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Eine von vielen.

Helmut Rahn, neben Herberger und Walter Inbegriff des Wunder von Berns, das hinwiederum Inbegriff des wiedererwachenden deutschen Nationalbewußtseins, das hinwiederum Beginn der Instrumentalisierung des Fußballs durch die Politik, die dann mit Helmut Kohls öffentlich ausgelebter Männerfreundschaft zu Berti Vogts und dem chefsachigen Einsatz Schröders für die WM-Bewerbung ihre vorläufigen Höhepunkte erreichte, Helmut Rahn also, über den es so viele kleine Geschichten gibt, Helmut Rahn hatte auf den ganzen Scheiß keinen Bock.

Helmut Kohl hat ihn 1994 höchstpersönlich auf die Ehrentribüne eingeladen, zum Auftaktspiel gegen Bolivien. Eigentlich ist das ja ganz nett: Ein paar Fotos des Helden mit dem Kanzler, n büschen Pilsken trinken, Hände schütteln, nochmal n Pilsken, und dann wieder nach Hause. So wie das die ganzen andern Pappnasen halt auch machen.

Aber Rahn hatte offensichtlich keinen Bock und hat abgesagt. Wegen Rückenschmerzen. Womit bewiesen wäre, dass der Mann Rückgrat hatte.

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Moi jamais

Vielleicht liegt es daran, dass ich in einem katholischen Umfeld aufgewachsen bin, aber für meine Begriffe gibt es nichts Unverzeihliches. Auch und gerade nicht im Fußball. Ich habe noch keinen Spieler wegen eines Fouls, eines unkommoden Wechsels oder irgendeiner Schwalbe verteufelt. Mein Gott, foul ist auch nur ein anderes Wort für garstig, hätte ich im 19. Jahrhundert gelebt, wäre Wechsel fälschen meine Haupteinnahmequelle gewesen, und eine Schwalbe macht noch keinen Inzaghi, also was solls. Es gibt allerdings Dinge, die sind unverzeihlich: dauerhaft dargestellte, selbstbeweihräuchernde Dummdreisitigkeit und Sevilla 1982.

Ich bin wahrscheinlich mit demFoul Mordversuch von Schumacher auf die Welt gekommen. Also geboren und so schon vorher, aber das ist doch meine erste konkrete Erinnerung. Der Beginn meiner Fußballsozialisation. Noch heute ballen sich meine Hände, wenn ich die Szene sehe, meine Fingernägel werden lang und krümmen sich, meine Eckzähne schießen hervor und meine spärliche Körperbehaarung wuchert wie die Pilzkulturen in meinem Biomüll. Dann heule ich den Mond an, und in meinen gelben Augen kann man lesen, wie viele Paragrafen des GG und des StGB ich in einem Moment der persönlichen Begegnung wohl werde brechen wollen. Es sind viele. Sehr viele.

Man hat mir erzählt, der Schumacher sei wirklich ein netter Kerl, ein bißchen durchgeknallt, aber eben ein Original. Das mag alles stimmen, und es ist mir egal. Beschwichtigungsreden habe ich während meiner Germanisierungsphase genug gehört. Jetzt hat selbst Battiston ihm vergeben. Nett von Battiston (vor allem, weil eine Entschuldigung Schumachers nach wie vor auf sich warten lässt), aber ich, ich bin in diesem einen Punkt protestantisch: Ich vergebe nicht. Nein, ich nicht.

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Untot

Es gibt diese Spieler, an die man keinerlei persönliche Erinnerung hat, und die trotzdem Teil des fußballerischen Gedächtnis sind. Sie huschen als Namen ohne Gestalt durch die Gedanken, und bestenfalls sind einige Anekdoten und Sinnsprüche übriggeblieben, vielleicht noch die verschwommene Erinnerung an ein wichtiges Tor, oder sogar nur der Spitzname. Aber nichts plastisches mehr.

Zum Beispiel Jürgen Wegmann. Gestern erfuhr ich, dass Jürgen Wegmann von Hartz IV leben soll, anscheinend. Jürgen Wegmann, dachte ich. Kobra. Fußball-Aphoristiker. Uli Stein. Faustschlag. Frisur. Dunkel ist’s bisweilen im Kämmerchen der Erinnerung.

