Im Frühjahr hatte ich im Rahmen eines Interviews für das Uncle Sally*s-Magazin ein langes und spannendes Gespräch mit drei Vierteln von Blackmail, dem der letztlich resultierende Artikel auf 2000 Zeichen natürlich nicht annähernd gerecht werden konnte. Open Spreeblick erscheint mir da eine gute Gelegenheit, ein paar interessante Passagen doch noch irgendwie verwenden zu können.
Hier also ein paar O-Töne von Gitarrist Kurt Ebelhäuser, seinem Bass spielenden Bruder Carlos und Band-Frischling Mathias Reetz (Gesang, Gitarre), mitgeschnitten in Kurts Auto auf einem Parkplatz in Spandau.
Frage an Kurt und Carlos: Wie ist es, mit seinem Bruder in der Band zu spielen? Es gibt viele Beispiele, bei denen das gut klappt, aber man sieht z.B. auch an Oasis, dass das auch eher mal kracht.
Kurt: Ich find’s super. Ich hab ja auch den Vergleich mit Scumbucket, wo Carlos nicht dabei ist, bzw. nur aushilfsweise. Und hier ist das so: mein Bruder ist da, das ist so ein Stück Zuhause, und wir verstehen uns gut. Und natürlich streiten wir uns auch, und dann hört sich das auch anders an, als wenn wir uns streiten würden (nickt zu Mathias), aber du kannst das nicht vergleichen mit Oasis. Ich glaube auch, das ist eine Erziehungssache. Wenn deine Eltern dir Respekt gegenüber deinen Mitmenschen beibringen, passiert so ein Kack nicht wie bei Oasis.
Wie hat sich denn eure Begeisterung für Musik in der Kindheit entwickelt und wer hat angefangen, Gitarre zu spielen?
Kurt: Eigentlich hat der Carlos angefangen. Der hat sich Gitarre beibringen lassen, und da war ich eifersüchtig und hab einen mitgebracht, der noch besser spielen konnte als sein Lehrer, der hat dann mir Gitarre beigebracht.
Es gab also schon eine gewisse Konkurrenz zwischen Euch?
Kurt: Ja ja, am Anfang haben wir viel konkurriert, aber musikalisch halt. Manchmal war das so, dass wir uns richtig schwere Jazz-Stücke rausgesucht haben, so eine Live-Aufnahme von Jaco Pastorius mit ultraschwierigen Jazz-Läufen. Da hatte dann jeder seine Kassette und ist in seinem Zimmer verschwunden, um sich diese Läufe rauszuhören. Und wer als erster seinen Part dem anderen vorspielen konnte, war der absolute King. Sowas kickt einen ja auch.
Mittlerweile habt Ihr selber Kinder. Versucht Ihr aktiv, sie an die Musik heranzuführen?
Kurt: Die sollen das selber entdecken. Das ist eh am allerbesten.
Carlos: Seh ich auch so. Meine Tochter ist elf, die spielt seit einem Jahr Gitarre. Die ist Fan von Judith Holofernes. Natürlich hat sie mitbekommen, Papa ist oft auf der Bühne und sie war auch oft mit im Studio, da kam der Wunsch von ganz alleine. Dann bring ich ihr natürlich ein paar Gitarrengriffe bei. Dann hören die Kinder aber auch mal wieder ein halbes Jahr auf, und dann merkt man eh erst mit 12 oder 13, ob sie es ernst meinen. Ich will da in jedem Fall keinen Druck machen.
Kurt: Für mich war das damals auch was Geheimnisvolles, Musik zu entdecken. Seitens meiner Mutter und meines Vaters gab’s das Musikmachen ja gar nicht. Deswegen war das so weit weg, und insofern war das so geheimnisvoll, auf der Gitarre nen A-Moll greifen zu können – das war ein Universum, das du selbst entdeckt hast. Wenn du Kinder hast, die in diesem Universum eh mit groß werden, die haben’s da schwerer, dieses Geheimnis zu finden. Aber die sollen das wirklich selbst entscheiden.
Ihr schickt sie also nicht zum Unterricht?
Kurt: Keiner von uns hat je Unterricht genossen, braucht auch nicht, wenn man den Ehrgeiz hat, eigene Sachen zu machen.
Zum Vergleich: Michael Fritsche, der Schlagzeuger von Scumbucket, hat fünf Kinder. Natürlich hat er denen ein Schlagzeug hingestellt. Sein Zweitältester hat mal angefangen und wieder aufgehört. Aber dafür hat er jetzt für sich das E-Piano entdeckt und spielt täglich drei Stunden. Da hat er das Geheimnis der Musik für sich selbst entdeckt, Michael konnte ihm da nix beibringen.
Mathias: Ich finde auch, das muss vom Kind selbst kommen, triezen bringt nichts. Generell lernt man auch über die Musik hinaus, viele elementare Sachen. Ich muss Disziplin lernen, ich lerne Ziele zu verfolgen und ich lerne, etwas zu erreichen.
Sicher, gerade im Zusammenspiel mit anderen.
Mathias: Sicher, das ist dann die Königsklasse. Da muss man dann sich auf andere einstellen, lernt, sich zu arrangieren und Beziehungen einzugehen.
Kurt: Das ist großartig. Und wenn dann dieser Wettbewerb untereinander herrscht, ein gesunder Wettbewerb, wie damals zwischen Carlos und mir und Mario (Matthias, Blackmail-Schlagzeuger, Anm.), dann kommt man auch weiter.