Blogs sind wie Musik, wie Bücher, wie Filme, wie Nahrungsmittel. Sie sind wie Frauen und wie Männer, wie Namen, wie Farben, wie Gerüche.
Denn sie gehören einer gemeinsamen Gattung an, sie haben eine Form gemein. Ihr wahrer Reiz liegt jedoch genau in der Tatsache begründet, dass sich einzelne Blogs so sehr voneinander unterscheiden wie Blau von Rot, Salz von Zucker, Slayer von Nana Mouskouri. Allen Blogs, also dem, was man im Allgemeinen als Blogosphäre umschreibt, liegt zwar ein ähnliches technisches System zugrunde. Aber ganz sicher kein soziales.
Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten innnerhalb der Gattung, und eine der meines Erachtens wichtigsten ist, dass es jedem einzelnen Blog-Autor völlig frei steht, unter welchem Namen und wie und worüber und warum und wie oft er schreibt und was er mit seinem Blog anstellt (solange er sich im rechtlichen Rahmen bewegt). Ich empfinde das als große Freiheit, so wie ich viele der von mir gelesenen Blog-Autoren als Freigeister empfinde, als mehr oder weniger sympathische Spinner und Einzelgänger, die – vielleicht auch nur in der kleinen Nische, die ihnen ihr Blog bietet – ihren eigenen Weg gehen, ihr eigenes Ding machen. Ein Blog als technisches System ist Farbe und Leinwand, das Bild muss jeder selbst malen und es gibt niemanden der ihm das Motiv vorschreiben könnte. Ob nun also jemand bunte Blumen, Kothaufen oder Werbeplakate malen möchte oder die Farbe einfach nur auf der Leinwand verschmieren mag, sei ihm selbst überlassen, denn ob sich hinterher jemand für das Bild interessiert, entscheiden allein die Betrachter.
Das war und ist für mich das „We“ in „Weblog“: Das gemeinsame Wissen darum, dass es kein allgemeines „We“ gibt, nur weil man sich der gleichen Form oder Werkzeuge bedient. Es gibt keine richtige oder falsche Musik und es gibt auch kein richtiges oder falsches Blog.
Was es sehr wohl gibt sind Geschmack, Haltung, Stil. Ist alles Open Source und steht unter freier Lizenz. Gibt es aber nicht als Plugin und lässt sich auch nicht programmieren und schon gar nicht erzwingen.
Ob also irgendeine Form von Blog-Kodex wirklich sinnvoll sein könnte, haben wir uns schon vor fast zwei Jahren gefragt. In den kommenden Tagen werden wir dies wieder tun und ich freue mich auf eine sicher spannende Diskussion bei der re:publica.
Ich hab sogar gleich zwei „We“s im Blog. Hihi ;-)
In Zeiten wie diesen ist der Wunsch nach einfachen Erklärungen so stark, dass jede/r, die/der einfache Begriffe oder Beschreibungen liefern kann, sich ziemlich sicher sein kann, dass diese dankbar (und oft wenig oder gar nicht reflektiert) aufgegriffen und (viral?) weitergetragen werden – egal ob „Web 2.0“, „urbane Penner“, „Digitale Bohéme“, Anti-Terror-Konzepte, Beschränkungen der Menschen- oder Grundrechte, Gesellschafts- und/oder Wirtschaftskonzepte, usw.
Man könnte aber mal damit anfangen, immer und immer weider zu betonen, dass diese einfachen Erklärungen nicht mehr greifen und allenfalls dafür gut sind, Debatten zu starten…
Sehe ich auch so. Die Debatte hilft mehr als Regelwerke.
Schön, dass Saft (in Safari; Adfree in Firefox sicher auch) die neue adical-Cisco-Werbung wegmacht — „we“ wie in „Werbung“.
Ist ja alles schoen und gut, diese Diskussion ueber Kodexe und Verhaltensregeln und all solche schoenen Dinge. Nur:
Sollten das nicht die allgemeinen Regeln des menschlichen Zusammenlebens sein? Und warum sollten die fuer die „Blogosphere“ (was ist das ueberhaupt, gibt’s die ueberhaupt? Mit so einigen Bloggern moechte ich nicht so gerne in einen Topf geworfen werden…) anders sein als im beruechtigten „Real Life“?
Das Problem liegt doch woanders: Es gibt die „Guten“, die halten sich an diese Regeln, meistens freiwillig so dass diese die Regeln eigentlich gar nicht brauchen. Und es gibt die „Boesen“, die unterschreiben diese Regeln nicht, die interessieren sich nicht fuer diese Regeln und sie brechen diese Kodexe (na ja, eigentlich brechen sie sie nicht, da sie sie ja nie unterschrieben haben).
In der Bibel steht was davon dass man nicht toeten soll (war da nicht was von so 10 Geboten, auch so ein Verhaltenskodex…). Trotzdem bringen sich auch und gerade Christen gegenseitig immer mal wieder um, oder auch gerne mal andere (Unglaeubige).
Und dann soll das in der nicht einheitlich existierenden „Blogosphere“ funktionieren? Selbst wenn es sie geben sollte, sie ist doch auch nur ein Abbild dessen was in der Welt geschieht.
Aber Business schlägt Blog, oder?
@Armin: Zieh‘ mal Deinen Kopf wieder aus dem Sand. Wenn durch solch eine Debatte auch nur ein einziger Blogger, mit dem Du „nicht so gerne in einen Topf geworfen werden“ möchtest, seine Einstellung überdenkt, hat sie sich doch bereits gelohnt, oder nicht?
