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Teilerfolg für die Sammelklage gegen die Vorratsdatenspeicherung

Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschränkung der Nutzung der im Zuge der Vorratsdatenspeicherung erfassten Verkehrsdaten um weitere sechs Monate verlängert und hat damit Teile des neuen bayerischen Polizeiaufgaben- sowie des Verfassungsschutzgesetzes einmal mehr obsolet werden lassen. Ich habe mich ja mittlerweile daran gewöhnt, dass Karlsruhe in erschreckender Regelmäßigkeit die Gesetzgebung zurückpfeifen muss. Immerhin einer, der seinen Job macht.

15 Kommentare

  1. 01
    Hendrik

    traurig das es so laufen muss, aber beruhigend das zumindest das funktioniert…

  2. 02
    Renne

    Tja, toll. Aber dann sollte man das auch erwähnen, ging wohl in der Obama-Euphorie unter:

    Weg frei für bundesweite heimliche Online-Durchsuchungen, 05.11.2008 21:23

    http://www.heise.de/newsticker/Weg-frei-fuer-bundesweite-heimliche-Online-Durchsuchungen–/meldung/118475

    Technische Umsetzbarkeit und wat weiß ich lass ich mal außen vor….

    renne

  3. 03

    Zum Ausgleich wird diese Woche die Online-Durchsuchung durchgewunken.

  4. 04

    Ich bin immer wieder erschrocken, wie man Gesetze machen kann, ohne die potenziellen Auswirkungen auch im Ansatz zu verstehen.

  5. 05

    Das neue Anti-Pr0n-Gesetz wäre noch zu erwähnen:
    http://www.heise.de/newsticker/Strafgesetzbuch-kennt-ab-morgen-den-Begriff-Jugendpornographie–/meldung/118381
    Ging im Obama-Wahn auch völlig unter.

  6. 06
    archeophyt

    Schön, dass es das Bundesverfassungsgericht gibt und traurig, dass der Gesetzgeber in Datenschutzfragen nach dem Motto agiert „Ich mache was ich will und dann schaue ich, was Karlsruhe sagt (und setze mich im Zweifelsfall darüber hinweg)“

  7. 07
    Chr

    @#696437: & @#696438:

    Na ja, zumindest bestehen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht für eine Online-Durchsuchung vergleichsweise hohe Hürden.

    Eine Durchsuchung sei demnach verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.(Leitsatz unter 2.).

    Ob das BKA-Gesetz diesen Anforderungen entspricht, wird man sehen müssen. Ich hab’s mir, ehrlich gesagt, noch gar nicht angeschaut…

    Man darf aber wohl berechtigterweise hoffen, dass die Online-Durchsuchung nicht so extensiv Anwendung finden wird wie bspw. die TKÜ – soweit sich diese ominöse Durchsuchung technisch überhaupt so realisieren lässt, wie sich der Gesetzgeber das offenbar vorstellt. Aber mit der Rechtspraxis ist das ohnehin so eine Geschichte…

    @#696458: Das ist echt komplett untergegangen!! Die Regelungen des neuen § 184c StGB hab ich mir auch noch nicht genauer angeschaut. Bei Telepolis klingt das alles ausgesprochen gruselig, aber eben auch so, dass diesbezüglich das letzte Wort noch nicht gesprochen scheint. Das Bundesverfassungsgericht mal wieder als Rettungsanker?

    Der Tatbestand klingt derart weit, dass man daran zweifeln kann, ob er in dieser Ausgestaltung lange Bestand haben wird. Zwingend erforderlich wird wohl sein, ihn extrem restriktiv auszulegen.

    Die Frage ist auch, ob Moralvorstellungen allein und ohne ein hinzutretendes Rechtsgut ausreichen können, um strafrechtliche Sanktionen zu legitimieren. Mit Blick auf Sexualmoral und Strafrecht hatte ich persönlich schon bei dem sog. Inzest-§ geglaubt, das Bundesverfassungsgericht würde ihn endlich fressen. Was dann dabei herausgekommen ist, lässt beim Lesen Haupthaar ergrauen… Letztlich läuft alles auf eine eugenische Argumentation hinaus.

    Man muss Inzest ja beileibe nicht irgendwie befürworten. Läge mir fern. Aber gleich das Schwert des Strafrechts zu zücken, ist verfassungsrechtlich jedenfalls mehr als nur bedenklich.

    Sehr lesenswert ist diesbezüglich die abweichende Auffassung von Hassemer (Rn. 73ff), der beim Verfassen – zu Recht, wie ich finde – offenbar regelrecht Schaum vor’m Mund hatte.

    Bin ich jetzt eigentlich zu sehr vom Thema ab…?

