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Fazit. Fazit? Fazit!

Ix war nachträglich nicht so begeistert (er musste aber auch das Singen noch ertragen, da war ich ja schon weg) und Don Dahlmann grübelt irgendwie hin und her. Nico hat Fotos.

Und ich?

Mein Papa war SPD-Mann, das muss man wissen, wenn man mich über die SPD schwadronieren liest. Nie Mitglied (glaube ich), aber immer auf ihrer Seite. Er war Heizungsbauer, später Was-weiß-ich bei Schering. Ein klassischer Arbeiter, als der er sich der SPD immer näher fühlte als der CDU. Und womit? Mit Recht.

Später hat er auch mal die Grünen gewählt, was ich cool fand, den ich hielt es für ein Zeichen von Flexibilität und tatsächlichem polititischen Interesse. Vielleicht war es aber auch eine „Protestwahl“.

Die SPD von heute ist, das wissen wir alle, nicht mehr die SPD der Generation meines Vaters, logo. Trotzdem fand ich es spannend zu sehen, dass die SPD beim heutigen Parteitag zu vielen Themen eine klare sozialdemokratische (dass ich das nochmal tippe…) Stellung bezogen hat, die auch meinem Vater gefallen hätte. Und mir gefällt. Es gab so gut wie keine angesprochene Zielvorgabe, kaum Meinungen, wenige Aussagen, die ich nicht geteilt hätte. Wenn sie denn, und da sind wir beim eigentlichen Problem der SPD und aller anderen Parteien, ernst genommen werden können und in ganzem Umfang dort ankommen, wo sie ankommen sollen. Bei den WählerInnen.

Es geht nicht um die schwachsinnige Erwartung von Perfektion in der Rede von Schröder, wenn man anmerkt, wie oft er sich versprochen hat und wie bemüht sachlich er in der ersten Hälfte wirkte. Es geht nicht darum, einen (jeden) Parteitag zu geißeln, der schon in seiner Natur nichts anderes als eine Party (diesmal: pun intended!) für die ohnehin Konvertierten ist.

Sondern es geht um die Frage, ob das, was heute inhaltlich rübergekommen und von den Anwesenden gefeiert wurde, erstens von den WählerInnen tatsächlich mit der SPD verbunden wird und ob diese WählerInnen dann zweitens solch eine SPD auch wählen wollen. In einer perfekten Welt ist die SPD inhaltlich so, wie sich heute gegeben hat. Und in der real existierenden gibt es für diese SPD vielleicht keine Mehrheit mehr.

Denn der Mehrheit (das ist eine fast zynische oder mindestens resignierende Feststellung, für die ich mich morgen hoffentlich schäme) sind Sprit-Preise wichtiger als die Umwelt der nächsten Jahre, Versprechungen von irgendwie mehr Geld auf dem Konto angenehmer als langfristig wirkende Reformen, die den kommenden Generationen nützen, und die süße Lüge immer lieber als die harte Wahrheit.

Hat die SPD der letzten Jahre vielleicht nur ob der (nicht eingehaltenen, da von Anfang an utopischen und daher gefährlich überheblichen) Versprechungen neuer Arbeitsplätze die Stimmen bekommen, die sie hatte? Wurden die Ankündigungen von Reformen, die nicht immer schmerzlos sein würden, einfach überhört? Dann hat die SPD sich heute in die Opposition torpediert. Was (ich glaube, da würde mein Vater mir zustimmen) immer noch besser wäre als weitere Missverständnis-Stimmen. Denn wer heute dabei war und die SPD wählen wird, kann hinterher nicht behaupten, er hätte das alles anders verstanden.

Dies hier ist ein Blog. Von meistens einer Person verfasst. Keine Redaktion, keine Sitzungen, keine Absprachen mit Anderen, kein Druck von Anzeigenkunden. Pure, individuelle Eindrücke, auf die ihr genauso viel oder wenig geben könnt, wie auf ein mitgehörtes Gespräch in einer Kneipe.

Having said that (und falls es jemanden interessiert) kann ich sagen, dass meine Wahl derzeit noch immer zwischen den Grünen und der SPD schwankt. Dass ich mich noch nicht klar für die Grünen entschieden habe, das darf die SPD auch ihrem heutigen Parteitag zuschreiben.

