Ich war immer nett zu Köln, und Köln war immer nett zu mir. Die Stadt kann wirklich nichts dafür, wenn ich mit gemischten Gefühlen zur c/o pop fahre, und auch die Konferenz selbst ist unschuldig daran, dass ich der morgigen Diskussionsrunde, die ich moderieren werde, ohne größere Erwartungen entgegensehe.
Denn reden, das tun wir jetzt alle seit vielen, vielen Jahren über Musik und dieses Internet. Auf der c/o pop zum Beispiel, 2004. Oder auch 2005. Und 2006, 2007, 2008 und auch in diesem Jahr wieder.
Da werden etwas ältere Menschen von Musikverlagen und der GEMA erzählen, wie schwer es im Netz ist, die Rechte der Künstler zu schützen und dass man es dennoch tun muss. Und sie werden ein bisschen Recht haben, oft aber keine Ahnung und keine Lösungen und keine Kompromissbereitschaft und keinen Willen zur Veränderung der eigenen Position. Dann werden etwas jüngere Menschen aus dem Internet und der neu in die Debatte eingestiegenen Piratenpartei erzählen, dass alles ganz anders ist. Und auch sie werden ein bisschen Recht haben, oft aber keine Ahnung und auch keine Lösungen und keine Kompromissbereitschaft und keinen Willen zur Veränderung der eigenen Position.
Vielleicht aber bin ich gerade zu negativ.
Vielleicht wird in diesem Jahr alles ganz anders.
Denn vielleicht kann die GEMA mittlerweile erklären, wie lange es noch dauern wird, Creative Commons in bestehende Lizenzmodelle zu integrieren? Vielleicht können Labels und Verlage erläutern, wieso Dienste wie Spotify, die alle Beteiligten entlohnen wollen und zurecht begeisterte Nutzer-Kritiken erhalten, in Deutschland immer noch nicht offiziell am Start sind?
Vielleicht können die Piraten und P-2-P-Verfechter anschließend berichten, wer die Rechte von Creative-Commons-Künstlern wahrnehmen soll und wie selbige bspw. unerlaubte kommerzielle Nutzung unterbinden können, vielleicht können auch die Flatrate-Unterstützer verraten, wer ein Flatrate-Abrechnungssystem — welches vom Aufwand her das bestehende System der GEMA wohl locker in den Schatten stellen würde — planen, finanzieren und auswerten sollte.
Vielleicht passiert das alles und vielleicht nähert man sich gegen Ende der Diskussionsrunde an, findet Kompromisse und beschließt Lösungsansätze.
Wahrscheinlich aber nicht. Dann treffen wir uns eben nächstes Jahr wieder.
Und reden.
Hehe, nice, aber ebenfalls ein bisschen richtig.
„2008 hat die GEMA Einnahmen in Höhe von 823,0 Millionen Euro erwirtschaftet und damit 3,1 % weniger als im Vorjahr (2007: 849,6 Millionen). Davon wurden 700,6 Millionen Euro an die Rechteinhaber ausgezahlt.“
Source Wiki.
Flatrate wird keine 123 Millionen in Anspruch nehmen, es reicht eine Anlaufstelle, bei der man den Anteil berechnet und dann entsprechend austeilt.
Wer das übernehemen soll?
Der Staat dessen Aufgabe es ist, das Urheberrecht dementsprechend zu modifizieren. Die Gema selbst ist schließlich ein sehr einseitiger Interessenverband.
Klingt das nach der jungen Generation?
Und was mich am meisten erheitert, es wird schließlich darauf hinauslaufen, warum?
Weil wir die Zukunft sind;Wie viele der heutigen Jugendlichen werden sich selbst zurückwenden und auf den Pfad der medialen Zugangsbeschränkung bewegen?
Klar ist Piraterie geistiger Diebstahl, da will ich gar nicht daran vorbeireden, aber wenn wir eine vglbare GEZ/Kulturflatrate einführen und Konzerte nicht „Eintrittfrei“ sind, werden die Künstler es besser haben, als jetzt, insbesondere jene, die nicht immer in den Charts wühlen.
Paradoxe finde ich einen Vergleich mit der US Debatte um Gesundheitsversicherung (Medicare) ähnlich, da sprechen die Republikaner von Sozialismus bzw manche sogar Kommunismus und ja, in der Tat wird das Interesse einer bestimmten Gruppe gegenüber einen anderen Gruppe gefördet durch eine mögliche Reform.
Nun geht es dort um Gesundheit, um Leben und Tod, um die Krankheitsarmut und Millionen von Menschen, die nicht versichert sind.
Bei den Medien, geht es um Milliarden von Menschen, es geht um Zugang zu Wissen, Unterhaltung und Kultur, welche einen ebenso wichtigen Teil der Freiheit darstellt, wie das Recht auf Bildung und Gesundheit.
Und wenn ds Interesse des Kosumenten, hierbei gegenüber den Medienkonzernen, Verwertungsgesellschaften bevorteilt wird, und das als Kultukommunismus/Sozialismus bezeichnet wird, dann kümmert mich das wenig. Im Gegenteil ich werde weiter dafür sprechen die so und nicht anders zu tun, weil es richtig und besser für die Mehrheit ist.
Und Demokratie hat das Interesse der Allgemeinheit über das des Einzelnen zu stellen, und Minderheiten genießen das Recht auf Schutz, wenn dieser vereinbar ist, mit dem Verfassungsrecht. (u.a. auf Eigentum) und die Leermedienabgabe ist legitim, also ist auch eine Pauschale legitim, den es findet unmittelbare Wertschöpfung statt, der Künstler steht wieder für die Kunst und nicht für Interessensverbände, die auf Dividenede aus sind.
Ich habe ja keine Ahnung, aber warum ist spotify jetzt anders als bspw. Napster?
@#724376: Deine Gedanken zur Flatrate sind meiner Meinung nach nicht wirklich zu Ende gedacht. Um die Gelder der Flatrate wirklich gerecht aufteilen zu können, müssen alle Youtube-Videos, Podcast etc. analysiert werden. Welche und wie viele geschützte Songs werden verwendet? Werden die Songs ganz oder nur fragmentweise eingebunden? Wie oft werden Video/Podcast von deutschen Usern abgerufen? Ist jeder Abruf gleich einem unique User, bzw. wie verhindert man Verfälschungen der Statistik, wenn User die Videos/Podcasts auf mehreren Geräten runterladen? Das alles auszuwerten und dann eine Rangliste zu erstellen anhand der die Flatrate-Gelder an die Künstler verteilt werden, erfordert nicht nur eine Überwachungsinfrastruktur von der Schäuble nur träumen kann, sondern wird wohl auch das meiste der Einnahmen auffressen.
Diese Aufgabe kann und darf entgegen deines Vorschlags der Staat auch nicht übernehmen. Urheberrecht ist Zivilrecht. Die Aufgabe des Staates ist die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen, nicht deren Einhaltung. Der Staat ist ja auch nicht verantwortlich dafür, dass du deine Miete zahlst, sondern soll nur die Rahmenbedingungen schaffen, dass dein Vermieter sie einfordern kann.
Ich glaube nicht, daß das Flatratemodell funktionieren wird. Was funtioniert: die eigene Musik freigeben und so für Konzerte werben. Es wird sich dann herausstellen, daß es weniger Künstler gibt als zu Zeiten der Vermarktungsmaschine. Und das ist meines Erachtens durchaus gut.
beim link zu creative commons (wirklich eine großartige sache) hast du dich vertippt..
und hey, reden ist immer noch besser als nüscht zu tun..
@Piratenwahl: Jau, du bist auch kein Künstler. Wobei wir wieder bei einem der vielen Probleme der von dir beworbenen Partei wären.
