morgen auch entsprechende Bilder zu sehen gibt.
Um hier eine Form der Berichterstattung durch die Menschen vor Ort zu ermöglichen, gibt es nach dem Klick eine Twitter-Wall, die den Hashtag #1mai verfolgt. Für Links, Meldungen und Hinweise ist außerdem in den Kommentaren Platz.
Was richtig toll wäre, wäre ein Beitrag zum #Mai2, dem Kampftag der Arbeitslosen und Sozialschmarotzer.
Ich hoffe, der Wortwitz, Anti-Nazi-Demos als Rechtsverstoß zu bezeichnen, ist beabsichtigt. ;-)
@#758771: Blockaden gegen genehmigte Demos gelten als Rechtsverstoß, einfach mal auf den Link klicken.
Ds Mtt dr Dm st schr „Gesicht zeigen“ ?
Du meinst, frei nach dem Motto „Wenn in einem Wald ein Baum umfällt und niemand ist da der es hört, hat es dann ein Geräusch dabei gegeben?“ oder das beide Seiten von BILD und co. gesteuert sind?
@#758772: Ja, das war mir schon bewusst. Nicht dass es deshalb weniger begrüßenswert wäre …
@#758774:
Na
Sarkasmus ist hier nicht angebracht.
Es wird sich sicherlich jemand finden,
der total besoffen umhertorkelnd, ir-
gendwas gemacht hat, was auf die
1. Mai Demo zurückzuführen ist.
Siehe:
Tanz in den Mai
nazis sind hässlich und haben mundgeruch!
Unglaublich… Die Leute reden von Polizeigewalt. (s. Twitterwall) Aber irgendwie fliegen als erstes immer Steine und Flaschen auf Polizisten.
Und dann immer: „er war wehrlos. Ja gut wenn man halt da steht wo es gerade brennt, kann man nicht erwarten, dass man vorher gefragt wird:“sry gehörst du auch zu den bösen?“
Würde gerne mal wissen, wieviel „wehrlose“ nen Stein oder ne Flasche an den Kopf bekommen haben, auch nur weil sie halt einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
Sry, aber hier mit Polizeigewalt zu kommen ist mehr als lächerlich und dumm.
Mal abgesehen davon, dass du Recht hast, dass hier ist Polizeigewalt: http://www.youtube.com/watch?v=C31AmmbiXEc
Wer Grundrechte anderer einschränkt bzw. diese mit Füssen tritt, ist ein Faschist – egal ob links, mitte oder rechts.
Insofern ist was Thierse und Co. heute gemacht haben (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7434421/Thierse-brach-laut-Polizeigewerkschaft-das-Gesetz.html) unter aller Sau. Echt erbärmlich – und sowas sitzt im deutschen Bundestag. Es kann nicht sein, dass sich manche über das deutsche Recht stellen. Shame on you, Mr. Thierse.
Wer zivilen Ungehorsam als Grundrechtstritt ansieht, sollte tunlichst anfangen, mal nachzudenken. Was Thierse gemacht hat, ist alles andere, als unter aller Sau. Erbärmlich ist nach wie vor nur, wie viele Menschen sich von der rechten Ideologie einfangen lassen und dafür sogar auf die Straße gehen. Punkt
@#758823: Ziviler Ungehorsam … nett, so eine Straftat zu bezeichnen. Vielleicht sind andere Leute auch mal bei dir „ziviel ungehorsam“ und schränken deine Grundrechte ein – mal sehen, ob du das dann auch immer noch so toll findne würdest. Wer anderen Menschen Grundrechte wegnehmen will, ist und bleibt ein Faschist!
@kmm: Bevor du die Kanonen auffährst, informier dich doch einfach mal über den Begriff „Straftat“. Sitzblockaden sind definitiv keine. Abgesehen davon würde es helfen, sich über den Unterschied von legal und legitim schlau zu machen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ziviler_Ungehorsam der Begriff stammt nicht von mir und ist keine Neuzeiterfindung.
