Regeln und Verbote sind bekanntlich dafür da, gebrochen und umgangen zu werden. Vor allem, wenn sie von den Eltern stammen — machen wir uns mal nichts vor.
Angesichts ihrer überwältigenden autoritären Größe geschieht das Regelbrechen und Umgehen der Verbote meist nicht im Beisein der Eltern, sondern im Geheimen.
Stundenlanges Fernsehen beim Kumpel, irgendwer? ;)
Manch eine Regel wird von der noch unerfahrenen Kinderseele jedoch gerne überdramatisiert, was zu (vor allem rückblickend) lustigen Auswüchsen führt, die ich mal »vorauseilender Ungehorsam« nennen möchte.
Ich kann mich z.B. noch gut erinnern, wie ich mit ca. elf Jahren völlig grundlos der festen Überzeugung war, meine Mutter wäre kategorisch gegen jede Art kindgerechter Unterhaltung: Comics, lustige Fernsehserien, elektronische LCD-Spiele.
Letztere habe ich so an manchen Tagen vor der Kellertür sitzend gespielt. Im Bus begonnen, auf dem Heimweg weitergedaddelt, einfach nicht getraut, mit in die Wohnung zu nehmen. Unsere damalige Putzfrau hat mal meine Spiderman-Sammlung unter meinem Bett hervorgeholt und auf den Kinderzimmer-Tisch gelegt. Als ich nach Hause kam, war meine erste Tätigkeit die Rückführung der vermeintlich verbotenen »Spinne«-Heftchen an ihr wunderbar-naives Geheimversteck.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Eltern sowohl von den Comics als auch von den Spielen wussten (von Panini-Bildchen will ich gar nicht anfangen) und weder mit dem einen noch dem anderen irgendwelche Probleme hatten. Das machte die ganze Geheimhaltung also nicht nur extrem sinnlos — es konnte von ihr eigentlich gar keine Rede sein, he.
Ein anderes Phänomen in dem Zusammenhang: Man sitzt vor dem Fernseher, eigentlich müsste man Hausaufgaben machen, und sowieso soll man nicht so viel vor der Kiste hängen. Die Sendung ist witzig, keine Klingelton-Werbung, man überhört das knirschende Türschloss, erhascht aber aus den Augenwinkeln den Schatten der heimkommenden Mutter und drückt wie vom Blitz getroffen den Ausschaltknopf der Fernbedienung.
»Hallo.«
»Ha… hallo.«
»Na?«
»Ich… ich sitz‘ hier… ich denk‘ grad nach. Was gibt’s zum Abendessen?«