@#724386: und wer bezahlt dann studiomusiker? oder bands die nicht touren wollen? oder die spritpreise wieder steigen, wie vor zwei jahren, als sich auch das touren nicht mehr gerechnet hat? sollen sie dann noch im bus pullover stricken und die verkaufen?
oder wenn e-books mal soviel kopiert werden wie heute musik, sollen dann alle autoren lesungen machen? auch die die ganz schlecht im vorlesen sind?
das ist doch nicht praktikabel. natürlich muss ein modell gefunden werden wo musiker (und künstler im allgemeinen) für das bezahlt werden was sie machen: musik. red hot chilli peppers zum beispiel sind live sehr beschissen. ihre t-shirts sehen scheisse aus. wären sie 15 jahre später gewesen, hätten sie es sich nach deinem model nie leisten können musik zu machen.
ich halte es da mit sascha lobo der mal getwittert hat: „Wer mir sagt, Musiker sollen ihr Geld mit T-Shirtverkäufen verdienen, kriegt sein nächstes Gehalt in Büromaterial ausgezahlt.“
Der Vergleich von Lobo hinkt doch hinten und vorne, aber das nur nebenbei.
Sicher sollen Künstler nicht ausschließlich von T-Shirts und Konzerten leben. Es gibt schließlich noch genügend Leute, die sich die Musik auf CD’s und Vinyl kaufen, auch wenn sie sie schon (illegal oder nicht) digital auf Platte haben. Es geht darum, ein Modell zum Ausgleich der Ausfälle durch P2P u.ä. zu finden, anstatt immer nur hilflos (und vergeblich) die Löcher zu stopfen, durch die mp3s ins Internet sickern.
@#724401: natürlich hinkt der. genau deshalb ist er als vergleich so gut, denn das machen die vorschläge musiker müssen mit der formel (gemischtfinanzierung – musikeinnahmen = geld verdienen) auch.
darüberhinaus stimm ich dir zu.
@#724400:
(davon abgesehn, dass ich selber auch die option „flatrate“ für eine durchaus gute lösung halte und mein posting einen etwas „kulturfrustrierten“ persönlichen standpunkt innehaben mag:)
„red hot chilli peppers zum beispiel sind live sehr beschissen. […] wären sie 15 jahre später gewesen, hätten sie es sich nach deinem model nie leisten können musik zu machen.“
und wo ist das problem? ich lehne mich jetzt einfach mal so weit aus dem fenster und behaupte, dass die wirklich innovative kunst im bereich „musik“ im bisher bereits lausig bezahlten (und z.b. von verwertungsgesellschaften wie der gema komplett ignorierten) bereichen statt findet. (nebenbei: „live“ ist genauso – sogar ursprünglicher – bestandteil der kunstform musik wie die konserve.)
warum beobachtet man immer wieder, dass die „künstler“, die am lautesten von ACHWIEVIELMILLIARDENENTGANGENGENEINNAHMEN genau die sind, die musik wirklich nur noch als „produkt“ wahrnehmen?
city of caterpillar, aesop rock und orchid sind unter dem derzeitigen system eh schon arm; warum von der vermarktungsmaschinerie favorisierte „acts“ wie fall out boy, silverstein und 50Cent (von britney, mousse t. und konsorten gar nicht zu sprechen) aus rein künstlerischer sicht (die ja immer wieder herangezogen wird) schützenswerter sein sollen (wie sie es in den derzeitigen faktischen verhältnissen sind), erschließt sich mir nicht wirklich.
und wie schmierwurst schon sagte: der „musikliebhaber“ als „einnahmequelle“ wird auch durch downloads (bzw. tut es derzeit ja faktisch schon) nicht verschwinden.
@#724380: Der unterschied ist einfach: Bei Napster & Co hast du das MP3 „erworben“, bei spotify streamst du nur die musik. willst du sie dauerhaft haben (bzw auch im auto / am mp3 player hören), musst du sie kaufen.
Spotify ist im Prinzip ein „wünsch dir was“ Radiosender
Ich hab‘ ja eigentlich keine Ahnung von der Materie, aber ich möchte auch gern mitmachen.
*hust* Also: Warum nicht die Flatrateuser entscheiden lassen, was von ihrem Geld an welche Musiker geht? Optional. Und es müssen ja auch nicht 100% sein, sondern 50, 33.
Klar gäbe es da massive Verzerrungen und mit dem pseudorationalistisch Geist der Industrie nicht zu vereinbaren. Die würde wahrscheinlich lieber alles 1:1 umrechnen.
Zusätlich könnte man Veröffnetlichungen außerhalb der Flatrate ermöglichen. Es gibt ja noch Leute, die Vinyl kaufen. Und Singles mit Extrabonuszeug, das es sonst nicht gibt.
Na ja, das haben das wahrscheinlich schon tausend andere vorgeschlagen, mit entsprechenden Gegenargumenten, aber wir haben ja ein kurzes Gedächtnis. Nächstes Jahr reden wir dann wieder drüber.
Meines Erachtens sind die meisten, die sich als Künstler bezeichnen, in Wirklichkeit keine. Das Netz wird hier eine gesunde Selektion durchführen. Die echten Künstler werden sich weiter durchsetzen. Wozu z.B. braucht es “ Studiomusiker“ , wenn Musikmachen wieder zurückfindet zur Aufführungspraxis der Vor-Schallplattenzeit? Durch die Tonträgerindustrie haben sich zweit-und drittklassige Künstler etabliert in Nischen, die jetzt gottseidank durchlüftet werden. Gute Autoren, deren umsonst verbreitete Texte Kultstatus bekommen, werden dann sicher auch eine handsignierte Luxusausgabe ihrer Texte los und kommen zuzüglich Lesungen so auf ihr Geld. 1000 Luxusbücher zu 300 Euro halte ich für absetzbar und ergeben doch ein recht hübsches Sümmchen.
Wo kommt eigentlich diese selbstverständliche „Musiker müssen mit dem, was sie machen, sattsam Geld verdienen“-Attitüde her? Warum sagt das keiner über die Hersteller von Pferdekutschen oder von Röhrenradios?
Hat einer von den „Auch Musiker, die live scheiße sind, müssen von ihrer Musik leben können“-Forderern mal darüber nachgedacht, seit wann es überhaupt Popmusiker gibt, die von ihrer Musik leben können?
Das ist ein sehr junges Phänomen und gemessen an der Gesamtzahl aller Musiker auf der Welt war es nie weit verbreitet.
Womöglich war das einfach nur ein vorübergehender Moment in der Geschichte der Kultur und wir können dem beruhigt ein Ende setzen.
Popmusik, auch sehr gute, gab es schon vor den Schallplatten.
@cosmo
ist denn Kultur gleichzusetzen mit Industrie? bzw. ist das wünscheswert?
Pop will eat itself — immer noch einer meiner Lieblingsbandnamen.
@#724418: Nein.
Ich hab jetzt aber nicht den Eindruck, dass ich machen oder implizieren würde. Worauf willst du hinaus?
@#724415: dann hast du das prinzip künstler nicht verstanden. künstler ist jeder der einer sein will. das heißt noch lange nicht dass er gut ist, oder dass er von seiner kunst leben kann.
vielleicht findet das alles zu einem vor-studio-zustand zurück. das ist tatsächlich eine spannende frage. ich fänds schade, denn die letzten knapp 50 jahre pop haben uns eine unglaubliche vielfalt an guter musik gebracht. aber das ist dann vielleicht auch schwierig mit einem kulturpessimisten zu diskutieren.
@#724416: „sattsam“ hat doch niemand geschrieben. es sagt auch niemand dass schlechte bands auskommen müssen. es geht nicht um subventionierung, sondern lediglich darum dass sie mit dem was sie machen geld verdienen.
popmusik gab es vor den schallplatten? welche soll das gewesen sein? bevor es die schallplatte, fm radio, die modernen vertriebswege, plattenfirmen und studios gab, war die westliche welt von einer handvoll musikgenres dominiert.
jetzt eine steile these: wir würden vielleicht heute noch alle volksweise singen, wenn elvis damals nicht so verdammt viel kohle mit seinen singles verdient hätte.
