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Über-Überwachung

beobachtung

Heribert Prantl ist nicht links, nicht rechts, er ist ein Mann des Rechts. Wenn er schreibt, dass die neuen Anti-Terrorgesetze den Wechsel vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat markieren, ist das zumindest nachdenkenswert.

Das Nachdenken steht jedoch momentan unter Generalverdacht. Wer jetzt nach dem Rechtsstaat schreit, bekommt der nicht morgen auf jeden Fall einen Rechtsstaat, einen, in dem nach der Scharia entschieden wird? Ist Toleranz albern und Datenschutz obszön angesichts von Schuhbombern, U-Bahn-Bombern, Flugzeugbombern und Bombenbombern?

Das Wort Datenschutz ist schon Teil des Problems. Denn nicht Daten werden geschützt, sondern die Privatsphäre. Aber ist das Private nicht nur ein Geschenk der Gemeinschaft an den Bürger, der das Vertrauen verdient hat? Und braucht nicht nur der den Schutz des Privaten, der etwas zu verbergen hat? Ist das Heim nur die Burg der Verheimlichers, des passionierten Sammlers von Kinderpornographie, des Sprengstofftüftlers, des Drogenbarons?

Oder ist der Voyeurismus des Staats und der Industrie nur eine Geschmacksfrage? Ist es nicht egal, wenn mein Supermarkt weiß, welche Milch ich kaufe, wenn Alice oder die Telekom oder der Staat wissen, wo ich rumsurfe? In London wird zur Zeit eine Datei mit zukünftigen Mördern angelegt. Gott hat uns noch die Freiheit gelassen, Fehler zu machen. Der englische (auf vielfaches Leserkopfschütteln geändert) britische Staat lässt das nicht mehr zu. Wenn ich mit meiner Kundenkarte keinen Alkohol kaufe, keinen Rasierschaum und kein Schweinefleisch, welche Behörden interessieren sich dann für mich? Ich habe mal gegoogelt, wie viele Jungfrauen man als Märtyrer bekommt. Ich war sehr häufig auf der NPD-Homepage und auch in einem Pädophilenforum habe ich mich aufgehalten. Was sagt wohl mein nächster Arbeitgeber dazu?

In den Vereinigten Staaten überprüfen Arbeitgeber Stellenbewerber seit längerem, indem sie über Suchmaschinen Online-Profile der Job-Kandidaten erstellen lassen. Eine blödelige, schlüpfrige oder politisch bedenkliche Homepage rächt sich da schnell.

Noch können wir uns über die Verletzungen unserer Privatsphäre informieren.
Wir können sicherer surfen, Bürgerrechtsgruppen unterstützen, zurückfotografieren, zurückschauen. Mit ein wenig gerechtem Zorn in der Pupille.

Hier gibt es eine sehr (sehr) gut gemachte Animation zum Thema. Ästhetische Zornsteigerung. (Link funktioniert nicht mehr, hat jemand das Video?)

via, via

43 Kommentare

  1. 01
    Stefan_K

    Passend hierzu: „Britische RFID-Pässe in 5 Minuten gehackt“.

    http://www.gulli.com/news/elektronischer-rfid-pass-in-2006-12-18/

  2. 02

    Also die Animation hat es schon in sich. Vieles davon ist ja ist ja eh hinlänglich bekannt, aber in Textform wirkt es halt weniger, als in eine visuelle Darstellung verpackt.

  3. 03

    Bombenbomber find ich toll, warscheinlich bekommen Schüler aufgrund von Kinderscherzen wie Rauch- oder Stinkbomben in Zukunft einen Eintrag in die Schülerdatei wegen terroristischer Gesinnung.

    (Müsste das nicht Großbritanien heissen? England ist doch nur ein Teil…) Die Sache in England ist schon irgendwie wie ein schlechter Scherz, es soll ja eine „Top100“ Liste sein. Mal blöd gefragt: was passiert wenn man nur 50 Leute hat? Wird die Liste dann mit irgendwelchen Leuten aufgefüllt? Na dolle Wurst, England obsiegt.

    Ich hab letzt am Leergutautomaten im Getränkemarkt eine Kamera bemerkt, ich frage mich wozu die gut sein soll.

