Der Fall Dreyfus ist der berühmteste Justizskandal der französischen Geschichte. Er gilt als die Geburtstunde des modernen französischen Antisemitismus und des Zionismus. Die Affäre geht so: 1894 erhält das Nachrichtenbüro Kenntnis über einen Spion im Generalstab, der den Deutschen Militärgeheimnisse verkauft. Einziger Hinweis ist ein Schriftstück, das eine Agentin aus der deutschen Botschaft ans Nachrichtenbüro übermittelt. Hauptsächlich eine oberflächliche graphologische Untersuchung schließt auf Dreyfus als Verdächtigen, der einzige Jude im Generalstab. Trotz der schwachen Beweiskraft eröffnet die rechtsradikale und antisemitische Presse eine Hetzkampagne gegen Dreyfus. Am letzten Verhandlungstag des Prozesses lässt die Militärführung dem Gericht ein geheimes Dossier zukommen, von dem die Verteidigung keine Kenntnis hat. Dreyfus wird aufgrund dieses dossier secret wegen Hochverrats schuldig gesprochen, degradiert und auf die Teufelsinsel verbannt. Ende des ersten Aktes.
Zwei Jahre später, 1896 also, ermittelt der neue Leiter des Nachrichtenbüros Georges Picquart gegen einen gewissen Major Ferdinand Walsin-Esterházy, den er der Spionage verdächtigt. Er kommt bald zu dem Schluß, dass Esterházy und nicht Dreyfus für die Deutschen arbeitet. Die Geschichte wird ihm recht geben. Aber die Militärführung will um jeden Preis eine Überprüfung des Urteils vermeiden, unter anderem, um eine Prüfung der gefälschten Beweise zu vermeiden. Damit die Armee ihr Gesicht wahrt, wird ihre Führung von jetzt an versuchen, Picquart ruhigzustellen. Derweil wird in der Presse bekannt, dass Geheimdokumente zur Verurteilung Dreyfus‘ geführt haben, dessen Frau daraufhin Revision beantragt. Um Dreyfus endgültig zu belasten, fälscht ein Mitarbeiter des Nachrichtenbüros, Joseph Henry, ohne das Wissen Picquarts ein Dokument, das an der Schuld Dreyfus‘ keinen Zweifel mehr lassen soll.
1897, Picquart ist nach Tunesien abkommandiert worden und wird durch gefälschte Briefe Henrys als Dreyfus‘ Mittäter, als Hochverräter zu diskreditieren versucht. Gleichzeitig formiert sich um den Bruder von Dreyfus, Mathieu, eine breite Front von Dreyfusards, die sich den Ultranationalisten und Antisemiten entgegenstellen, darunter Léon Blum, Scheurer-Kestner, Clemenceau, Jean Jaurès und Émile Zola. Émile Zola wird nach einer ganzen Reihe von Artikeln (darunter das berühmt gewordene J’accuse) der Verleumdung gegenüber der Militärführung angeklagt. Er hatte die Argumentation der Anklage zerpflückt und aufgezeigt, warum Dreyfus keinesfalls schuldig gewesen sein konnte. Ende des zweiten Aktes.
Inzwischen ist Godefroy Cavaignac Kriegsminister, ein überzeugter Antidreyfusard. Genervt von den ewigen Angriffen auf die Armee, veröffentlicht er alle bisher geheim gehaltenen Dokumente, um die Schuld Dreyfus‘ ein für allemal zu beweisen. Sowohl Jean Jaurès als auch Picquart zerpflücken in der Presse die sogenannten Beweise, die sich entweder nicht auf Dreyfus beziehen oder gefälscht sind. Henry wird später die Fälschung zugeben und sich selbst richten. Trotzdem wird Dreyfus 1899 schuldig gesprochen, kurz darauf allerdings begnadigt. Erst 1906 hat die Revision Erfolg, Dreyfus wird als Major wieder in die Armee aufgenommen. Ein Jahr später nimmt er als gebrochener Mann seinen Abschied.