Ich persönlich als Klassikfan kann auf vieles-nicht alles- der Popmusik verzichten, die in den letzten 60 Jahren entstanden ist. Das heißt aber nicht, daß Popmusik auch in Zukunft Kundschaft findet. In der Vor-schallplatten-Zeit gab es natürlich auch Popmusik, eben die “ Volksweisen“ .Qualitativ gute Popmusik wird wahrscheinlich in Richtung “ Liedermacher“ überleben, aber im Liedermacher ist ein gutes Stück tradierte Volksweise enthalten.
Was minimiert werden wird: Popmusik, die vor allem aus visueller Show von nicht gesangsfähigen oder zumindest stimmlich ausdrucksstarken “ Künstlern“ kommt. Dieter Bohlen, clever wie er ist, scheint das erkannt zu haben, tritt nicht mehr selbst auf, sondern macht viel Geld in einer Show, bei der es um Schadenfreude auf Kosten von Nichtgesangstalenten geht. Es wird also weiter “ künstlerische Perversionen“ geben, aber vielleicht weniger. Und das begrüße ich.
was mich immer so nervt: das diese debatte geschmäcklerisch geführt werden muss. ich kann mit lady gaga nix anfangen, mir gibt pink gar nichts, ich finde mousse t. albern. das gibt mir aber noch lange nicht das recht jetzt einfach mal zu urteilen, das das keine musik sei, die man ernst zunehmen habe und das die eh nur so erfolgreich sind, weil die pöhse industrie den menschen eingebleut hätte, das gefälligst gut zu finden.
man muss eben auch damit leben, das viele menschen einen anderen geschmack als man selbst hat. und das es musiker, künstler, interpreten, younameit, gibt, die diesen geschmack bedienen. und die sollen für ihre arbeit entlohnt werden. und ja: dafür kann und sollte man auch studiomusiker nehmen. und ja: auch die sollen für ihre arbeit entlohnt werden. und deswegen muss eine neue idee her, wie das funktionieren kann, statt allen künstlern zuzurufen: ihr habt kein recht auf belohnung, wenn ihr nicht mindestens eine tolle liveband seid, tolle t-shirts macht und reiche loyale fans habt, die euch die cds für nen 1000-euro-stückpreis abnehmen. wo sind denn da bitte die relationen?
ich verstehe nicht, was daran nicht zu verstehen ist.
@#724386: @#724415: @#724424: Es ist unter anderem die geradezu ekelhafte Arroganz gegenüber Kreativen, welche die von dir beworbene Partei für mich unwählbar macht. Debatten über das Urheberrecht in digitalen Zeiten haben nichts mit der Bewertung von Kunst, Künstlern oder deren Werken zu tun und es ist völlig unerheblich, was du als „künstlerische Perversion“ bezeichnest. „Die meisten Künstler“ sind deiner Meinung nach gar keine? So what?
Denk noch ein, zwei Schritte weiter und frag dich, bei wessen Gedankengut du dann gelandet bist. Sorry, aber das meiste, was von „Piraten“ zum Thema Kunst und Kultur verbreitet wird, ist unfassbarer Bullshit. Ich glaube, wie man weiß, nicht daran, dass man jemals die reine Musik verkauft hat und verkaufen wird. Aber ich emfinde es als Frechheit, so über das Schaffen anderer zu reden, wie du es tust. Wenn dir vieles der Popkultur egal ist: Niemand zwingt dich, sie zu konsumieren oder zu bezahlen. Du kannst dich problemlos auf die Musik beschränken, die dir von Künstlern geschenkt wird. Daraus ergibt sich aber keineswegs das Recht, dass dies alle tun müssen und dass du ein Recht hast, darüber zu bestimmen, wer seine Musik wie machen oder vertreiben möchte.
Wenn es den Piraten so um die Freiheit aller geht: Warum setzen sie sich bspw. nicht vehement dafür ein, dass in Tauschbörsen nur Kunstwerke von Künstlern vertrieben werden, die das explizit wünschen? Warum stellt ihr euch nicht schützend vor das Recht derjenigen Künstler, die selbst entscheiden möchten, wo und wie ihre Daten erscheinen und benutzt werden? Wieso ist euch Datenschutz und Selbstbestimmung an diesem Punkt egal?
Und was mich in diesen Zusammenhängen auch immer interessiert: Was machst du, um deinen Lebensunterhalt zu verdienen? Wer bezahlt deine Miete?
@#724429:
Kannst du nochmal kurz und höflich zusammenfassen, warum?
Wem zum Nutzen müssen unbedingt reine Studiomusiker von ihrer Arbeit leben können?
Nicht, dass man mich für meine Fragen gleich als Kulturfeind versteht: Reine Romanautoren können von ihrer Arbeit auch nur in Ausnahmefällen leben und dennoch haben wir eine sehr gesunde Romankultur.
@ cosmo: du erwartest also das jeder, der in zukunft musik machen will, gefälligst alle instrumente spielen können soll? oder direkt eine band gründen soll, auch wenn er lieber alleine musik macht?
@#724431: Warum muss eigentlich ein Tischler von seiner Arbeit leben können? Die wenigsten selbständigen Tischler sind wirklich erfolgreich, wir haben aber trotzdem genug Tische.
Es geht nicht darum, dass es Garantien dafür geben muss, dass jeder Musiker von seinem Schaffen in der Praxis leben können muss, das geht ja gar nicht. Es geht darum, dass er es theoretisch und in bestimmten Fällen kann (bei genug Talent, Können, Erfolg, Glück) und dass ihm niemand das Recht nimmt, dies zu können. Der Künstler/ Autor/ Musiker/ Komponist hat das gleiche Recht, für sein Schaffen Geld zu verlangen, wie der Tischler. Ob sie es auch bekommen, steht auf einem anderen Blatt, und wer wofür bezahlt, auf einem nochmal anderen. Das gilt es zu diskutieren, finde ich, und nicht, dass Künstler jetzt eben Pech gehabt haben.
War mal jemand von euch bei der Arbeitsagentur und hat angegeben, dass er Autor oder Musiker ist? Dafür wird man in Deutschland ausgelacht. Und dann wundert man sich, warum (Pop-) Kultur in anderen Ländern als Exportgut hoch gehandelt wird und man die grandiosen Künstler hierzulande an den Fingern einer Hand abzählen kann.
@#724432:
Mh. Danke für deinen Diskussionsbeitrag.
Ich habe gar nichts gefordert oder „erwartet“. Ich habe dich nur um etwas gebeten.
@#724415:
Schön, dass du meinst, das für alle entscheiden zu können.
@#724434:
Höchstens fünf grandiose Musikkünstler in D? Das halte ich nun wirklich für gewagt.
@johnny: Ich bin kein Künstler, habe mich auch seit meinen Erwachsenenjahren( in der Jugend hab ichs anders gesehen, mal einige Semester Musik studiert) nicht als Künstler gesehen. Mein Geld verdiene ich mit dem Verkauf alter Sachen.
Meine Einstellung zum Künstlertum: Dieses muß sich an gesellschaftliche Wirklichkeiten anpassen, echte Künstler tun das , manche sogar gern. In früheren Zeiten haben erst adelige und dann auch bürgerliche Sponsoren sich Kunst erkauft, der Künstler war wirtschaftlich- wenn er nicht mal besonderen Erfolg hatte und in kurzer Zeit zu schnellem Reichtum kam- wirtschaftlich immer bedroht. Mozart hat in gewissem Sinn ein Rockerleben geführt, irrsinns Geld eingenommen und wieder verpraßt. Schubert war eigentlich immer arm. Deine Sicht des Künstlertums ist eine, bei der sich hinter dem Rock/Punk-Äußeren der gute Bürger versteckt, der eine Art Musikbeamtenstatus sucht. Und mit einer solchen Einstellung ist man kein Künstler, auch wenn man noch so gern einer sein möchte. Ein echter Künstler akzeptiert die Unsicherheiten des Künstlerlebens( wenn auch manchmal ungern) , und man sollte am Ende der Jugend, spätestens mit Mitte 20, herausgefunden haben, ob man künstlerisch wirklich was zu sagen hat oder ob es einem nur um den Status des Künstlers geht.Dann kann man doch was anderes machen, hab ich ja auch gemacht. Alle, die mit über 30 noch über ihre Nichtentdeckung lamentieren, haben ihre Armut wegen Unfähigkeit zur Selbstreflektion verdient. Das gilt übrigens auch für den Klassikbetrieb, dem ich sämtliche Subventionen auch bezüglich der Ausbildung( Musikhochschulen) streichen würde.