Kann ja nicht angehen, dachte ich mir. Schau mer mal bei den Schalke-Kollegen, ob es da nicht Lustiges und/oder Erbauliches zu lesen gibt. Und? Nichts. Nichts. Nichts. Viermal nichts.

Vielleicht, dachte ich, gibt’s ja was bei den Dortmundern: Die hat der Wegmann 1986 ja mit seinem Tor vor dem Absieg bewahrt. Und? Nichts. Gar nichts.

Und bei den Bayern? Wieder nichts. Gar nichts.

Und die technorati-Ergebnisse beschäftigen sich auch ausschließlich mit seinen lustigen Sprüchen und seinem sozialen Absturz. Scheint tatsächlich ein Untoter zu sein, der Mann.

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Beim Trainer klauen…

Beim Trainer klauen, heißt klauen lernen. Wenn die Gegenwart nichts hergibt, muss man halt in der Vergangenheit wühlen. Deswegen übernehm ich ganz ungeniert und frank und frei die wundervolle Rubrik „Unbekanntes aus…“ und nenne sie Opa erzählt vom Krieg „Anderntags, andernorts“. Ich steh auf solche schmalzigen Titel, die ein bißchen an Rosamunde Pilcher erinnern, oder an Christa Wolf. Oder Michael Ende. Man könnte die Rubrik auch „ranzige, schmierige Butter“ nennen. Man könnte auch diese ganze Einleitung streichen. Man könnte jetzt auch spazieren gehen, statt einen Blogeintrag zu verfassen. Man könnte aber auch endlich mal zum Thema kommen.

30. Oktober 1963, EM-Qualifikation. 42.000 Oranje-Fans warten in Rotterdam darauf, das die Niederlande den nicht weiter ernstzunehmenden Nachbarn aus Luxemburg angemessen verkloppt. Das Hinspiel ging 1:1 aus, ein Ausrutscher, nichts weiter. Nach neunzig Minuten hatte ein gewisser Herr Camille Dimmer mit seinen zwei Toren die Holländer rausgekegelt und das billigste Wortspiel der luxemburgischen Fußballgeschichte begründet.

Deutschland war damals übrigens nicht dabei, weil „EM is blöde“ (sinngemäß Herberger und Schön), man müsse sich auf die WM konzentrieren. Auch nicht dabei waren die Zyprioten, weil sie, nunja, die Anmeldefrist verpennt hatten.

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Kalle

„Rennt, ihr Säcke!“, schrie er immer vom Spielfeldrand und wedelte mit seiner Krücke. Stand da, rauchte, sah uns beim Rennen zu. 10 Kilometer immer schön um den Platz. 25 Runden, und für die letzten noch mal 2 extra. Waldlauf gab’s nicht, weil Kalle war ja n Krüppel. Kalle, der Trainer. Zwei Meter groß, schlacksig, sah aus wie ein Fohlen. Aber nur von weitem. War mal ein gefeierter Jugendspieler gewesen, damals. Beinharter Verteidiger, Jahrgang 1963. Den Riedle hat er immer zur Verzweiflung gebracht, damals, als es mit der Jugendmannschaft gegen Weiler ging. Davon erzählt er heute noch, am Stammtisch, und wie er dann nach Stuttgart gegangen ist, zu den Kickers, und mit dem Klinsmann gespielt hat. Im Training hat der den immer abgegrätscht, das die Knochen krachten. Jaja, der Jürgen. Read on my dear…

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Fliegen lernen

Prolog
Dies ist bestimmt nicht die wahre Geschichte des Manoel Francisco dos Santos. Es ist die Geschichte, wie sie mir erzählt wurde, während eines langen Abends in einer Kreuzberger Bar. Es war ein hinkender Brasilianer, der sie mir erzählte, Kinderlähmung, sagte er. Jorge hieß er, und erzählte mir die Geschichte lachend, während wir soffen. Read on my dear…

