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Being Jan Schlaudraff

Eike Immel hats vorgemacht, man kann als Fußballprofi auch im Fernsehgeschäft reüssieren. Reüssieren, nunja, ist ein Wort, das einerseits aus dem Französischen kommt, andererseits in diesem Zusammenhang viele Bedeutungen hat, wovon drei herausragen: sich zum Affen machen, Geld verdienen und gesehen werden (falsche Reihenfolge).

Jan Schlaudraff darf sich ärgern, Zidane oder Maradona oder Gerd Müller oder Lukas Podolski (wahlweise auch Antonio di Salvo) zum Vorbild erkoren zu haben, Eike Immel wäre angebrachter gewesen. Möge der nächste neue rot-blaue Himmelsstürmer daraus lernen und sich entsprechend an seinen Berater wenden. Zeit genug für Fernsehauftritte hat er ja, kluge Sachen kann man sich sogar auf der Ersatzbank wahlweise ausdenken oder, wenn das nicht geht, einsagen lassen (dabei ist zu beachten, dass man nicht neben Lukas Podolski zu sitzen kommt). So bessert man seine Kasse auf, zeigt Medienpräsenz (kann man Präsenz zeigen? Egal.) und wirkt, sofern man es ist, sympathisch oder eben nicht. Und im Laufe eines Jahres wird man Publikumsliebling, ob jetzt im Stadion oder anderswo ist ja auch sekundär. Damit wäre das Jahr zumindest nicht komplett verschenkt.

Das passende Reality-Show-Konzept wird sich schon finden.

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Neologagaismen

Meine Damen und Herren, schon in der Vergangheit wurde hier nicht mit unterirdischen Kalauern gespart, Fooligan gilt Fachleuten nicht zu Unrecht als der Bodensatz des Fußballhumors und ist berüchtigt für seinen infantilen Sprachgebrauch und die schiefen Vergleiche, die selbst Delling die Schamesröte ins Gesicht treibten, lese er sie. Heute allerdings stoßen wir tiefer als jemals zuvor in die seichten Untiefen der Fußballsprache und präsentieren (proudly, sicher) den miesesten Kalauer der bisherigen Bloggeschichte, um endlich dem Anspruch gerecht zu werden, stilistisch unterhalb der Gürtellinie zu operieren. Voilà:

Jarolim huubt.

(Weiß hier irgendwer, wos guten Humor zu kaufen gibt? Ich hätte Bedarf.)

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Leerlauf

Was man alles schreiben könnte.

Über Luca Toni, den neuen Garanten der deutsch-italienischen Völkerfreundschaft. Maik Franz soll sich schon angeboten haben, ihm den dafür vorgesehenen Orden ans Knie zu tackern. Aber Luca Toni ziert sich und will lieber Anis trinken. Anis schmeckt ja eher pelzig und macht schön Kopfschmerzen, wirkt dafür aber schnell.

Über Nürnberg und von Heesens Gesichtsfarbe (weiß), über Bremen und eine nicht stattfindende Trainerdiskussion (anderswo), über Hamburgs Ackergäule. Über Leverkusen, das erstaunlichste Phänomen der deutschen Fußballberichterstattung momentan: wie man völlig unbemerkt gefälligen Fußball spielen kann, und keinen interessierts. Über Dingsda, na? Genau, Wolfsburg. Aber ach.

Über Ribéry, Franz und Diego ist ja so ziemlich alles gesagt, was mehr ist, als man jemals hat hören wollen. Inzwischen bin ich über die Psychologie eines Thomas Doll besser informiert als über die Blumenbeete meiner Eltern. Ich darf mir also so langsam Sorgen machen.

Letzte Saison, da wars knapp gewesen zu diesem Zeitpunkt, und spannend. Und in allen Zeitungen landauf landab stand, die Bundesliga sei ja qualitativ minderwertig wegen Ausgeglichenheit und Dingsens. Qualitätsfragen wurden diskutiert, und jetzt haben wir stattdessen eine Schiedsrichterdiskussion, die alt ist wie die Arche Noah und trotzdem nicht auseinanderfällt. Aber schön zu sehen, dass es so viele Meinungen gibt hierzu und dazu.

