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Thank you for your kindness

maria

Ich bin bekennender Curry-36-Kunde. Einmal monatlich packt es mich, meist zufällig. So auch heute, auf dem Weg zur nun doch verschobenen, evtl. sogar völlig unnötigen OP.

Die Schlange ist erwartungsgemäß zur Mittagszeit etwas länger. Vor mir unterhält sich ein irisches Touristen-Paar im Rentenalter mit einem Berliner, der auf ihre Feststellung „It’s such a lovely city!“ nur mit den Schultern zucken kann: „You think so? I don’t know…“.

Geld klimpert (da habe ich ein gutes Ohr für). Ich hebe ein 10-Cent-Stück auf, keiner der Umstehenden reagiert. Da sie gerade beim Bezahlen ist, frage ich die Irin, ob die Münze wohl ihr gehören könnte. Sie negiert. Auch ihr Berliner Gesprächspartner, der jetzt an der Reihe ist, schüttelt den Kopf, also gebe ich das gefundene Vermögen dem Verkäufer hinterm Tresen, der’s in die Kasse packt.

Bevor sich das irische Paar weiterbewegt, dreht sie sich um und überreicht mir einen dieser Marien-Anhänger aus Alu am blauen Faden inklusive einer kleinen Bedienungsanleitung. „We’re from Ireland, we’re catholics. Thank you very much for your kindness, please take this little gift, you can wear it around your neck. Thank you for your kindness.“ Ich wähle den Weg des geringsten Widerstandes und nehme das Geschenk lächelnd und dankend an. Ich bin ja nun alles andere als ein Catholic, aber soll man dieser netten und warmherzigen Geste einer älteren Dame mit Ablehnung begegnen? Natürlich nicht.

Der Berliner vor mir sieht das anders. Auch ihm bietet die Frau einen Anhänger als Dank für das nette Gespräch. Thank you for your kindness.

„Nee, danke, no, thanks“, lehnt er barscher als nötig ab. Und wendet sich an mich: „Katholiken in Berlin. Na ditt passt ja.“ Ich lächle auch diesmal, weiß aber nicht mehr, warum. Vermutlich, weil ich mit meiner Bestellung dran bin.

Der Mann jedoch, der gerade bezahlt hat, greift beim Weggehen in seine Hosentasche und meckert: „Ach Scheiße. Das waren doch meine 10 Cent. Sind mir aus der Tasche gefallen. Mist!“

It’s such a lovely city indeed.

26 Kommentare

  1. 01
    Tobias

    War jetzt dieses Wochenende bei einer Freundin in Kreuzberg und muss sagen, dass ich auch komplett von Berlin fasziniert bin.
    Vorher war ich ja immer als Touri unterwegs, aber sie hat mir als Berlinerin auch die anderen Seiten gezeigt. Zu dem auch Curry 36. War in meinem Zustand nachts jedoch mit der Frage „Mit oder ohne Darm?“ total überfordert, da es bei uns Currywurst nur mit Darm gibt. Hab dann 3 Euro auf den Tresen gelegt und mir kam ein freundliches „Kick ma jung, dett is doch viel zu viel“ entgegen.

    Berlin ist toll :)

  2. 02
    herr_m

    ich scheine berliner currywurstverkäufer regelmäßig mit meinen liebvoll in ruhrdeutsch vorgetragenen bestellungen zu überfordern. das macht mir die stadt ja schon etwas suspekt. in hamburg funktioniert „einmacurrywurstdoppeltpommesmayobitte“ jedenfalls einwandfrei.

  3. 03
    mc bastard

    ich freu mich schon wieder auf meinen nächsten hauptstadt besuch… noch 6 wochen… juhu

  4. 04

    irgendwo funktioniert wohl auch „eima pommes schranke bidde.“
    egal, die curry geht! immer mal wieder.

    netter auftritt johnny. ;)

  5. 05

    Dass das Karma vor einer Bude, die mit indischem Gewürz handelt, zuschlägt, hat was. Aber dass der Katholizismus da auch noch mit reinspielt, ist einfach klasse.

