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Dieser Artikel ist ein Leserbeitrag im Rahmen der Open-Spreeblick-Aktion.

Eine Liebesgeschichte – Teil II

Ich war geistig und körperlich in einer sehr seltsamen Verfassung. Ich brauchte nichts mehr. Keinen Schlaf, keine Nahrung. Ich konnte nicht still sitzen. Nachts feierte ich und wenn ich morgens zurückkehrte, ging ich in den Wald und lief. Einmal waren es 25 km, ich hatte es nicht gemerkt. Mein Leben auf Meth. Ich fiel zum ersten Mal durch eine Klausur, ich konnte nicht lernen. Dann fiel ich durch eine Hausarbeit. Ich wusste nicht, dass so etwas möglich ist.
Aber was machte das schon, ich hatte doch meine Gedanken an Monsieur LeGimpsi. Sie füllten meinen Tag. Und nachts standen wir in Ecken und redeten. Und alles war viel besser als ich jemals gedacht hätte.
Das Semester neigte sich dem Ende zu, der vorlesungsfreie Sommer stand bevor. Am letzten Abend trafen wir uns mit den anderen aus dem Seminar. Sie dachten an Ferien, ich dachte an Abschied. In dieser Nacht hatte ich das Gefühl, es sei vorbei. Monsieur LeGimpsis Stimme klang danach. Wir saßen bei Tagesanbruch in einem Café und das Streiten war uns abhanden gekommen. Alles an uns war Kampf gewesen. Balz vielleicht. Wir versuchten stets den anderen abzuhängen. Wenn nichts mehr half, durch körperlichen Einsatz. Einmal nahm Monsieur LeGimpsi meine Hand und tauchte sie in Ketchup. Da war er der Stärkere.
Jetzt nicht. Wir sprachen Belangloses und waren erschöpft.
Als er mich zum Bus brachte und sich verabschiedete, wusste ich plötzlich: Unsere Zeit ist vorbei.
An diesem Donnerstagmorgen saß ein übermüdetes Mädchen mit zerzausten Haaren und Tanzschuhen in einem Bus mit Menschen, die zur Arbeit fuhren und weinte. Dann wurde eine Entscheidung getroffen.
Zuhause angekommen, schrieb ich eine Mail. Wie schwer es war, dabei keine Schwäche zu zeigen. Schwäche zeigen, war das allerletzte, was ich wollte. Die Nachricht fiel sehr geschäftlich aus. Sie erinnerte an die Unterbreitung eines Fusionsvertrages. Ich schickte sie ab, ging ins Bett und schlief einen Tag und eine Nacht.

in Fortsetzung