@#758821: Ihr durftet ja demonstrieren. Ihr konntet nur nicht.
was sich hier langsam alles so tummelt (mich selbst eingeschlossen! ;-) tz tz tz! aber ey lustig: straftat oder nicht straftat ploetzlich kommen die einen mit straftat die anderen mit nicht-straftat und dann noch all die die
von gewalt reden die von irgendeiner seite ausgeht nur nie evtl. von beiden: tja einer muss ja der ueble sein alles andere waere zu kompliziert… dit is eben denken so mittendrin im guten und boesen: buergerlich as buergerlich can…
zu der presse -meine fresse- sag ich nur eines: es gibt von der berliner morgenpost sone wochenendausgabe fuer umme die kommt FREITAGS raus da stand schon mal: ‚in der morgenpost am sonntag: alles ueber die krawalle des 1. mai‘ hui: da wurde mal so richtig in die zukunft orakelt… das ist also serioese presse: aha! ansonsten: WAS wurde da in den anderen schmierenblaettern nicht alles angekuendigt… …man nennt das ja auch propaganda!
@ Johnny (15):
Die durften ja. Die konnten nur nicht. Merkste was?
Disclaimer: Nein, mir geht’s hier nicht um Meinungsfreiheit für Nazis. Mir geht’s darum, dass in einem demokratischen Rechtsstaat ein Recht auch praktisch gelten muss, sonst ist es ein reines Lippenbekenntnis wie im obigen Beispiel. Wer mit dem Argument „aber es sind doch Nazis“ für Teile der Bevölkerung einzelne Grundsätze des demokratischen Rechtsstaates aushebelt, ist näher an der DDR als an der Bundesrepublik. Rosa Luxemburgs Satz von der Freiheit der Andersdenkenden ist nicht auf einem Auge blind. In der Bundesrepublik gibt es aus gutem Grund viele Beschränkungen für rechtes Gedankengut (allen voran §130 StGB), die sorgfältig abgewogen sind und trotzdem bereits weit über das hinausgehen, was in anderen demokratischen Staaten möglich wäre. Will ich, dass Nazis demonstrieren? Absolut nicht. Aber ich will in einem Staat leben, in dem sie es dürfen und in dem man sich damit auseinandersetzt, statt sie einfach mundtot zu machen. Mir ist nämlich das Risiko zu gross, dass dann morgen vielleicht andere dran sind.
@#758847: Amen
Und das wenn man für Grundrechte für ALLE Menschen eintritt man gleich wieder als Nazi hingestellt wird ist armseelig, Johnny.
@#758835: Ich kenne den Begriff, wer nicht. Wie gesagt, wenn jemand mal „zivil ungehorsam“ ist, wenn es um deine Rechte geht, dann wärst bestimmt nicht mehr so locker. Aber bei anderen ist es ja ok. Nun ja …
„Auch nach einem Platzverweis und trotz des Hinweises des Polizeiführers, dass sie sich der Nötigung strafbar machten und gegen das Versammlungsgesetz verstießen, verließen Thierse und seine Mitstreiter die Straße nicht“, kritisierte die Gewerkschaft. Thierse hatte schließlich von Beamten abgeführt werden müssen.
>http://www.welt.de/politik/deutschland/article7445634/Polizeigewerkschaft-verlangt-Thierses-Ruecktritt.html
Tja, wenn der ungstraft gegen Gesetze verstösst, dann darf ich das ja wohl auch …
@#758847: Gewaltloser ziviler Widerstand ist Teil einer Demokratie und nichts anderes als Widerspruch, warum sollte dieser Widerspruch hier falsch sein? Ich bin froh, dass sich genügend Menschen auf solche Art gegen diejenigen stellen, welche die Demokratie, die ihre Demo überhaupt erst möglich macht, ablehnen und gefährden.
Du vergleichst zivile Blockaden gegen Nazi-Demos mit der staatlichen Kontrolle der DDR. Im Gegensatz zum staatlichen Eingriff der DDR stellten sich aber am Samstag (und an anderen Tagen) demokratische Bürger gegen undemokratische. Der Staat hat getan, was auf Grundlage des GG richtig ist (er hat die Demos genehmigt – sicher unter der Auflage, dass die Transparente, die man eigentlich gerne zeigen wollte, nicht gezeigt werden), Bürger haben den Demonstranten widersprochen.
