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Ein Viertel

Als ich mein Studium vor fast zwei Jahren schmiss, um endlich arbeiten gehen zu können, hatte ich nicht mit dem Angriff der Quarterlife Crisis gerechnet. In Berlin bleibt das ja an einem kleben wie Glitter (Glitter, das Herpes der Bastelutensilien), dieses „Ich weiß nicht was ich später mal machen soll“, und das „Wenn jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen bis zur Rente alles ist, dann will ich lieber sterben“.

Den schlimmsten Teil – der, wo ich in einem manischen Anfall meine Grundschullehrerin mitten in der Nacht anrufe und ihr vorwerfe, mich nicht auf das Leben vorbereitet zu haben – habe ich mit Hilfe von Bob Dylan, Garden State und Chuck Palahniuk ohne größere Schäden überlebt. Hurra, Pubertät geschafft, Quarterlife Crisis geschafft, Burn Out, Midlife und Wechseljahre können jetzt kommen, ich sammel den Scheiß wie Pokémon.
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Analoge Jugend

Ich bin zwar mit dem Internet aufgewachsen- das musste man damals aber teilweise noch mit ganzer Macht ankurbeln, damit es überhaupt startete. Es ist schwer zu glauben, dass es einmal eine Welt ohne blinkende Lichter und unbeschränkte Kommunikation gab. Der Tumblr von Analoge Jugend weckt ganz kleine Erinnerungsfunken an diese Zeit, winzig, kurz aufblitzend, in wunderschön seltsame und doch völlig gewöhnliche Fotos verpackt – Fotos einer analogen Jugend.

Einmal kurz versinken.

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Web 3.0 von Kate Ray

Die wirklich überwältigende und beeindruckende und fantastische Dokumentation „Web 3.0“, die sich mit dem semantischen Web beschäftigt, ist ein wunderschöner Einstieg in die Überlegungen darüber, wie das Internet in der Zukunft aufgestellt sein wird. Strukturen, Datenwirrwarr, Beziehungen, Technik, Marketing. Alles ist verlinkt.

Auf der Website von Kate Ray finden sich alle Informationen zum Film.

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American Able

american able

Holly Norris, eine kanadische Fotografin, weist auf der aktuellen Contacting Toronto Ausstellung mit ihrer Fotoreihe „American Able“ auf das Fehlen von körperlicher Imperfektion in den Medien und der Werbung hin. Als Vorlage diente ihr der typische Stil der American-Apparel-Serien voller angeblicher „everyday people“. Norris geht es dabei nicht nur um um Behinderungen, sondern vor allem auch um Sexualität. Im O-Ton:
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I like das nicht

Facebook macht sich im Internet noch ein bisschen breiter und klaut Google einen schönen Teil des Datenkuchens. Facebook-Macher sind nämlich große Fans von Grenzenlosigkeit und so kann (im Zusammenhang mit vielen anderen funktionalen Änderungen und Ergänzungen, nicht alle ganz so prickelnd, wie ich es gerne hätte) der Like-Button für Webseiten oder Business Pages nun auch außerhalb der blau-weißen Seite genutzt werden. Das sieht dann ungefähr so aus:

Spreeblick gut finden, ja, das wollen wir doch alle. Pfeifend, unschuldig, nichtsahnend und gutgelaunt klicken wir darauf, in der Hoffnung, ein bisschen unsere Persönlichkeit und Interessen auch im Internet reflektieren zu können. Das war zumindest der Plan. Denn der Blick auf den eigenen News-Stream/Profil lässt so manchen coolen Typen in Panik aufkreischen:
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Nishant Shah: Digital Natives With A Cause?

Ich bin zum ersten Mal auf der re:publica. Key Learning nach einem ganzen und einem halben Tag:  die besten Vorträge sind die, in denen man zufällig sitzt (weil man zu faul war, die Location zu wechseln. Und weil man sein Programm zum sechsten Mal verloren hat. Und der Handyakku leer ist). So etwa bin ich auch in Nishant Shahs Vortrag „Digital Natives with a Cause?“ gelandet (der Friedrichsstadtpalast hat aber auch die bequemsten Sitzmöglichkeiten, da will man gar nicht mehr aufstehen).

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Vorstadtausländer

„Du bist  gar kein richtiger Ausländer, du kommst doch aus der Vorstadt!“

Selbstverständlich bin ich kein richtiger Ausländer. Ich wurde im schönen Frankfurt am Main geboren und besitze die deutsche Staatsbürgerschaft, genauso wie meine Eltern (die Staatsbürgerschaft, nicht das Geboren-Sein) und meine Brüder (die wiederrum beides, einer davon allerdings in Hamburg). Mich als Ausländer zu bezeichnen wäre ja falsch gewesen. Mich als nicht-Ausländer zu bezeichnen eigentlich wieder richtig.