  4. 04
    Robin S a.k.a. MakeAMillYen

    Auch wahr: der Totschlaeger des Freundes der Schwester eines Freundes ist allein durch die Aufnahme einer Sicherheitskamera gefasst und verurteilt worden.

  5. 05
    nrq

    Ehrlich gesagt kenne ich überhaupt niemanden, dem beim Gedanken an das ständig steigende verlangen des Staates nach wissen über seine Bürger nicht angst und bange wird… man stelle sich nur mal ein totalitäres System mit den derzeit vorhandenen möglichkeiten zur Überwachung vor. Wo sind denn die vielen Leute, die sich so unsicher fühlen? In persönlichen Gesprächen in meinem Bekanntenkreis ist *immer* das Gegenteil der Fall. Auch die Berichterstattung zu diesem Themengebiet ist, wenn sie nicht streng neutral gehalten ist, meiner Erfahrung nach, fast ausschließlich negativ besetzt.

    Das alles ist natürlich sehr subjektiv, ich kann schließlich nicht für die allgemeinheit sprechen. Worauf ich hinaus will und was ich nicht verstehe: woher stammt eigentlich das wissen, dass das Volk unbeding diese Form von „Sicherheit“ haben möchte? Ganz naiv gefragt…

  6. 06

    Interessanter Artikel, danke.

    Ich vermute, dass es sich um die subjektive Wahrnehmung eines Sicherheitsproblems handelt.

    Menschen ohne technisches Knowhow sehen und hören vom „neuen“ Internet vor allem die Gefahren. Was der Mensch nicht versteht wird er erst einmal mit Argwohn beobachten.

    Die Techies sehen eher die Bedrohung der Privatsphäre. Das Risiko kann aber vom Ottonormalverbraucher nur schwer eingeschätzt werden.

    Beide Sichtweisen haben unangenehme Gefühle zur Folge und sind für mich nachvollziehbar. Leider sind die Techies noch in der Minderheit.

    Einigen Politkern unterstelle ich, dass Sie vor allem die Mehrheit statt der Wahrheit im Auge haben.

    MfG
    J
    (wissenschaftlich nicht belegt und pauschalisierend, aber eben meine Meinung)

  7. 07

    Ein bisschen links isser ja schon, der Prantl. Hatte die Ehre ihn kennen zu lernen und er meinte, er wär wohl bei uns in der SPD, wenn er als Journalist nicht unparteiisch sein wollte =)
    Abgesehen davon, schöner Beitrag :-)

  8. 08

    Danke für den Artikel und die Links.

  9. 09

    uupps, habe gerade was anderes gesucht bin dabei auf diesen interessanten artikel gestoßen, obwohl er von 2004 ist, passt er ganz gut in die diskussion

    http://www.zeit.de/reden/weltpolitik/200406_neyer

  10. 10
    Jan(Get pissed! Destroy!)

    „Und wenn der Widerstand
    Ein Arbeitswiderstand ist
    Gehört der Widerstand
    Doch zum System
    Ich sprenge einen Menschen
    Direkt in die Rhagandi
    Dann beträgt mein Widerstand 75kOhm

    Sie wehren sich nicht
    Ohne wirklich zu stoeren
    Sagte Bernd Antimeier
    Als er damals widerstand
    Er schmiss den ersten Stein
    Und es kam die Lawine

    Doch die Unternehmerpräsidenten
    Besitzen immer noch das Land
    Und wenn der Widerstand
    Kein Arbeitswiderstand ist
    Gehoert der Widerstand
    Zum Lawinensystem
    Und wenn die Steine fliegen
    Ohne wirklich zu verändern
    Wird wohl nichts mehr wachsen
    Sondern UNTERGEHN“
    (Inchtabokatables)

    fiel mir gerade dazu ein …

  11. 11

    Dass es Grossbritannien bzw britischer Staat heissen muss wurde ja schon gesagt, einen Englischen Staat, geschweige denn eine Englische Regierung gibt es nicht. Allerdings eine Schottische und eine Walisische Regierung, aber das ist ein anderes Thema und gehoert hier nicht her.