Diese unfassbare Geschichte erzählt Begley sehr eindringlich und mit guten Blick auf die Protagonisten. Die Affäre wird in allen persönlichen Details und Verwicklungen klar: Begley hat die Dreyfus-Affäre zwar als Justizkrimi angelegt, erzählt aber trotzdem sachlich und nüchtern. Auch Personen wie Picquart, der überzeugter Antisemit war, und Dreyfus selbst, der immer wohlwollend über die Armee gedacht hat und sich nie darüber im klaren gewesen ist, dass und wie sein Fall zum Politikum wurde, zeigt Begley differenziert und inklusive aller Charakterschwächen.
Problematisch wird das Buch, wenn Begley den großen Bogen hin zur Gegenwart schlägt. Die Textpassage, die Guantánamo auf dem Buchtitel berechtigt, erstreckt sich von den Seiten 39 bis 56 und behandelt den Machtmissbrauch der amerikanischen Verantwortlichen, vor allem der Regierung Bush, im Umgang mit den Inhaftierten. Vergleichbar ist die Selbstverständlichkeit, mit der sich politisch Verantwortliche über bestehende Rechtstandards hinwegsetzen, um ihr Land und dessen Institutionen (die sie zufälligerweise selbst besetzen) zu schützen. Vergleichbar ist die Selbstherrlichkeit, mit der sich Weisungsbefugte nicht an Verfassung und Gesetzbuch halten, mit welcher Dreistigkeit sie die Öffentlichkeit belügen, wobei sie vermutlich sogar noch glauben, ihr mehr zu nutzen als zu schaden.
Nicht vergleichbar ist die Situation der Angeklagten. Auf der einen Seite Dreyfus, ein Franzose, der fest an Armee und Staat glaubt und voller Loyalität seinen Vorgesetzten ist und den in Verruf gebracht hat, Jude zu sein. Auf der anderen Seite bis zu 558 Verschleppte nichtamerikanischer Herkunft, gegen die nichts juristisch Relevantes vorliegt und deren Schuld sich daraus erschließt, dass sie Muslime sind. Aber sie sind nicht Teil der amerikanischen Gesellschaft gewesen. Das schwächt weder ihr Leid noch die Infamie, mit der Folter angewandt wurde. Aber es macht einen deutlichen Unterschied zwischen einem antisemitischen Verbrechen und einem xenophoben Verbrechen.
Man sollte sich hüten, allzu voreilig Parallelen zwischen antisemitischen Ausbrüchen in Europa ab 1880 und antiislamischen Ausbrüchen in den USA nach 9/11 zu ziehen. So ehrlich Begleys moralisches Empfinden sein mag, mit dieser indirekten Parallele macht er es sich zu leicht. Trotzdem ist sein Fall Dreyfus ein lesenswertes und beeindruckendes Buch, das auch all jene, die sich schon ein wenig über die Affäre informiert haben, interessieren wird.
hehe, ist ein schöner „skandal“
ich durfte in geschichte mal nen vergleich zur „zabern-affäre“ machen
http://de.wikipedia.org/wiki/Zabern-Affäre
btw: sehr schöne rezension des buches, bin am überlegen es mir zu bestellen
„Er gilt als die Geburtstunde des modernen französischen Antisemitismus “
wie bitte! das hast du nur so als floskel hingepfeffert und glaubst es nicht wirklich !!!?
der moderne antisemitismus beginnt 1894?????
ein schenkelklopfer.
du schreibst ja selbst, dass von antisemitischen zeitungen gehetzt wurde.
waren die ganz ploetzlich antisemitisch? so von heute auf morgen?
oder hatten deren schreiberlinge vllt eine kinderstube, und deren eltern ebenso…..