Um es nochmal zusammenzufassen: Wenn ein Künstler im musikalischen Bereich es nicht live bringt , ist er für mich keiner. Wenn der Maler und der Autor sich nicht so gut verkaufen können, daß ein Publikum keine Sucht nach ihnen entwickelt, sind sie keine Künstler. Künstler ist der, der ein Publikum so fasziniert, daß es unbedingt zahlen will, um den Typen live zu sehen oder eine spezielle Devotionalie in die Hand zu bekommen.
noch @ johnny: Den Arbeitsamtsmitarbeitern würde ich noch einen Lachkurs spendieren, damit ihr Lachen noch abschreckender wirkt. Aus den obengenannten Gründen.
@cosmo(22):
Es geht nicht darum, dass ein (Studio)musiker auf jeden Fall Geld bekommt. Wenn er aber Musik macht, die von ein paar Leuten gehört wird, sollte er dafür Geld bekommen, bzw. es ist sein gutes Recht dafür Geld zu verlangen.
Wenn ein echter Künstler einen Begleitmusiker im Studio braucht, kann er den doch bezahlen. Ein kleine Gruppe auftrittsgehemmter Studiospezialisten wird sicher überleben. Vielleicht brauchen die Stones auch mal eine Geige im Hintergrund…
@#724435: okay cosmo, sorry, die pferde sind etwas mit mir durchgegangen und ich bin in dieselbe falle getappt ,die mich selber auch immer so ankotzt: der ton in blogdiskussionen. nochmal: sorry. ich streiche gerne solche wörter wie „gefälligst“ damit meine empörung rausgenommen wird. auch ist mir klar das du erstmal nichts gefordert hast oder „erwartest“ (naja, das mag jetzt auch wortklauberei sein, denn in deinem vorigen beitrag wirfst du ja die rhetorische frage in den raum, warum popmusiker geld für ihre musik bekommen sollten, die du aber mehr der weniger mit deinem fazit, das es pop schon vor schallplatten gab, abschliesst…) hast.
aber der inhalt meiner antwort bleibt bestehen: man braucht studiomusiker. weil keiner alles können kann.
okay?
Die ganze Diskussion hier geht langsam total am Thema vorbei. Es geht doch darum, dass es Hörer gibt, die offensichtlich Musik hören/haben aber nix dafür bezahlen wollen. Da die Beispiele Mozart und Schubert anzubringen ist einfach Humbug. Damals gab es einfach keine Möglichkeit Musik zu konservieren und sich daheim anhören zu können.
Und ein echter Künstler akzeptiert natürlich die Unsicherheit seines Künstlerlebens. Es gibt genug Künstler, die nie von ihrer Kunst leben können.
Aber, wenn man als Künstler etwas hervorbringt, das ein Publikum findet, hat man doch das Recht damit etwas zu verdienen. Übertragen auf eine andere Kunstform: Ein Maler wird etwas dagegen haben, wenn man eines seiner Werke abfotografiert und hochauflösende Bilder kostenlos im Internet zur Verfügung stellt, damit sich jeder, der will ein Poster davon drucken kann.
PS. Nur ein Live-Musiker ist ein echter Künstler ist der größte Unfug den ich seit langem gelesen hab.
noch @ johnny: Nimm doch Deine Musikerkarriere als Beispiel, Du hast kürzlich was drüber geschrieben. Die Sache ist doch nicht an Verletzung von Urheberrechten gescheitert, sondern daran, daß die Plattenbosse Dich nicht wollten. Heute entscheiden keine Plattenbosse, sondern das Publikum. Das ist doch ein viel ehrlicherer Weg. Ein Beispiel aus der Klassik: Valentina Lisitsa gilt als “ youtube-Pianistin“, weil sie halt konsequent diesen Weg gegangen ist in den letzten Jahren. Die stellt alles von sich ein, inzwischen auch in guter Qualität. Und scheint konzerttechnisch gut im Geschäft zu sein. Ich kauf mir doch keine Klassik-CDs oder Platten mehr, wenn ich in hinreichender Qualität die Stücke umsonst auf youtube bekomme. Vielleicht kaufe ich mir aber mal ne Konzertkarte, wenn Frau Lisitsa hier in Berlin spielt.
@wolfgang: ein guter Maler wird diese Fotografien selbst ins Netz stellen. Damit die Kunst-und Dvotionalienfreaks weltweit so heiß werden, daß sie das Original für ne sechsstellige Summe kaufen wollen.
@piratenwahl: Komisch, dass mir im Museum immer verboten wird zu fotografieren, weil ich im Museumsshop ein Poster kaufen soll.
ich war in den letzten Jahren mehrfach im louvre. Da ist Fotografieren erlaubt. Deshalb fahre ich auch bei jedem Parisbesuch wieder hin. Wenn Provinzmuseen das anders handhaben, machen sie denselben Fehler wie die Möchtegernkünstler.
@#724445: Soso, ein guter Künstler ist nur, wer sich gut vermarkten kann. Inhalt scheißegal. Vermarktungsdarwinismus.
Eigentlich möchte ich lieber in einem Land leben, in dem es möglich ist mit Arbeit Geld zu verdienen. Studiomusiker ist ein Handwerk. Produzent ist ein Handwerk. Techniker ist ein Handwerk. Und das ist nur der Musiksektor. Beim Film wirst du noch eine ganze Menge mehr Handwerker finden, die sich über ihren Job nicht ausdrücken wollen, sondern vor allem Geld verdienen wollen. Aus Calvinistischer Sicht kann man sicherlich auf das alles Verzichten und Hollywood, Babelsberg und die Bavaria Studios dem Erdboden gleichmachen. Vielleicht passiert es ja auch von selbst. Aber wenn das von einer Regierung entsprechend ihren ideologischen Maßstäben festgelegt wird, was Kunst ist, stinkt das einfach mal nach Fortsetzung von Bücherverbrennung mit anderen Mitteln.
Die Piratenideologie zeigt nicht eine progressive Haltung zur Situation, sondern ist eine durchweg konservative Idee zur Beibehaltung der jetzigen Klauen-ist-geil-Mentalität. Im auf-die-Bremse-treten steht die Partei den etablierten Volksparteien also um nichts nach. Eher im Gegenteil.
@#724430: Ich teile, gerade auch wieder wenn ich die Piratenposition in dieser Diskussion höre, deine Ansicht – da stehen sich zwei Pole gegenüber, die unfähig sind, Kompromisse einzugehen. Dadurch werden Möglichkeiten vergeben.
Ich finde es zum Beispiel schade, dass man bei Youtube nicht selbst Musik anmelden kann, wenn man sie verwenden möchte. Dadurch könnte der entsprechende Künstler angemessen (oder zumindest: überhaupt) entlohnt werden. In einer Situation wie der gegenwärtigen, in denen ausgerechnet die Rechteverwerter eine derartige Rechteverwertung blockieren, kann man solche Schritte nicht erwarten. Mit dem Resultat, dass die Musik ungenutzt bleibt, nicht mal ein Kleinstbetrag den Besitzer wechselt und am Ende zwar niemand einen unrechtmäßigen Nutzen davonträgt, aber alle einen rechtmäßigen Schaden haben.
Hätte man ein Kleinstbetragzahlsystem im Netz, hätte man bereits ganz andere Möglichkeiten. Statt Kulturflatrate und ähnlichen revolutionären Ideen würde ich es viel interessanter finden, wie man es hinkriegen könnte, dass man einer bestimmten Person per Klick 10 cent zukommen lassen könnte, ohne dass die Verwaltung das vielfache von dem Kosten muss. Ein Spreeblickartikel (wenn es nicht gerade nur nen Youtubelink ist) wäre mir zum Beispiel auf jeden Fall 10 cent wert. Aber nur dann, wenn ich ihn auch lesen möchte und nicht im Abo.