Demnächst: Viele Worte zu jeder einzelnen Partei. Aus meiner Sicht. Aus welcher auch sonst.

(Lesetipp: Der SpOn-Artikel (!) gibt den Tag gut wieder, wir waren scheinbar auf der gleichen Veranstaltung)

10 Kommentare

  1. 01

    Das war wohl das anschaulichste zu einem Parteitag was ich bisher gelesen hab. Danke. :)

  2. 02

    „Es gab so gut wie keine angesprochene Zielvorgabe, kaum Meinungen, wenige Aussagen, die ich nicht geteilt hätte.“

    Ging mir zumindest ähnlich… aber war die Diskrepanz zwischen der Rede und der real durchgeführten Politik nicht riesig? Reformen schön und gut, aber die Rede ging an den ‚kleinen Mann‘. An die _eigentliche_ Zielgruppe der ‚alten‘ SPD. An die, für die, meiner Meinung nach, durch die SPD in den Regierungsjahren am wenigsten Politik betrieben hat. Die Schere zwischen arm und reich ist größer als je zuvor. Die Umverteilung von oben nach unten, wie sie ja gestern fast proklamiert wurde, wurde in den letzten Jahren umgekehrt vollführt.
    Wenn die SPD so wäre, wie sie Schröder gestern präsentierte, wäre die momentane Politik eine andere und evtl wäre es dann sogar eine Wahloption. Aber mir fällt es nach 7 Jahren SPD-Regierungspolitk sehr schwer auch nur ein Wort dieser Rede für bare Münze zu nehmen. Meine Meinung, ne?!

    Johnny, mal Wahl-o-mat gemacht?
    Der hier ist auch gut:
    http://www.surfpoeten.de/wahlhilfe/

  3. 03

    Danke. Starker Text. Noch zwei davon und ich gehe doch noch wählen.

    Das mit den Spritpreisen war allerdings auch Schröders Argumentation, als er die zweite (oder war’s die dritte?) Stufe der Ökosteuer abgeblasen hat.

  4. 04
    gero@burningheart.com

    was ich überhaupt nicht verstehen kann, wie es die CDU irgendwie in den letzten Monaten geschafft hat es, sich als Arbeiterpartei in den Köpfen zu verankern. Nichts ist weiter von der Realität entfernt. Für die Arbeiter in meiner Familie galt immer, man mass zwei Dinge im Leben: sterben und links wählen… auch wenn das sehr verblendet klingt. für mich würde NIE in frage kommen, die CDU oder die FDP zu wählen und dafür reicht mir nur ein Grund:

    Ich kann mich sehr gut erinnern, was für Typen in meiner Schulzeit bei der Jungen Union oder den Jungen Liberalen Mirglied waren – und sorry, die wollten nicht in die Politik, weil sie die Welt verbessern wollten, oder wenigstens ein (bei linken natürlich oft schwammiges) Bild von Gerechtigkeit hatten. Die Typen sind schon mit 15 mit Anzug und Aktenkoffer in die Schule gekommen und waren der NPD politisch näher als den Grünen….und das reicht für mich.

    Das Junge Linke (ob Anarchisten, Kommunisten, Jusos oder Junge Umweltbewegte Grüne oder was auch immer, in der Politik oder mit dem Alter oft in ihrer Radikalität nachlassen und Zugeständnisse an die Realität machen (ich nehm mich da nicht aus) und vielleicht auch viele linke Utopien und Ideale ihrer Jugend über Bord werden, ist auf einer Seite schade – auf der anderen Seite, dass was ich von einer Partei erwarte! man muss ein Land regieren und in dem leben nun mal nicht Leute, die von einer (überzogenes Beispiel) marxistischen Gesellschaft träumen.