Bewusstsein schaffen. Jaja. :)
@M.Fehn: Ich habe Armin nicht so verstanden, dass er etwas gegen Debatten hat. Ich habe ihn so verstanden, dass es keinen Kodex für die Blogosphäre braucht, da diese zum einen gar nicht so als Einheit existiert und zum anderen die „bösen“ oder „nicht-bewußten“ (im Sinne von ‚kein Bewußtsein der Verantwortung usw.‘) Blogger sich sowieso schlecht benehmen.
@Armin: Das mit den „Guten“ und „Bösen“ ist in der Tat ein guter Punkt.
Und eigentlich ist es ein Wunder, dass es noch „Gute“ gibt, die sich an
Regeln, bzw. an Grundsätze (vermutl. ihre eigenen) halten, weil doch die öffentliche Meinung überwiegend so ist, dass man bescheißen sollte, wo man nur kann.
Das fängt mit „Kleinigkeiten“ an, z.B. GEZ, TÜV, Schmuggelzigaretten, Geschwindigkeitsübertretungen, Alkohol am Steuer, usw. an und hört vermutlich nicht bei „Zerstörung von Gemeineigentum“ (Nahverkehrsmittel, Parkanlagen, Spielplätze, Mülleimer, usw.) und natürlich von Privateigentum (Fassaden usw.), „Soziale Kälte“ (Vereinsamung, Verwahrlosung, zunehmende Gewalt, usw.) usw. auf.
Das zynische an der Sache z.B. bei den Geschwindigkeitsübertretungen ist, dass es alle in Ordnung finden, aber wenn dann das eigene Kind in der 30er-Zone vor der eigenen Schule von so einem „leichten Geschwindigkeitsübertreter“ totgefahren wird, dann ist das Gejammere wieder groß und der Schwarze Peter wird herumgereicht.
Um mal wieder zu meinem Punkt der „zu einfachen Erklärungen“ zurückzukommen: Wir leben halt in scheinheiligen und heuchlerischen Zeiten © ® αΩ. Und darüber schreib‘ ich jetzt schnell ein Buch, mache ein weiteres Weblog auf und lasse passende T-Shirts drucken ;-)
@ Oli CR:
„Wir leben halt in scheinheiligen und heuchlerischen Zeiten“
Taten wir jemals anderes?
@ Johnny:
„Sehe ich auch so. Die Debatte hilft mehr als Regelwerke.“
Das sollte in unserer Verfassung ganz oben stehen! Richtig schön gesagt.
Soooooo… mahlzeit allerseits. Mein erster Kommentar. Warum eigentlich? Ganz einfach: Der Spreeblick hats verdient, oder eher Tanja und Johnny. Ich hoere Spreeblick-Podcast jetzt seit ca. einem Jahr und habe, weil ich nach Berlin gezogen bin, alle casts vom Dezember und Anfnag Januar auf der Fahrt von Lübeck nach Berlin gehört, denn ich war zwei satte Monate offline. wow. Zumindest zu Hause. Ich gebe zu, dass Tanja mich von der Art an eine sehr gute Freundin erinnert, das spielt eine Rolle, aber Ihr seid einfach sehr kurzweilig. Und Unterhaltung hat ja auch die Bedeutung von Dialog. Ich hab ´mich schon oft erwischt, wie ich Euch antworte, anschreie oder applaudiere, wenn Ihr erzählt. Das ist doch ein Dialog, oder?
Als Ihr den Grimme-Award bekommen habt, hatte ich schon Angst, dass Ihr jetzt angestrengter werdet, wurde aber eines besseren belehrt. DANKE!
Ich finde, das Thema paßt sehr gut, denn ich habe bei Blogs/Podcasts das gleiche Problem, wie bei vielen anderen Dingen in meinem Leben – ich sehe/hoere etwas Gutes und denke mir – klasse – das ist super, lass mal mehr sehen. Mehr Blogs, mehr Podcasts. Und, was passiert?
In dem einem Jahr habe ich insgesamt drei gefunden, die für mich Sinn machen – pure und Dittsche. Ansonsten – für mich – nur Schrott oder Kommerz. Oder gut gemeint, aber schlecht gemacht.
Deshalb, Johnny: Bitte, sei froh!! Es gibt kein WE, weil es nun mal nur ein Medium ist. Willst Du ein Weblog-Festival machen? Alle Leute zusammentrommeln? Was willst Du mit denen machen?
Ich möchte am liebsten, dass sich die ganze Welt vereint, aber ich möchte auch ein klare Differenzierung unter den Blogs und Podcasts haben. Das würde es mir hier und in vielen anderen Bereichen wieder stundenlanges online-recherchieren in meiner knapp bemessenen Zeit ersparen um das Gute zu finden.
Das ist wie mit Berlin. jetzt wohn ich hier seit zwei Monaten und fahr im Kreis. Sag mir, welcher Blog/Podcast mir schnell sagt, was los ist. Das funktioniert nicht mit Berlin, die Stadt muss man entdecken. Genau wie Spreeblick.
In diesem Sinne – bleibt besser und anders!
also ich hab dazu keine klugen gedanken, aber ich wollt nur sagen, ich mal auch ganz gerne kothaufen. ja, das wars eigentlich schon.
Das, was dieser 2.0-Papst schreibt, das ist gerade mal ein äußerst schwacher und undurchdachter Anti-Stalking-Codex. Das geht an den meisten Themen völlig vorbei.
Kann die ganze Debatte nicht nachvollziehen. Habe kein „We“ im Blog-Namen, schreibe trotzdem, was ich denke :-)
Und Business ist auch wichtig, von irgendwas muss ich ja mein Brot kaufen, um den Hunger zu besiegen.
Lese trotzdem Spreeblick sehr gerne, wie auch 1000 andere Blogs.
VG