Worin ist jede/r besser als jede/r andere? Was macht eine gute Beziehung aus? Wie heißt dieser ominöse Funke, der überspringen soll? Was führt zu dem Moment, in dem eine Person vom Bekannten zum Freund wird, eine Freundin zur großen Liebe? Wie nennt man den feinen Unterschied zwischen „sich ernst nehmen“ und „sich zu ernst nehmen“? Was funktioniert als universelle Sprache weltweit ohne Worte und trennt dennoch Kulturen?
Richtig. Die Antwort lautet:
Humor.
Der neue Saufkumpan säuft demnächst wieder alleine, wenn unsere Witze nach zwölf Bier (jeder!) nicht das gleiche niedrige Niveau erreichen. Du hättest dich nicht in sie verliebt, hätte sie damals nicht wie du die Augen verdreht, als sich alle anderen vor Lachen bogen. Und beim verbalen Austausch der Lieblingsfilme mit dem neuen Kollegen am Nebentisch geht es einzig darum, seine Belastbarkeit in Sachen Humor abzuklären, bevor er der Grund für dein vorzeitiges Verlassen der Firma wird. Nur weil er den mit Diana Ross und David Letterman rassistisch fand.
Wie gut kann der Sex sein damit ihr für Jahre zusammenbleibt, obwohl sie an den falschen Stellen von „Apokalypse Now“ lacht?
Humor verbindet. Und Humor trennt.
Die phänomenalsten kulturellen Humorunterschiede habe ich in Radio-Interviews mit finnischen Bands kennengelernt. Die Gespräche mit Melrose (hier gibt’s ein Flash-Video) oder den Leningrad Cowboys hätten absurder nicht sein können. Sobald ich etwas Nettes, Scherzhaftes gesagt hatte, dessen stimmungsfördernden Effekts ich sicher war, schauten sich die Bandmitglieder fragend an. Sobald diese aber nach einem Satz aus ihren Mündern vor Lachen nicht mehr reden konnten, bemühte ich mich darum, den Witz zu entdecken. Abschließend bedankten sich die Bands bei mir für das großartige Gespräch und ich mich bei ihnen für die wunderbaren Platten und wir umarmten uns in ewiger Verbundenheit.
Die erwähnten Interviews bekamen dadurch wenigstens eine ebenso skurrile und eigene Humordynamik wie Konzerte von Eläkeläiset (again: Finnen), in denen zumindest in Deutschland Band und Publikum ebenfalls an komplett unterschiedlichen Stellen lachen, aber wenigstens alle so dermaßen betrunken sind, dass es niemandem auffällt.
Humor ist nicht wertbar (und schon gar nicht, wenn man trotzdem lacht), es gibt keinen guten oder schlechten Humor. Es gibt immer nur meinen und deinen. Wenn sie deckungsgleich sind, funktioniert alles andere beinahe von allein. Und wenn nicht? Dann nicht.
Denn Humor, und hier liegt gleichzeitig sein größtes Manko und sein größter Trumpf, kann man nicht erklären. Er bleibt ein Geheimnis.
Danke Johnny,
jetzt versteh ich endlich, warum mein finnischer Brieffreund mir damals die langjährige (Brief-)Freundschaft aufgekündigt hat, nachdem ich mir ein paar augenzwinkernde Bemerkungen zur Ulkigkeit der finnischen Sprache nicht verkneifen konnte….
Dabei dachte ich immer, das einzige was Finnen mit uns verbindet sind die Handies…connecting people(s) ;)
Ich fahre die letzten beiden Augustwochen nach Finnland. Hab mit Finnen immer nur prima Erfahrungen gemacht, was den Humor angeht. Wenn das mal kein schlechtes Zeichen ist.
hat jetzt nichts mit finnen zu tun,
aber als „lost in translation“ hier in amerika im kino lief, hab ich mich zum unverstaendnis meiner sitznachbarn voellig beeimert.
man koennte auch sagen, ich entging nur knapp einer eigenurinbehandlung.
der humor des streifens ging am eigentlichen zielpublikum vollkommen vorbei, schlug aber in europa ein wie eine bombe.
vielleicht ist der film einfach zu philosophisch (fuer amerikaner).
hat jetzt doch was mit finnen zu tun:
ich war mal in vaasa. das liegt im westen finnlands. am flughafen waren es 27 grad minus. die strassen dick vereist.
der taxifahrer fand es lustig, dass ich es nicht lustig fand, wie er mit 160 durch die finnische nacht in die stadt bretterte. er sagte immer nur lachend „new mercedes benz“ und zeigte auf das armaturenbrett.
er lachte so sehr, dass ihm die asche seiner zigarette aufs hosenbein fiel und er sich nach unten beugen musste, um den schaden an seiner proletenhose zu begutachten.
neben dem tacho flackerte das rote abs symbol.