Derartig generierte Einnahmen könnte man entsprechend weiterleiten – dann werden aus Cents vielleicht Euros und bei Nutzung in mehreren Blogs vielleicht sogar Beträge, die zumindest ansatzweise den Aufwand honorieren. Spätestens wenn man sie über Monate zusammenfasst.
@piratenwahl
deine Definition von „Künstler“ entspringt deiner Biografie, hast du je selbst schon erkannt.
Ich würde fast den gesamten Dunstkreis um Kultur und Unterhaltung dazu zählen, mir ist es ehrlich gesagt auch wurscht, ob der „Künstler“ hinter seiner Kunst steht oder nur aus kommerziellem Interesse schafft, solange es mir gefällt.
Deine Extrem-Beispiele von Superstars (Mozart) haben mit der wirklichen Welt auch nicht wirklich was zu tun – es waren damals Ausnahmen und die gibt es auch heute
@#724442: Okay, akzeptiere ich so.
Übrigens war das wirklich keine rhetorische Frage. Die Ansichten sind hier keineswegs schon verteilt und werden nur noch ausgetauscht. Ich bin mir in diesen Fragen selbst nicht schlüssig. Ich finde deine Antwort legitim und die Beiträge von @#724433 und @#724440 dazu auch sehr gut.
Nur bin ich bin mir halt sicher, dass es falsch ist, so zu tun, als würde mit dem Untergang des Mit-Musik-Geld-verdienen-Könnens das kulturelle Ragnarök auf uns zu kommen.
@piratenwahl: Schön, dass fotografieren im Louvre erlaubt ist. Ist und bleibt aber die Ausnahme auch außerhalb von Provinzen. So war z.B. im „Jeu de Paume“ (ebenfalls Paris) fotografieren nicht erlaubt.
Aber darum ging es im Kern nicht. Sondern darum, dass der Erschaffer eines Werks bestimmen darf, was damit geschieht. Wenn er fotografieren und vervielfältigen erlaubt, schön. Wenn nicht, auch sein gutes Recht.
Allerdings wundert mich, dass Du als Klassikfan nur Livekünstler als „echte Künstler“ bezeichnest. Wie steht es denn bei dieser Ansichtsweise mit Komponisten, die überhaupt nicht live spielen? Oder Orchestermusikern, die zwar live spielen aber nichts komponieren?
@Wolfgang: Das zeigt, daß Du keine Ahnung von “ klassischer Musik“ hast. Bis ins 20.Jahrhundert hinein war der aufführende Komponist die Regel, der reine Instrumentalsolist ist überhaupt erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Hätte Mozart nur Studiomusiker sein wollen: er wäre nie gespielt worden. Mit Liszt, der aber ja seine eigenen Werke gespielt hat, begann quasi der Popstarkult, den wir heute kennen, davor haben Komponist und Aufführende auf Show verzichtet. Bis zur Hochromantik gab es den Nur-Komponisten und Nur-Musiker gar nicht, alles andere ist Produkt der Spätromantik, mit der ja auch der Abstieg der europäischen Kunstmusik begann. Ich sage also: back to the roots.
@piratenwahl
Reaktionär
@ christoph: genau, und zwar reaktionär im besten Sinne.
@#724483: Gehörst du eigentlich tatsächlich zu den Piraten oder versuchst hier nur, ihnen die Wähler zu vertreiben?
Nein, ich wähl sie nur. Für eine Mitgliedschaft in welcher Partei auch immer bin ich vermutlich zu individuell. Ich glaube auch nicht, daß ich Piratenwähler vertreibe. Piratenwähler mögen im Einzelfall ganz andere Meinungen haben als ich, sind aber, so glaube ich, denkradikal. Die meisten -gerade aus der alternativen Szene- hängen sich gerne das radikale Mäntelchen aus Imagegründen um, sind aber in Wirklichkeit sehr bürgerlich. Alles muß seine Ordnung haben, man braucht einen gesicherten Arbeitsplatz usw. Wer in diese Richtung denkt, wird mich vielleicht als Auslöser nehmen, die Piraten nicht zu wählen, hätte sich aber sonst einen anderen Grund gesucht, weiter die Grünen oder die SPD zu wählen. Meines Erachtens brauchen die Piraten garnicht soviele Wählerstimmen, sie ändern auch so schon genug. Piraten in Mehrzahl im Bundestag, das überfordert diese Gesellschaft.
@piratenwahl: Stimmt ich höre sie bloß.
Allerdings wüsste ich doch gerne mal wie Mozart alles selbst aufgeführt hat, z.B. seine Opern? In wechselnden Rollen, oder wie? Und parallel alle Instrumente? Oder sprichst du jetzt lediglich vom Dirigieren?
Ohne ausführende Musiker kann man niemanden dirigieren. Es ist doch nun mal Fakt, dass vor allem, die klassische Musik darauf angewiesen ist, dass in einem Orchester Musiker sind, die Nur-Musiker sind und ein Werk aufführen, das jemand anderes komponiert hat. Und was ist ein Orchestermusiker anderes als ein Studiomusiker. (Und bevor du jetzt wieder was schreibst, natürlich gibt’s da einen Unterschied. Aber im Sinne von dem Prinzip einer spielt etwas, was jemand anderes komponiert hat, nicht.)
Ja, natürlich waren die Orchestermusiker die Studiomusiker der damaligen Zeit. Meinst Du, die sind reich gewesen. Die hatten mehr oder weniger Dienstbotenstatus bei Hof. Es bleibt der Punkt, den alle die nicht einsehen wollen, die mit dem Künstlerbild von Bohlen, 50cent und co. aufgewachsen sind: Künstler sind arme Schlucker und sollten es auch sein. Wer bürgerlich leben will, kann gerne Kunstfan sein, aber eben nicht Künstler. Und diese Einstellung ist nicht kunstverhindernd, sondern kunstfördernd, weil die ganzen Schaumschläger, denen es nur um Status geht, ausgesiebt werden.
@#724489: Naja, die einen spielen vor zahlendem Publikum, die anderen in die Konserve.
Interessanter finde ich da schon die Frage, wer wessen Musik verwenden darf, wenn der Erzeuger keine Rechte daran hat. Daraus resultiert ja, dass eine Coverband, die charismatischer daherkommt und sich besser vermarkten lässt, das Material anderer Leute nach belieben verwerten darf. Eyecandy wird da eher wichtiger als unwichtiger, weil das können in puncto Songwriting ja wegfällt. Die Idee wird wertlos, alles reduziert sich auf die Ausführung. Damit werden dann auch gezielt die Chancen derer verbaut, die etwas neues probieren, was möglichweise bei direkter Auswertung nicht vollständig seine Kosten einspielt – z.B. Independentfilme. Ein ideologischer Holzweg.
Du unterstellst, daß es Menschen gibt, die gute Komponisten, aber schlechte Aufführer sind. Ja, vielleicht gibt es die. Aber die wirklich guten Komponisten wie Beethoven Bach usw. waren auch immer gute Performer, wie man heute sagen würde. Ein Künstler kann eben nur erfolgreich sein, wenn er umfassende Fähigkeiten hat. Sonst bleibt er halt ein besserer Dienstbote. Das ist doch bei anderen Berufen genauso. Wer etwas “ Neues probiert“ und damit unerfolgreich ist: meistens sind das Leute, die auf Künstler machen, aber eben keine wirkliche neue und interessante Aussage haben. Wirklich gute Künstler stören sich wohl auch nicht am covern, Joe Cocker ist doch mit einem gecoverten Beatlessong sehr bekannt geworden. Und den Beatles hat es nicht wirklich geschadet. Künstlerschaft ist für mich dieses Niveau, und wer das nicht erreicht, sollte frühzeitig auf einen Brotberuf umschwenken. Nur: das erfordert die Fähigkeit zur Selbstkritik, und die ist bei vielen “ Künstlertypen“ schwach ausgeprägt.