    Ueber die Sicherheitskameras kann man geteilter Meinung sein.

    Zum einen fuehle ich mich unwohl dabei ueberall (na ja, fast ueberall) gefilmt und beobachtet zu werden, teils sehr auffaellig, teils kaum zu bemerken. Auf den 35 Meilen Motorway heute morgen bin ich bestimmt von fast genausovielen Kameras gefilmt worden. Und werde es heute abend auch wieder, angenommen die Dinger funktionieren auch im Dunkeln. Gestern beim Christmas shopping vermutlich auch mehrmals, da hatte ich anderes im Kopf als auf Kameras zu achten.

    Dieses Gefuehl wird von vielen Leuten geteilt, zu dem Thema gibt es regelmaessig Diskussionen. Dass die Kameras keine (oder fast keine) Verbrechen verhindern ist den meisten klar und wird auch akzeptiert.

    Andererseits ist vor kurzem eine ehemaliger Praktikant und noch immer guter Freund von mir brutal zusammengeschlagen und ausgeraubt worden, die Polizei behandelt das ganze aufgrund der Art wie das Ganze passiert ist als attempted murder. Er haette bei der ganzen Geschichte sterben koennen. Ob es da (Universitaetsparkplatz) oder irgendwo anders (sein Auto wurde unter anderem geraubt) Ueberwachungskameras gab weiss ich nicht, wenn sie helfen sollten die Taeter zu finden waere ich sehr dankbar fuer die Kameras. Er wahrscheinlich auch.

    Die fuenf Morde in Ipswitch haben es glaube ich auch in die Deutschen Medien geschafft, wenn dort die Kameras dabei helfen den Taeter zu fassen (heute morgen haben sie wohl einen Verdaechtigen festgenommen) und eventuell weitere Morde zu verhindern, dann werden viele die eigentlich normalerweise recht kamerascheu sind diesen sehr dankbar sein.

    Dass es hier kein Meldewesen wie in Deutschland gibt ist wahrscheinlich vielen in Deutschland nicht bekannt. Zumindest was das angeht haben wir hier noch etwas mehr Freiheit. Ebenso gibt es hier keinen Personalausweis (hoechstens einen de-facto Ausweis durch den Fuehrerschein, aber den hat halt nicht jeder), zumindest noch nicht.

    Die Regierung plant demnaechst einen Personalausweis einzufuehren, allerdings haben sich da schon ziemliche Widerstaende formiert. Interessanterweise auch von Teilen der Tories, die sich ja eigentlich als Law & Order Partei darzustellen versuchen. Das klappt allerdings nicht so recht, weil sie dabei immer wieder von Labour ueberboten werden. Jedenfalls wird das Thema (und die ganze Ueberwachung generell) recht oeffentlich diskutiert, teils sehr kritisch. Das Nachdenken ueber das Thema ist hier soweit ich das beurteilen kann bei weitem noch nicht verboten.

    Etwas laenger geworden, aber da „England“ (in Schottland und Wales ist auch alles voller Kameras, von Nordirland mal ganz zu schweigen) in dem Artikel so explizit erwaehnt wurde wollte ich doch mal meine zwiespaeltige Meinung zu dem Thema und der Diskussion aus der Inselsicht beisteuern.

  12. 12

    Danke!

    Habe den Link mit der Animation gleich an alle meine Freunde geschickt, die immer noch im studiVZ sind oder sich freuen wenn sie wieder 100 payback-punkte gesammelt haben.

    viele grüße

  13. 13

    prantl is nicht mehr links?

  14. 14
    Robin S a.k.a. MakeAMillYen

    @Armin> Interessant, gerade aus England zu hoeren. Mein Beitrag oben Nummer 4 bezieht sich auch auf einen Fall in England.

    Die Sache mit dem Perso in Deutschland ist eigentlich krass. Da ist man gesetzlich verpflichtet, ein Papier mit seiner Adresse mit sich rumzutragen. Das man wahrscheinlich zusammen mit dem Haustuerschluesel in der Jacke aufbewahrt.

  15. 15
    msc

    @Robin S a.k.a. MakeAMillYen
    Es gibt in Deutschland keine Mitführpflicht von Personaldokumenten.