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Ballkünstler, Wortkünstler

Als mir zu Weihnachten meine hochverehrte Herzensdame halb aus Schalk, halb aus Unwissenheit die erste der Beckenbauerschen Biographien vermacht hatte („Einer wie ich“), die den kryptisch-verspielten Geist schon im Titel trägt, und ich beschloss, sie zu lesen und mich aufs höchste daran zu delektieren, da erwartete ich, angesichts der in den Interviews nicht zu überhörenden Feindschaft Beckenbauers mit der deutschen Sprache im allgemeinen keine literaturnobelpreisverdächtigen Momente – und doch. Read on my dear…

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Nostalgie

Beim Stöbern auf folgendes großartige Video gestossen: WM Finale 1954 fürs Kinderzimmer.


Direktlego

Zur Kontrolle nochmal die Originalaufnahmen [via Trainer Baade] in Farbqualität hier.

[Edit: Mal schaun, ob’s jetzt klappt.]
[Edit 2: So, nu aber. Zum Glück könnt ihr nicht sehen, wie ich mich hier grad zum Affen mach.]

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Maradona good, Pelé better, George …

Zu filigran für einen Fußballer von der Insel, zu sehr Popstar, zu wenig Arbeiter, und doch können Typen wie ihn wohl nur diese bekloppten Inseln hervorbringen, die sich 2 Staaten und 5 Nationalmannschaften leisten. Sein Pech war, in die schwächste der Nationalmannschaften hineingeboren zu werden, in die von Nordirland nämlich. Weltmeister konnte er so nie werden. Doch Manchester United nahm ihn, er wurde zusammen mit Bobby Charlton Meister, Pokalsieger, Europapokalsieger, und die Frauen und die Autos und das Geld und der Alkohol, obwohl er doch immer nur der kleine Belfast Boy mit Beatles-Frisur und Jungengrinsen war, der Fußball tanzen wollte durch alle Gegner hindurch.

Er starb heute vor genau einem Jahr im Alter von 59 Jahren.

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2006 • Mai

Robert Huth beweist, warum er so wichtig ist.

waldi

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Der Galoppierende Major

Kleines Geld, kleiner Fußball, großes Geld, großer Fußball.
Ferenc Puskas

Das war, ich sag’s euch gleich, kein gewöhnlicher Fussballspieler. Untertrainiert und übergewichtig. Das war er. Und jetzt, 1961, nachdem er den Zenit seiner Karriere bereits überschritten hat, ist das mit dem übergewichtig eigentlich noch untertrieben.

Jedenfalls, was sollen wir noch lange um den heissen Brei herumreden, wie eine Presswurst, so sieht er aus im Real Madrid-Leibchen, schön ist das nicht, sowas zu sagen, aber wahr ist es trotzdem. Und was tut er gerade? Er tritt einen Freistoss im eigenen Stadion gegen Atletico, das sind die, die Anfang der Sechziger gerade ganz oben auf schwimmen, in Spanien.

Er also mit dem linken Fuss, wie immer, und der Ball segelt über die Mauer, und dort die Atletico-Spieler natürlich hochgesprungen, aber nix war, denn der Ferenc, der kann diese Bananen so sauber ballern wie auf dem Reissbrett gezogen. Und in die lange Ecke, und der Torhüter springt und streckt sich wie wenn er aus Gummi wär, aber er kommt nicht mal mit den Fingern dran, nicht mal mit den Fingerspitzen, und drin ist der Ball und im Netz und da kann keiner mehr was machen.

Und die Menge tobt. Und der Ferenc, so kurz seine Arme auch sind, er reisst sie hoch. Und alle anderen ihre Arme auch.

Aber der Schiedsrichter schüttelt den Kopf.

Fast peinlich ist es ihm, fast rot wird der Mann im schwarzen Trikot, und er geht zum Ferenc und entschuldigt sich und sagt, tut mir leid, aber ich habe noch nicht gepfiffen, und pfeiffen muss ich schliesslich, denn wo kämen wir sonst hin?

