Das fragen sich offensichtlich derzeit einige Unternehmen. Der Umsonstpostkarten-Vertrieb Edgar druckt Umsonstpostkarten mit der Aufschrift „Trust The Blogs“ (Aufschrei alle: „Es heißt DAS Blog, nicht THE Blog!“) und verweist auf der Rückseite auf seine eigene selbige, nämlich edgar.de.
Da findet man aber gar nix zum Thema Blogs. Der von Edgar ins Leben gerufene, dreiundsiebzigtausendste kostenlose (dafür fett mit Werbung zugedonnerte) Blog-Service namens „Edblogs“ ist nämlich hier. Da muss wohl ein Praktikant gehen. Aber egal, jeder will etwas abhaben von dem Kuchen, der laut Tagesspiegel von heute und morgen doch gar keiner ist.
Der Tagesspiegel nämlich, ehemals erträgliche Berliner Tageszeitung mit besten Aussichten auf einen der Spitzenplätze beim „Most boring publication“-Award 2005, beruhigt seine LeserInnen. Nicht damit, dass nur noch eine Handvoll guter Leute im Team übrig geblieben sind und das Blatt weiter stramm in Richtung „bessere Lesbarkeit“ (journalistisch für: „Belanglosigkeit“) marschiert, sondern mit dem Fazit des Artikels „Schnell ins Netz“ zum Thema London/Blogs:
Von ethischen journalistischen Standards ist die schnelle Welt des Internets aber weit entfernt. Niemand kann Angaben und Behauptungen überprüfen. Es ist auch der Voyeurismus nach authentischen Bildern von den Anschlägen, der hier noch schneller und besser bedient werden kann als durch die herkömmlichen Medien. Die sind langsamer und halten eher ethische Grenzen ein. Handy-Fotos und Handy-Videosequenzen aus der U-Bahn befanden sich schon kurz nach den Terror-Akten im Internet.
„… und in der Tagesschau.“, möchte man zu Recht addieren oder noch besser dieses Statement ob seiner Unhaltbarkeit Satz für Satz auseinander zupfen. Kann man aber auch sein lassen in der vermutlich völlig korrekten Annahme, dass der Autor Volker ter Haseborg von wem auch immer verpflichtet wurde, da noch mal schnell „irgendwas Kritisches“ drunter zu packen, denn genau so klingt das. Mal daran gedacht, dass die meisten Blogger evtl. gar keine Journalisten sind und vor allem gar keine sein wollen, Herr ter Haseborg? Und zwar manchmal sogar aus guten (oder auch schlechten) Gründen?
Dennoch werde ich nicht in den ganzen „Journalisten vs. Blogger“-Bullshit einstimmen, denn beide können voneinander viel lernen. Aber damit mache ich mich mal in einem anderen Artikel unbeliebt, dann macht das mehr Spaß.
Blöderweise schon wieder im Tagesspiegel beschäftigt sich in der morgigen Ausgabe Michael Geffken mit Blogs, nämlich mit ganzen 3. In Worten: Drei. Tres. Three. Trois. Es geht um Politik und die „Blogosphäre“, die sich Herr Geffken anhand einiger PolitikerInnen-Blogs reingepfiffen hat (musste schnell gehen: Wochenende). Und er stellt fest:
Die Chancen, in der Blogosphäre nachhaltige Erkenntnisgewinne zu erzielen, sind also noch suboptimal. Vorerst sollten interessierte Wähler aus Büdelsdorf oder Kleinmachnow weiterhin Ausschau nach den Wahlkampf-Ständen der Parteien halten.
Bevor in einem möglichen nächsten Tagesspiegel-Artikel jetzt der Tipp kommt, dass man lieber zum Fleischer gehen sollte um sich über vegetarische Ernährung zu informieren, gebe ich lieber auch einen wohlgemeinten Ratschlag:
Ach nee. Mach ich doch nicht. Wäre ethisch nicht vertretbar. Selbst für ein Blog nicht.
Insbesondere: „ž… halten eher ethische Grenzen ein.“ Seltsames Verständnis von Grenze.