„Auf der anderen Seite bis zu 558 Verschleppte nichtamerikanischer Herkunft, gegen die nichts juristisch Relevantes vorliegt und deren Schuld sich daraus erschließt, dass sie Muslime sind.“
achso, weil sie muslime sind sitzen sie dort.
bisher dachte ich immer, dass diese netten leute in afghanistan aufgriffen wurden, wo sie als feindliche kaempfer ohne uniform menschen toeteten.
hier eine liste mit den leuten, „gegen die nichts juristisch Relevantes vorliegt und deren Schuld sich daraus erschließt, dass sie Muslime sind“.
http://projects.nytimes.com/guantanamo
„Auf der anderen Seite bis zu 558 Verschleppte nichtamerikanischer Herkunft, gegen die nichts juristisch Relevantes vorliegt und deren Schuld sich daraus erschließt, dass sie Muslime sind.“
der satz ist mir auch etwas aufgestoßen. das stört mich generell an der diskussion um guantanamo, dass häufig vorschnell so getan wird, als seien die insassen unschuldig, nur weil es einige unschuldige unter ihnen gibt. in vermutlich jedem gefängnis sitzen unschuldige, das ist nicht der skandal an guantanamo.
@#718977: Siehe dazu auch Arendt, Totalitarismus. Es gibt eine ganze MEnge Forschung, die davon ausgeht, dass es einen modernen Antisemitismus gibt, der sich vom alten, religiös motivierten Antisemitismus unterscheidet.
@#718982: Nein, das stimmt, das ist nicht der Skandal. Aber jurstisch gesprochen sind sie unschuldig, so lange sie nicht verurteilt sind.
Das Buch ist so neu, dass es in Wikipedia noch nicht mal aufgeführt ist (werke). Finds nur bei Amazon (immerhin).
@#718991: Jip, is von diesem Frühjahr.
Die Wikipedia-Seiten über die Dreyfusaffäre auf Deutsch sind übrigens im großen und ganzen nicht zu empfehlen. Da steht zwischendrin immer mal wieder ein Haufen Käse.
BTW: „graphologische (und nicht kaliographische!!?? Wenn schon denn schon: kalligraphische – aber das ist wieder was anderes: http://de.wikipedia.org/wiki/Kalligrafie – und auch nicht nur graphische!) Untersuchung…“ Ist schon eine crux (=ein Kreuz) mit den Fremdwörtern (oder mit dem Korrekturlesen?)…
@#718989:
“ Nein, das stimmt, das ist nicht der Skandal. Aber jurstisch gesprochen sind sie unschuldig, so lange sie nicht verurteilt sind. “
Aber sie sind „schuldig, weil sie Muslime sind“ ?
Wieso machst du eigentlich so fraglos die strategische Selbstviktimisierung islamistischer Prediger und Propagandisten mit ?
Man mag über alles geteilter Meinung sein bei dem Thema, aber gefangengenommen wurden die nicht „weil sie muslime sind“, sondern weil sie im Verdacht standen, einer menschenverachtenden Terror-Organisation anzugehören, bzw. eines ebensolchen Regimes.
„Schuldig, weil sie Muslime sind“ wird skandiert, um dem Terror moralische Rechtfertigung zu geben und Muslime zu solchen Aktivitäten zu bringen.
Eine noch (!) ausführlichere Rezension zu diesem Buch findet sich übrigens bei Begleitschreiben, wo Gregor Keuschnig ein sehr positives Fazit zu dem Buch zieht, weil es zeige, wie sich der Mensch in seinen Vorurteilen und Neigungen im Laufe der Geschichte nicht verändert habe. Falls jemand noch tiefer in die Materie eintauchen möchte…
@#718989: na, dann kannst du aber nicht „nichts juristisch Relevantes vorliegt“ und „juristisch gesprochen unschuldig weil nicht verurteilt“ in einen topf werfen. es kann durchaus was juristisch relevantes vorliegen, auch wenn sie juristisch gesprochen unschuldig weil nicht verurteilt sind, oder? (was den kern des problems betrifft, dass hier noch kein rechtstaatliches verfahren zugelassen wurde, worüber man wieder diskutieren sollte)
das ist einfach zu platt und hilft in keiner diskussion weiter.
ansonsten danke für den artikel, hatte das so detailliert gewusst.
Ich finde, der Major hätte Osterhazy heißen sollen. Das hätte der ganzen Sache noch so einen Twist gegeben.
