Archiv

4

Bundesliga 22

Julian Schieber liegt auf dem Bauch, mitten im Stuttgarter Strafraum. Fassungslos kaut er auf seiner Unterlippe herum, während er sich hilfesuchend auf dem Feld umsieht. Er mag sich gefühlt haben wie der Petunientopf, der für Desperate Housewives gecastet worden ist und jetzt die Stunts in Per Anhalter durch die Galaxis spielen soll.

Julian Schieber ist kein Elfmeter verweigert worden, er hat auch keine Vorlage, die ihm direkt auf die Torlinie gelegt worden ist, ins Seitenaus geschaufelt. Julian Schieber hat das vorentscheidende 2:0 gemacht, für seinen Arbeitgeber, für Nürnberg. Gegen seinen Verein, den VfB Stuttgart. Nächstes Jahr soll er zurückkommen, sagt Fredi Bobic, auf jeden Fall.

Read on my dear…

5

Bundesliga 21

Statt HSV – St. Pauli Freiburg gegen die Eintracht zu sehen, das ist, wie wenn man Meerweh hat und dann nur in den Aquadom darf. Obendrein war das Spiel so seicht wie ein Froschtümpel. Momentan haben wir einen Boxer als Gasthund zuhause, da ist in zwei Minuten mehr los als in diesem kompletten Spiel.

Read on my dear…

15

Bundesliga 20

Dieter Hoeneß ist die Victoria Beckham der deutschen Fussballmanager. Im Kaufrausch verleibt er sich so viel wie möglich Luxusgüter ein und kotzt sie dann in kleinen Brocken wieder aus. Und was am Ende übrig bleibt, ist das klapprige Gestell eines zuvor einigermaßen funktionierenden Korpus, vom exzessiven Größenwahn gezeichnet.

Read on my dear…

25

Bundesliga 19

Hannover 96 stelle ich mir vor wie einen passiv-aggressiven Frosch. Er sitzt den ganzen Tag auf seinem Stein und starrt böse in die Gegend, aber niemand lässt sich dazu herab ihn wahrzunehmen. Das Phänomen Hannover wird überhaupt so gut wie nicht wahrgenommen. Das liegt natürlich daran, dass man aus reinem Selbstschutz Hannover so wenig wie möglich wahrnimmt als einigermaßen normal veranlagter Mensch. Aber nicht nur.

Read on my dear…

12

Bundesliga 18

Nuri Sahin steht verlegen vor der ARD-Kamera, denn Beckmann hat Fragen. Wie ein frisch gewaschener Wombat schaut er in die Kamera und grinst. Dass der überhaupt in der Lage ist, einen Zweikampf zu führen, geschweige denn zu gewinnen, meistens zu gewinnen, ist kaum zu glauben. Beckmann ist dementsprechend aufgeregt und fragt (ungefähr), ob denn nun er, Sahin, heute morgen mit einem Lächeln auf den Lippen aufgestanden wäre, das wohl was mit der Meisterschaft zu tun hat, irgendwie, aber direkt wollte er die Frage nicht stellen, stattdessen sagt er fortwährend Sahins Namen in einer Betonung, wie man sie zuvor noch von niemandem gehört hat, er betont den Namen auf der letzten Silbe, er ist ganz schön stolz, dass er das so gut kann. Sahin schaut mit dem gebotenen Desinteresse links und rechts an der Kamera vorbei, wenn die Frage vorbei ist, zögert er kurz und antwortet gelangweilt, was Beckmann langweiliges wissen wollte. Da weiß man wieder, dass er das kann: den anderen auflaufen lassen. Wer das Interview während der Sportschau nicht gesehen hat, der kann sie immerhin hören und dem sei gesagt: es hatte was brandeskes. Andere Frisur, aber sonst.

Diese Abgeklärtheit, diese Coolness und gleichzeitig auch die damit einhergehende Respektlosigkeit, das ist es, was Dortmund momentan auszeichnet. So ist das, wenns läuft. Wenns läuft, dann läufts, da helfen keine Windeln.

Read on my dear…

9

Bundesliga-Rückrunde – Das wars, so isses, so hättes sein können


Vor der Saison habe ich, ich erinnere mich ungern daran, die Abschlusstabelle getippt: jetzt ist die Zeit der halben Wahrheit. Ungefähr nichts von dem, was ich prognostizierte, stimmt, aber das macht nichts, denn jetzt ist Zeit für ein paar Korrekturen.

Read on my dear…

3

Bundesliga 17

Hells Bells auf St. Pauli, der Aufsteiger hat es läuten hören. Zum ersten Mal seit langem wollen sie mal wieder mitspielen, schön spielen, mit dem Fußball, der sie hat aufsteigen lassen. Ablaufen statt abgrätschen, riskante Pässe in die Spitze statt hoch in den Rückraum, vielleicht sogar ausnahmsweise den ein oder anderen Angriff konsequent über eine Seite auszuspielen. Aber zwei Probleme: der Rasen hatte Akne. Und Mainz.

Read on my dear…

14

Bundesliga 16

„Nächstes Jahr“, raunen nach jeder Saison befreundete HSV-Fans, „nächstes Jahr“. Und je später der Abend und je tiefer das Glas, desto mehr fallen sie zurück in ihren Dialekt: desto mehr hört sich ihr Mantra an wie ein poesches Nevermore. Letztes Jahr Platz sieben, vorletztes Jahr Fünfter, davor Platz vier, wieder Platz sieben: was nach Konstanz klingt, macht den Hamburgern einen grimmigeren Gesichtsausdruck als der Wind, der sich gerade durch die Grindelhochhäuser zerrt. Aktuell Platz neun.

Read on my dear…

5

Bundesliga 14

Es hätte auch ganz anders kommen können. Ein Satz, der immer passt. Ganz besonders auf Werder Bremen. Die Ungelenkheit dieser Einleitung ist eine Hommage an das Konterspiel der Werderaner. Wenn die Menschen so stricken würden wie Bremen kontert, gäbe es keine Norwegerpullis, nur Schals.

Read on my dear…

11

Bundesliga 13

Vor einem Jahr, da war der Himmel über Bayern schwarz wie die Seele van Gaals. 20 Punkte, Platz acht, in der Championsleague von Bordeaux zum Pilzesammeln geschickt und heulend wieder nach Hause gekommen: es sah nicht gut aus. Tabellenführer damals: Leverkusen. Spieltag dreizehn kamen sie nach München, und Uli Hoeneß sprach in kaum zu vernehmender Zurückhaltung, mit untertriebener Gestik vom „Spiel der Spiele“. Endergebnis: eins zu eins. Mitleidig sah man nach München und schickte Taschentücher für die kurze Nase van Gaals.

Read on my dear…

4

Bundesliga 11

Mönchengladbach funktioniert wie ein Beckett-Roman. „Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Mindestens aber unterhaltsamer scheitern.

Read on my dear…

7

Bundesliga 10

Narzissmus ist kein seltener Charaktermangel unter Fussballprofis: es ist eben schwierig, sich nicht an der eigenen Großartigkeit zu besaufen, wenn Woche für Woche Tausende und Abertausende am eigenen Tun Anteil nehmen. Kommt schon vor, dass man sich dann für so bedeutend hält wie eine hinduistische Gottheit: es hilft dann auch nicht, auf dem Teppich zu bleiben, denn die können bekanntlich fliegen. Read on my dear…