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Afrika-Außenstelle: HIV-positiv, egal?

Schwangere Frauen, Status unbekannt
Neues von der Spreeblick-Außenstelle in Lesotho, Südafrika:

Zugegeben, das Thema hab ich von Linus aufgegriffen. Wir haben eine 20-Jährige, HIV-positive Schwangere gesprochen, die sagte, sie wäre nicht schockiert über ihr positives Testergebnis gewesen. Linus schreibt, durch die erfolgreichen, kostenlosen Behandlungsmöglichkeiten würde die Krankheit in Lesotho vielleicht verharmlost. Dazu habe ich eine andere Meinung.

Wir haben mit dem Mädchen in zwei Gruppen gesprochen, und in meiner, in der kein Mann anwesend war, war sie gesprächiger. Mit schüchternem Lächeln erzählte sie, dass in ihrer Familie nur die Mutter Bescheid weiß, dass sie positiv ist, nicht mal der eigenen Schwester hat sie es erzählt. Das spricht für mich nicht unbedingt dafür, dass sie es als etwas völlig Harmloses ansieht. Ihre Antwort interpretiere ich eher als Trotzreaktion, weil reif wirkte sie nun so gar nicht. Und warum sie den Vater nicht informiert? Die Dinge seien nicht gut zwischen ihnen, und sie hätten keinen Kontakt mehr. Klar ist das unverantwortlich, aber für eine 20-Jährige Schulabbrecherin, mit Baby sitzengelassen, HIV-infiziert und aus einem bergigen Kaff in Lesotho ist eine gewisse Verdrängung wahrscheinlich überlebensnotwendig.

Keine Ahnung, was zwischem dem Mädchen und dem Vater vorgefallen ist – aber es könnte gut sein, dass sie schlicht Angst hat, mit ihm zu reden. In jeder Klinik wurde uns erzählt, dass nur die Frauen kommen, die Ehemänner und Väter sich aber fast durch die Bank weigern, sich überhaupt testen zu lassen, geschweige denn in Behandlung zu gehen. Entweder schieben sie der Frau die Schuld zu, oder ignorieren die Tatsache.

Um ihre Kinder gesund zur Welt zu bringen (wie funktioniert das eigentlich?), nehmen die Frauen einiges auf sich. Zum Beispiel stundenlange Fußmärsche in die weit entfernten Krankenhäuser, im Seboche-Hospital im bergigen Butha Buthe verbringen sie die Tage vor der Geburt zusammengepfercht in Hütten, auf dem Boden schlafend, ohne Matratzen. Und das alles manchmal auch gegen den Willen der Väter – ein starkes Stück in einem Land, in dem die Männer immer noch das Sagen haben.

Da finde ich es doch wesentlich unverantwortlicher von diesen Vätern, es in Kauf zu nehmen, ihre Familien nicht nur menschlich, sondern auch finanziell im Stich zu lassen, nur weil sie nicht Manns genug sind, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.

Geschlecht spielt in Afrika durchaus noch eine große Rolle – und den Kampf gegen HIV führen die Frauen derzeit noch zum Großteil alleine. Und das, obwohl der lesothische König schon mit gutem Beispiel vorangegangen ist, und sich öffentlich testen lassen hat.

Alle Artikel aus Lesotho findet ihr hier.

17 Kommentare

  1. 01
    timo

    Klingt für mich Männerfeindlich der Text und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass man so der Sache dienlich sein kann.
    Mann ist ja nicht so, nur weil Männer schlechte Menschen sind, den Eindruck könnte man aber fast gewinnen, wenn man den Text so liest.
    Vielleicht, auch wenn es schwerer sein mag, durch die harte männliche Schale durch zu dringen, lohnt sich ja auch das ein oder andere Gespräch mit den Männern und Vätern.
    Ohne sie wird’s eh ein Kampf gegen Windmühlen sein.

  2. 02
    Besucher2778

    Irgendwie gefällt mir gar nicht, dass der erste kritische Kommentar hier gelöscht wurde. Auch wenn er bestimmt sehr krass formuliert war, war er doch noch sachlich genug sich mit dem eigentlichen Problem der Berichterstattung zu beschäftigen.

  3. 03

    @#771724: Ich wollte da eigentlich auch drauf antworten, und werde ich morgen trotz Löschung auch machen. Nur kurz: Ich war 32 Stunden am Stück unterwegs und habe den Text schnell am Flughafen geschrieben und jemand wollte mir wohl den Willkommensgruß ersparen. Hab den Kommentar aber gelesen.

    @#771720: Mein Text sollte nicht männerfeindlich sein, sondern gegen Strukturen, in denen eine Gruppe unterlegen ist. Und natürlich sind Frauen keine besseren Menschen, sondern werden durch die Kinder dazu gebracht, sich testen zu lassen. Für die Männer muss man eine ähnliche Motivation schaffen – und es wird auch bereits versucht. Und klar, Zusammenarbeit ist das Wichtigste. Habe gerade dieses Thema kurz halten wollen, aber seh schon, das war ein Fehler.

  4. 04
    christoph

    Achnaja.
    Auf der einen Seite find ich es gut, dass hier frischer, afrikanischer Wind weht. Andererseits empfinde ich diese Artikel (so beeindruckend die Erfahrung für euch Einzelne gewesen sein mag) als flach, oberflächlich und unnötig. Artikel mit dem Fazit „Das Geschlecht spielt in Afrika noch eine große Rolle“ sind für mich … lächerlich. Sorry.

