Nach 16 Jahren wird De:Bug, das „Magazin für elektronische Lebensaspekte, Musik, Medien, Kultur & Selbstbeherrschung“, eingestellt. So schreibt es Mitgründer und Geschäftsführer Sascha Kösch im De:Bug-Blog.
Ein paar Mal habe ich gestern auf Facebook Reaktionen wie „Verdammt, ich hab’s zwar auch nicht gekauft, aber dass sie aufhören, das finde ich schon echt scheiße“ gelesen und mich jedes Mal mit Kommentaren dazu zurückgehalten. Was soll man dazu auch sagen? Wenn nicht genug Leute Geld für ein Produkt bezahlen, dann kann das Produkt auch nicht mehr hergestellt werden, sofern die Macherinnen und Macher nicht mehr im Hotel Mama wohnen. So einfach und brutal ist das, und nur weil bei De:Bug (wie bei vielen anderen Indie-Produkten auch) die Selbstausbeutung die eifrigste Mitarbeiterin war, konnte das Team überhaupt so lange durchhalten.
Doch nicht nur davor muss man viel Respekt haben, sondern auch vor dem, was De:Bug war und ist. Nämlich das Medium in Deutschland, das schon über soziologische, politische und andere Aspekte des digitalen Lebens geschrieben hat, als die meisten anderen Magazine und Zeitungen noch überlegt haben, ob sie sich eine Webseite bauen lassen sollten. De:Bug war und ist aber auch das Medium, das Autorinnen und Autoren wie Anton Waldt ein Zuhause gegeben hat; das die kleine, fast unlesbare Schrift bei den Rezensionen trotz der Leserproteste durchgezogen hat, weil man fast alle Releases im Heft haben wollte; das über Soft- und Hardware-Instrumente geschrieben hat, weil vermutlich die Hälfte der Leserschaft nicht nur Konsument, sondern auch Produzent war und ist. Und das auch in Sachen Layout, Design, Format, Typografie immer weit vorn war.
De:Bug war und ist alles das, was in der deutschen Medienlandschaft so selten ist, so unmöglich zu sein scheint: Leidenschaftlich, nicht an der Marktforschung orientiert (sondern am eigenen Geschmack) und vor allem einfach gut.
Anfangs hatte ich ein Abo, später habe ich bis zur aktuellen fast jede Ausgabe am Kiosk gekauft, damit der Händler die nächste Ausgabe auch wirklich wieder bestellt. Und das, obwohl mich nur etwa ein Viertel des Inhalts wirklich interessiert hat. Nämlich all das, was nicht direkt mit den Künstlerinnen und Künstlern zu tun hatte, deren Musik mich kaum gepackt hat, die aber zentraler Bestandteil des Heftes waren und sind. Musikalisch war ich meistens auf einem anderen Dampfer als die Crew der De:Bug, aber ansonsten haben wir uns immerhin so gut verstanden, dass ich auch einmal ein, zwei kleine Artikel beisteuern konnte vor einigen Jahren.
Dass De:Bug kein Mainstream war, hat mich nie gestört, ganz im Gegenteil, es war schön, etwas „für sich“ zu haben. Gerade in diesen Zeiten. Und trotz des gewollten und bewussten Nischendaseins hat sich De:Bug soweit ich weiß gar nicht so schlecht verkauft. Jedoch: Es reicht einfach nicht. Es reicht nicht, wenn Inbrunst, Liebe, Leidenschaft, Professionalität und eine kleine, aber treue Leserschaft vorhanden sind. Es braucht noch viel mehr Leserinnen und Leser, viel mehr Werbekunden, viel mehr Geld. Dafür hätte sich De:Bug verbiegen müssen und ich bin froh, dass dies nicht geschehen ist. Selbst, wenn es jetzt das Ende bedeutet.
So bleibt mir vorerst nur, mich zu bedanken für die tolle Arbeit und viele spannende Hefte, Artikel, Meinungen, Fotos, Reviews und Hinweise. Und den Macherinnen und Machern zu wünschen, dass sie Investoren finden, die entweder das Weitermachen ermöglichen oder dafür sorgen, dass ein paar De:Bug-Leute ein, zwei Jahre Ruhe finden, um über neue Projekte nachzudenken. Auf die ich mich dann freuen kann.
Danke, De:Bug. Ihr habt 16 Jahre ein äußerst cooles Heft gemacht, das mir immer Spaß gemacht hat.
#hach
und vielleicht der kleine Hinweis, das BoingBoing aus einem ComicZine entstanden ist.
Ich habe davon gerade zum ersten Mal gehört. Was natürlich nicht viel bedeutet. ;)
Wünsche den Machern dann mal viel/mehr Glück beim nächsten Projekt.
„Und das auch in Sachen Layout, Design, Format, Typografie immer weit vorn war.“
Korrekt! Als De:Bug anfänglich wie eine dicke Tageszeitung daher kam, war ich sehr beeindruckt. Leider war sie in den letzten Jahren weder gestalterisch noch inhaltlich wirklich vorn, sondern „nur“ ein solide gemachtes Magazin. Beim durchblättern im Kiosk habe ich immer seltener Gründe gefunden sie zu kaufen.
Trotzdem: Applaus, Applaus, Applaus!