Und das versteht der Ferenc. Denn jetzt mal Frage: Habt ihr das gewusst? Dass wir hier vom gleichen Ferenc sprechen, der Kapitän von der ungarischen Mannschaft gewesen war, der goldenen Manschaft, die vier Jahre lang – und das sagt sich so leicht, aber denkt doch mal: vier Jahre – einfach niemand schlagen konnte, und die erst die Deutschen in Bern mit einem Wunder zur Strecke geackert haben?

Und weil er so dick war und trotzdem so schnell, haben sie ihn den galoppierenden Major genannt.

Genau dieser Ferenc ist das nämlich, und kein anderer. Sieht aus wie Presswurst, ist aber Fussballgott. Und spielt immer mit linkem Fuss. Jetzt, passt auf, wollt ihr die Legende hören, warum immer mit linkem? Weil eigentlich der rechte Fuss der starke ist. Aber zu stark. Mit dem hat er mal so hart geschossen, dass dann der Torhüter mit gebrochenen Rippen direkt ab auf den OP-Tisch. Dann haben die da oben vom Fifa-Zimmer ihm den rechten Fuss verboten. So die Legende. Stimmt sie? Wer weiss. Aber in jeder Legende ist ein kleiner Grashalm Wahrheit.

Also, dieser Ferenc, der steht jetzt auf dem Rasen, und muss den Freistoss nochmal schiessen, und diesmal wartet er, bis der Schiedsrichter pfeifft, denn nur weil er dick ist, ist er noch lange nicht doof.

Er also mit dem linken Fuss, wie vorher, und der Ball segelt über die Mauer, wie vorher, und dort die Atletico-Spieler natürlich hochgesprungen, wie vorher, aber nix war, denn der Ferenc, der kann diese Bananen so sauber ballern wie auf dem Reissbrett gezogen. Und in die lange Ecke, wie vorher, und der Torhüter springt und streckt sich wie wenn er aus Gummi wär, wie vorher, aber er kommt nicht mal mit den Fingern dran, nicht mal mit den Fingerspitzen, und drin ist der Ball und im Netz und da kann keiner mehr was machen, wie vorher.

Und da hat der Ferenc das Tor genau noch mal ganz gleich geschossen. Nur diesmal mit Pfiff. Und wenn die Menge vorher getobt hat, dann ist es jetzt ein Glück, dass kein Dezibel-Messer im Stadion, weil der würde nämlich zerspringen in lauter kleine Messerchen, so laut haben jetzt alle gebrüllt. Und das, nur damit ihr jetzt nicht denkt, das ist keine Legende, weil direkt in die Annalen von Real Madrid eingegangen, natürlich zu recht.

Und das alles gegen Atletico, das sind die, die Anfang der sechziger gerade ganz oben auf schwimmen, in Spanien. Bis sie den Ferenc nach Madrid geholt haben.

Dann war’s erst mal aus mit Atletico.

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Wie fühlt sich das eigentlich an: Weltmeister?

Die Jungs von Vokale Küche waren 1990 ja noch zu klein, um etwas von der Weltmeisterschaft mitzubekommen.
Für sie und alle anderen Leser, die noch ein längeres Haltbarkeitsdatum haben als ich, erzählt der Opa jetzt mal, wie das war, damals.
Also zunächst mal: Wir hatten ja nichts. Kerner quatschte damals noch ältere Männer am Hamburger Hauptbahnhof an, wir waren also im Vorfeld völlig uninformiert und wussten gar nicht, was das war, so ein Fußball.
Zu allem Überfluss verschleppten mich meine Eltern während der WM auf das Rentnerparadies Ischia, um sich dort in geheizten Pools zu räkeln. Dort war es mit Informationen dann ganz aus, denn es gab noch keine Internetcafés, keine Short Messages, keine Bilder von den Spielen per Handy. Nur abends konnte man im Fernsehraum des Hotels ein Spiel anschauen. Wie gesagt, wir hatten nichts.

