Wenn ich in meiner Kindheit „Sommerloch“ gehört habe, dachte ich als erstes an einen Baggersee ohne Wasser drin. Kein schönes Bild, mit den ganzen toten Hechten am Boden und den Karpfen und den vertrockneten Algen. Ein wenig trostlos. Nicht ganz so trostlos allerdings wie das tatsächliche Sommerloch, das Namen trägt wie Clement, Pofalla und – Gott möge gnädig sein – Philipp Mißfelder. Mißfelder ist der Prothesenprotestler, der nachts, wenn er traurig ist, Angela Merkels Gesicht in sein Kissen weint. Eine kleine Sammlung.
1. Rentner
Rentner sind ein typisches Sommerlochthema. Egal, ob Mißfelder ihnen Prothesen hinterherwirft oder sie in der Hitze, in ihren Wohnungen, in aller Einsamkeit eingehen wie Dörrpflaumen: gerade im Sommer, wo doch niemals im Jahr die Möglichkeit größer ist, dass es an der Tür klingel und ein BILD-Reporter steht davor. Die Medien sind schlechte Schwiegersöhne. Nicht nur, dass das ganze Land mies von ihnen redet, sie kommen auch nur dann vorbei, wenn sie was neues brauchen. Und verschmähen am End gar die liebevoll drapierten Kekse.
Neulich las ich, dass sich ein Wissenschaftler weigere, von der überalterten Gesellschaft zu sprechen, und lieber „unterjüngt“ sagt. Obwohl er gute Argumente hatte, die ich alle vergessen habe, ist das eine besonders gelungene Variation des „Glas halb voll halb leer, aber was drin is, is egal“- Spielchens. Schließlich ist Fettleibigkeit im Grunde auch nur die Abwesenheit von Schlankheit.
2. Autofahrer und Raucher
Beides böse. Böse! Wer das Gegenteil behauptet, ist ein Nazi. Nazis sind böse. Böse!
3. Nationalstaatstragende Themen
Man kann eigentlich von Glück sagen, dass neulich noch kein Sommerloch war, als der ehrenwerte Herr Nick Griffin, Europaabgeordneter der rechtsextremen Partei BNP und – seien wir ehrlich – ein Arschloch, von der BBC ein Mikro unter die Nase gehalten worden war. Auf die Frage, was man mit den Flüchtlingsbooten anstellen solle, sagt er:
Ganz ehrlich, sie müssen eine ganze Reihe dieser Boote versenken.
Man möchte ihm eine Raftingtour durch die Niagara-Fälle in einem zugekleisterten Eichenfass schenken. Glücklicherweise gabs noch anderes zu schreiben, drum lief die Meldung unter ferner liefen.
Das Sommerloch ist ein beliebter Aufenthaltsort und Tummelplatz für Nationalismen und Fremdenhass aller Art. Wir erinnern uns an den armen Hinterwälder Hinterbänkler Gottfried Hascke, der ganz kurz nur nach vorne drängte, nach einem Platz im Licht, und alles, was er bekam, war ein Sonnenstich. Der forderte 1994 die Einführung einer Pizzasteuer, um die deutsche Küche zu schützen. Besonders verwundert war ich, als er im Interview sagte, man müsse etwas für den Erhalt der deutschen Küche tun: denn um Erhalt geht es bei der Nahrungsaufnahem ja gerade nicht.
Das ist nur der berühmteste Fall eines Verwirrten, dem sein Brauch- und Brautum zu Kopfe stieg und dort Unheil anrichtet. Die Eingliederung Mallorcas ins bundesgroßdeutsche Gebiet, die Forderung, alle Deutschen dürften nur einmal in fünf Jahren ins Ausland fahren, der demonstrative Hausurlauber Gerhard Schröder 2003 – das ist ja alles bekannt. Schön wären jetzt noch Vorschläge, Veränderungen an der bundesdeutschen Flagge vorzunehmen… ach, Mist. Hatten wir ja schon. Dann einen neuen Text für die Nationalhymne schreiben zu lassen (von Xavier Naidoo, Gastauftritt P. Lahm) oder angesichts eines potentiellen Wahlerfolges von Oskar Lafontaine den Franzosen das Saarland anzubieten im Austausch gegen sagen wir die Schweiz. Mißfelder, übernehmen Sie!
(Bloß die geköpfte Hitlerfigur, die verhält sich ein wenig asymetrisch. Obwohl, ist ja auch kein Sommerlochthema. Hitler geht schließlich immer.)
4. Klimawandel
Oder warum der Gebrauch von Tischventilatoren langfristig dazu führt, das Wetter derart zu überhitzen, dass man demnächst zwei Tischventilatoren braucht, dann vier, dann acht, bis die Erde untergeht oder verglüht oder von Killerwelsen aufgefressen wird. (Ich hab bisher noch keinen einzigen solarbetriebenen Tischventilatoren gesehen, was schade ist, denn das wäre mir sinnvoll vorgekommen.)
