Der CCC hat heute ein neues Modell für die Vergütung von Kunst, Kultur und schöpferischen Werken im digitalen Zeitalter vorgestellt. Dieses trägt bislang den eher sperrigen Arbeitstitel Kulturwertmark und soll dazu dienen, der festgefahrenen Debatte um die Finanzierung kreativer Arbeit nicht nur neuen Schwung, sondern auch einen zeitgemäßen Lösungsansatz zu verleihen.
Hier sieht das Konzept vor, dass alle Teilnehmer eines neu zu schaffenden Systems einen monatlichen Betrag entrichten, der in Kulturwertmark umgerechnet wird, wobei der Betrag über den Internetzugang oder pro Steuerpflichtigem erhoben werden kann. Von einer unabhängigen Stiftung verwaltet, würden die Nutzern eine selbstgewählte Anzahl Kulturwertmark an einzelne Werke vergeben können, anhand derer das gesammelte Geld anteilig ausgezahlt wird. Auf der anderen Seite sollen auch Künstler z.B. für den Download ihrer Werke Kulturwertmark festlegen können. Das vorgeschlagene Modell enthält somit Ähnlichkeiten zu Flattr, wobei es nicht auf Spendenbasis funktioniert sowie den Rechte-Aspekt weiterhin einschließt. Im Gegensatz zu einer Kulturflatrate erfolgen die Ausschüttungen außerdem nicht nach einem festgelegten Aufteilungsschlüssel, jedoch wären Änderungen am Urheberrecht zur Etablierung des Systems ebenso unausweichlich.
Ob sich die Kulturwertmark als tatsächliche Alternative erweist, kann leider auch das Lesen des dazugehörigen FAQ nicht eindeutig beantworten. Handelt es sich eben um einen ersten groben Vorschlag, der zwar in eine gute Richtung verweist (gerechte Bezahlung für Kreative, Reform des Urheberrechts, keine Kriminalisierung der Nutzer) dem es aber noch an diversen Details mangelt (Flattr als in Deutschland erfolgreiches Vorbild ist dennoch ein Nischenphänomen, Übersetzung vom bereits schwer zu vereinenden nationalen Markt auf den internationalen, die digitale Allmende zwischen Wunsch und Wirklichkeit).
„Kulturwertmark“ klingt wie Nazisprech für Flattr.
Klasse Idee. Wär ich stark dafür ;-)
Da soll also ein globales Problem das sich vor allem im _Inter_net zeigt mit landesspezifischen Loesungen (wo man dann allen moeglichen Loesungen beitreten soll) angegangen werden? Ist das deren Ernst?
@#785864: Wenn sies neu und modern benannt hätten würde jetzt jemand an deiner statt sage: „Klingt wie flattr – kann man nichtmal sich auf die deutsche Sprache rückbesinnen?“
P.S.: „an deiner statt“ habe ich extra für dich ge-nazi-googelt!
Das Problem ist doch noch nie der Wille der Bevölkerung gewesen sondern immer wieder die Gier der Konzerne. Die geben sich mit 5 Euro pro Monat eben nicht zufrieden und fordern 50. Aber nicht anstatt sondern zusätzlich, dass man trotzdem weiterhin pro Titel zahlen muss und andernfalls abgemahnt wird. Das Problem ist eine grundsätzliche Verständnisfrage in der Diskussion: die Bevölkerung will das bisherige Vergütungssystem ersetzen. Die Industrie will genau das aber grundsätzlich nicht, sondern zusätzlich zu allen bestehenden Einnahmen weitere Gebühren kassieren. Beides passt nicht zusammen. Beide Seiten werden sich folglich nie einigen, weil alles was die Rechteverwerter vorschlagen mit Preiserhöhung für die Rechtenutzer einhergeht und umgekehrt. Die einzige Lösung ist die Beseitigung des bestehenden Monopols: wir brauchen andere Gesprächspartner.
Daher mein Konzept: abwarten. Das Problem löst sich von selbst – sprich die raffgierigen Konzerne gehen ganz ohne unsere Hilfe pleite – wenn man sie denn lässt. Wir haben Zeit: die nicht. Deswegen machen sie auch Druck. Wir müssen nur solange Lobbyarbeit leisten und dem Druck standhalten, bis die Dinosaurier ausgestorben sind.
Was uns vor allem dabei hilft sind neue, junge Konkurrenten.