@#718989:
natuerlich untescheiden sich christlicher antijudaismus (antisemitismus), antisemitismus der europaeischen (moderneren) praegung und muslimischer antisemitismus.
das stelle ich ja gerade nicht in frage.
mich wundert doch sehr die wahl der entstehung.
so also ob der (moderne) antisemitismus erst seit 1894 besteht.
das interessanteste am dreyfus prozess ist dann doch, dass theo herzl zu der zeit gerade in paris als journalist arbeitete und darueber berichtete und anschliessend den „Judenstaat“ schrieb.
ah, jetzt hab ich den link zum „Judenstaat“ ´gesehen.
In deiner Liste fehlt der jüdische Antisemitismus. Der Jude Broder nannte den Juden Abraham Melzer einen Antisemiten und konnte das auch, fand ich, ganz plausibel belegen. Dennoch verlor er vor einem Frankfurter Gericht, darf Melzer nicht mehr so bezeichnen. Ähnlich gelagert ist der Streit mit Frau Hecht-Galinski. Wenn ein Hardcore-Likudnik jüdischen Antisemitismus diagnostiziert, dann sollte man davon ausgehen können, dass es sich dabei um ein reales Phänomen handelt. Broder meint ja auch, Adolf-Nazi sei der eigentliche Gründervater Israels, nicht Ben Gorion oder die goldige Frau Meir. Würde man das als Christ behaupten, wäre einem das prompt als Antisemitismus ausgelegt. Ich hätte es übrigens gut gefunden, wenn du dir, statt wie immer umständlich und unispiriert eine Inhaltsangabe zu liefern, den Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus vorgenommen hättest. Broder sieht darin keinen Unterschied. Ich finde aber, dass es einen signifikanten gibt. Der Antizionist akzeptiert nicht mal Herzls Vorstellung von einem eigenen Staat, wo hingegen der Antisemit in der Vergangenheit die Enklave Madagaskar durchaus ernsthaft eruierte.
@#718999: Nein, das wird skandiert, damit rechtstaatliche Prinzipien nicht weiter unterwandert werden.
@#719006: Das stimmt. Aber in diesem Fall ist das meiner Meinung nach das gleiche. Was gegen sie vorliegt, ist ja Verschlusssache. Und deswegen kann das momentan nicht weiter beurteilt werden.
Eine Revision meiner Formulierung werde ich dann vornehmen, wenn im Laufe eines Prozesses Tatsachen auf den Tisch kommen, die dokumentarisch gestützt sind.
@#719026: Danke für die Ergänzung. Ich hatte den Komplex ausgespart, um nicht noch ein Fass aufzumachen.
Der Themenkomplex Antizionismus/Antijudaismus ist in der Tat interessant, aber für mich kein Thema.
@#719019: Zu dem Schluss kommen neben mir auch eben Begley und Arendt. Ist diskutierbar, ja. Dann bräuchte ich aber einen Alternativvorschlag.
@#718995: D’accord, danke für die Nota.
@#719027:
“ Nein, das wird skandiert, damit rechtstaatliche Prinzipien nicht weiter unterwandert werden. “
Nein, „schuldig, weil sie muslime sind“ wird skandiert, um die aktuellen Konflikte im islamistisch-ideologischen Sinne umzudeuten.
Etwas fahrlässig, wie du das einfach so übernimmst, oder glaubst du das wirklich ?
Kannst du mir bitte was erklären? Ich habe dich in der Vergangenheit hier schon desöfteren
> uninspiriert
genannt und bin dafür regelmäßig als Troll bezeichnet und mit Tieren verglichen worden („Trolle reden nicht, sie grunzen“). Jetzt tu ich es wieder und es macht dir plötzlich nichts mehr aus? Hast du ne Erklärung für dein inkohärentes Löschverhalten? Konsequentes Webmastering ist das ja wohl nicht gerade, oder?
@#718977:
Du meinst wohl: „… wo sie von feindlichen Kämpfern in Uniform, die ihr Land aus fadenscheinigen Gründen besetzen, festgenommen wurden.“ :)
Klickt man einen Namen in der NYT Liste, kommt passenderweise die Fehlermeldung: „We’re sorry, but something went wrong.“
„So ehrlich Begleys moralisches Empfinden sein mag, mit dieser indirekten Parallele (zwischen antisemitischen Ausbrüchen in Europa ab 1880 und antiislamischen Ausbrüchen in den USA nach 9/11) macht er es sich zu leicht.“
Scheint eine Parallele vorzuliegen, indirekte Parallelen gibt es nicht.
