Es ist ein altbekanntes Muster: Menschen, die mit irgendeinem Phänomen der Realität nicht zurecht kommen, verdrängen dieses und projezieren ihre Wunschträume in die Zukunft oder in die Fantasie. Die Projektion – und die zeitgleiche Verdrängung – ist bis zu einem gewissen Maße nicht nur normal, sondern überlebensnotwendig: Dadurch kommt der psychische Haushalt wieder ins Gleichgewicht.
In krassen Fällen aber halluziniert man sich beharrlich Wunschwelten herbei, um eine zukünftigen Enttäuschung nicht schon im Heute begegnen zu müssen. Man flüchtet sich in hypothetische Gedankenmuster, assoziiert logisch Unzusammenhängendes und artikuliert sich im Brustton der Überzeugung, ohne nennenswert Bezug zu einer allgemein erfahrbaren Wirklichkeit zu nehmen. Und wer jetzt glaubt, diese pseudopsychologische Abhandlung habe nichts, aber auch gar nichts mit Fußball zu tun, lese bitte jenes Interview mit Markus Weissenberger, dem so langsam aber sicher am Rade desw Verstandes die Speichen verheddert sind.
Ich fasse eben zusammen: Herr Weissenberger kennt zwar die Anzahl der österreichischen Spieler in der Bundesliga, die Namen (ausser Langer) kennt er aber nicht (muss man auch nicht: Sand und Harnik). Außerdem glaubt er, dass Österreich unterschätzt wird, weil es bei der U20-WM den vierten Platz gemacht hat.
Es sei hier nur am Rande erwähnt, dass die übrigen österreichischen Hoffnungsträger nicht eben die Ligen dieser Welt auf den Kopf stellen. Wichtiger ist die Frage, was ein vierter Platz bei einer U20-WM wohl zu bedeuten habe, und warum man das als Erfolg zu verkaufen sich genötigt sieht. Am schönsten allerdings fand ich folgende Absätze, in denen man den fluoriszierenden Glanz der Realität wird erkennen können – mit ein wenig gutem Willen, selbstredend:
Berliner Zeitung: Fühlen Sie sich als Außenseiter?
Weissenberger: Wir sind Außenseiter, aber wir sind auch eine Mannschaft, die unterschätzt wird.
Berliner Zeitung:Ach ja?
Weissenberger: Wir sind ganz stark, was das Auftreten als Mannschaft betrifft. Ein Gegentor bringt uns nicht dazu, auseinander zu fallen.
Und das sind bestimmt Fähigkeiten, die Österreich bei der EM wird brauchen können. Es sei denn, die Funktionäre erbarmten sich.