Wenn große Teile der Bevölkerung ihren Unmut darüber äußern, dass sich menschenfeindliche Gesinnungen breit machen, dann wüsste ich nicht, warum ich mich darüber aufregen oder mich gar auf die Seite derjenigen stellen sollte, die als erstes Blogs wie dieses verbieten würden.
Auch die im Endeffekt ja immer symbolische Behinderung von Atommüll-Transporten ist faktisch eine Straftat. Soll also jede Form des gewaltfreien, öffentlichen Widerspruchs aufgegeben werden?
@#758851: Stell‘ doch lieber Strafanzeige gegen Thierse, statt deine Energie hier zu verschwenden.
@#758854: Auch die im Endeffekt ja immer symbolische Behinderung von Atommüll-Transporten ist faktisch eine Straftat. Soll also jede Form des gewaltfreien, öffentlichen Widerspruchs aufgegeben werden?
>> Nein, nur wenn dadurch Grundrechte anderer Menschen verletzt werden. Und das war eindeutig der Fall.
@#758855: Warum sollte ich? Ich bin ja nicht Geschädigter.
Ich reg mich nur etwas auf, wie es Leute toll finden können, wenn ein bekanntes Bundestagsmitglied auf die Grundrechte anderer Menschen pfeifft. Da bin ich ehrlichgesagt etwas fassungslos.
@#758858: Ich glaube, wir haben jetzt alle verstanden, was dich so quält. Aber Unsinn wird immer noch nicht wahrer, wenn man ihn mehrfach wiederholt.
Politiker beteiligen sich neben anderen Menschen seit vielen Jahren an Sitzblockaden, Thierse ist nach Aufforderung gegangen und wenn du sonst nichts hast, was dich fassungslos macht, dann beglückwünsche ich dich.
@#758849: Da du den Begriff ja kennst, solltest du vielleicht nochmal nachlesen, was er genau bedeutet. Und mir zu unterstellen, wie ich reagieren würde, würde ziviler Ungehorsam gegen mich gerichtet sein, solltest du dir nicht anmaßen. Du hast immer noch nicht gemerkt, dass Herr Thierse hier nicht auf die Grundrechte anderer gepfiffen hat, sondern für die Grundrechte derer eingetreten ist, die überhaupt etwas von Grundrechten halten. Bin damit raus.
@ Johnny (20):
Die Blockade einer genehmigten Demonstration ist kein gewaltloser ziviler Widerstand, sondern Selbstjustiz. Gleiches gilt für die Behinderung von Atommüll-Transporten. „Dagegen sein“ und „aktiv verhindern“ sind zwei verschiedene Dinge; man kann erstes zeigen, ohne letzteres zu tun, und genau das wäre auch das einzig angebrachte Verhalten. Das Problem bei Thierse ist, dass hier die Grenzen zwischen Staat und Bürgern ein Stück weit verwischen: Wenn der Vizepräsident des Bundestages eine genehmigte Demonstration aktiv verhindern will und sich damit bewusst ausserhalb der Rechtmässigkeit stellt, ist man dem staatlichen Eingriff schon ein Stück näher gerückt. Was ist denn ein Gesetz wert, wenn sich selbst höchste Vertreter der Legislative nach Gutdünken über Gesetze hinwegsetzen? Und was ist eine solche Legislative wert? Ich finde das ungeheuerlich und mit nichts zu rechtfertigen.
Wie du selbst schreibst: „Der Staat hat getan, was auf Grundlage des GG richtig ist.“ Damit ist zugleich auch das letzte Wort in der Sache gesprochen. Wer sich nun aber gegen diese Entscheidung wendet, stellt sich selbst ausserhalb des Rechtsstaates. Klar, weil’s ja gegen Nazis ist (die sind gegen Menschenrechte!). Mit dem gleichen Argumentationsmuster kann man dann morgen eine Rede des Innenministers verhindern (der ist gegen die Freiheit!), oder eine des SPD-Vorsitzenden (der ist gegen den Sozialstaat!), oder eine der Bundeskanzlerin (die ist für Krieg!). Alles gut und schön, alles ziviler Widerstand, und alles völlig inakzeptabel.