  6. 06
    Harm

    @jens: vermutlich funktioniert das in einem Horst-Schlämmer-Sketch.

    Ich vergebe aber einen halben Punkt für das „Eima“, veweise aber auf herr_m (2) (obwohl, von Gesicht zu Gesicht, es hier korrekt „currywurss“ heissen müsste.)

    Ich hoffe nach meiner erfolgreichen Kitten-Kampagne, nun auch mal „viral irgendwas mit Currywurst“ zu machen, stelle also mal die These in den Raum, dass der Berliner, nachdem er die Currywurst (angeblich) erfand, sämtliches Interesse daran fahren liess und per Gelsenkirchner Schenkung alle kulturellen & geschmacklichen Weiterentwicklungen komplett abtrat. (Bastardisierungen dieses Produkts, wie man es auf süd- oder norddeutschen Autobahnraststätten findet, mal ausgenommen)
    Ich möchte auch gerne so ein Mariendings mit Manual haben.

  7. 07

    Ja, such a lovely city. Wenn nur die Menschen nicht wären, nicht wahr?

  8. 08

    Zum Stichwort Currywurst und virales Marketing. Es gab da tatsächlich mal ein Schreiben, das mutmaßlich von der Dönerlobby lanciert wurde, in dem die Vorzüge des Döners gegenüber der Currwurst verfasst wurden. Das hatte ich mir sogar gespeichert, aber wo war das gleich?
    Ging nach dem Motto „Zugegeben, Currywurst macht satt, aber Döner ist gesünder“.

  9. 09
    corax

    @ Harm

    Bei der Kritik an herr_m wurde aber das überflüssige „t“ bei doppelt und das „bitte“ am Ende übersehen.

    Also korrekt: „eimacurrywurssdoppelpommesmayo“ das gesparte „e“ passt dann auch ins „liebevoll“ von herr_m wo es hingehört und die restlichen Konsonanten kann man dann gegen ein „r“ für dein „verweise“ eintauschen.

    Das „mayo“ am Ende ist zwar sprachlich korrekt aber völlig überflüssig bei der Bestellung, weil die Imbissfachkraft zwangsläufig so oder so nachfragen wird: „Auf die Pommes was drauf?“ oder: „Mit Mayo?“

    Das wäre genauso sinnlos wie bei der Dönerbude zu bestellen: „Einen kleinen Döner mit allem, bisschen scharf, zum Mitnehmen“
    statt: „Einen kleinen“
    Weil es gemäß eines Naturgesetzes sowieso zur folgenden Fragenkaskade kommen wird:
    „Mit allem?“
    „Bisschen scharf?“
    „Einpacken?“

    Die Replik mit dem Horst-Schlämmer-Sketch trifft natürlich zu.

    Glück auf

  10. 10
    Harm

    @corax: Sie haben vollständigst recht, die Unausweichlichkeit der Dialog-Tradidition unwiderlegbar beschrieben, den fälligen Gefangenenaustausch zwischen Vokalen und Konsonaten geschaffen, sowie Ihre Kompetenz durch Benutzung von „genauso sinnlos wie bei der Dönerbude zu bestellen“ bewiesen. Mehr geht nicht. Ich verneige mich.
    Leider befinden wir uns nicht im Ruhrgebiets-Idiom-Blog, sondern quasi bei vermeintlich lockeren und entspannten Symphatieträgern, welche durch Grimmepreis-getönte „Was mir letztens in Kreuzberg passierte“-Artikel versuchen, unauffällig die Currywurst-Kompetenz in ihre urbane-Penner-Hauptstadt zu entführen.
    Wie die Riesenmaschine urteilen würde: „So nicht!“