  16. 16
    Niclas

    „Wo sind denn die vielen Leute, die sich so unsicher fühlen?“

    Ich habe neulich gelesen (wo, ist mir entfallen), dass die „gefühlte Kriminalität“ sich in 10 Jahren Privatfernsehen verdreifacht hat, während die tatsächlichen Zahlen kontinuierlich sinken (seit Ende der 60er).

  17. 17
    Niclas

    @SoWhy

    Seit wann ist man „bei euch“ in der SPD wieder links?

  18. 18

    Nicht Links und nicht Rechts zu sein – heißt wirklich Politisch zu sein!
    So führen die Rechten in der SPD und die Linken in der CDU, je nach Bedarf und Machtherhalt!
    Wirklich sind die Positionen immer die Gleichen!
    Warum mehr Staat?
    Weil sie wissen was auf uns zukommt und wie gefährlich es dann für die Oberen 20% der Gesellschaft wird, die zwei drittel des Vermögens halten!

    Wer den Rechtsstaat abschaffen will ist ein Verfassungsfeind auch wenn er
    er eine Partei von innen lenkt!

    http://tinyurl.com/ymmc5q

  19. 19

    Re: gefuehlte Kriminalitaet und viele Leute die sich unsicher fuehlen (#6 und #18)

    Ich kann das nur aus der Perspektive von hier in Grossbritannien beurteilen, allerdings vermute ich dass es in Deutschland nicht gross anders ist.

    Sicherheit ist ja immer subjektiv, was ist denn sicher? Wovor hat man wirklich Angst? Wann fuehlt man sich sicher?

    Soweit ich weiss wohne ich in einer der sichersten Staedte Englands (oder sogar Grossbritanniens, weiss nicht mehr worauf sich die Statistik bezog). Allerdings wurde vor einiger Zeit zweimal in mein Auto eingebrochen, dass vielleicht 5m entfernt von wo ich jetzt diesen Kommentar schreibe steht (Parkplatz unter dem Haus). Von dem Freund der brutal zusammengeschlagen wurde habe ich bereits oben geschrieben.

    Fuehle ich mich danach noch sicher, oder zumindest so sicher wie vorher? Nach den Einbruechen habe ich meine Wohnungstuer einige Zeit lang abends zweimal geprueft ob die auch wirklich sicher verschlossen war (oder was ich dafuer halte). Wenn ich jetzt abends ueber einen dunklen einsamen Parkplatz gehen muesste wuerde ich mich wahrscheinlich schon ein bisschen unwohl fuehlen. Wuerde ich mich sicherer fuehlen wenn ich wuesste da waeren Kameras? Wahrscheinlich schon, zumindest wuerde ich hoffen schneller Hilfe zu bekommen wenn was passieren sollte.

    Dann die Rolle der Berichterstattung in den Medien:

    Insbesondere in den Tabloids werden Verbrechen, Krawalle und „unsocial behaviour“ gross berichtet, alles steht voll von „no go areas“ in den Innenstaedten am Wochenende. Aehnlich im Fernsehen, gibt ja gute Quote. Teilweise stimmt es, teilweise ist es weit uebertrieben.

    Wenn das aeltere und „rechtschaffene Buerger“ lesen glauben sie das und fuehlen sich dadurch unsicher. „Man kann ja nicht mehr rausgehen“. Das wird dann in Leserbriefen und call ins ausgedrueckt, die die Angst dann wieder multiplizieren.

    Schliesslich die Politiker: Die muessen ja immer beweisen dass sie die einzigen sind die Law & Order garantieren koennen. Also werden die Verbrechensstatistiken von der jeweiligen Opposition ausgewaehlt interpretiert, so dass es so aussieht als ob die Regierung versagt hat und die Kriminalitaetsraten ansteigen oder Verbrechen nicht aufgeklaert werden. Wodurch sich natuerlich die Buerger die das Spiel nicht durchschauen unsicher fuehlen, Leserbriefe schreiben, andere unsicher machen usw usf.