Es ist die zentrale Errungenschaft der Demokratie, dass sie einen tragfähigen Konsens schafft, an dem sich alle Meinungsgruppen beteiligt haben. Und es ist die zentrale Errungenschaft des Rechtsstaates, dass niemand über dem Gesetz steht – nicht die Nazis, und auch nicht die Nazi-Gegner.
@#758876: „Und alle so Yeahh!“ hätte man als Störung der Reden der Kanzlerin also sein lassen müssen?
@ Johnny (27):
Solange sie weiterreden und jeder sie hören konnte natürlich nicht, nein.
Es geht ja nicht darum, Opposition zu verbieten, sondern darum, dass diese sich nicht selbst absolut setzen darf, wenn sie sich damit in Widerspruch zum Rechtsstaat stellt. Der Staat hat das Gewaltmonopol. Wenn es darum geht, eine Demonstration zu verhindern, hat er allein und niemand sonst das Recht dazu, sofern ihm die Gesetze dies erlauben. Wenn einem die so getroffene Entscheidung nicht gefällt, darf man eine Demo nicht selbst verhindern, sondern kann nur den schwierigeren Weg gehen und auf eine entsprechende Änderung der Rechtslage hinarbeiten. Die Erfolgsaussichten sind allerdings aus gutem Grund nicht besonders hoch, weil das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ein Eckpfeiler der freiheitlichen Demokratie ist.
Das hirnrissige an der ganzen Nummer ist ja, dass der Staat gezwungen wird, seine Gegner gegen seine Unterstützer zu verteidigen, um seine Existenzgrundlage zu schützen. Ich stehe da immer staunend davor.
sitzblockaden verteidigen aber netzsperren verdammen… klasse witz :D
@#758890: Aber noch viel lustiger: Den Widerstand von Menschen gegen Nazi-Demos mit staatlichen Stoppschildern im Netz zu vergleichen.
Lass mich den Witz doch noch ausweiten: Blockaden sind illegal und deshalb darf man sie nicht unterstützen. Und der Download eines nicht gekauften Films ist ebenfalls illegal und deshalb muss man sich nicht wundern, wenn man dafür in den Knast geht. Auch witzig, oder?
@#758888: Ja, das alles führt zu absurden Situationen und man braucht nur mal mit ein paar Einsatzkräften zu reden um zu hören, wie sehr es die ankotzt, Nazis verteidigen zu müssen. Doch klar: In diesem Fall ist das ihre Aufgabe, ob man das toll findet oder nicht.
Aber wir sind ja nicht in einem Juristenforum, sondern versuchen, einen gemeinsamen Blick auf die Gesellschaft zu werfen. Welche juristischen Fallstricke überhaupt erst eine undemokratisch gesinnte Partei wie die NPD möglich gemacht haben, das wissen wir wahrscheinlich beide. Und nun mögen Blockaden zwar nicht legal sein, ich halte sie dennoch für legitim, zumal jeder, der daran teilnimmt, die juristischen Konsequenzen trägt.
Vielleicht ist bei der ganzen Sache nicht völlig unwichtig, dass wir im Fall von Rechtsextremen nicht von einer Sichtweise oder einer weiteren von vielen Meinungen reden, nicht von Systemkritik, nicht von einem Diskussionsvorschlag und vor allem nicht von dem Streben nach einer besseren Welt für alle, bessere Löhne oder sauberere Luft. Sondern wir reden über eine Gruppierung, die mit Demokratie nichts am Hut haben will, die regelmäßig für gewaltsame Übergriffe gegen andere Menschen verantwortlich ist und die nicht nur menschenverachtend und rassistisch, sondern auch verfassungsfeindlich ist.
Ich verstehe, was du sagst, ich verstehe nur nicht, welche Konsequenz du daraus ziehst. Ab welchem Moment hältst du – wir bleiben bei gewaltlosem – Widerstand gegen Rassisten und Faschisten für gerechtfertigt?
