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Brazil in Berlin

grundpreis

Nein, nicht WM. Das andere Brazil. Denn das hier müsst ihr euch mal ansehen. Das ist Seite 8 von 9 eines Schreibens der für unser Büro zuständigen Wohnungsbaugesellschaft, die uns „die Umstellung der Wärmeversorgung auf gewerbliche Wärmelieferung nach § 556c Abs. 2 BGB“ ankündigt, was ein „starkes Instrument“ ist, um „Optimierungspotentiale systematisch zu analysieren und zu heben“.

Im Grunde geht es – glaube ich – weniger um Potentialhebung (ähm …), sondern darum, dass die Wohnungsbaugesellschaft eine neue GmbH gegründet hat, die sich fortan um die Heizungsanlagen der betreffenden Immobilien kümmern wird und diese Tätigkeit natürlich gegenüber der Wohnungsbaugesellschaft abrechnet. Da das bisher wohl jemand anderes gemacht hat und solange wir uns als Mieter dabei nicht verschlechtern, soll mir das recht sein. Steht ja auch auf einer der neun Seiten des Schreibens: „Für Sie als Mieter ändert sich durch die oben erwähnte Umstellung so gut wie nichts.“

Na dann.

Woraus der „so gut wie“-Part besteht, erfahre ich nicht auf den neun Seiten, vielleicht verstehe ich es aber auch einfach nicht, denn – und das ist der Grund dieses Artikels – das ganze Schreiben ist eine bürokratische Farce sondergleichen, die eben direkt aus dem Film Brazil stammen könnte. Das Schreiben hat anscheinend rechtliche Hintergründe, die Wohnungsbaugesellschaft muss uns als Mieter informieren und anhand eines Kostenvergleichs darlegen, dass alles super ist. Soweit verstehe ich das. Aber meine Fresse, bitte schaut euch doch mal alleine diese eine auch oben verlinkte Seite an und sagt mir, wer aus dem Kram irgendwelche Schlüsse ziehen soll. Zumal die ganze Rechnung sowieso albern ist, denn: „Die genannten Gebühren und Abgaben können sich mehrmals jährlich ändern.“

Es folgen fünf weitere Hinweise, die mehr oder weniger besagen, dass alles ganz anders kommen kann. Vielleicht aber auch nicht. Oder doch. Man weiß es nicht. Nicht genau. Weil.

Es ist nicht nur wie in Brazil, es ist wie beim Anhalter: Sie wurden ja schließlich informiert, die Pläne lagen aus. Nun beschweren Sie sich mal nicht, wenn ihr Planet einer Umgehungsstraße Platz machen muss.

Der Irrsinn deutscher Bürokratie und Amts- und Unternehmenssprache mag an dieser Stelle ein Luxusproblem sein, denn soweit ich es verstehe, sollen die neun Seiten tatsächlich reine „Information“ sein – ändern könnten wir an dem Vorhaben ohnehin nichts. Dass ich aber nicht einmal verstehen kann, ob ich das – wenn es denn ginge – wollen würde, ist absurd.

Wie wir wissen, geht es hunderttausenden Menschen täglich genauso und schlimmer, die sehr viel wichtigere Schreiben nicht begreifen können, die keine Stunden Zeit haben, auch nur zu versuchen, dieses Kauderwelsch und zusätzliche und absichtliche Verklausulierungen zu verstehen, und deren Unterstützung, Versicherungsfall oder gar Asylantrag von solchen Schreiben abhängt. Und die können leider nicht so sehr darüber lachen wie wir über unseren Fall.

7 Kommentare

  1. 01
    Maclaw

    „Wir sind hier, weil sie gestern bei Central Services eine Verstopfung gemeldet haben?“
    „Nein, das hat sich erledigt.“
    „Wie das hat sich erledigt? Das erledigt sich nicht von alleine …“
    „Haben Sie einen 21 B-6, meine Herren???“
    „21 B-6,21 B-6,21 B-6,21 B-6,21 B-6,21 B-6,….“
    „Sehen Sie was sie mit Ihm gemacht haben!!!
    na, warten Sie, wir kommen wieder …“

  2. 02

    Das sieht ja ganz toll aus, es wird ein Grundpreis zum 1.1.2015 berechnet, und dagegen gerechnet dann die Inflation und Lohnsteigerungen seit dem 2010. D.h. Inflation und Lohnsteigerungen für 5 Jahre sind erstmal direkt drin im nächsten Grundpreis, was nach den angegebenen Werten erstmal direkt 2,125% mehr sind im Grundpreis. Und der Arbeitspreis wird auch gegen eine Basis von 2010 berechnet, d.h. der wird direkt noch mal um 10% teurer. Ich weiß ja nicht, wie der AP0 angesetzt wird, aber das erscheint mir etwas unkoscher zu sein.

  3. 03

    @#931952: Ich sag einfach mal: Ja. :)

  4. 04
  5. 05
  6. 06

    Mein damaliger Projektmanagementprof wollte mir weismachen, ich dürfe Probleme nicht Probleme nennen. Euphemismen kannte er genug. Nach 20 Minuten Diskussion über die Definition des Wortes „Problem“ und der Sinnlosigkeit entsprechender Verniedlichungen lenkte er glücklicherweise ein. Zwei Monate später stellte er mich nach meinem Abschluss direkt an.
    Das nur als kleine Anekdote zu irrsinnigen Verschwurbelungen (Mittlerweile arbeite ich in der freien Wirtschaft und mein Vorgesetzter sagte mir vor ca. ner Woche, dass ich selbiges Wörtchen nicht mehr in Tickets schreiben dürfe. Jetzt schaue ich mich um, hoffentlich bald Richtung Berlin… aber das nur am Rande. Sucht noch jemand nen Softwareentwickler/Pm? ;-) )

    @05: Es hat Methode. Glauben Sie mir, wir Menschen können auch einfach – so wir denn wollen. Die Lösung dieser und ähnlicher Schreiben/Aussagen ist wie so oft die einfachste: Man will einfach nicht, da man selbst weiß, dass das alles „nicht ganz koscher“ ist – im harmlosesten Fall.

    @Johnny: Ich hoffe, ihr lasst das von ’nem Mieterbund, Fachanwalt o.Ä. prüfen, das klingt gefährlich nach „wir ziehen euch jetzt ab, geben dem ganzen den Anschein von Korrektheit durch Bürokratendeutsch und kaufen uns vom Gewinn die nächsten Immobilien, um noch mehr Leute abzuziehen weil wir den Hals nicht voll bekommen.“ – Aber vielleicht bin ich nur ein paranoider Verschwörungstheoretiker. Nevermind ;-)

  7. 07

    @#932254: Ich kläre das mal, was das alles bedeutet.

    Habe den anderen Kommentar wegen Spam gelöscht. Auch wenn er echt klang. :)