Für mich kam verschärfend hinzu, dass ich meine erste große Liebe zuhause in Aachen lassen musste, das Telefonieren vom Hotel aus hätte mehr gekostet als der Aufenthalt selbst und so war ich die Personifizierung des Falscher-Ort- falsche-Zeit-Prinzips.
Das Spiel gegen die Tschechen verdöste ich am Pool, keiner wird behaupten, ich hätte etwas verpasst.
Ich musste am Pool dösen, denn in keiner Nacht konnte ich schlafen.
Italiener sind bekanntermaßen Lärmneurotiker, aber während einer WM schraubt sich das ins Absurde. Ein einziges mehrwöchiges Hupkonzert, Gesänge die ganze Nacht durch, Toootoooo Schillaci in allen Tonlagen. Das Alles erstarb plötzlich, als Aldo Serena den Ball nicht im Tor unterbringen konnte, und Argentinien ins Finale einzog.
Stattdessen ein Weinen aus Millionen Kehlen, eigens aus Marokko eingeflogene Klageweiber taten ihr Übriges.
Zum Spiel gegen England, das sich gegen Kamerun durchgesetzt hatte, welches widerum einen Fußball gespielt hatte aus der Zeit vor der Erfindung der Taktik, fand ich mich pünktlich im Fernsehraum ein.
fußball Und was für ein Spiel war das. Den Bildschirm füllte ein antikes Schlachtengemälde.
So haben sich die Zuschauer bei der Begegnung Ben Hur vs Messala gefühlt.
In jeder Minute des Spiels krachte ein Ball gegen die Latte und wenn der Schweizer Dienst Schiedsrichter gewesen wäre, hätte das Spiel 25:25 ausgehen können. Peter Shilton semmelte jeden Abschlag ins Aus, Gascoigne pflügte das Feld um, alte Männer sanken auf der Tribüne in den ewigen Schlaf, Frauen gebaren Kinder, die mit dem Schweiß von Lineker getauft wurden.
Niemand weiß, wie viele Engländer und wie viele Deutsche starben, aber in der Pause sangen sie zusammen Weihnachtslieder.
Schließlich wurde das Spiel im Kampf Mann gegen Mann entschieden.
Bodo Illgner auf der einen, Peter Shilton auf der anderen.
Die Engländer fingen an, Lineker traf.
Dann Brehme, der gar nicht weiß, wie man daneben schießt.
Beardsley, Matthäus, Platt, Riedle.
Dann versagen Pearce die Nerven, Thon trifft.
Waddle muss jetzt ein Tor machen, sonst ist das Match entschieden.
Und Deutschland ist Weltmeister.
So fühlte es sich zumindest an, tatsächlich musste noch Argentinien besiegt werden.
Argentinien, das Deutschland im Finale der WM 1986 erst vorgeführt hatte, um dann zu merken, dass man eine deutsche Elf erst totschlagen muss, ehe man ihr das Fell über die Ohren ziehen kann. Und das hatten sie getan, mit freundlicher Unterstützung von Toni Schuhmacher.
Es war ein Heimspiel für Deutschland, die Italiener wollten Rache für das verlorene Halbfinale, die Argentinier waren erschöpft und von Anfang an schien klar, dass Deutschland diese Partie würde für sich entscheiden können. Aber der Ball ging nicht ins Tor und je länger das Spiel dauerte, desto mehr erinnerte ich mich an das Achtelfinale zwischen Argentinien und Brasilien, das Brasilien komplett dominiert hatte, um in der 81. Minute durch ein Todesurteil Maradonas, vollstreckt durch einen gezielten Genickschuss von Caniggia, hingerichtet zu werden.
Und es kristallisierte sich raus, dass man auch Argeninien erst würde totschlagen müssen, ehe man auf seinem Grab Tango tanzen könnte.
In diesem Moment setzte ich die Liebe meiner Freundin als Preis: Würde den Deutschen nur ein Tor gelingen, so möge sie mich nicht mehr lieben, ich würde es hinnehmen.
Und tatsächlich: Halb zog es Völler, halb sank er hin, Matthäus verschwand in einem Maulwurfshügel, und Brehme dachte nicht nach.
Weltmeister.
Frauen nach der Geburt des ersten Kindes und Menschen, die das erste Mal Heroin in ihre Venen jagen, kennen das Gefühl.
Die erste Nacht, in der ich in Italien friedlich schlief.
Kurz nach der WM verließ mich meine Freundin und ich hatte wieder andere Sorgen.