@#758858: Wenn diese Leute aufhören auf Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit zu scheißen, können wir weiter über das Thema reden.
@ Johnny (30):
Widerstand gegen Rassisten und Faschisten ist von Anfang an gerechtfertigt und dringend notwendig. Und ja, natürlich tragen Nazis nichts zum demokratischen Diskurs bei. Aber das ist keine Entschuldigung dafür, selber die Grenzen der Legalität zu überschreiten, sonst sind wir bei der Logik von „burn it down in order to save it“.
Darüber hinaus halte ich Blockaden auch für kontraproduktiv. Nazis wollen mit ihren Demos zwei Dinge erreichen: Öffentlichkeit und Kontroverse. Sie wollen ihre Existenz bekannter machen und sich ihren Sympathisanten gegenüber als mutige Helden darstellen. Prominente Berichterstattung darüber, dass ihre Demo verhindert wurde, spielt ihnen genau in die Hände, weil sie ihnen eine Opfer-Rolle andient (insbesondere dann, wenn es zu Krawallen kommt). Nazis kann man nicht auf der Strasse besiegen; wenn der Widerstand auf diesem Niveau angekommen ist, hat man schon verloren.
@#758921: Über die Produktivität der Blockaden kann man streiten, das stimmt. Ich war lange eher der Ansicht, dass man die Hässlichkeit zeigen sollte, fand, dass es wichtig ist, dass sich der TV-Zuschauer erschrickt über das, was zu sehen wäre, wenn Nazi-Aufmärsche ungehindert stattfänden. Und ich dachte auch: Das macht sie nur zu „Helden“, wenn man sich in diesem Fall gegen sie stellt.
Seit einigen Jahren sehe ich das aber anders. Die Gefahr, dass ein paar Leute sympathisieren, ist gegeben, doch ehrlich gesagt halte ich das für eher seltene Ausnahmen. Rechtesextreme Parteien und Gruppierungen gibt es ja schon länger, der Zulauf ist aber nicht so massiv, es geht also nicht darum, ein Stoppschild vor Nazis zu hängen. Ich denke, dass es in erster Linie darum geht, eine Medienhoheit zu erlangen. Was steht am nächsten Tag in der Presse? „Nazis marschieren in Berlin“ oder „Bürger verhindern Nazi-Aufmarsch“?
Letzteres halte ich für wichtiger.
Danke übrigens dafür, die Diskussion so zu führen, wie sie IMHO sinnvoll ist. Freut mich sehr.
@#758912: Redest du gerade von den linken Autonomen am 1. Mai?
Sorry, ich habe nicht bekommen, dass die rechten Demonstranten gewalttätig waren? Würde zumindest nicht zur rechten Strategie passen, sich als Saubermänner darzustellen.
@#758939: Mit negative Medienhoheit erreichst du genau das Gegenteil.
Wie kann man den Rechten Demokratiefeindlichkeit vorwerfen, wenn man selbst Demokratiefeindlich handelt? Ist von der Glaubwürdigkeit ähnlich wie wenn die USA mit Ihrem Guantanamo Bay anderen Staaten deren zweifelhafte Rechtsstaatslichkeit vorwirft.
@#758908: soll ich dir den witz mal erklären? ok:
warum sind netzsperren gut? sie versuchen, die verbreitung von kinderpornographie zu verhindern.
warum sind sitzblockaden gut? sie versuchen, die demonstrationen von rechtsradikalen zu verhindern.
warum sind netzsperren schlecht? weil sie die freiheit der menschen einschränken und die gefahr besteht, dass auch andere dinge (z.b. politisch unangenehme seiten) damit blockiert werden könnten.
warum sind sitzblockaden schlecht? weil sie die freiheit der menschen einschränken und die gefahr besteht, dass auch andere demonstrationen auf diese art und weise behindert werden könnten.