Klartext: die Politik braucht eine Ausrede. Wenn die Regierung mitkriegt, dass genau so viele neue Arbeitsplätze entstehen wie verloren gehen, ist dies genau das Argument was sie brauchen um eben genau nichts zu tun und der Marktbereinigung ihren Lauf zu lassen. Wenn das alles ist: dieses Argument werden wir ihnen doch wohl frei Haus liefern können, oder? Aber wir brauchen jemanden, der es ihnen steckt. Jemanden, dem diese Knallchargen auch zuhören – und das ist dummerweise nicht der CCC.
Am besten wäre also man gibt eine „unabhängige“ Studie in Auftrag, die genau das liefert, was man zeigen will. Macht die Gegenseite auch nicht anders. Das schafft dann wenigstens Chancengleichheit. Dann brauchen wir noch einen Fürsprecher, der zeigen kann, dass er vom Wandel profitiert und nicht nur mit deutschen Arbeitskräften ordentlich Kohle macht, sondern bereit ist kräftig zu investieren. Das kommt bei den Schwarzen immer gut an. „Kräftig investieren“ klingt wie „kräftig partei-spenden“ und „kräftig Arbeitsplätze schaffen“ klingt wie „kräftig die Politik der Regierung unterstützen“. Das füllt die Taschen der Partei und der Politiker.
So jemand wird sich doch wohl auftreiben lassen, oder? Den muss man dann nur noch pressetechnisch aufbauen. Wenn er sich dabei nicht zu blöde anstellt ist alles geritzt.
Aber: mit Vorschlägen hat man in Deutschland noch nie einen Blumentopf gewonnen. Meinungen sind eben wie Arschlöcher – jeder hat eins.
Ergo: Egal wer was macht, es ist blöd. Und überhaupt: ICH habe erstmal eine bessere Idee. Gut, DIE ANDEREN haben jetzt da irgendwas gemacht, aber mal ehrlich, das ist doch gar nicht richtig und das Problem, welches ich ganz anders lösen würde, existiert in der Form ja gar nicht. Schlimm alles. Aber gut, daß ich im Internet darüber lamentieren kann. Puh, das war meine gute Tat für heute.
P.S.: Ich glaube, das ist es, was man allgemeinhin typisch Deutsch nennt. Komme, was da wolle: Es ist scheiße. Gnah, virtueller Facepalm (!) einmal, bitte.
P.P.S.: Ich finde das Ganze erstmal erstrebenswert. Irgendwo muß man anfangen. Wer es angeblich besser kann, soll es bitte machen, aber nicht hier rumquarken. Echt, da kommt -meine- deutsche Seite raus und ich möchte irgendwem mit Anlauf ins Gesicht springen, wenn ich soviel Blasiertheit lese.
Radikal komprimierter Vorschlag:
Man bezahlt direkt für das Werk
oder
machts selbst.
Crazy, oder? Würde Kosten und Zeit sparen und niemanden kriminalisieren.
Ich kauf Musik bei iTunes, das ist fast wie Flattern – ganz simpel, einfach mal testen.
Oh, sorry es geht ja gar nicht um Musik: „Das Kulturwertmark-System ist in zweijähriger Diskussion mit Schriftstellern, Filmemachern, Malern, Podcastern, Galeristen und Journalisten entstanden …“
@#785877: Also entweder hast du verdammt viel Geld oder verdammt wenig Musik. Denn ich persönlich habe mit den knapp 1000 Liedern die ich besitze eine verlgeichsweiße kleine Musikbibliothek. Um die zu bezahlen, müsste ich also über 1000 Euro ausgeben. Was zumindest für mich als Schüler verdammt viel Geld ist.
Abgesehen davon, ist es ja nicht so, dass bei iTunes ein großer Teil an den Künstler geht, da bleibt viel zu viel bei Appel und dem jeweiligen Laben hängen.
Also, ich finde die Idee gut. Außerdem ist es neben dem Pre- und Postrelease Modell der Piratenpartei eine schöne Alternative zur momentanen -schlechten- Situation.
@#785874: Ach äh, wie logisch. Warum ist da noch niemand drauf gekommen? Achja, richtig. Weil es gar nicht um einen Gegenstand geht, den man kauft, sondern darum dem Künstler eine Gegenleistung für sein Schaffen zu bieten. Aber das manche Menschen solch simple Dinge nicht verstehen und trotzdem mitreden müssen, zeigt vielleicht erst die Notwendigkeit des Ganzen. Der Diskurs an sich könnte weit positivere Auswirkungen haben – und wenn auch nur Hans Wurst vom Land mal die Augen geöffnet werden. Ach, tschuldigung, ich meinte natürlich „Rox“. Das war meine radikal komprimierte Antwort.