Ansonsten ist diese Feststellung des Rezensenten natürlich ein grelles Warnlicht.
Wer meint die Dreyfus-Affäre mit 9/11 in Verbindung bringen zu müssen, wird vermutlich auch zu anderen Fehlleistungen neigen.
„Auf der anderen Seite bis zu 558 Verschleppte nichtamerikanischer Herkunft, gegen die nichts juristisch Relevantes vorliegt und deren Schuld sich daraus erschließt, dass sie Muslime sind.“
Naja, der Rezensent hat hier ja ganz bemerkenswerte politische Einsichten; an anderer Stelle wird ein „xenophobes Verbrechen“ der USA festgestellt.
Aber so sind sie halt die Amis: islamophob bis zum geht nicht mehr, xenophob sowieso (Einwanderungsländer sind das oft) und natürlich verbrecherisch.
Weiter so!
„Eine Revision meiner Formulierung werde ich dann vornehmen, wenn im Laufe eines Prozesses Tatsachen auf den Tisch kommen, die dokumentarisch gestützt sind.“
OK, die Behauptungen waren:
1.) Alle Guantanamo-Häftlinge sind unschuldig – Tatsache ist, dass etlichen Terror nachgewiesen ist
2.) Die USA wissen, dass die Inhaftierten unschuldig sind
3.) Die USA nehmen grundlos Menschen gefangen, ausser eben, dass diese Moslems sind
Bei den Punkten 2 und 3 bist Du nachweispflichtig, denn es sind Deine Hypothesen.
Ansonsten, prima Rezension, habe auch andere gute Rezensionen Deinerseits gefunden.
Eventuell mit Tatsachenbehauptungen vorsichtiger sein, so gehts ein wenig Richtung Hetze.
So das wars dann aber auch, MFG Mr.Blue
PS: Amerikaner haben auch Gefühle.
@#719051: Nachgewiesen? Es gibt zwei Gerichtsurteile, beide Kuhhandel. Was die USA über SChuld und/oder Unschuld wissen, ist völlig unerheblich: sowas hat ein Gericht zu entscheiden. Wenn ein Land als Ankläger und Richter gleichzeitig auftritt, ist das nicht mehr zu vertreten. Wie nennt man das bei Privatpersonen? Genau, Selbstjustiz. Wenn Amerikaner stolz sein wollen auf ihr Land (was sie sein können, und das meine ich ganz unironisch), dürfen sie sowas nicht zulassen.
@#719036: Welchen anderen Grund gibt es, das sie in Guantanamo sitzen?
@#719040: Ich finde Deine Einwände meistens richtig und treffend, auch wenn ich meistens nicht einverstanden bin. Der obige Kommentar ist eine wichtige Ergänzung zum Artikel.
Ich hab prinzipiell kein Problem mit Kritik, nicht einmal mit persönlicher Anfeindung. Allerdings muss und werde ich verhindern, dass Du Deine Profilneurose im Kommentarbereich von Spreeblick auslebst, und es nicht mehr um die Artikel geht, sondern um Selbstdarstellung.
In der Hinsicht ist das Löschverhalten kohärent.
@Frédéric Valin (22):
> Ich finde deine Einwände meistens richtig, auch wenn ich
> meistens nicht einverstanden bin.
Du stimmst mir also meistens zu, obwohl du mir meistens nicht zustimmst. Ein MRT wäre ratsam.
@#719054: Ich anerkenne Deine Argumentation (wenn Du denn argumentierst, kommt hin und wieder vor), ohne ihr zu folgen.
(Auf einem MRT sieht man keine kognitiven Fähigkeiten.)
Zurück zur Sache. Wir haben jetzt genug über Dich geplaudert.
@#719043:
wenn ich auf die namen klicke oeffnen sich dokumente, die auskunft darueber geben, was das fuer nette leute sind.
