UPDATE 20.5.2015 Das Westfalen-Blatt distanziert sich in einer neuen Stellungnahme komplett von dem Artikel, bittet um Entschuldigung und beendet die Zusammenarbeit mit der Autorin. Die folgenden Spreeblick-Zeilen wurden vor dieser Stellungnahme verfasst.
UPDATE 2 BildBlog verweist auf die nicht unwichtige Tatsache, dass es die Kolumne auch in einer ausführlicheren Version gibt, die etwas anders klingt.
Liebes Westfalen-Blatt,
am vergangenen Sonntag hatte die zu eurer Verlagsgruppe gehörende Sonntagszeitung „OWL am Sonntag“ unter dem Titel „Unsere Töchter schützen“ diese Ratgeber-Kolumne der Diplom-Psychologin Barbara Eggert veröffentlicht, die für ganz hübschen Wirbel in den sozialen Medien sorgte. Und zwar zurecht.
So weit, so ungut.
Nun hat aber euer Redaktionsleiter Ulrich Windolph heute eine Stellungnahme veröffentlicht, die an Schwurbeligkeit und Rumgewinde kaum zu übertreffen ist und welche die Sache meiner Meinung nach noch peinlicher macht, als sie ohnehin schon war.
Ganz abgesehen davon, dass ich die Echtheit solcher „Leserbriefe“ anzweifle (ich siedle solche Kolumnen bei den Horoskopen an, halte sie also für Content, den Publikationen sich ausdenken, um der Meinung und den Wünschen ihrer Zielgruppe zu entsprechen und Layout-Lücken zu füllen), glaube ich nämlich, dass die verantwortliche Redaktion und Frau Eggert, die es als Psychologin eigentlich besser wissen müsste, den gleichen eklatanten Fehler machen:
In der Kolumne wird von dem „Thema Sexualität“ geschrieben, in der Stellungnahme davon, „dass den beiden Töchtern des Ratsuchenden bisher jegliche Aufklärung über Homosexualität fehlt“.
Vielleicht wäre dem verzweifelten Bernhard und allen anderen Leserinnen und Lesern viel mehr geholfen worden, wenn man in der Kolumne und der Stellungnahme klargestellt hätte: Es geht hier nur in den Redaktions-, Psychologinnen- und Leserbriefausdenker-Köpfen um (Homo)Sexualität. Nicht in denen der Kinder.
Den beiden Töchtern von Bernhard würde man nämlich auf einer Hetero-Hochzeit nicht erklären müssen, welche Vorlieben das Ehepaar im Bett hat, und daher geht es auch bei einer schwulen Hochzeit nicht um die Sexualität des Paares.
Sondern es geht um zwei Menschen, die sich lieben. Was zu verstehen jedem Kind in jedem Alter problemlos gelingt, und dabei braucht man Sexualität nicht ein einziges Mal zu erwähnen und auch keine großartige Aufklärung zu betreiben. Außer der, dass es ein Fest gibt, wenn zwei sich Liebende beschließen, für immer beieinander zu bleiben. Kinder mögen Hochzeiten. Egal, wer da wen heiratet und wer wen küsst.
Und lieber Bernhard, es wird in den nächsten Jahren sicher sehr schwierig sein, deinen Töchtern zu erklären, warum sich Menschen gegenseitig abschlachten, warum sie Kriege führen oder warum sie für Geld Dinge tun, die sie nicht tun wollen.
Ich kann daher nur dazu raten, mit den einfachen Dingen anzufangen und ihnen zu sagen, wie toll und wichtig es ist, wenn sich Menschen lieben.