  20. 20
    nrq

    An 18/Niclas, 21/Armin:
    Laut einer Studie, aus der bei Telepolis *) zitiert wird, scheinen die Menschen wirklich an einen Kriminalitätsanstieg zu glauben, obwohl das Gegenteil der Fall ist (Christian Pfeiffer hat daran mitgearbeitet, das ganze ist also mit vorsicht zu genießen). Wenn ich das richtig verstanden habe decken sich meine persönlichen Erfahrungen nur nicht mit denen des restes der Welt, weil mein Bekanntenkreis nicht hauptsächlich aus ungebildeten, Sat.1 und RTL konsumierende Rentnern aus Ostdeutschland besteht.

    Im Ernst: das erklärt ganz wunderbar, das es diese Menschen wirklich gibt, aber wiederum nicht, ob diese Leute wirklich die aus allen Ecken geforderte lockerung des Datenschutzes, bzw. die Verletzung der Privatsphäre haben wollen, wie wir sie gerade erleben.

    Hier geht es ja nicht mehr nur um Videoüberwachung um unsere Innenstädte sicherer zu machen, sondern auch um die Überwachung und Speicherung meines Surfverhaltens, meines Kaufverhaltens und meines Aufenthaltsortes. Das mein Computer durchsucht werden darf, ohne das mir das mitgeteilt wird. Um die zusammenlegung von Polizei und Geheimdienst. Um eine Datei, deren Aufnahmekriterien so intransparent sind, das konsequenzen aus der Aufnahme darin völlig unklar sind (Verkehrskontrolle: „Oh, ich sehe gerade, das ein Eintrag vorliegt. Ich kann Sie leider erst weiterfahren lassen, wenn ich ihren Wagen durchsucht und ihren Pass ausgiebig auf Echtheit überprüft habe. Sollten auch nur die geringsten Zweifel an ihrer Integrität bestehen werden Sie zur erweiterten Identitätsfeststellung eine Nacht auf der Polizeiwache verbringen müssen.“ – weil der kontrollierte Moslem ist, vor einem Jahr drei Monate in Pakistan verbracht und dort eine Moschee besucht hat, in der schon mal ein radikaler Terrorist seines Glaubens gesehen wurde).

    Darum, das wir alle plötzlich nicht mehr als unschuldig angesehen werden, sondern potentielle terroristen sein könnten. Das irgendjemand *denkt* ich könnte ein so schlimmes Verbrechen begehen, das es gerechtfertigt ist, jeden meiner Schritte auf jede erdenkliche art und weise aufzuzeichnen. Meinen und den von 400 Millionen anderen Europäern.

    Das man in einer Umfrage schon mal nicht fünf zentimeter über den eigenen Horizont hinausdenkt und die Frage nach mehr Videoüberwachung bejaht mag passieren. Das jemand betroffeneinen Leserbrief an eine Zeitung schreibt, in der er sowas fordert auch. Den meisten Menschen dürfte nur nicht bewusst sein, was sie damit anrichten, wenn dann als Ergebnis irgendwelcher Studien herauskommt, das solche maßnahmen als völlig okay angesehen werden. Das dann eben auch sie in’s Visier der Strafermittler gelangen können.

    *) dabei über einen Artikel über „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“ gestolpert, auch sehr lesenswert.

    P.S.
    Sorry, das ich zwischendurch irgendwie ins schwadronieren geraten bin. Irgendwie konnte ich das nicht verhindern :( . Das dann wieder zu löschen fand ich aber auch zu schade.

  21. 21

    @msc #17: soweit ich weiss kann die Polizei jemanden bis zur Feststellung der Identität festhalten, insofern gibt es keine Mitführpflicht aber das nicht mitführen kann durchaus negative Auswirkungen haben.

    @alle Videoüberwachungsbefürworter: seid ihr euch eigentlich im klaren das die Videoüberwachung höchstens zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen kann? Wenn man vor einer Videokamera zusammengeschlagen, oder gar ermordet wird glaube ich kaum das innerhalb eines sinnvollen Zeitrahmens Polizei anwesend ist um das zu verhindern.

    Im übrigen gibt es ja auch zahlreiche Belege das Videokameras die Kriminalität nicht verhindern sondern diese nur verlagern. Was ist die Antwort darauf? Noch mehr Videokameras?