Ich für meinen Teil bin dafür, die Saison jetzt abzubrechen, die Geschichtsbücher rauszuholen und politisch inkorrekte Vergleiche für die EM im Sommer zu pauken. Guido Knopp bekommt den Sendeplatz am frühen Samstag Abend, und jeden zweiten Sonntag treffen sich Ribéry und Diego zu einer Partie Fußball-Tennis, sponsored by. Denn dies ist die Abschiedssaison von Wörns, von Ramelow, von Kahn. Von Huub Stevens. Und das wäre ein würdiges Ende unter diesen Vorzeichen.

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Brötchenfotos zum Spieltag

Schalke – Duisburg 2:1
Deswegen liebe ich Fußball: Georgiev hat mehr Poesie im Fuß als Durs Grünbein in seinem Gesamtwerk (der, spielte er Fußball, eher zum VfL wolfsburg passte, in die Defensive allerdings).

Karlsruhe – Frankfurt 0:1
Ich möchte nicht wissen, wie viele jetzt, nach den ersten Abwerbungen dieser bisher tatsächlich ausgezeichnet funktioniert habenden Karlsruher Mannschaft, und den letztlichen Niederlagen, schon vom „Zerfall“ orakeln werden, oder doch die ersten Artikelentwürfe zwischenspeichern, sollte Dortmund nächstens den KSC wegputzen: vielleicht die gleichen, die Fenin in den Himmel des Fußballolymps gelobt haben und sich freuten, häufiger einmal „Arsenal“ in die Artikel miteinfließen zu lassen. Wenn wer den Frankfurter Saisonverlauf spiegelt, dann ja wohl Amanatidis oder Kyrgiakos. Und beim KSC: Mutzel.

Bochum – Stuttgart 1:1
Wenn wichtig tatsächlich auf dem Platz ist, frage ich mich, warum im Sportschau-Beitrag gerade eben „Gomez“ der meistgenannte Name war. Die Sportschau ist ja sowieso eine Inszenierung der Abwesenheit: Essentielles eher selten, lieber über Vergangenes und Verhindertes sprechen. Wer sich dafür interessiert hätte, wie sich Marica geschlagen hat, oder ob Hilbert so langsam wieder ansatzweise den Ball trifft, kann ja in dieses Internetz gehen und Statistiken raussuchen.

Hamburg – Dortmund 1:0
Trochowksi, da bin ich von überzeugt, findet inzwischen das Ronaldinho-Video überhaupt nicht mehr witzig.

Cottbus – München 2:0
Die stoische Ruhe, zu der Oliver Kahn seit einiger Zeit Zuflucht sucht, wenn er zur Spieltagsanalyse greift, hat etwas… stoisches. Beängstigend, die Annahme, in Oliver Kahn stecke ein Philosoph. Vielleicht sinds ja auch die Antidepressiva, die ihm sein Arzt verschrieben hat, weil er diese Saison dann doch chronisch unterfordert wurde, bisher.

Hannover – Bielefeld 2:2
Ja. Und was war nochmal mit Thomas Brdaric?
(Dabei muss das eigentlich ein schönes Spiel gewesen sein. Aber das weiß man nach Sportschau-Berichten immer nicht: die klingen ja alle immer gleich aufgeregt und hysterisch, und aus jeder Abseitsposition wird eine Staatsaffäre. Unverhältnismäßigkeiten sind der Tod einer jeden ernsthaften Beziehung, und ich kann getrost sagen: Das mit mir und der Sportschau, das wird nix mehr. Die Sportschau als Avatar hätte sicherlich ein Arschgeweih, und das kann ich vor mir nicht vertreten, sowas zu mögen.)

Rostock – Hertha 0:0
Enrico Kern sieht beim Jubeln wie beim Schimpfen genau gleich aus: Das kann man jetzt ausgeglichen nennen. Muss man aber nicht.

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Rinderhack zum Spieltag

Die Schiedsrichter scheinen Gefallen daran gefunden zu haben, sich in den Schlagzeilen wiederzufinden, und Markus Merk (Dr.) scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, den Videobeweis herbeizupfeifen („Bei Fuß“). Kritik gibts hier trotzdem nicht, hier werden keine Schiedsrichter kritisiert (bloß über Bande).