@#724502: „Du unterstellst, daß es Menschen gibt, die gute Komponisten, aber schlechte Aufführer sind.“ Das unterstelle ich nicht nur, es gibt sie auch. Elvis hat nur fremdes Material performt. Ist er jetzt ein Künstler, aber seine Songschreiber sind nur Wichtigtuer?
Zum Thema Schaumschläger solltest du dir übrigens mal Madonna ansehen, die deinem Konzept vorbildlich folgt und zu am Fließband produzierten miserablen Alben pompöse Konzerte gibt. An Substanz hat ihre Musik dadurch ganz sicher nicht gewonnen. Deine Idee, dass sich Qualität auf diesem Wege eher durchsetzen würde, ist also absurd.
Das Beatlescoverversionen den Beatles nicht schaden, liegt sicherlich zum Teil daran, dass sie Jahre nach dem Original das Licht der Welt erblicken und die Beatles mächtig Geld dafür kriegen – weshalb es sich nicht jeder leisten kann, sie zu covern.
Wenn ich aber den Song einer regionalen Band klauen dürfte, um ihn dann mit einer handvoll Schönlingen zu vermarkten, die zu Playback tanzen, sieht die Situation anders aus. Halte ich jetzt nicht für vollkommen falsch, das zu verhindern.
„Wer etwas „ Neues probiert“ und damit unerfolgreich ist“ Es geht nicht um „unerfolgreich“ sein. Viel mehr geht es um den nicht sofortigen Erfolg. Eine gute Idee, die sich irgendwann mal durchsetzt, ist wertlos für den, der sie hatte, wenn er sie nicht schützen kann. Ich halte Ridley Scott nicht für einen Scharlatan weil Blade Runner in der ersten Kinoauswertung gefloppt ist. David Bowies Low ist sicher eins der wichtigsten Alben seines Jahrzehnts, hat aber trotzdem erst durch den nachträglichen Ruhm kommerziellen Erfolg erlangt. Und, wie bereits erwähnt, von dir aber ignoriert, ist da wieder der Independentfilm, der erst durch eine DVD-Auswertung refinanziert werden kann. In Anbetracht der kulurellen Realität ist deine Aussage also ziemlicher Bullshit.
„Künstlerschaft ist für mich“, „Ein Künstler kann eben nur“, „wirklich gute Künstler“ – es ist mir aber eigentlich auch vollkommen wurscht, was du für Kunst hältst. Es ist für die Debatte sogar uninteressant, dass ich vollkommen anderer Meinung bin und lieber der Kultur überlasse, was als Kunst zu betrachten ist – erscheint mir auch einfacher mit meiner demokratisch-pluralistischen Grundeinstellung vereinbar. Nicht jeder Kreative sieht sich als Künstler. Es gibt nämlich auch Handwerker. Vermutlich sogar mehr, als sich für Künstler halten. Damit hängen da ein paar mehr Arbeitsplätze dran, als nur der des klampfenden Alleinunterhalters auch irgendner Bühne. Das hat dann auch nicht mehr mit „sich durchsetzen“ oder so zu tun, sondern einfach mit dem Vorhandensein einer Industrie. Mag sein, dass Radikaldenken sich nicht so gut mit derartigen Realitäten verträgt, aber zwischenzeitlich wäre „zuendedenken“ vielleicht mal die brauchbarere Alternative.
@ mister t: Vom Künstler erwarte ich entweder finanziellen Erfolg durch “ Aura“ oder eben Leidensfähigkeit. Ich habe den Eindruck, ich diskutiere hier mit genau den Leuten, die von ihrem Selbstbild her Künstler sind, vom Publikum aber nicht als solche gesehen werden. Und ich freue ich, wenn ihr nicht durch diese Diskussion, sondern durch die Realität kuriert werdet von Eurer Kritikunfähigkeit. Ich geh jetzt mal wieder auf youtube und höre mir was Schönes an. Ganz umsonst. Und legal http://www.youtube.com/watch?v=vmUPl7Pv0Zg
Es ist mir immer noch vollkommen wurscht, was du von Künstlern erwartest.
Interessant, dass du der Runde kollektiv Kritikunfähigkeit unterstellst, dann aber selbst keine Stellung zu den gebrachten Argumenten beziehst und stattdessen das Weite suchst. Die Diskussion entern und dann Baden gehen – ist das moderne Piraterie?
Auf das Argument “ Ich will aber Kohle für ne minderwertige Leistung“ kann ich halt nur mit “ sei gut oder lass es “ antworten.
@piratenwahl: Aber genau das, „Kohle für ne minderwertige Leistung“ sagt doch überhaupt niemand. Es muss nur jemand Geld bekommen, wenn er erfolgreiche Musik macht, die den Leuten gefällt. (Ob du die jetzt minderwertig findest oder nicht, spielt dabei keine Rolle.) Wenn also ein Künstler ein Lied schreibt und aufnimmt, das den Leuten so gut gefällt, dass sie es sich zu tausenden aus dem Netz ziehen, ist es doch sein Recht dafür etwas zu verlangen.
Jemand, den keiner hören will, kann auch niemanden zur Kasse bitten. Das war und ist doch so.
@#724524: Bedeutet Radikaldenker zu sein vielleicht einfach nur, über eine gehörige Portion Denkfaulheit zu verfügen und dieses Defizit mit Arroganz auszugleichen? Oder ist das bei anderen Radikaldenkern manchmal anders?
das uralte spiel um geld und macht und die erneute einsicht, dass die besitzer in allererster linie daran interessiert sind das dass auch weiter so ist
Wenn neue Technologien auftauchen, muß man Gesetze anpassen. http://www.elektrischer-reporter.de/rohstoff/video/145/
Zusätzlich muß man sich selbst anpassen. Auch wenns schwerfällt.
@ wolfgang: im Moment ist es das Recht des Künstlers, für von ihm erstellte Tondokumente Geld zu bekommen. Dieses Recht würde ich gern ändern, denn die Künstler verhindern damit den schnellen kulturellen Austausch, den das Netz erst ermöglicht. Verdienstmöglichkeiten durch Lifeauftritt/ Devotionalienverkauf habe ich aufgezeigt. Jetzt ist es an den Künstlern, sich auf die neue Lage einzustellen. Eine Gruppe aber , nämlich die der “ Tonträgermanager“ wird sich wohl nach neuen Jobs umsehen müssen. Und da ich diese Typen- die eigenlich nur die Künstler ausgenommen haben- nie gemocht habe, ist mir die neue Lage umso sympathischer.
Wie mir diese neoliberale Haltung von „Wer gut ist, verdient auch Geld damit“ auf den Sack geht, das kann ich kaum in zivilisierte Worte fassen. Als ob gute Musik, als ob Kunst sich an ihrem kommerziellen Erfolg bemessen lässt.
Und was die Back to the roots Argumentation anbelangt: dann gibt es ab sofort Kultur nur noch für die oberen zehntausend. soll der Rest doch in die Kirche gehen, wir bauen uns dafür wieder ein schönes Mäzenatentum.
langfristig muß sich gute Kunst messen lassen am finanziellen Erfolg. Als Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens muß in meinem Staat kein Künstler sein Tun aufgeben. Nur bleibt er dann eben arm und das will ich auch ausdrücklich so.
@#724554: Tonträgermanager… jaja, diese finsteren Gesellen, die Leuten Geld in die Hand geben, damit diese die Freiheit haben, Musik zu produzieren. Genau die gleiche Sorte Mensch gibt es auch in der Liveproduktion – auch in der klassischen. Es gibt Leute die Geld vorstrecken bzw. in Ideen investieren und dafür Einnahmen kassieren, und über entsprechendes Mitspracherecht verfügen. Die wirst du also nicht los. Und so wenig es sich mit deiner Ideologie verbinden lässt: sie haben auch ihre Vorteile und ermöglichen Produktionen, die ohne sie nicht machbar wären.