Ich war trotzdem beleidigt.
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Scarface Junior

Das folgende Video habe ich gerade in meinen YouTube-Suggestions gefunden (was mich ja durchaus leicht beunruhigt). Dank Internet habe ich eine mittlerweile endlose Liste, wie ich meinen zukünftigen Nachwuchs zu meinem Entertainment ausnutzen kann. Also, die Klasse 5b aus Palermo bei ihrer jährlichen Schulaufführung, nach dem Klick.
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Auf Wiedersehen, WMF

Der WMF-Club musste letzte Woche relativ unvermittelt und überraschend schließen. Mal wieder, wohlgemerkt, denn das WMF ist die konsequenteste Institution der Club-Wandergemeinschaft, die Berlin so zu bieten hat. In 17 Jahren gab es 8 verschiedene Standorte, zuletzt im ehemaligen Telekomgebäude in der Klosterstraße 44. Aus der geplant temporären Eventlocation wurde dann aber doch ein „echter“ Club.

Laut Veranstalter wurde der Mietvertrag fristlos gekündigt, anscheinend hat das Geld nicht gereicht, bereits organisierte Events werden in den nächsten Wochen auf andere Locations verlegt. Auch, wenn die Geschichte des WMF irgendwie dazu einlädt, mit den Achseln zu zucken und zu sagen „vielleicht sollte es einfach nicht sein“, bin ich wirklich ein bisschen enttäuscht. Im Berliner Clubwirrwar hat das WMF in den letzten Monaten seit der Wiedereröffnung im Sommer das mutigste und originellste Booking in Sachen Elektropartys organisiert, eines, das sich wirklich zeigen ließ und von internationalen DJ-Größen bis hin zu den lokalen Künstlern alles beinhaltete, was das Tanzherz begehrt. Dabei war vor allem die Vielfalt im Genre das, was mich persönlich überzeugte, von Dubstep über TechHouse bis zu wunderbaren IDM-Sessions gab es augenscheinlich keine Barrieren.
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iamamiwhoami: Das Viral-Phantom

Das mit den Virals läuft ja meistens so ab: bekannten Multiplikatoren werden irgendwelche Dinge zugeschickt, bekannte Multiplikatoren schreiben darüber, andere schreiben darüber, was bekannte Multiplikatoren schon geschrieben haben, für fünf Internetsekunden wird darüber diskutiert, wer verantwortlich sein könnte, zwei Tage später ist das Geheimnis gelöst und eine Firma die mass-customized Socken produziert outet sich als cleveres Marketinggenie.

Meistens geht das an mir vorbei, die Faulheit, ihr wisst- ich warte einfach auf die Auflösung- ein Echo bleibt eigentlich nie übrig. Digitales Aufmerksamkeitsdefizit Syndrom. Trotzdem hat mich eine solche Aktion in den letzten Monaten (ja, wirklich, wir reden von MONATEN) so sehr eingenommen, dass ich jetzt einfach nicht anders kann als gebrochen aufzugeben und der verantwortlichen Marketingagentur mein Lob auszusprechen: ihr habt mich. Ich bin ganz Ohr. Ich will es jetzt wissen. Wen muss ich für diese wahnsinnige Schnitzeljagd verklagen?

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Der Berliner Szenemensch

Ein neuer Sturm weht über das Land. Er heisst „Langweile in der Rest-BRD“ und spült täglich Teenager und Tweens an die kantige Küste der Hauptstadt. Überheblich und voller Lebenslust raffen sie sich auf und ziehen ihre schicksten Klamotten an, um sich mit dem Einheimischen (also dem, der letztes Jahr hierhergezogen ist) anzufreunden.

Nur um dann festzustellen, dass Berlin nicht Schnackenburg ist und selbst die langweiligsten Menschen hier in Coolness gebadet wurden. Was die Zugezogenen nicht wissen: Der Kampf um den Platz an der Spitze der Szene ist härter umkämpft als die letzte leere Bierflasche Samstagnachts am Kotti. Das regelfreie Berlin hat also doch bestimmte Grundsätze, zumindest, wenn man in der „It-Crowd“ sein möchte. Aber nicht verzweifeln. Auch du kannst cool sein. Frischfleisch aufpassen, hier kommt der Lehrgang zum Berliner Szenemenschen:

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Streets Of Plenty

Ah, die Olympischen Winterspiele. Unzählige Möglichkeiten, auf Eis zu rutschen. Ich gebe zu, keine Ahnung von Wintersportarten zu haben, daher gebe ich mit der kleinen Meta-Olympiade aller temporären Experten in meinem Wohnzimmer zufrieden. Ein Punkt für denjenigen, der die Snacks mit bringt, zwei Punkte für patriotische Kriegsschreie und drei Punkte für die einfallsreichsten Sprüche zu männlichen Eiskunstlaufkostümen.

Bei all dem Enthusiasmus findet sich aber auch genug Kritik. Neben dem universell-anwendbaren Standard „Free Tibet!“ gibt es im Fall von Vancouver den Protest gegen die unnötige Geldverschwendung. Die Millionen von Dollar hätten ja anders genutzt werden können — zum Beispiel zur Verbesserung der sozialen Verhältnisse in der Stadt.

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