Ähm. Moment. Bin jetzt leicht verwirrt. „Lost in Translation“ war „für Amerikaner zu philosophisch“, aber trotzdem/oder deswegen lustig?! Tut mir leid, ich bin alles andere als amerikanisch, aber echte Lacher gab es in dem Film wirklich nicht. Vielleicht habe ich ihn auch etwas zu ernst genommen, keine Ahnung …
@ michael,
ich hab ‚Lost in Translation‘ in England gesehen und hab die Situation in Punkto Humor ähnlich erlebt wie Du. Meine Theorie dazu ist eher, dass diejenigen, die auch mal in der Fremde waren, sich in vielen Situationen wiederfinden und das dann oftmals komisch ist, während der Rest über andere Dinge oder eben gar nicht lacht. Ein Daheimgebliebener, mit dem ich in Punkto Humor eigentlich auf einer Wellenlänge liege, fand den Film nämlich auch nicht so besonders komisch.
Es gibt Menschen, die können über jeden Scheiß auf der Kinoleinwand lachen – wo wir uns nur fragend (und oft auch genervt) angucken. Dann stellt man sich hin und wieder doch die Frage: „Bäääh, bin ich vielleicht doch depressiv? Muss ich zum Arzt oder die anderen?“ Erschreckend sind dann diejenigen, die eine Situation gar nicht begreifen, gar über traurige Ereignisse kurz lachen – einfach nur des Lachens wegen. Schade, wenn dann erst zu spät bemerkt wird, dass die Rückendeckung Gesellschaft gar nicht mehr antreibt.
Ganz schlimm ist die Art von Mensch, meistens weiblich, die auch bei kleinstem Humor lauthals loslacht, nur um nach der benötigten Aufmerksamkeit im Kinosaal zu lechzen. Gelacht wird dann schon meist vorher, bevor die Pointe überhaupt über die Lautsprecher-Membrane gesurfed kommt. Oft wird das Lachen auch abrupt gestoppt wenn doch nicht der erwartete Witz folgte, um dann auf dem nächsten Zug schallenden Gelächters der Menge umso lauter mitzufahren.
@ quertzwerker
fuer amerikaner nicht lustig, eben weil zu philosophisch. und weil zu indirekt in der message. amerikaner moegen (brauchen) es frontal, ohne umschweife. bumm…tot…hahaha
vielleicht liegt es wirklich an mir, aber ich erachte „lost in translation“ als einen der philosophischsten filme der letzten jahre.
allerdings zaehlt mein psychologischer persoenlichkeitstyp auch nicht zu den am weitest verbreiteten (1% der gesellschaft).
wen es interessiert, mal bei google „INTJ“ eingeben und nachlesen, was da ueber superkuscheltypen wie mich steht.
hier nur so viel: ich bruelle marathonlaeufer kurz vor der ziellinie an. sie sollen sich gefaelligst nicht so haengen lassen.
Hahaha. Not bad!
Als ich LiT gesehen habe, kam mir Philosophie eigentlich überhaupt nicht in den Sinn. Hm. Aber ich bin durch meine abertausende David Lynch-Odyssee-2001-Zarathustra-Nächte eh nur noch auf Hardcore-Philosophie gedrillt. Kann ich nur empfehlen.
Meinste die Marathonläufer hören dich?
mein humor ist ok, dein humor ist ok. alles klar?! :)
@Michael: Der Humor gefällt mir,
nur du scheinst nicht wirklich von dir überzeugt.
Hab ich recht? ;-)
@ julian
au weia, du hast mich durchschaut (hier bitte teenage chatlingo emotionswort nach eigener wahl einfuegen)
eine kleine auswahl fuer unentschlossene: *schluchz* *heul* *kreisch* *cryinhisheartout* *ichbringmichum* *seeleaufdenbodenpiss*
ein so wahrer text. schön.
ich habe noch keinen finnen kennengelernt, aber davon abgesehen, entscheidet bei mir sehr oft die art des mir gegenüberlachenden humors über die (geheime, interne) plazierung des humorinhabers auf der liebhabskala.
interessant finde ich allerdings menschen, die keine ironie verstehen und mir auf meine mitunter mit spitzer zunge geformten äußerungen völlig ernsthafte antworten liefern. das bringt mich total raus…und ich find’s selbst nicht mehr so brüllend.
ach ja: @ michael — ’seeleaufdenbodenpiss‘ ist gar großartig, danke!
ja eben,
humor ist doch ein fuer sich existierendes gebilde. dafuer kann man sich doch nicht von einer seite loben und der anderen schelten lassen. es ist einfach was es ist.
jeder darf seine eigene meinung haben, aber verurteilungen fuer deplazierten humor sind sinnlos, finde ich. ausserdem wird ja niemand zum lachen gezwungen.
das ist wie mit literaturkritiken. man kann sie nicht ernst nehmen, weder die hymnen noch die verisse. es ist beides quatsch, weil ja einer (der kritiker) fuer alle anderen sprechen will, aber doch nie koennen wird. trotzdem liest man sie immer wieder, die kritiken meine ich.
warum?
Gut! Stimmt, Humor verbindet.
Mein ultimativer Test ist „Big Lebowski“. Wenn die Dame des Herzens die running gags der Cohen Brothers versteht und nicht als Blödsinn abtut, kann ich mich auch verlieben.