Los wirst du hingegen die Soundfrickler, die neue Ideen in die Welt setzen, und den gesamten Bereich der Kultur, der sich nicht live transportieren lässt. Und natürlich Komponisten – weil es eben nicht nur um das Recht geht, für Tondokumente Geld zu kriegen, sondern auch darum, für die dem Tondokument zugrunde liegende Idee bezahlt zu werden bzw. ein Mitspracherecht bei der Auswertung zu haben. Da steckt gute handwerkliche Arbeit dahinter – es erschließt sich mir nicht, welchen moralischen Maßstab man anlegt, wenn man diese von jetzt auf gleich für wertlos erklärt, und Menschen, die sich ihr Wissen über Jahre angeeignet haben und Spezialisten ihres Faches sind, kollektiv für überflüssig erklärt.
Ein weiterer Denkfehler ist, dass die Künstler den schnellen kulturellen Austausch verhindern würden. Der Austausch wird durch die unflexible Handhabung der Rechte verhindert (warum der Austausch unbedingt schnell sein muss, leuchtet mir ebenfalls nicht ein). Die Entwickelung des Austauschs würde noch mehr dadurch behindert werden, wenn es kein Interesse mehr geben kann, die notwendige Infrastruktur zu schaffen.
@#724556: Wenn es mal ne neoliberale Haltung wäre. Tatsächlich ist diese „ich bestimme, was kulturell Bedeutung hat“ Ansicht alles andere als liberal. Denn nichts anderes behauptet man, wenn man mit einer solchen Begründung einen kompletten Kultursektor für wertlos erklärt. Aber vielleicht sind Radiohead, Björk & co ja tatsächlich entartete Musik…
@#724559: „langfristig muß sich gute Kunst messen lassen am finanziellen Erfolg.“ Wenn Mark Medlok also Live seine Musik spielt und damit eine Halle füllt, wird daraus „gute Kunst“ und etwas kulturell wertvolleres, als wenn jemand eine wegweisende Komposition schafft, deren wahrer wert erst nach Jahren erkannt wird?
Ich will zwar gar nicht ausschließen, dass diese Möglichkeit besteht, aber es ist vollkommener Schwachsinn, daraus eine Regel zu machen. Wahrscheinlich interessiert dich dieser neumodische Popkrempel gar nicht, aber eine solche Haltung zeigt eine gewaltige Unkenntnis der Popgeschichte.
Überhaupt Regeln aufzustellen, was „gute“ Kunst ist, zeigt eine Unkenntnis der deutschen Geschichte. Nicht jede beschissene Idee ist nur deshalb beschissen, weil sie von Faschisten aufgegriffen wurde. Manche beschissene Ideen waren es auch schon vorher. Darunter die der „guten Kunst“.
Mark Medlok kann im Gegensatz zu den meisten Möchtegernkünstlern singen und performen. Und die gewisse Verrücktheit, die ein echter Künstler braucht, hat er auch. Wenn intellektuelle Büger- von Beruf Sohn- ihre wegweisenden Kompositionen nicht gewinnbringend aufführen können, liegt das vielleicht ganz einfach daran, daß sie sich nicht eingestehen wollen, daß ihre einzige Berufsmöglichkeit “ Sohn“ ist. Da habe ich vor Mark Medlock( wie schreibt der sich eigentlich?) deutlich mehr Respekt.
Gute Kunst ist einfach die, die sich durchsetzt. Ein echter Künstler akzeptiert, wenn sie das zu seinen Lebzeiten nur im Freundeskreis tut( Schubert).
@#724572: „Mark Medlok kann im Gegensatz zu den meisten Möchtegernkünstlern“
Es erscheint mir wenig schlüssig, einerseits die Vermarktungsmaschinerie bekämpfen zu wollen, sie andererseits für die Brutstätte der „guten Kunst“ zu halten. Aber vielleicht ist es auch dein Radikaldenken, das dir ermöglicht, zwei diametral entgegengesetzte Standpunkte gleichzeitig zu vertreten.
Aber egal, es erscheint mir grundsätzlich wenig sinnvoll mit jemandem zu diskutieren, dessen Argumentation ausschließlich darauf fußt, was er für „gute Kunst“ hält. Das ist nämlich so aussichtslos wie einem Mormonen die Evolutionstherie nahezubringen.
Insofern kann ich nur noch sagen: Glaub von mir aus weiterhin das Evangelium, das du dir zusammenreimst. Aber versuch bitte nicht, dich auf dieser Basis in eine ernsthafte Diskussion einzumischen.
Ich bekämpfe die Vermarktungsmaschinerie nicht, glaube nur, daß das Vermarkten von Tonträgern nichts mehr bringt und daß man das Kopieren dieser Tonträger nicht mehr schützen sollte. Die Vermarktungsmaschine läuft über Konzerte, und dagegen habe ich überhaupt nichts. Die, die hier meckern, sind Leute, die an ihrem gestrigen Geschäftsmodell festhalten wollen und die Realitäten nicht einsehen. Man kann das filesharing nicht mehr verhindern. Wenn jeder Computerzugang wie in China kontrolliert wird, dann geben die Kids eben die Musik per Stick weiter. Keiner wird mehr irgendwas kaufen, was es auch umsonst gibt. Das sehen die Menschen nicht ein, und wenn man es zehnmal für strafbar erklärt und die Elternhäuser der ganzen Republik Besuch von Polizeistaffeln bekommen.
Erfolg als Künstler kann nur der haben, der sich den neuen Bedingungen anpaßt. Der Gesetzgeber wird das Filesharing in wenigen Jahren legalisieren, weil sich die Masse der Menschen in einer Demokratie nicht kriminalisieren läßt. Dann wählen eben mehr die Piraten, und irgendwann werden die Gesetze geändert. Für die Künstler gilt der Gorbatschow-Satz: wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
@#724576: Nein, die, die hier meckern sind die, die erkannt haben, dass man am bisherigen Modell sich so nicht mehr festhalten kann, aber deshalb nicht das Kind noch lange mit dem Bade ausschütten wollen. Dass die Industrie Fehler gemacht hat und sich jetzt immer noch auf einem Holzweg befindet, wenn sie meint, durch Abbremsen einer Entwicklung allein wieder Herr der Lage zu werden, hat hier niemand bestritten.
Auf der anderen Seite zeigt es aber keineswegs mehr Weitsicht, den totalen Ausverkauf der Rechte anzukündigen, wie es die offenbar Piraten wollen. Nur weil etwas millionenfach getan wird, wird es keinesfalls richtiger und moralisch vertretbarer. Noch gibt es Mittel, Filesharing unattraktiver werden zu lassen, das Selbstverständnis, dass Musik keinen Wert haben würde, ist ebenfalls nicht in Stein gemeißelt, außerdem werden iTunes, Amazon und co durchaus angenommen. Der Fatalismus der Musikindustrie ist nicht angebracht und macht sie lediglich unglaubwürdig. Ihn für bare Münze zu nehmen und als Gegenargument aufzugreifen, ist jedoch nicht weniger albern.
Welche Mittel gibt es denn gegen Filsharing? Würde mich interessieren. Ich selbst bin da mit meinen fast 50 Jahren gar nicht aktiv. Ich weiß aber, daß schon früher auf dem Schulhof Cassetten überspielt wurden. Heute geht das alles viel einfacher und ohne Qualitätsverlust. Der Mensch will auf das offensichtlich Mögliche halt nicht verzichten. Das zu kriminalisieren, stößt auf Widerstand.
@#724580: Man bekommt die IP und findet den Nutzer. Siehe Millionenklage in den USA. Es macht die Industrie sicherlich nicht sympathischer, ein solches Exempel zu statuieren, aber die technische Machbarkeit ist zu einem gewissen Grad gegeben.
Auf die bisher effizienteste Maßnahme ist konsequenterweise nicht die Industrie gekommen, sondern Apple. Ehe man im Netz ein Album zusammenklaubt und einmal komplett durchhört, ob es eine angemessene Qualität hat, kann man es auch gleich legal bei iTunes runterladen. Würde man Youtube & Co entsprechend nutzbar machen, könnte man sicher auch dort Umsätze generieren (bestimmt nicht die, die man in den 90ern mit dem CD-Markt hatte, aber man muss ja auch nicht jede Perversion in die Unendlichkeit weiterführen). Diese wirtschaftliche Nutzung basiert aber noch immer auf dem Vorhandensein von Rechten und auf der Kriminalisierung des Diebstahls an geistigem Eigentum.