@#719027:
modernen antisemitismus findest du schon bei voltaire, lichtenbegr, kant, goethe und herder, tolstoi, fichte, hegel usw (ausserdem im fruehsozialismus, insb bei bakunin).
nur weil arendt und ein anderer kerl das sagt, naja. als argument lasse ich das nicht gelten, als rethorischen trick allenfalls.
1819 kam es europaweit zu antisemitischen krawallen,
in deutschland wieder im laufe der revolution 1848/9.
auch den sozialdarwinismus gab es schon vor 1894.
VORSCHLAG: mach dir einfach mal die muehe und google bevor du so eine behauptung aufstellst.
broder hat meines wissens die prozesse in teilen gewonnen und darf hecht-galinski antisemitin nennen, auch den melzer und hajo meyer.
evtl reden wir aber aneinander vorbei.
vllt solltest du mal erklaeren, was du mit modernen antisemitismus meinst!
meinst du das als gegensatz zum mittelalterlichen christlichen antijudaismus, oder evtl als heutigen modernen antisemitismus, der haeufig als antizionismus daher kommt (ungleich anderen bin ich durchaus der meinung, dass antizionismus nichts anderes als antisemitismus ist) im gegensatz zum (klassischen/faschistischen/“normalen“) antisemtismus?
@#719058: Der moderne Antisemitismus zeichnet sich dadurch aus, die Auslöscung des Judentums zu fordern, nicht auf religiöse „Argumente“ zurückzugreifen und seine Ideologie auf „Genetik“, also Naturwissenschaft, zu fußen. Das ist zumindest sein Anspruch. Damit unterscheidet er sich grundlegend vom mittelalterlichen Antijudaismus und vom modernen Antizionismus, was beide nicht entschuldigt.
Statt zu googeln lese ich lieber Bücher von so Kerlen. Gerade zu solchen Themen.
@#719060:
dann ist mir wirklich schleierhaft, wie du dich der behauptung anschliessen kannst, dass es 1894 begann.
@#719052:
“ Welchen anderen Grund gibt es, das sie in Guantanamo sitzen? “
Dass bei ihnen der Verdacht besteht, einer terroristischen Soldateska anzugehören, die den Tod unschuldiger Menschen beabsichtigt.
Über die Haftbedingungen, die Rechtswidrigkeit der Verfahren, bzw. das Feheln jeglicher Verfahren usw. müssen wir uns nicht unterhalten, das war ein schwerer, ein dummer Fehler.
Aber „sie sind schuldig, weil sie Muslime sind“ ist die Propaganda der islamistischen Einheizer.
Dass „der Westen gegen die Muslime kämpft“ ist deren Apologetik, das Weltbild das die zu vermitteln gedenken, es ist Ideologie.
Deswegen schockiert es mich ein wenig, wie du das so übernimmst.
Es geht mir darum, für welche Seite man im Grundsatz ist, bei aller Kritik am Vorgehen der Amerikaner.
@#719065: Ich bin auf Seiten der Rechtstaatlichkeit. Sie zu übergehen, ist kein dummer Fehler, sondern die falsche Seite. Das heißt im Umkehrschluß nicht, dass ich für die Taliban bin. Mit dieser Kriegslogik „Wer nicht für uns ist…“ und so weiter wird politische Diskussion verunmöglicht. Das ist undemokratisch.
@#719062: Naja, man kann auch schon vorher einzelne Ereignisse ausfindig machen, wo es zu antisemitischen Ausbrüchen kommt. Aber die Mehrzahl der relevanten Bücher, Zeitschriften, Akteure treten nach und in direkter Folge der Dreyfus-Affäre in Frankreich auf.