@#758968: Deine Herangehensweise hatte ich schon verstanden, keine Sorge. Ich halte den Vergleich dadurch aber noch immer nicht für richtig. Denn im Gegensatz zu staatlichen Netzsperren, die auf Basis von geheimen Sperrlisten eingesetzt werden und somit eine intransparente Kontrollform sind, finden Sitzblockaden in der Öffentlichkeit statt und gehen von der Bevölkerung aus, die sich als Gegenöffentlichkeit zeigt.
@ Johnny (33):
Das mit der Medienhoheit ist auch meiner Ansicht nach der wichtigste Punkt. Es muss also darum gehen, den Nazis Öffentlichkeit und Kontroverse zu verweigern ohne gleichzeitig das Demonstrationsrecht zu verletzen.
Meine Vorstellung wäre, dass die Nazis von Polizisten flankiert durch menschenleere Strassen laufen, während woanders eine friedliche und bunte Gegendemo stattfindet, auf die sich 98% der Berichterstattung konzentrieren. Ohne Publikum und Medienecho wäre eine Demo dann bloss noch ein betreuter Wandertag. Aber natürlich ist mir klar, dass das ein recht akademischer Lösungsansatz ist, weil die Menschen halt anders gestrickt sind: Wenn Nazis marschieren, will man sich mindestens an den Strassenrand stellen und „verpisst euch“ rufen. Ausserdem sorgen solche Demos und ihre Begleiterscheinungen ganz praktisch für Auflage und Einschaltquote, so dass es für die Medien wenig Anreiz zur Zurückhaltung gibt.
Ich habe keine Patentlösung dafür, hier einen Kompromiss zu finden. Aber ich bin überzeugt, dass die einfachste Lösung – die Blockade – zugleich die falscheste ist. Leider erfordern bessere Lösungen Geduld, Disziplin und langfristiges Engagement, lassen sich also nicht mit unmittelbar sichtbarem Egebnis so sexy in eine Schlagzeile giessen wie eben „Bürger verhindern Nazi-Aufmarsch“. Als erster Schritt wäre es wichtig, sich von den Nazis nicht länger provozieren zu lassen. Genau da scheitert aber der Widerstand bereits regelmässig: Mit minimalem Aufwand (eine Demo mit oft genug nur ein paar Dutzend Leuten) erreichen die Nazis maximale Wirkung (tage- oder wochenlange Diskussion, Plakate, oft auch Krawall und als aktueller Höhepunkt sogar Thierses Bereitschaft, über ein Grundrecht selektiv zu entscheiden).
Immerhin: Die Botschaft, dass sich so viele Bürger gegen Nazis engagieren, ist sehr positiv und hier ist auch ein erfreulicher Zuwachs zu sehen. Man muss aber aufpassen, dass der Widerstand nicht selbst in Extremismus abgleitet (und das Infragestellen der Rechtsordnung führt dorthin), denn sonst herrscht Krieg auf der Strasse und die Nazis hätten gewonnen. Auch deshalb betrachte ich Erfolgsmeldungen wie die vom 1. Mai mit einem unguten Gefühl, denn immer mehr Erfolgsmeldungen über verhinderte Nazi-Demos bedeuten zugleich, dass es immer mehr Demos gegeben hat. Man besiegt die Hydra nicht, indem man ihr einen Kopf abschlägt, sondern indem man das Nachwachsen neuer Köpfe verhindert. Da man Demos aber nicht verbieten kann, bleibt eben nur, sie für die Veranstalter uninteressant zu machen.
Niemand hat das Recht auf zivilen Ungehorsam, ziviler Ungehorsam muss geahndet werden und ziviler Ungehorsam gegen Neonazis sollte einem das auch wert sein.
Würde Herr Thierse also belangt und ließe einen Hut rumgehen, würde ich durchaus einen Euro reinwerfen, auch wenn ich der Meinung bin, dass der Rechtsstaat vollkommen richtig handelt, die Sitzblockaden aufzulösen. Würde man nämlich dahin kommen, dass die Polizei entscheiden darf/muss welche Demos sie unterstützen und welche sie am Widerstand der Gegendemonstranten scheitern lassen will, wäre etwas viel größeres in Gefahr, als sich die paar popeligen Nazis in diesem Fall erhoffen würden. Schließlich sind Nazis im Niederschreien erfahrungsgemäß auch keine leichten Gegner.