Bei aller Sympathie für schnelle und subjektive Information finde ich allerdings, daß sich deutsche Blogs an einer Stelle mit den traditionellen Medien ähnlich sind: Der Anschlag in London erreicht höchste Aufmerksamkeit, während die fast täglichen Anschläge im Irak und der vom Wochenende in der Türkei untergehen.
Damit meine ich nicht die Blogs direkt aus London; daß der Anschlag für die viel mehr Relevanz hat, ist klar. Aber sind auch die Reaktionen der deutschen Blogs und der Massenmedien von ähnlichen Motiven getrieben: die Situation in London ist mit der unsrigen viel vergleichbarer als die in der Türkei oder im Irak. Ist nur irnkwie tragisch, daß es andere Ereignisse kaum über unsere Wahrnehmungsschwelle schaffen.
Aber sind auch die Reaktionen der deutschen Blogs und der Massenmedien
^ Ich kaufe ein „vielleicht“
Dazu auch interessant:
http://www.nzz.ch/2005/07/08/em/articleCXNA1.html
http://www.nzz.ch/2005/07/08/em/articleCYC57.html
Wer »suboptimal« schreibt, schreibt suboptimal. Kein Wunder, und dazu wohl noch aus dem journalistischen Besenwagen.
Ich möchte mal wissen woher die Panik kommt, dass in Blogs so gelogen würde, dass es gefährliche Konsequenzen hat. Wenn meine Nachbarin mir erzählt, was der Typ von gegenüber gesagt hat, dann weiß ich doch wie ich das einzuordnen habe.
Und die deutsche Abmahnpraxis tut ihr übriges um Kritisches für die Wirtschaft mundtot zu machen.
Zudem ich von besonders wirksamen und relevanten „Investitgativ-Blogging“ bisher auch noch nichts gehört habe. Was auch relativ schwierig ist, denn wer sollte einem schon was brisantes erzählen, nur weil es auf einer Website mit obskuren Namen erscheint? Und dann, weil zu kompliziert und ernst geschrieben, nicht durch die Blogosphäre geht? Dann doch lieber Herrn Leyendecker anrufen.
Wenn die Zeitungen schlau wären, dann würden sie den eigentlich beklagen durchs flutenden Senfstau ja nutzen, indem sie ihren Lesern eine Kommentarmöglichkeit für ihre online gestellten Print-Artikel geben würden. Aber diese Möglichkeit haben sie trotz jahrelanger Praxis bei heise.de ja kaum erkannt odeo ignoriert. Und jetzt kommen sie aus der selbstgewählten Arroganzecke nicht mehr raus und keifen von dort aus.
Und das augerechnet beim Spreeblick.
Wieso, sind Peter Hartz, Laurenz Meyer, Ulrike Flach oder Helmut Kohl über Johnny gestolpert?
Nee — aber Jamba hat sich ziemlich unbeliebt gemacht. Wer ist einklich Ulrike Flach?
Ja, aber die Jamba-Methode mit dem Abo war ja kein Geschäftsgeheimnis, die Firma hat es nur nicht laut gesagt wie der Hase läuft.
Ulrike Flach war/ist eine FDP-MdB, die im Rahmen der „Nebentätigkeiten-Affaire „erwischt“ wurde, weil sie längere Zeit bei – nach meinem Wissen – unklarer Arbeitsleistung ein Gehalt von ihrem früheren Arbeitgeber Siemens bezogen haben soll.
Irgendwie klingt mir das alles wie der typische Neid unter Kleinkindern im Sandkasten. Blöggerchen hat das Akualitäts-Schäufelchen und Zeitüngchen will es unbedingt haben und rennt gleich heulend zur Mama oder ärgert und motzt, dass sich die Balken biegen. Dass dabei nix anständiges ‚rumkommt, ist klar. Ich geb‘ auf so ein Gekeife jedenfalls keinen Deut mehr – wer ernsthaft glaubt, dass ein unausgebildeter Laie sofort als Journalist gelten kann, nur weil er mal eben aktuell vom Schauplatz des Geschehens berichtet, der ist für mich sowieso irgendwo verloren. Blogger sind (in der Regel) keine Journalisten – ich zumindest sehe mich nicht als Solchen…