  11. 11
    corax

    @ Harm

    Das „geSieze“ ignorier ich mal, oder besser ich fasse es als ein ehrlich gemeintes „du Arschloch“ auf. Damit kann ich als einer vom Bau viel besser mit leben.
    Verneigen kenn ich nicht, ich kenn bloß vergeigen oder Bier ist bald alle.
    Mit der Currykackerei hab´ (ausnahmsweise) nicht ich angefangen.
    Und die Quasi-Currywurst-Kompetenz-Kompetenz der Hauptstadt möchte ich nicht anzweifeln. Ohne die des Potts zu verneinen. (lebt Herbie nicht inzwischen in der Hauptstadt?)
    Und um die (nicht vorhandene) Schärfe aus meinem Post zu entfernen, spielte ich kurz mit dem Gedanken, einige Smileys beizufügen, aber ich ließ davon ab, weil ich nicht wollte dass mir Spreeblick mit wahrsagerischen Fähigkeiten vorraussagt, wofür ich mich in Zukunft oder „dereinst“ (Scheißwort) zu schämen habe. Weil: Das ist mein Bier und geht andere einen Scheißdreck an.

    Glück auf

  12. 12
    sunny

    eine curry bitte – schön scharf.
    curry und op kenn ich auch.

  13. 13
    Harm

    Corax, versuche doch mal immer das Positive vorauszusetzen! *zwinker, zwinker*
    [abba getz ellich, ‚wo?]
    Herbie hat null Kompetenz, vor allem was die verdammte Wurst betrifft!
    (möchte mich bei allen für den chat-content entschuldigen. Das Wurst-Virus ist wohl auch vor die Wand gefahren.)

  14. 14
    corax

    Harm

    „Immer das Positive“
    Diesbezüglich bin ich vollkommen desillusioniert.

    „Herbie hat null Kompetenz“
    Stimmt, zumal er eigentlich ein Niederer Sachse ist.

    Wegen der Wurst braucht man sich hier bei niemandem zu entschuldigen.
    Erstens haben wir hier klaglos Haustiercontent wie z.Bsp. stinkende Linke, Karnickel, Katzen und Schafe ertragen.
    Zweitens ist das eine Frage von essentieller Wichtigkeit, wenn auch für Personen außerhalb Berlins oder des Ruhrgebiets nicht sofort nachvollziebar.
    Diskutieren wir lieber über Bier und machen uns heimlich über Leute lustig, die in Hamburg eine Currywurst bestellen. ;-)

    „Labskaus ist ein Fischgericht.
    Der Koch kennt den Inhalt.
    Der Verbraucher nicht.“

    Pax

  15. 15

    Danke,
    endlich kann ich was mit dem Medaillon anfangen, was sich schon ewig bei mir aufhält… I´m not catholics.
    Ist es möglich, mir eine eingescannte Beschreibung per mail oder eine Kopie per Post zukommen zu lassen?
    Beste Grüße,
    Martin

  16. 16
    baumkind

    Hallo Martin,

    die „Wundertätige Medaille“ ( mehr Information unter, man glaubt es kaum: http://www.kathpedia.com/index.php?title=Wundert%C3%A4tige_Medaille )
    gibt es zum Beispiel gegen einen frankierten Rückumschlag beim Orden der Vinzentinerinnen ( http://www.vinzentinerinnen.de/medform.html ).
    Am allerbesten aber bekommt man sie geschenkt, wie Johnny an der Currybude.

  17. 17
    DER AUTOMAT

    Ja, ich hätte auch gerne so einen Anhänger, wahrscheinlich gehören die Iren zu einem Street Team von Adidas, Warner oder vielleicht doch Konopkes Imbiß? Wer will das nun wieder wissen….Ich jedenfalls habe mal ein Lied für die katholische „Landjugend“ geschrieben – es heißt „Landjugend“ und da geht es natürlich im weitesten Sinn auch um Currywurst, Geld, Berlin und Irland. Ach was, ich sags einfach: Die Iren gehören zu MEINEM Street Team, in fact – eigentlich sind die beiden gar keine Iren und kommen aus Paderborn, dort gab ich vor Jahren im …..Club ein heisses Konzert und verliebte mich in eine lesbische Sicherheitstante, die dort Türsteherin war(!). Paderborn ist übrigends erzkatholisch, aber zurück zu Konopkes Imbiß…..

    Bestes, DR. AUTOMAT!