@#758982: Die Lösungsansätze, die du zurecht akademisch nennst, sind mir natürlich auch die liebsten und kamen mir bekannt vor, ich habe einen Spreeblick-Artikel von 2004 wiedergefunden, aus dem diese Passage stammt (sich selbst zu zitieren ist fies, ich weiß, außerdem habe ich irgendwo mittendrin ein Wort vergessen, das ich jetzt nicht nachtragen mag):
Sowas scheitert leider, das beschreibst du ja schon. Aber: An anderer Stelle werden die Strategien der Isolation („Wandertag“) durchaus verfolgt. Das Myfest in Kreuzberg ist die Reaktion der Anwohner, die von der Zerstörung ihrer Nachbarschaft und der Gewalt durch „Demonstranten“ genervt waren, die man ohne Bedenken als Krawalltouristen bezeichnen darf. Immerhin konzentrieren sich rund 30.000 Menschen am 1. Mai auf dieses Myfest, nicht auf die Randale.
Ich fänd es auch spannend zu sehen, wie eine Nazi-Demo aussieht, die durch leere Straßen führt und ich glaube, das wäre viel effektiver als Blockaden. Ich fänd es genauso spannend zu sehen, wie der erste Mai in Kreuzberg aussehen würde, wenn keine Polizei vor Ort wäre, die man als Angriffsziel wählen könnte. Das sind aber zu viele Konjunktive, glaube ich.
@#758972: dann stellt sich natürlich die frage: spielt es eine rolle, ob die freiheit versteckt oder öffentlich eingeschränkt wird? ich glaube, eher nicht. und beides widerstrebt mir zutiefst.
denken wir doch mal weiter: im tiefsten bayern demonstrieren muslime z.b. für den bau einer moschee. darf dann der örtliche schützenverein versuchen, diese demonstration durch sitzblockaden zu verhindern? (davon abgesehen, dass es bestimmt ein lustiges bild abgeben würde…). auch hier fühlt sich der schützenverein im recht und seine meinung wird von großen teilen der (örtlichen) bevölkerung getragen. hängt es also auch davon ab, worum es geht und vor allem wo diese meinungsäußerung stattfindet? selektives recht?
und darf man dann auch andere meinungsäußerungen durch zivilen ungehorsam versuchen zu unterbinden?
@#759023: Naja, in deinem Beispiel wäre wahrscheinlich noch viel mehr los als einfach nur Sitzblockaden … ;)
Ich weiß, dass es schwer ist, und meine Antworten auch zu Andi zeigen hoffentlich, dass mir die Herausforderung bewusst ist, es ist juristisch durchaus dünnes Eis, auf das man sich begibt, wenn man Blockaden für legitim hält.
Die Frage ist doch aber, was am Ende zu sehen ist (und dass es zu sehen ist, ist eben wichtiger Bestandteil von Gegendemos oder auch Blockaden): Wenn sich der Schützenverein gegen eine Pro-Moschee-Demo stellt, ist das inhaltlich etwas völlig anderes als Demokraten, die sich gegen Demokratiefeinde stellen. Kein selektives Recht, nein, aber für mich (nicht juristisch) durchaus eine Selektion bei den Inhalten. Ich führe die Debatte nicht juristisch (lasse die Aspekte aber natürlich nicht außer acht), das tun wir schließlich an vielen, vielen anderen Stellen auch nicht. Ich führe sie inhaltlich. Würden wir die gesamte Gesellschaft rein juristisch betrachten, bräuchten wir über vieles nicht länger diskutieren. Ich glaube aber nicht, dass sich gesellschaftliche Fragen allein juristisch beantworten lassen.