  22. 22

    re nrq/#18: Ohne jetzt Quellen zur Hand zu haben, von aehnlichen Studien habe ich auch hier gehoert. Genau das meinte ich mit meinen Beispielen, selbst bei sinkender Kriminalitaetsrate wird durch Berichtserstattung, oeffentliche Meinung und teilweise politischer Propaganda das gegenteilige Gefuehl erzielt.

    Und eben das Problem der Irrationalitaet, dass ich bei mir selber erkannt habe: Ich weiss dass ich objektiv in einer der sichersten Gegenden hier lebe, aber da ich halt selber Opfer von Kriminalitaet geworden bin bzw gute Freunde von mir Opfer geworden sind fuehle ich mich in gewissem Sinne subjektiv nicht mehr so sicher wie bevor diese Sachen passiert sind. Ich vermute dass es sehr vielen, vielleicht sogar allen in einer aehnlichen Situation aehnlich gehen wird.

    Dabei beschraenke ich das ganze auch nicht auf die Videoueberwachung sondern sehe alle die Aspekte. Und wie bereits in meinem ersten Kommentar beschrieben befinde ich mich dabei generell in einem ziemlichen Zwiespalt. Ich finde es schoen dass es hier keine Melde- und Ausweispflicht gibt (zumindest noch nicht), gleichzeitig frage ich mich ob es damit Verbrechern leichter gemacht wird unterzutauchen. Mir ist unwohl dabei dass ich ueberall gefilmt werde (und die Kameras sind wirklich ueberall, wenn man mal genauer hinsieht), gleichzeitig bin ich froh darueber wenn sie helfen Verbrechen aufzuklaeren. Ich begruesse es wenn Paedophile und aehnliche durch Ueberwachung im Internet gefasst werden, gleichzeitig ist mir unwohl dabei dass meine saemtlichen Bewegungen im Internet aufgezeichnet werden (soweit ich weiss ist die „Vorratsdatenspeicherung“ (so heisst das glaube ich) hier einiges drastischer als in Deutschland).

    Die Frage ist halt wo die Grenzen zu ziehen sind, fuer mich ist die Frage nicht so einfach zu beantworten. Die Ueberwachung ist nicht gut oder boese an sich, da gibt es viele Nuancen und Moeglichkeiten diese auszugestalten. Ich kann und will dass nicht einfach schwarz/weiss sehen. Dazu ist das ganze zu komplex.

  23. 23

    re Scholt/#23: Ich nehme mal an Du zaehlst mich zu den Videoueberwachungsbefuerwortern.

    Die Antwort ist Ja. Deine Argumente kenne ich seit Jahren, wir haben die Kameras und die zugehoerige Diskussion hier schliesslich schon seit einiger Zeit. Meine Meinung ist unveraendert zwiespaeltig, wie sie es seit Jahren ist.

    Und um ehrlich zu sein, wenn durch eine solche Kamera die Leute gefasst werden, die einen guten Freund zusammengeschlagen haben und fast getoetet haetten, dann bin ich sehr froh darueber. Da kann ich es zumindest im Moment (das ganze ist erst vor drei Wochen passiert) sogar in Kauf nehmen bei jeder Autofahrt andauernd gefilmt und ueberwacht zu werden. Vielleicht denke ich in ein paar Wochen oder Monaten wieder anders.

    Je nach Umstaenden kann die Polizei sehr schnell da sein. Ganz verhindern wird sie nichts koennen, aber vielleicht schlimmeres. Vor allem wird nicht jemand eine Stunde lang verpruegelt werden, so lange hat es meines Wissens bei dem Freund von mir gedauert. Waere da eine Kamera gewesen, dann haette er recht wahrscheinlich eher Hilfe bekommen.

    Mir ist sehr bewusst dass diese Ansichten subjektiv sind und ich wie nrq in #22 beschreibt zumindest in gewissem Sinne nicht ueber meinen eigenen Horizont hinausdenke. Andererseits tue ich genau das und habe daraus den resultierenden Zwiespalt.