  5. 05

    Hey Kathrin,

    wegen der 32 Stunden ist es dir locker verziehen, aber meine Aussage sollte nicht unbedingt sein dass die Krankheit verharmlost wird. Ich habe meine eigene Meinung noch gar nicht vollständig gebildet (aber sie tendiert dazu ebenso „männerfeindlich“ zu sein wie deine).

    Ich habe gemerkt, dass der Lobgesang auf die hohe Kunst der Medizin, der sich in meinem Artikel verstecken sollte, nicht so stark durch kommt, wie ich es beabsichtigt hatte.

    Liebe Grüße!

    Linus

    PS: Wegen des schönen Einstiegs in den Artikel, und weil die Diskussion stattfinden sollte, lass es aber bitte so stehen!

    Wichtig fand ich im Zusammenhang der „na und?“-*Reihe* aber auch den Teil II

  6. 06

    @#771736: Hey Linus, ich habe es tatsächlich so verstanden, dass du denkst, die Mutter würde aufgrund der guten Behandlungsmöglichkeiten ihre Krankheit verharmlosen. Tut mir leid. Da wir aber mit so vielen Müttern gesprochen haben, die sehr besorgt waren und sehr viel tun, um eine Weiterinfektion zu verhindern, wollte ich das gerne anbringen. Meine Meinung ist die, dass der Umgang mit der Krankheit von unzähligen Faktoren abhängt – Bildung, Armut, vorhandene medizinische Einrichtungen in der Umgebung und eben auch Geschlecht, als ein Teil davon.

    Liebe Grüße nach Südafrika!

  7. 07
    Sandro Bertoliatti

    „Hey Linus, hey Swantje, hey Constanze“… boah, ich kann diese Betroffenheitslyrik nicht mehr hören. Ja, gewiss, die Welt da draußen, mit ihren gefühlten 12 Myriaden Problemen macht mich auch irgendwo echt ´n Stück weit total betroffen und so. Aber irgendwann is auch ma gut.
    P.S.: Ich finds schockierend, dass man an Kaufmanns Texten herauslesen kann, dass sie ne Frau ist.

  8. 08

    @#771724:

    Ich habe den auch gesehen, und noch mehr.

    Ich fand den nicht kritisch sondern hauptsaechlich beleidigend. Auch konnte man den nicht alleine sehen, denn von der gleichen Person (zumindest unter dem gleichen Nick) wurde kurz vor/nachher auch noch ein anderer Kommentar gepostet (in einem anderen Post) den ich einfach nur noch als persoenlichen Angriff auffassen wuerde.

    So etwas wuerde ich in meinem Wohnzimmer auch nicht dulden und kurzerhand rausschmeissen. Ganz einfach.

  9. 09
    Kathrin Kaufmann

    @#771747: Aus diesem einen vielleicht, aber wo hast du in den anderen Texten herausgelesen, dass ich eine Frau bin? Und was ist das Schlimme daran?

  10. 10

    @#771747: Ich find’s großartig, dass man Kathrins Texten anmerkt, dass sie eine Frau ist. Und deinem Kommentar merkt man ja auch vieles an, so ist das (L)eben.

  11. 11
    Frau B.

    Ich glaube ich bin zu doof, ich kann die Männerfeindlichkeit nicht finden.

    Ausser hier will jemand den Standpunkt vertreten, es wäre o.k. eine Frau zu schwängern und dann das Weite zu suchen.

    Und was spielt denn das Geschlecht von Kommander für eine Rolle, ausser, dass sich die Frauen ihr gegenüber selbstverständlich kommunikationsbereiter gezeigt haben?

    Sandro würde ich gerne mal hochschwanger durch Afrika laufen und dort ein Kind zur Welt bringen lassen, mal gucken, ob er das Wort Betroffenheitslyrik dann noch buchstabiert bekommt.

  12. 12
  13. 13
    falscher film

    was mich wirklich betroffen macht: dass über konstruierte probleme diskutiert wird. ich habe nicht einen interessanten, ernsthaften kommentar gelesen – geschweige denn einen zum thema. das macht mich traurig. aber vielleicht verstehe ich es auch falsch und das hier soll ein übungstext in einem redaktionell-schreiben-workshop sein und ihr wollt frau kaufmann auf eure art helfen. dann entschuldigung und weiter so!

  14. 14

    @#771773:
    Mir ist auch (S)paniisch zumute, um so länger ich diese Artikelreihe lese.
    Um ehrlich zu sein:
    „Habe keine Ahnung von den geschilderten Problemen“
    Bin Wissbegierig, und lasse es zu, mich klüger zu machen.

    Mal schauen ob es gelingt.

  15. 15
    Besucher2778

    @#771773: aids ist halt leider sooo 90s das sollte man doch grade im superhippen berlin wissen ;)

  16. 16
    Namen, hui =)

    Ich finde die bisherigen Berichte jedenfalls lesenswert und interessant. Sie könnten durchaus länger sein. Andererseits muß man auch nicht künstlich alles ausdefinieren und totreden. Wer alles gesagt hat, hat alles gesagt. Und zu diversen Kommentaren hier: Sigmund Freud hätte seine Freude mit Euch gehabt. Kann man jetzt sehen, wie man will.