@#759025: dass du zu differenziertem denken fähig bist, hab ich als selbstverständlich vorausgesetzt – wir sind ja hier nicht bei den politischen (oder sonstigen) hasspredigern ;-)
aber genau das ist die gefahr die ich sehe: „selektion bei den inhalten“ oder anders gesagt „selektion bei menschen mit verschiedenen inhalten“ – wer also einwandfreier gesinnung ist, der darf seine grundrechte ausüben und der andere nicht. doch wer setzt die definition? deine ist vielleicht eine andere als meine. und der schützenbruder findet wiederum, dass die moschee einen angriff auf die abendländische kultur darstellt. wo ziehen wir die grenze? wenn es gegen den rechtsstaat geht? demokratie? kultur? religion? für manche steht der glaube über allem. dürfen die also nach ihren eigenen maßstäben handeln? oder müssen sie sich nach meinem, säkularen maßstab richten? aber woher nehme ich das recht (und die arroganz), meinen maßstab über der aller anderen zu stellen? schlussendlich: ich bestimme, wer grundrechte hat und wer nicht – und das soll richtig sein?
und wenn wir wieder zu den netzsperren zurückkommen, das gleiche lied: wer bestimmt, wofür diese eingesetzt werden? nach welchen maßstäben geht es, wer bestimmt, was zensiert werden darf und was nicht?
mir geht es auch nicht um jurisprudenz – o.g. fragen sind IMO ganz inhaltlicher natur.
@ Johnny (42):
Ich kann absolut nachvollziehen, warum jemand Blockaden für eine gute Lösung hält, und ich habe keinen Zweifel daran, dass du für dich vorher eine Abwägung getroffen hast und dass die meisten oder gar alle Blockierer aus besten Motiven heraus handeln.
Aber: Deiner Umschreibung „Demokraten, die sich gegen Demokratiefeinde stellen“ kann ich mich nur bedingt anschliessen, denn wenn man als Demokrat verstanden werden will, muss man auch wie ein Demokrat handeln. Und das bedeutet, sich an die demokratischen Spielregeln zu halten; da kann man Inhalte nicht von Recht abkoppeln. Unsere Verfassung bekräftigt das Grundrecht der Versammlungsfreiheit für alle Deutschen. Nicht für „alle antifaschistischen Deutschen“ oder für „alle Freunde der Demokratie“, sondern ganz ohne Gesinnungstest für alle Deutschen. Das Grundrecht ist dabei trotzdem nicht absolut, sondern man kann es einschränken (wenn auch nur in engem Rahmen), und Nazi-Demos werden üblicherweise auch nur unter besonderen Auflagen genehmigt. Aber wenn sie dann genehmigt wurden, muss das auch gelten. Ein freiheitlicher Staat zeichnet sich eben gerade dadurch aus, dass er auch denjenigen noch einen Spielraum lässt, die ihn lieber abschaffen würden.
Das sind die Spielregeln, die dieser Staat sich demokratisch gegeben hat und die wir immer wieder anderen Staaten gegenüber einfordern, die unserer Überzeugung nach in dieser Hinsicht unterentwickelt sind. Wenn wir aber jetzt selber anfangen, Grundrechte ausserhalb der Rechtsordnung nur nach Mehrheitsmeinung denen vorzuenthalten, die wir für gefährlich halten, ist dieser Entwicklungsfortschritt plötzlich nicht mehr besonders groß. Klar, man darf dabei nicht aus den Augen verlieren, dass es bei uns gegen Nazis geht und in anderen Staaten gegen Demokraten. Das kann aber kein Persilschein sein. Ich will den von Maddes hier herangezogenen Vergleich nicht nochmal aufgreifen, aber völlig falsch hat er damit nicht gelegen.
Du siehst das pragmatischer als ich. Wahrscheinlich hat das auch damit zu tun, dass bei dir häufiger Nazis mehr oder weniger vor der Haustür vorbeimarschieren als bei mir. Ich leiste mir so gesehen den Luxus, das Problem abstrakter zu betrachten. Worum es mir aber eigentlich nur ging, war, dafür zu werben, dass die persönliche Abwägung bei „faktisch ist es ein Rechtsbruch, aber es funktioniert“ (wie von dir im Artikel zusammengefasst) noch nicht beendet sein sollte, weil das mit dem Funktionieren aus meiner Sicht eben zu kurz gedacht ist.
@#759062: @#759063: Gebt mir Zeit bis morgen, das schaffe ich heute nicht mehr. :)