Lieber Namen, hui :),
mäßigen Sie sich, es geht gegen 12.
Ich bin Kreativer und habe jeden Tag mit dem Thema zu tun.
Es gibt die KSK und schlichtweg Nutzungsrechte/Buyouts.
Ich sehe überhaupt keinen Grund alles zu verkomplizieren.
Wenn ich eine kreative Leistung darbiete, erteile ich Nutzungsrechte oder kann auch alle Rechte abtreten, wenn ich Bock drauf hab und passend entlohnt werde.
Alternativ kann ich meine Werke noch mit CC-Lizensen versehen, wenn ich mal altruistisch sein möchte.
Wozu einen Verwaltungsapparat installieren? Sowas ist nie gut, nie schlank, nie durchschaubar, nie möglich, ohne zu gewissen Teilen dem Selbstzweck zu verfallen.
Ich habe verschiedene kleinere Kritikpunkte an dem System „Kulturwertmark“. Sicher trifft auch zu, dass es als nationaler Ansatz keine Lösung für die nahezu vollständig internationale Musikbranche (oder sonstige Künste) sein kann. Aber geschenkt: Sollte es sich in Deutschland bewähren, spräche nichts gegen eine Ausweitung auf den internationalen Markt, abgesehen vielleicht von einigen Protesten wegen zu viel Staatlichkeit („Sozialismus! Ahhhhh!“) z.B. in den USA.
Mein größter Kritikpunkt an dem System ist: Es ist zu kompliziert und geht unnötige Umwege. Wenn es für den Bürger den Aufwand erhöht, ist das ganze System unpassend. Wozu eine zusätzliche Wertmark-Währung? Eine Lösung in nationalen Währungen wäre viel sinnvoller und einfacher.
Den „minimalen“ Bürokratieaufwand, den der CCC am Ende erwähnt, sehe ich nicht. Die Verwaltung dieser Stiftung wäre ein fettes Projekt, viel Vertragsarbeit und würde etwas Ähnliches wie die GEMA (von der Größe) gebären.
Was mich auch stört: Ich muss als Musiker meine Werke dann immer dort anmelden, zusätzlich zu allem anderen Kram, um den ich mich bei der Musikveröffentlichung kümmern muss.
@#785878: Wenn dir ein Lied nicht mal weniger als einen schäbigen Euro wert ist, kann dir Musik nicht sehr wichtig sein. Dafür gibts nicht mal einen Liter Benzin oder ein gutes Softeis. 1000 Lieder kosten auch keine 1000 Euro, Privatkopie ist legal und wozu hat man Freunde + einen Bücherreiausweis?
Ich geb im Jahr etwa 250 Euro für Musik aus(ohne Konzerte), mehr kann ich mir leider nicht leisten.
Das Konzept der „Kulturwertmark“ hat für mich neben der ausufernden Bürokratie ein weiteres großes Manko: Es schiebt völlig beiseite, dass es bereits heute abertausende Dienstleister und Anbieter im Internet gibt, die mit Geschäftsmodellen arbeiten, die sich tragen und profitabel sind. Ja, mit Journalismus, Musik oder Videospielen wird im Internet über Bezahlmodelle Geld verdient. Weiß Gott nicht immer, aber in vielen Nischen immer öfter. Die „Kulturwertmark“ untergräbt diese Entwicklung.
Im übrigen sind die in der FAQ als Beispiel herangezogenen 5 Euro im Monat ein schlechter Witz. Mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr soll die aktuelle Vielfalt von Journalismus, FIlm, Musik, Software, Videospielen und Kunst in Deutschland gesichert werden? Völlig realitätsfern.
Von mir aus könnte auch aus dem Topf geschöpft werden, der jeden Haushalt dazu verpflichtet GEZ-Gebühren zu zahlen. Zumal die Sendeanstalten keine
‚Eintreiber‘ unterhalten müssen. Unbedingte Voraussetzung ist aber die unfreiwillige Erfassung seitens http://www.ZENSUS2011.de.
Das finde ich eine ebenso gute Idee wie Flattr, das bereits ein wenig etabliert ist. Aber wenn man bedenkt, wie langsam sich Flattr durchsetzt. Oder täusche ich mich? Im Prinzip kann man online frei verfügbare Kunst ebenso über das schwedische internationale Micropayment-System unterstützen, vergüten.