@#719066: zion hat Recht, die Dreyfus-Affäre kann man nicht als „Geburtsstunde des modernen Antisemitismus“ ausmachen. Abgesehen davon, dass es historisch fast immer vereinfachend ist, mit Bildern wie einer „Geburtsstunde“ zu hantieren, ist das viel zu spät. Und wenn Du Bücher als Beleg willst:
„[…] wir finden in Frankreich wie in Deutschland und im Zarenreich ab den 1870er Jahren in vielen Bevölkerungsgruppen einen ausgeprägten Antisemitismus.“
(Bergmann, 2004: Geschichte des Antisemitismus, S. 38)
„Die »Judenfrage« war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ein feststehender Begriff, der […] zur Chiffre wurde, die einerseits politisches, kulturelles, ökonomisches Unbehagen zusammenfasste und andererseits Existenz- und Überfremdungsängste artikulierte.“
(Benz, 2004: Was ist Antisemitismus?, S. 83
Außerdem unterschlägst Du mit Deiner Interpretation wichtige Autoren des modernen AS wie Treitschke, Marr, Gobineau, die alle schon vor Deiner „Geburtsstunde“ publiziert haben. Mit Sicherheit hat die Dreyfus-Affäre eine wichtige Rolle für den modernen AS gespielt, aber die Geburtsstunde war sie nicht.
@Frédéric:
Wenn Du der amerikanischen Regierung en passant [1] unterstellst Gefangene zu halten, von denen sie weiss, dass diese unschuldig sind und das auch nur, weil sie Moslems sind, dann stellen sich mE grundsätzliche Fragen bzgl. Deiner ethischen Kompetenz.
Denke mal, dass Du Dich hier vergaloppiert hast, also einfach einräumen: Ja, so wollte ich es nicht ausdrücken, da ging mir was durch. Und gut iss.
[1] Ansonsten wäre die Rezension aus meiner Sicht sehr OK gewesen. :)
@#719066:
Das erklärt leider immer noch nicht deine Aussage „sie sind schuldig, weil sie muslime sind“.
Müssten die Amerikaner dann nicht konsequenterweise auch diejenigen Muslime nach Guantanamo verbringen, die in den USA leben ?
Ich glaube du hast dich da in eine abstruse Verschwörungstheorie von Islamisten und anderen Antiamerikanern verrannt.
@#719066:
„Das heißt im Umkehrschluß nicht, dass ich für die Taliban bin.“
es geht dabei auch in erster linie nicht um die taliban, sondern um القعدة (al-qa’ida).
@#719078: Fred ist also zwar nicht für die Taliban, aber für al qaida?
@#719086:
ne.
er sollte aber erkennen (und der link zur nyt ist dabei hilfreich), dass es hier nicht nur um die taliban geht.
die taliban“soldaten“ sind ja auch nicht aus menschen aus aller welt rekrutiert (wie die terroristen von al qa’ida, auch hier ist die dokumentation der nyt hilfreich).
die gehoeren meistens zu einem bestimmten volksgruppe in afghanistan.
@#719074: Du kennst den Unterschied zwischen „Ich schmeiße Käse aus dem Kühlschrank“ und „Ich schmeiße all den Käse, den ich im Kühlschrank habe, aus dem Kühlschrank“? Gut. So ungefähr, nur in ganz anderem Maßstab.
@#719090: Gut, es geht nicht um die Taliban. Und jetzt?
@#719071: Ja, es ist eine Zuspitzung, und ja, in einer Abschlussarbeit für die historische Fakultät Niederlausitz würde ich das so nicht schreiben. Einigen wir uns auf Kulminationspunkt, ja?
@#719072: Ich fürchte fast, dass ich diesen Männern unterstelle, Leute gefangen zu halten, deren Schuld sie nur vermuten, ja. Und die sie auf Grund ihrer Vermutungen (oder noch schlimmer, aus Angst, politischen Schaden anzurichten, wenn sie Leute rauslassen muss, deren Unschuld sie für wahrscheinlich halten). Ich unterstelle der Regierung Bush Größenwahnsinn und Selbstjustiz. Ich sehe, dass sie kein Interesse hatte, die SChuldfrage tatsächlich juristisch zu klären.
Aha, war also kein Missverständnis.
Dann hoffen wir mal, dass nur Antibushismus vorliegt und nichts Schlimmeres.
@#719099:
Käse jetzt bezogen auf die Muslime ?