Die Industrie wird ein paar erfolgreiche Millionenklagen durchziehen. Dann passiert zweierlei: die cleveren beginnen, ihre IP zu verschleiern. Und die anderen, denen man gerade das Eigenheim pfändet, weil ihr Kind filesharing betrieben hat, wählen die Piraten. Ich sage: Millionenklagen her, dann gibt das so einen Widerstand sogar bei den zensursula-Wählern, daß die jetzigen Gesetze in Kürze Geschichte sind.
Mit derartigem Kaffeesatzlesen bin ich lieber vorsichtig. Mag sein, dass sich Widerstand regen könnte, kann aber auch sein, dass die Gesellschaft den Strafen, die in Deutschland angemessener ausfallen, eher zustimmt.
Was Internetthemen betrifft, vertraue ich auch weiterhin nicht auf das technische Verständnis der Wähler. Man sollte den Deutschen nicht überschätzen. Außerdem gibt es noch zwei drei weitere Themen, von denen man sein Kreuzchen abhängig machen kann.
Sicher bin ich mir in dem Punkt, dass es für alle Beteiligten am Ende besser wäre, eine vernünftige Kompromisslösung zu finden. Aber ich teile eher den Pessimismus aus Johnnys Artikel und befürchte, dass jeder nur alles will und am Ende davon niemand etwas hat.
Stimmt das denn wirklich, dass es für Musiker heute schwieriger ist, von ihrer Musik zu leben als früher? Und ich spreche dabei nicht von denen, die auch heute noch vom alten System der Selektion und Markenbildung profitieren…
Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit für einen jungen, unbekannten Musiker heute, von Musik leben zu können, verglichen mit der Wahrscheinlichkeit vor 20 Jahren?
@piratenwahl: Wegen der Bestrafung von Menschen, die etwas illegal im Netz gezogen haben, wird sich aber kein Widerstand auf breiter Linie bilden. Schließlich haben selbst einige derjenigen, die erwischt wurden, das Gefühl zu Recht bestraft worden zu sein.
Ähnlich dem Empfinden von Autofahrern, die geblitzt worden sind.
Der Widerstand auf breiter Linie gegen die Abzocke allerorten ist doch schon da. Schritt 1: die Leute gehen nicht mehr wählen. Schritt 2 kommt dann, wenn der Frust richtig groß wird: dann wählen die Leute was anderes. Gesetze müssen an die Lebenswirklichkeit der Menschen angepaßt sein. Wenn die Leute alle filesharen wollen und das strafbar ist, kippen irgendwann die Gesetze. Und die Leute wollen kostenfrei downloaden, weil das Angebot im Netz für die Mehrheit wie Futter für ein Tier ist,was man ihm hinhält. Da schnappt jedes Tier zu, auch wenn es vielfach bestraft wird. Wie schon ausgeführt: das filesharen fördert den Kulturaustausch und ist deshalb von gesellschaftlichem Nutzen. Was wir jetzt erleben, sind letzte Rückzugsgefechte von Gestrigen, schon in 10 Jahren wird die Gesetzeslage eine andere sein.
@#724609: Dass Filesharing den Kulturaustausch in einer Art fördert, die mit kommerziellen Angboten nicht möglich wäre, möchte ich mal bestreiten. Auch, dass man einem Tier nicht abgewöhnen kann, nach Futter zu schnappen. Und erst recht, dass ein Mensch so instinktiv handeln muss, wie ein Tier.
Und nicht zuletzt gibt es nicht „die Leute“ weil es eben nicht „alle“ sind. Da reden sich die Piraten vielleicht doch zu viel ein.
Wolfgangs Vergleich mit den geblitzten Autofahrern ist da sehr passend – es herrscht ein Konsens, dass es Gechwindigkeitsbeschränkungen gibt und der größte Teil der Bevölkerung sieht ein, dass diese durchgesetzt werden müssen, auch wenn sie sich in Einzelfällen über diese Regel hinwegsetzen. Ich kenne genug Menschen, die (wie ich selbst) ihre Musik kaufen und dies nicht eine Abzocke halten, aber hier und da durchaus ein MP3 mitgehen lassen, zum Teil, weil es bestimmte Tacks legal nicht zu erwerben gibt.
Ich selbst bin ja, wie schon erwähnt, kein filesharer. Das liegt aber einzig und allein an meinem Alter. Wäre ich unter 20, ich wäre ein filesharer. So wie ich früher Musik am Radio mitgeschnitten habe oder mir Noten kopiert habe.
Auch wenn ich selbst viele Probleme mit der Computerei habe ( vermutlich altersbedingt), bin ich doch scheinbar noch jung genug, um zu erkennen, daß neue Technologien auch neue Gesetze nach sich ziehen. Ich plädiere vor allem dafür, daß die Künstler sich der neuen Lage aktiv anpassen sollten, anstatt vergangenen und vielleicht gar nicht so guten Zeiten nachzutrauern. Nehmen wir mein Gewerbe, den An-und Verkauf. Viele dieser Läden sind nicht überlebensfähig, weil die Inhaber ihr altes Geschäftsmodell weiterbetreiben möchten: das Geschäftsmodell hieß Beschiß und langjähriger Aufbau eines Kundenstamms im Laden. Beides läuft heute nicht mehr so. Die Verkäufer wissen durch ebay um den Wert ihrer Sachen, niemand läßt sich mehr mit 5,- abspeisen, damit der Händler dann an einem seiner Spezialkunden 2000 Euro abgreifen konnte. Von solchen Deals haben diese Läden früher gelebt. Heute muß man selbst auf ebay hart arbeiten, dann kommt man über die Runden, wenn man ehrlich ankauft. Soll ich mich jetzt beklagen, weil sich die Leute nicht mehr so gut bescheißen lassen? Ich finde nicht, die durchs Netz erreichte Transparenz ist doch aus demokratietechnischer Sicht zu begrüßen.
Der Vergleich hinkt insofern, als dass es auch auf Ebay nicht erlaubt ist, Hehlerware zu verkaufen. Ist der Preis unrealistisch niedrig, ist der Kunde sogar verpflichtet, misstrauisch zu werden. Warum sollte also für Musik eine andere Rechtslage gelten?
Natürlich ändern sich Verdienstverhältnisse und sicherlich kann man der Musikindustrie und der Gema vorwerfen, zu wenig darauf einzugehen. Ich bin mir sehr sicher, dass das hier ebenfalls niemand bestreitet. Dass man aber den Ideenlieferanten bewusst enteignen und die Spielregeln derartig ändern möchte, ist alles andere als angemessen.
@#724376: Ich durfte mich in letzter Zeit mit der Gema beschäftigen – eine Kulturflatrate erscheint mir seitdem wie reiner Schwachsinn. Es gibt keinen absolut gerechten Schlüssel zur Aufteilung der Gewinne. Gleichzeitig gibt es einen Verwaltungsaufwand, der wie bei der Gema zunächst mal die Gewinne von Neueinsteigern komplett auffressen wird. Die Vergütung muss unmittelbarer verlaufen können, damit etwas ankommt, nicht noch umständlicher.
@#724603: Sehr gute Frage. Die man wahrscheinlich kaum
beantworten kann. Es ist offenbar sehr viel schwieriger für junge Künstler geworden, finanzielle Unzerstützung zu bekommen, das waren Verlage und Labels ja im erster Linie. Zu viel Masse, weniger Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg, unsichere Zeiten gemerell. Gleichzeitig aber viel mehr Möglichkeiten für Künstler, sich selbst zu vermarkten (was aber nicht jeder kann und will). Wie man das gegeneinander aufrechen könnte, weiß ich nicht.
@#724848: Vielleicht kommt man einer Antwort über Statistiken näher. Arbeitsmarktzahlen, Versicherungen, Gehaltserhebungen, etc. des statistischen Bundesamts sollten die absoluten Zahlen vollberuflicher Musikschaffender der letzten 20 Jahre liefern können und auch das Durchschnittseinkommen.