Oder wer hat noch andere Wünsche? Bald ist Weihnachten, da darf man schon mal einen Wunschzettel schreiben.
also ich glaube ja solche kicks verspüren wir alle mal und veranlassen uns zu ideen-höhenflüge; bei dem einen kommt dann seine leidenschaft raus, bei dem anderen seine intoleranz. nur im so genannten „sommerloch“ springen journalisten wie wahnsinnig umher und halten jeden das mikro in die fresse, weil es sonst vom chef ein tadel wegen leere blätter gibt, obwohl ja eigentlich genug los ist, nur sind die anderen themen zu kompliziert und mühseelig zu recherchieren.
gute nacht
Das Thema Nummer eins im Sommerloch: „Das Sommerloch“.
Diesmal haben sie sich ausgedacht, die Intimrasur schlecht zu machen. Spiegel, Zeit.
Schonmal nach Solar-Ventilatoren gesucht? Ich meine, ich habe die Dinger schon in den späten 80ern gesehen. Die USB-Fans kamen jedenfalls deutlich später.
Im Zweifelsfall selber bauen: http://www.instructables.com/id/$6-Solar-Fan/
@#722447: die taz tut ’s auch: http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/deutschland-ganz-unten/
Windkraftbetriebene Tischventilatoren wären doch eigentlich optimal. Die könnten dann… quasi… sich selbst… also… für immer. Oder nicht?
@Muriel: Das haben und die Herren von Mayer, Joule und von Helmholtz wohl schon in den 40ern des vorvergangenen Jahrhunderts versaut.
Aber die Idee wird nie sterben. *fg*
Der Haken am Solarlüfter ist eben das nirgends genug Fläche ist für das Panel … und selbst wenn müsste der Lüfter in der Sonne stehn und würde warme Luft bringen …. also wär dann doch n Kabel dran … un dann ist Netz einfach praktischer ….
totgeredet …mission accomplished
Bei Euch lief die Nick Griffin Meldung vielleicht unter ferner liefen, aber hier eher weniger. Und mal eben ein Mikrofon unter die Nase gehalten wurde ihm da auch nicht, er hat das mindestens zwei Mal mehr oder weniger wortgleich in verschiedenen Interviews wiederholt.
Sommerloch hin, Sommerloch her…..
…der Sommer ist schön :-)
an der HfG Karlsruhe (Hochschule für Gestaltung Karlsruhe) öäuft derzeit die Sommerloch Jahresausstellung deren Besuch sehr sehr zu empfehlen ist.
Unbedingt erwähnt werden sollte in diesem Zusammenhang das Örtchen Sommerloch bei Bad Kreuznach: http://de.wikipedia.org/wiki/Sommerloch_(bei_Bad_Kreuznach)
Ich denke, mit dem Sommerloch ist es wie mit der Finanzkrise: würde man nicht so eine Panik machen, hätte man Augen und Ohren offen für die wichtigen und elementaren Dinge und somit Lösungen (in diesem Fall Themen) parat. ;)
Och, Du hast das Sommerloch vergessen. Dabei ist das Sommerloch doch ein erstklassiger Sommerloch-Füller. :-)
@#722466: schön auch die Tollwutwarnung unterm Ortseingangsschild!
@#722447: Naja, das Thema ist doch auch interessant. Ich würde gar nicht sagen, dass das ein generelles Schlechtmachen ist. Und es ist kein klassisches Sommerlochthema.
@#722484: Neulich tatsächlich auf NDR-Info gehört: „Erinnern Sie sich noch an die Sommerloch-Geschichte vom Kaiman Samy? Das war so…“ ;]
Ich habe kein Problem damit das Sommerloch zu überstehen. Die Promis mit denen ich Interviews mache sind alle an neuen Projekten dran von daher ergibt sich immer was schönes.
Das Sommerloch besteht wohl eher darin das Menschen viel draußen sind und die Nachrichten, Weblogs etc. nicht so sehr verfolgen wie sonst, so dass wir Blogbetreiber mit weniger Lesern rechnen können aber auch das finde ich nicht weiter schlimm.
Solange man einen Leser glücklich macht ist der Tag doch wunderbar.
Für die weniger Privilegierten ist der Himmel trüb.
Da bleibt nur noch der gang in das klimatisierte Scheintheater http://de.movies.yahoo.com/ (Werbung)
Schlimmstenfalls verliert man sich in der Leihe.
Auch als Bibliothek bekannt. Oder ist einfach da.
Neu im Sommerlich angekommen ist offenbar das skurrile Thema Flatrate-Bordelle.
Fällt das unter ‚Autofahrer und Raucher‘ oder ’nationalstaatstragende Themen‘?
@#722901:
Das fällt unter:
Meine Information kostet mich 50 oder mehr Cent am Tag.
Muss ich darüber Nachdenken wenn von Blätterwald die Rede ist?
–
Print hat, aufgrund der internen Recherche, bessere Möglichkeiten.
Oder eben nicht. ;-()