Und warum nahmen die Amerikaner dann v.a. afghanische, bzw. dort residierende (aus welchen Gründen auch immer, seien wir neutral) Muslime fest und nicht gleich von Anfang an in Amerika Lebende ?
Deine „Muslime sind schuldig, weil sie Muslime sind, sagen die Amis“-These erschließt sich mir nicht.
@#719099:
hast du dir ueberhaupt die muehe gemacht, dir diese dokumentation ansatzweise anzusehen?
dort wird doch relativ detailgetreu (rechtsstaatlichen deutschen standards entsprechend) aufgelistet, warum diese leute inhaftiert wurden!
ich versteh wirklich nicht, wie jemand darauf kommt, zu behaupten, die usa wuerden leute festsetzen, weil sie muslim sind!
das grenzt an oder ist bereits schon terrorapologetik.
Das Problem mit Kombattanten zu Kriegszeiten ist immer, dass die in Friedenszeiten geübte Rechtspflege nicht greift, Soldaten bearbeiten Sachverhalte und Vorfälle nicht detektivistisch und den Normen unseres Strafrechts entsprechend. Es entsteht aus unserer zivilisatorischen Sicht zwangsläufig ein rechtliches Defizit.
Sind die Kombattanten zudem nicht einzelnen Staaten zuzuordnen, wie das beim Terrorismus oder beim Handhaben von Tätern aus sog. „rogue states“ der Fall ist, haben wir es also mit „illegegitimen Kombattanten“ zu tun, dann kann sich dieses zivilisatorische Defizit zu politischen Meinungen verstärken, die dahin gehen, dass die Handhabung der Kombattanten als Ganzes abgelehnt wird; das unter Hinweis auf die Rechtsordnung, und bspw. auf die Unschuldsvermutung und auf das Recht auf ein faires Verfahren.
Die Bewertung des Ganzen erfordert nun eine bestimmte ethische Kompetenz, und dann wird es oft schwer. (Wobei ich natürlich nicht die Einschätzung des Rezensenten (kaum fassbar, gell?) unterstützen möchte.)
@#719110: Ich hab mir die Dokumentation angesehen. Es bleiben Anschuldigungen, keine Urteile.
@#719101: Antibushismus ist süß, so als Wort. ;)
@#719167:
dann hast du sicher auch gesehen, dass bei keinem die anschuldigung war: „er ist muslim“.
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Dennoch ist es solid, wenn Rezensionen nicht mit bes. pers. Meinungen geschmückt werden.
Ein faszinierendes Buch, daß die gesamte Dreyfus Affäre chronologisch exakt wiedergibt und keinerlei Zweifel an den der Schuld Walsin- Esterhazys ofen läßt, sowie an der Unschuld Dreyfus. Interessanterweise behaupte der Deutsche Militärattaché in Paris, Maximilian von Schwartzkoppen, er hätte das berühmte Bordereau nie zu Gesicht bekommen. Also müßte ein Agent dieses in den Papierkorb geworfen haben, damit die frz. Putzfrau die im Geheimdienst aktiv war, es fand. Vielleicht um die frz. Regierung zuschwächen oder um von anderen Rüstungsaktivitäten abzulenken. Zweifellos aber ist, daß es Verhandlungen zwischen von Schwartzkoppen und Esterhazy gegeben hatte und daß Major Henry belastendes Material gegen Alfred Dreyfus gefälscht hatte. Nicht hoch genug einzuschätzen das mutiges Vorgehen Emile Zolas, der eigentlich nur zu verlieren hatte. Aber er konnte es mit seinem Gewissen nicht ertragen, einen Unschuldigen unter schrecklichen Umständen in Gefangenschaft zu wissen und verfasste „J´accuse“ (Ich klage an), wo er die Affäre (außer der Rolle von Paty du Clam) richtig einschätzte und mit der Hilfe von Mathieu Dreyfus eine Wiederaufnahme des Falles erwirkte, der schließlich zum Freispruch Alfred Dreyfus führte. Nicht zu vergessen die Rolle von Auguste Piquart und Leon Blums. All dieses schildert Louis C. Begley wunderbar und exakt und sehr genau.