  18. 18

    Falls Ihr euch noch Gedanken über die Darstellung der Kommentare macht: Wie wäre es mit der Aufdröselung nach Themen, also

    – Currywurst
    – Berlin und seine Bewohner
    – Marienerscheinungen

    also Unter-Themen quasi. Oder eher so als Mind-Mapping. Freie Assoziationen zu Einträgen.

  19. 19
    herr_m

    ich sach nur: dönninghaus ihre.

  20. 20

    Wenigstens sieht niemand durch die Anekdote des verlorenen Geldes die Existenz Gottes bewiesen… meine Mama sagte ja immer: „Kleine Sünden bestraft der Liebe Gott sofort“.

  21. 21
    Martin

    @baumkind:

    thx für die Verweise.
    Hätte auch selber Googlen können…

    und geschenkt habe ich das Medaillon auch bekommen, wenn auch nicht an der beliebten Currywurstbude…

  22. 22

    Mit oder ohne Darm geht ja noch. Mich hat die Olle letzten Samstag morgen gefragt, ob mit oder ohne Gummi, da musste ich dann schon mal kurz überlegen. Auf jeden Fall ist Curry 36 der perfekte Nachts-Hangout und am besten wird es erst morgens ab 4h30, wenn die Currywurst aus ist und man nur noch die ekeligen Spieße bekommt, die seit 12 Stunden im alten fett liegen. Prost.

  23. 23
    ex xberger

    ick hab da ja mal n paar jahre um die ecke jelebt, wa, aba so jeil fand ick die bude ooch nich. liecht vielleich ooch an meinem vejetarismus un die pommes da sin nur oberlija nordost.

    hauste rin,

  24. 24
    Wolfy

    Ja die Iren sind zäh.
    Haben halb Mitteleuropa vor rund 1000 Jahren schon mal christianisiert. Nun gehts wohl nochmal neu gegen die Atheisten- und Islamistenmetropole Berlin.
    Die Antwort eines Letzteren hätte mich auch mal interessiert:
    Könnte man nicht mal so tun als stamme man aus Irland und das tolle Oval mal in Kreuzberg an den Mann bringen ? (;-#)

  25. 25

    curry 36 hab ick geqypt.

    Curry 36 am Mehringdamm ist der einzige Berliner Imbiss in Kreuzberg, in Berlin, in ganz Deutschland!
    Umgeben von Allesmöglichem, stehen die Berliner hier in der ewigen Schlange ihrer paprikagefärbten Wurzeln.
    Wahrscheinlich wird genau aus diesem Grund Qualität und Einrichtung nur so über den grünen Klee gelobt, dass die Schwarte kracht.
    Für mich ist dieser Stand nicht gemacht. Ich werde hier jedes Mal behandelt wie ein Vegetarier ohne festen Wohnsitz.
    Wurst und Pommes sind passabel, ob sie verdienen, was sie auf sämtlichen Wurstforen versprechen? keine Ahnung, von mir aus. Ich treffe ohnehin immer auf die selbe Schnepfe[manchmal auch n Typ mit nem Vollhau]. Die beiden Stullen sind sich selbst überlassene Adrenalinfreaks, ihre Überdosierung ist mir einfach zu viel.
    Wenn ich Bock habe mich blöd anmachen zu lassen, fahr ich nach Hohenschönhausen in ne Nazi-Pinte und bestell mir CousCous mit Soß Tel Aviv.
    Das wirklich Erfreuliche an der viel gerühmten Würstchenbude: zwei Häuser weiter befindet sich das Institut für Lebenskunst und Tantra.
    Nach einem besonderen Abend im Institut kehrt Mann und Frau auf ne Portion Pommes mit Majo ein und lässt die Berliner Schnauze über sich ergehen[das Yang schlägt zurück und du weißt wieder, wo du bist — in der Hauptstadt der weltbesten Currybuden]. Eine Frau am Stand ist allerdings wirklich nett. Eine!

    Jungfraugeborene sind die aspektlose Geister zurechtgewürfelter Welten, wa! ;-)

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