Frankfurt – Bochum 1:1
Nikolovs Gesichtsausdruck (über den ich mich als Bochumer selbstredend diebisch gefreut habe; auch, weil ich Mimoun Azaouagh nicht nur wegen seines Namens einige Sympathie entgegenbringe) hatte etwas karnevaleskes: Als hätte er, auf dem Schülerball, einen der Gratis-Berliner (auch: Pfannkuchen) abgestaubt, herzhaft hineingebissen und dann festgestellt, dass er einen der mit Senf gefüllten Berliner (auch: Pfannkuchen) erwischt hat, die einzig dazu angefertigt werden, um Gesichtsausdrücke zu produzieren, wie ihn Nikolov uns nach Azaouaghs Freistoßtor vorgeführt hat.

Stuttgart – Bremen 6:3
Beide Hintermannschaften hätten dieses Wochenende gute Kindergärtner abgegeben: Die anvertrauten Blagen so lange rumprobieren lassen, bis ein Erfolgserlebnis herauskommt, und dann nicht übertrieben loben. Ich bin sicher, Mertesacker, Naldo, Tasci und Delpierre sind liebevolle, verständige Väter, sofern sie Väter sind, und müssen deswegen an dieser Stelle ausdrücklich gelobt werden.

Wolfsburg – Cottbus 3:0
Bei den ersten beiden Gegentoren praktizierte Cottbus eine ganz eigene Art von Rasenschach: Es darf sich immer nur einer auf einmal bewegen.

Bielefeld – Schalke 0:2
Wenn sogar Altintop in einem Spiel mehr als einmal gefährlich auf des Gegners Bauwagen schießen darf, dann leuchtet die Sonne wieder blau. Heute zum Beispiel.

Duisburg – Rostock 1:1
Schöner Satz aus der Wikipedia über Mutterschiff Pagelsdorf:

Auch hier [in Rostock] umgibt ihn wieder eine beachtliche Popularität, die nicht zuletzt aus seiner uneitelen Autorität und Authentizität, erkennbar u.a. an seiner Leibesfülle, herrührt.

Das könnte man zu Calmund rüber copypasten, oder hätte man gekonnt. Duisburg jedenfalls gibt sich Mühe, dass Bommer nicht ebenso viel Fett ansetzt im westlichen Ruhrgebiet, von dem ganzen Zeug, das man im westliche Ruhrgebiet so isst.

Bayern – Karlsruhe 2:0
Eine interessante Frage: Wer wird der erste Sportschau-Kommentator sein, der den Namen Fronk Ribäri richtig, also französisch, auszusprechen in der Lage ist? Wetteinsatz zum Beispiel Lothringen.

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Fasten

Gestern umgezogen (nicht ich jetzt, sondern geholfen hab ich). Anstrengend wars, am Ende sah ich aus wie Jens Jeremies (kein gutes Gefühl). Und lang, länger als gedacht. Deswegen: Fastenzeit zum Spieltag. Wie wars denn so?

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Moi, c’est un autre

Mach ich auch immer so: auf obszöne Gesten zurückgreifen, wenn ich mich selbst beleidigen will.

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Original und Kopie (aka Zidane und Diego)

Original

Kopie

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Spinat zum Spieltag

Eines vorab: Klaus Augenthaler sieht in Anzügen auch immer so aus, als hätte ihn seine Frau für ein Bewerbungsgespräch hergerichtet. Sympathisch, das.

Bielefeld – Duisburg 0:2
Michael „Die Ergebnisse stimmen immer noch nicht“ Frontzeck und Thomas Doll, zumindest vermute ich das schon seit längerem, dürften den gleichen Presseberater haben, so sehr ähneln sich ihre Standardeinschätzungen. Vielleicht haben sie auch bloß das gleiche Buch auswendig gelernt, wer weiß. Bloß die Art, mit seinem Vorgänger umzugehen, da dürfte sich Fronzeck von Neururer inspiriert haben lassen.

Frankfurt – Bremen 1:0
Das mit dem „in den Mann gehen“, das sollte Diegos Dolmetscher das nächste Mal lieber nicht wörtlich übersetzen.