  8. 08

    Den Inzest-Paragrafen kenne ich wiederum nicht. Und den oben verlinkten 184c hatte ich vorgestern beim täglichen Heiseflug entdeckt, bzw. die über 1100 Postings im Forum hatten mich aufmerksam gemacht. Das ist ansonsten gar nicht mein Thema. Allerdings zeigten die da einige Szenarien auf, die besonders im Hinblick auf das Überwachungsgebaren beängstigend wirken.
    Stell dir nur mal, du öffnest eine entsprechende Spam-Mail und irgendwas Grenzwertiges bleibt in deinem Cache hängen.

  9. 09
    sven

    was erwartest du von einem Staat, wo der Finanzminister sich per Weisung an die Finanzverwaltung, über Urteile des Bundesfinanzhofes hinwegsetzt.
    Der Staat ist der natürliche Feind des freien und mündigen Bürgers.

  10. 10
    Chr

    1100 Postings? Das klingt nach erhitzen Gemütern… Ich weiß‘ halt nicht, was an dem 184c dran ist. Ich hab die Diskussionen nur am Rande wahrgenommen. Ich erinnere aber, dass die zunächst gereizte Stimmung irgendwann kippte als es noch im Gesetzgebungsverfahren hieß, er werde umfangreich entschärft.

    eMail-Verkehr lässt sich ja auch schon ohne BKA-Gesetz vergleichsweise umfangreich überwachen. Wenn das Gesetz jetzt so in Kraft tritt, wie bei Telepolis dargestellt, fände ich vor allem beunruhigend, wie schnell die Inhalte bspw. einer Spam-Mail juristisch grenzwertig wären.

  11. 11
    Renne

    @Chr

    Ja, bei Heise geht’s wieder hoch her, nach circa 10 Minuten im Forum steigt man aus… oder Popcorn und Becks mitbringen.

    Das Problem bei der Online-Durchsuchung sind ja diese kleinen Klauseln, die das Überwachen auch _ohne_ richterliche Kontrolle erlauben.

    Bei SpOn heute:

    ‚Dass das BKA in dringenden Fällen zunächst ohne Richterbeschluss Computer anzapfen dürfe, stelle eine „eklatante Einschränkung der richterlichen Kontrolle“ dar.’….

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,588854,00.html

    Und wenn man es erstmal ‚darf‘, dann bekommt man hinterher wahrscheinlich beim Richter alles durch, wie soll der das denn noch kontrollieren was zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden war oder nicht.

    Jetzt wird das Gesetz so verklausuliert, daß man den Haken gar nicht mehr entdeckt, durchkommen wird’s trotzdem.

    Achso, zur Email: SMTP ist eben ein nahezu lächerliches Protokoll….;(

    renne

  12. 12

    Selbst mit richterlicher Kontrolle: die Richter unterschreiben ohnehin fast jeden Wisch, weil es entweder an Zeit oder Sachkenntnis mangelt. Oder an beidem.
    Dass das Gesetz letztendlich durchkommt, steht außer Frage. Hier kann man nachlesen, warum:
    http://www.lifegen.de/newsip/shownews.php4?getnews=2007-02-19-1508

  13. 13
    Tobi

    Schade nur, dass Karlsruhe nur in Erscheinung tritt, wenn sich jemand findet, der gegen die Erlasse klagt. D.h. Privatleute oder Organisationen sind gezwungen, Finanzen locker zu machen, um verfassungswidrige Gesetze zu stoppen. Was, wenn sich mal niemand findet, der klagt?

  14. 14
    Chr

    Das Verfahren vor’m BVerfG selbst kostet nix! Aber da musste du dich auch erst einmal hinklagen…

    Was, wenn sich mal niemand findet? Das typische Beispiel ist der Strafvollzug. Da klagen zu wenig. Vor zwei(?) Jahren wurde der Umstand beim BVerfG verhandelt, dass es für den Jugendstrafvollzug überhaupt KEINE gesetzliche Grundlage gibt.

    Und so war’s beim Erwachsenenstrafvollzug bis in die End-Siebziger. In dem diesbezüglichen Urteil aus den 70igern wurde klar gestellt, dass es verfassungsrechtlich unzulässig ist, ohne eine gesetzliche Grundlage irgendjemandem die Freiheit zu entziehen. Vorher wurde von einigen Versprengten behauptet, bei Strafgefangenen sei sowas nicht erforderlich.

    Erst hat es bis in die 70iger gebraucht, um das Problem zu klären, dann erneut bis zum nächsten Jahrtausend, um festzustellen, dass das, was für Erwachsene gilt, bei Jugendlichen nicht anders sein kann.

    Wo kein Kläger…

  15. 15