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Dieser Artikel ist ein Leserbeitrag im Rahmen der Open-Spreeblick-Aktion.

Die Kritik der Kri-Tiger oder warum Kritiker unglücklich sind

Von allen Landschaften dieser Welt ist der Literaturdschungel eine der schönsten. Wild wachsen ungeordnete Blätter durcheinander und im Licht der untergehenden Wonne leuchtet auf ihnen die in Wörtern gebannte Sprache.

Doch tief verborgen, hinter dunklen Glossen, versteckt sich ein gnadenloses Raubtier des Literaturdschungels: Der Kri-Tiger. Nahezu lautlos schleicht er durch die Blätter der wildwüchsigen Literatur, um wie aus dem Nichts zu erscheinen und über sein wehrloses Opfer herzufallen. Ohne Gnade verreisst er mit Vorliebe die jungen, kleinen und noch nicht ausgewachsenen Autoren, da sie ihm ob ihrer Zartheit besonders munden. Nirgendwo sind sie vor dem Kri-Tiger sicher.

Aber im Grunde genommen ist der Kri-Tiger ein einsames Raubtier und damit zumeist unglücklich, denn die Gunst des Publikums und vor allem dessen Liebe bleiben ihm stets verwehrt. Selbst wenn er – wie es in seltenen Fällen beobachtet wurde – die Autoren umschmeichelt und liebkost, so wohnt in ihm doch der Zwang die seiner Ansicht nach ungeordneten Wörter zu züchtigen. Er ist und bleibt ein Raubtier, dessen Bestimmung es ist, zu verreissen. Nur wenige Exemplare können über ihr Schicksal hinauswachsen, sich zähmen und ein wachsender Teil des Literaturdschungels werden, denn sie gehören zu der dunklen Seite des großen Gleichgewichtes zwischen schreiben und beschrieben werden.

Grüße an alle Leser dieser Welt.

Björn Braune