Stuttgart – Karlsruhe 3:1
Bei Mario Gomez weiß man immer nicht so ganz genau: Ist das jetzt Instinkt, oder eben sehr unwahrscheinlich lange anhaltendes Glück? Hat was von Mike Hanke in sehr viel besser, was der von Spieltag zu Spieltag so veranstaltet.

Leverkusen – Schalke 1:0
Die Schalker Tragik liegt ganz und gar nicht darin, dass sie in den entscheidenden Spielen regelmäßig versagen. Eher im Gegenteil: dass sie diese Spiele immer und immer als „entscheidend“ apostrophieren. Diese permanente, nun schon gefühlte Jahrzehnte andauernde Selbstüberschätzung.

Dortmund – Rostock 1:0
Gähn. Wenn ich Zeit habe, strick ich den Dortmundern einen hübschen Kissenbezug, mit einem kleinen Sinnspruch (ntm: einen roten Faden nehmen), am liebsten Kleist zitierend:

Ach, der unselige Ehrgeiz, er ist ein Gift für alle Freuden.

Wolfsburg – Hertha 0:0
„ICE-Derby“. Meine Fresse. Demnächst das Euroline-Derby zwischen Hamburg und Mannheim und das Tuifly-Derby zwischen Hertha und Memmingen. Zum Glück hielt das Spiel genau das, was man sich von einem ICE-Derby so verspricht: nichts.

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Frühjahrsputz

Der Schwalben gabs die letzten Wochen mehrere, die hübscheste gestern übrigens von diesem großen, aus dem Süden kommenden, etwas fluglahm, aber springgewaltig aussehenden Vogel namens Joshua Kennedy. Und wenn die Schwalben sich mehren, zeigt das den Frühling an: zum Frühling aber wird die eigene Bude auf Vordermann gebracht. Da wird nochmal ausgemistet, die Einrichtungsgegenstände werden sauber gehalten, Fehler werden ausgebügelt, es wird weggeputzt, abgestaubt und baden gegangen, und selbst die Staubsauger sollen wieder Glanzleistungen bringen:

Überraschende Erkenntnis: Tatsächlich ist Fußball doch eine Hausmänner- und -frauensportart.

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Appetitzügler zum Spieltag

Einen derart miesen Spieltag habe ich ja schon lange nicht mehr erlebt. Allein schon Hertha gegen Bielefeld, mir ist glatt das Brustfleisch zerrissen, so sehr musste ich ständig die Schultern nach hinten zusammenziehen. Selbst die spannende Partie (Duisburg – Stuttgart): vom fußballerischen mehr Lebertran als Leberknödel. Und ständig bloß über die Duisburger zu lachen, das wird ja langsam auch langweilig. Jedenfalls verweigere ich einem solchen Spieltag die Berichterstattung, und deswegen steht hier, was vom Unterhaltungswert in ungefähr dem heutigen Samstag (15:30 – 17:15 +) entspricht:

So gut wie nichts.

(Karslruhe – Leverkusen ausgenommen).

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Aus Berlin. Fürn Arsch.

Nett gemeint, die neue Kampagne, liebe Hertha. Doch, echt, die Grundidde gefällt mir:

Mit einer gemeinsamen Kampagne wollen Ausrüster Nike und Hertha BSC die besondere Identifikation des Vereins zur Hauptstadt ausdrücken.

Auch wenn ich mir nicht sicher bin, wie man sich „zu etwas identifizieren“ kann, aber seis drum. Die Umsetzung ist mal komplett fürn Arsch. In so Jean-Claude Van Damme-Film-Ankündigungsschrift dem Arne Friedrich so Worte in den Mund zu legen wie: „Für Gäste definitiv ein Problembezirk: Mein Strafraum“, offenbart einen sogar für berliner Verhältnisse besonders laxen Umgang mit gängigen Humorstandards. Noch schöner wirds, wenns bildlich wird:

So schlägt Malik Fathi als Zehlendorfer mit einem Motiv an der Glienicker Brücke einen Bogen von seinem Kiez zu einer offensiv orientierten Spielweise.

Ja. Genau. Jedenfalls ist die Kampagne dermaßen unterirdisch, das passt beängstigend gut zum Fußball, den die Hertha in der letzten Zeit so abgeliefert hat.

(via)
[Update: bitte diesen Beitrag nicht unbeachtet lassen.