Emails nerven unendlich, rauben wichtige Lebenszeit, tragen einem die Arbeit anderer auf und man darf sie keinen einzigen Tag lang unbeobachtet lassen, denn sonst übernehmen sie die Herrschaft über ganz Mittelerde, fressen einem den Kühlschrank leer und klauen die Batterien aus der Fernsehfernbedienung.
Während meiner gefühlten Wartezeit von mehrere Jahren auf die Mailbox-App fürs iPhone …
… das muss man sich echt mal reinziehen, wie völlig bescheuert wir sind – dass man uns früher sogar mal Eierkocher verkaufen konnte, also Geräte, die Wasser kochen und somit nichts anderes machen als ein Kochtopf, nur dass ein Eierkocher kleiner und weniger flexibel ist, Schwamm drüber, aber jetzt laden wir sogar Apps runter, die anzeigen, an welcher Stelle in der Warteschlange man steht, bevor man die App benutzen kann, und wenn das nicht völlig meschugge ist, dann weiß ich es auch nicht …
… als ich jedenfalls täglich mit großer Freude den rückwärts laufenden Counter der Mailbox-App aufrief und immer wieder ausrechnete, wie viele Wochen es noch dauern würde, wenn der Counter im gleichen Tempo …
Da schaute ich mich im Internet einfach mal nach anderen Hilfsmitteln um, die vielleicht etwas ähnliches wie die Mailbox-App machten, von der ich noch gar nicht wusste, was sie denn genau machen würde.
Ich fand unter anderem SaneBox, deren wahnsinnig unhip gestaltete Website mich sofort überzeugte. Hier waren ganz offensichtlich keine aus dem Boden gestampfte StartUp-Hipster mit Bootstrap-Theme am Werk, sondern Techniker über 30 mit der Mission, mich von lästigen Emails zu befreien! Und tatsächlich funktioniert SaneBox ziemlich gut, weshalb ich mich nach der Probezeit für die kostenpflichtige Weiternutzung des Dienstes entschloss.
Dabei macht SaneBox nichts, was nicht auch ein halbwegs gelungener Mail-Client kann: SaneBox erstellt Regeln zur Sortierung von Mails und befolgt diese. Zu Beginn der Nutzung sortiert SaneBox dabei schon mit einer sehr hohen Trefferquote automatisch, in der folgenden Nutzungszeit kann man jederzeit nachbessern und SaneBox somit trainieren. Dabei unterscheidet sich das Training in SaneBox vom manuellen Erstellen von Regeln z.B. in Gmail: Mit SaneBox genügt es, eine Mail, die man lieber nicht sofort in der Inbox sehen möchte, in den entsprechenden Ordner zu verschieben, SaneBox merkt sich diese Regel und weiß zukünftig Bescheid.
Das Ergebnis ist bei mir eine deutlich ausgedünnte Inbox, die nur noch aus Mails von denjenigen Absendern besteht, mit denen ich tatsächlich aktuell und regelmäßig kommuniziere. In erster Linie also mein Anwalt. Sämtliche Newsletter, PR-Hinweise, Listen und andere Massen-Mails landen in „News“, und Absender, die mir entweder noch nicht bekannt sind oder mit denen ich nur selten Kontakt habe, müssen in „Later“ etwas länger auf Antwort warten. Schafft man es also, sich auf die Inbox zu konzentrieren und nicht dauernd auch in „News“ und „Later“ nachzuschauen, was denn da wieder Langweiliges auf seine Löschung wartet, lebt man ein ganzes Stückchen stressfreier.
Denn am Ende geht es natürlich nur zum Teil um eine technische Lösung gegen den Mailwahnsinn. Es geht in Wirklichkeit um eine persönliche. Es geht darum, viel mehr Mails zu ignorieren. Nicht aus Arroganz, sondern aus Notwehr.
SaneBox kann noch einiges mehr. So lassen sich Attachments ab einer bestimmten Größe automatisch in der eigenen Dropbox oder bei box.net speichern, es lassen sich verschiedene eigene Ordner anlegen und somit Regeln erstellen, und man kann Mails zur Wiedervorlage am nächsten Tag, in der kommenden Woche oder zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt terminieren.
An dieser Stelle jedoch ist dann aber – zumindest, wenn man seine Mails (auch) auf einem iPhone bearbeitet – die Mailbox-App der wesentlich bessere Helfer. Mailbox-App ist im Gegensatz zu SaneBox eigentlich kein technischer Dienst, sondern ein mobiler Mail-Client mit einigen netten Features beim Nutzer-Interface. Durch einen Links- oder Rechts-Swipe (liest noch jemand mit?) können Mails schon in der Übersicht gelöscht, ins Archiv verfrachtet, in einen anderen Mail-Ordner oder zur Wiedervorlage an einem bestimmten Zeitpunkt markiert werden. Besonders die zuletzt beschriebene Funktion ist sehr hilfreich, denn das Ziel ist ja immer wieder: Inbox Zero, ein tolles Gefühl, das meistens nur wenige Sekunden anhält und daher vergleichbar ist mit … mit einem … na, zum Beispiel mit einem befreienden Niesen. Und genauso wertvoll.