    Ich werde in diesem Jahr zum ersten mal in meinem Leben wahrscheinlich zum ersten mal SPD wählen (vorher Grün). Wenn beides gehen würde, würde ich beide wähöen. Und das nicht, weil mir der Schily zb so symphatisch wäre..sondern weil ich für dieses Land keine Alternative sehe als Leeute an der Spitze, die über alle Realpolitik hoffentlich den Menschen nicht vergessen haben. Und aus irgendeinem Grund hoffe ich, dass das bei den Grünen und der SPD, schon aus den Gründen der Sozialisation ihrer Mitglieder und Führungspersonen (siehe Anfang dieses Textes) eher gegeben ist, als bei allen anderen.

    Warum Gysi sich mit dem Penner Lafontaine zusammengetan hat um dieses Blendobjekt Linkspartei zu formieren, verstehe wer will. Ich nehme jemandem der in der Bildzeitung Kolumnen schreibt nur um sich an vorhergehenden Partners zu rächen, einfach nicht ernst!

    genug geschwafelt. Wenn wir erstmal ne große koalition haben, werde ich wahrscheinlich eh wieder SPD hasser! ;))

  5. 05
    gero

    ich möchte mich noch kurz für die, der eile geschuldeten, rechtschreib und grammatikfehler entschuldigen…

  6. 06
    erstwähler

    ich frage mich bloß – jenseits von den Parteiprogrammen – was eine neugewählte SPD an der Blockadesituation zwischen Bundestag und Bundesrat ändern soll? Und was die SPD zur Aufgabe bewogen hat wenn doch alles so toll war? Und an Aussagen wie „wenn wir erstmal gewonnen haben kann die CDU gar nicht mehr anders als unsere Gesetze durchwinken..“ glaube ich nicht!

  7. 07

    „Und womit? Mit Recht.“

    Was bedeutet das? Jörg Kantel schleift diese Phrase auch immer bis zur Unkenntlichkeit. Aber was soll sie bedeuten? Und vor allem: Was bedeutet sie in diesem Zusammenhang. Das es „Recht“ war/ist in der SPD zu sein? Das es „sein Recht“ war in der SPD zu sein, das es allgemein richtig ist in der SPD zu sein (und eben nicht in der „Schweinepartei“, wie Wolfgang Niedecken sie nennt)?

    Mir scheint der Satz ziemlich Sinnfrei. Das ist grundsätzlich ja nicht schlecht, aber an dieser Stelle eher unüblich.

    „Es geht nicht um die schwachsinnige Erwartung von Perfektion in der Rede von Schröder, wenn man anmerkt,“

    Diese Anmerkung Hätte Frau Merkel auch gerne gehört. Ihre Versprecher waren sogar in den Nachrichten: Jede Stunde, den ganzen Tag.

    Meine Theorie die SPD ist eine Religion und nicht eine Partei, wird besonders von SPD-Parteitagsbloggern gefestigt. Auch die Kommentare lassen häufig Abstand vermissen. Geht es um die SPD wird alle sonst deutlich erkennbare Vernunft und Weitblick getrübt. Gutes Beispiel: Lieber Rot als Tod. In anderem Zusammenhang und mit anderen Worten gesprochen wird so eine Aussage von jedem hier anwesenden in der Luft zerpflückt. In Bezug auf die SPD hat der Spruch was heimeliges. Irgendwie irre, das.

  8. 08

    @gero: „Die Typen sind schon mit 15 mit Anzug und Aktenkoffer in die Schule gekommen und waren der NPD politisch näher als den Grünen“¦.und das reicht für mich.“

    Danke, treffende Zusammenfassung, das – kommt meinen Gedanken damals recht nahe. Und dabei waren sie noch nichtmal „coole“ Nerds. Sondern nur Nerds. ;)

    My two cents: alle Parteien derzeit (leider inklusive der Grünen) werden zu massiv von Lobbyisten wie der INSM unterwandert. Durch die SPD scheint zumindest in der Aussendarstellung (vielleicht auch bedingt durch die Linkspartei?) ein Ruck zurück zur echten Sozialdemokratie zu gehen. Ich hoffe, dass sie den durchhalten

  9. 09

    Die wirklich gute, unterhaltsame, aber auch angriffslustige Schöder-Rede mit dem nötigen Ernst gibt es komplett im SPD-Podcast:
    http://www.spd-podcast.de

  10. 10

    Der arme Gerd: „Schröder“, I´d say..