Ich nutze derzeit mit meinem Gmail-Account sowohl SaneBox als auch Mailbox-App, und nach dem neuesten Mailbox-Update funktioniert das soweit ganz gut. Mailbox ist quasi meine „Fernsteuerung“ für SaneBox, denn jede in Mailbox mit einem Swipe erstellte Ordner-Regel merkt sich SaneBox und agiert zukünftig entsprechend.
Das wichtigere Tool für mich ist dabei SaneBox, das während der Nutzung spaßigere und sexiererere ist Mailbox. Mailbox-App ist sehr schick gemacht, im Grunde aber nur eine Interface-Lösung, die Google und andere Mail-Client-Anbieter mit Sicherheit in Kürze in ihre Produkte integrieren werden. Und da der Mailbox-Client bei anderen, „normaleren“ Funktionen hier und da noch eine Menge nachzuholen hat (bisher gibt es z.B. keine Landscape-Ansicht), könnte sich die App bald erledigt haben.
Während SaneBox mit so gut wie allen Mailservices zusammenarbeitet, gibt es Mailbox derzeit nur für Gmail-Accounts und als iPhone-App. Beiden Diensten erlaubt man für ihr Funktionieren Zugriff auf seine Mail-Header (angeblich nur auf diese), aber hey: Meine Mails liegen bei Google, paranoider kann ich gar nicht mehr werden.
Und für beide Dienste gilt: Wahrscheinlich sind sie nur temporär von Nutzen. Die Inbox wird doch wieder überflutet sein, wenn man es mal wagt, für einen halben Tag zu verreisen, und letztlich hilft wie viel zu oft im Leben Selbstdisziplin mehr als jede Technik.
Hast Du die Mailbox-App zum Laufen bekommen? Wenn ich mein Gmail-Account hinzufügen möchte komme ich bis zum „Zulassen der Berechtigungen“, dann kommt eine Fehlermeldung. Hotline konnte mir bisher auch nicht weiterhelfen.
Viele Grüße,
chr.t..n
Ich weis ja nicht, aber bisher hat Thunderbird bei mir in sachen Spam sehr gut funktioniert. Ein klein wenig „sicherere“ ist das eh, denn mir reicht es ja schon wenn mir auf gmail werbung passend zu meinen E-Mail Inhalt angezeigt wird….
Ich bin so unbeliebt, ich bekomm nicht mal Spam :(
@#811903: das kann und will ich so nicht glauben. wo kommen wir denn hin wenn nicht einmal das menschenrecht auf spam geachtet wird.
schreibe bitte unbedingt deine email adresse in den naechsten post.
ich werde mich darum kuemmern, und wenn ich bis zur UNO muss.
@#811892: Das kann ich dir leider nicht beantworten, bei mir lief’s …
@#811902: Spam ist nicht das Problem. Ich bekomme täglich ab 100 Mails aufwärts, allein das Durchforsten nach denjenigen, die ich wirklich lesen und beantworten sollte, nimmt Zweit in Anspruch, die mir an anderen Stellen fehlt. Automatische Vorsortierungen sind daher praktisch.
@#811905:
nun, ja das kann thunderbird ja auch.
Ich sehe das weitergeben meiner emails an noch einen drittanbieter kritisch. dann lieber eine desktop software. da habe ich vielleicht mehr kontrolle.
Für den Desktop nutzte ich Thunderbirds „Message Filter“, die machen glaube ich so ziemlich das gleiche:
Je nach Email-Eigenschaften (Absender, Datum, Grösse etc) können diese gelöscht, in ein Verzeichniss weitergeleitet oder als „Spam“, „wichtig“, „ungelesen“, mit einem Stern markiert werden…
Einfach mal das Buch „Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin“ von Sascha Lobo lesen, danach hat man es auch mit den E-Mails einfacher ohne zusätzliche Software.
Hört sich alles sehr interessant an. Im großen und ganzen haben die meisten Programme ja ähnliche Funktionen. Nur das man die Regeln selber einrichten muss und sie nicht lebst lernen.
Lieben Gruss und Danke
Chtristian
Johnny, gestern wolltest du noch das Netz zurückerobern und heute empfiehlst du eine Software die nur mit einem Google Mail Konto funktioniert? Ich hege ja durchaus Sympathie für die Spackeria, aber meine Mails freiwillig von Google beschnüffeln lassen – nee danke!