    Wobei die Kameras (ebenso wie alle anderen Massnahmen) nur Symptome bekaempfen, aber nicht die Gruende fuer die Kriminalitaet. Weswegen die meisten hier bestenfalls noch an den ersten Teil des Labour Wahlslogans glauben: Tough on crime, tough on the causes of crime.

    Aber der zweite Teil ist auch schon wieder ein anderes Thema.

  24. 24
    nrq

    Armin,

    hier geht es ja nicht mehr nur um Videoüberwachung, sondern insgesamt um einen Paradigmenwechsel bei der Strafverfolgung. Die Frage ist eben, ob die Leute, die sich unsicher fühlen überhaupt die Form von „Sicherheit“ haben möchten, die gerade eingeführt wird.

    Mir persönlich behagt es einfach überhaupt nicht, für die Strafermittlungsbehörden in Europa nichts weiter als ein potentieller krimineller zu sein, den man auf Schritt und Tritt beobachten muss. Um das mal mit Firmen zu vergleichen, die Daten über mich sammeln: die tun das ja auch, weil ich möglicherweise mal dort einkaufen könnte – weil ich ein potentieller Kunde bin.

  25. 25

    „error 404: File not found“

  26. 26

    re nrq/#26:

    Richtig, deswegen habe ich die Argumentation ueber meinen Zwiespalt in #24 ja auch ausgeweitet. Viele der Argumente fuer und gegen Videoueberwachung lassen sich ja auf die anderen Bereiche der Ueberwachung uebertragen.

    Vieles an der praeventiven Ueberwachung ist ja auch nicht ganz neu, nur wird sie halt jetzt mit moderner Technologie und neuen Gesetzen weiter ausgedehnt.

    Ich vermute die meisten Iren die im UK leben (und da gibt’s sehr viele von) werden zu Hochzeiten der IRA Anschlaege mindestens einmal ins Visier von Scotland Yard geraten sein. Verschiedene politische Gruppierungen in Deutschland in den 70er Jahren duerften aehnliche Aufmerksam durch das BKA bekommen haben.

    Jetzt ist halt die Frage wie weit das ganze gehen kann und soll, wie soll es ausgestaltet werden und wie kann das ganze mit den Rechten der Buerger in Einklang gebracht werden. Was bringt wirklich Sicherheit und was ist nur Security Theatre (Bruce Schneier).

    Die wenigsten der Buerger die sich unsicher fuehlen begreifen was da abgeht, die wollen nur sehen dass „der Staat“ bzw „die Regierung“ was tut. Und wenn das mehr Ueberwachung bedeutet kommt auch hier sehr schnell das Argument „I’ve got nothing to hide/If you aren’t doing anything wrong, why are you against xyz?“.

    Allerdings sieht man dabei hier einen interessanten Konflikt auftreten: Die Tories hier als mitte/rechts Partei bzw politische Einstellung (nicht mit CDU/CSU zu vergleichen, die sind einem echten Tory viel zu sozial eingestellt) sind eher libertaer eingestellt, also so wenig Staat wie moeglich. Da gibt es grosse Widerstaende gegen die Einfuehrung von z.B Personalausweisen. Gleichzeitig wollen sie Law & Order und beschweren sich dass Leute ohne sich auszuweisen alles moegliche machen koennen und halten das Schengen Abkommen fuer einen Riesenfehler (weswegen hier an der Grenze ja auch kontrolliert wird, Schengen gilt hier nicht). Ebenso ist die _eigene_ Privatsphaere heilig, da hat der Nanny State nichts zu suchen. Bei anderen ist das schon eher zu vertreten, die koennten ja boeses wollen.

    Ich bin mir jedenfalls noch nicht ganz im Klaren wo ich die Grenze ziehen will, mit welcher Ueberwachung/Kontrolle/Generalverdaechtigung ich bereit bin zu leben. Mir ist meine Freiheit und Selbstbestimmung ebenso wie die anderer sehr wichtig. Gleichzeitig kann ich mir vorstellen dass ich gewisse Massnahmen bereit bin in Kauf zu nehmen, sollten dadurch wirklich Verbrechen oder Terrorakte verhindert werden koennen. Nur weiss ich halt noch nicht welche.

  27. 27
    Hans Maulwurf

    Japp, die schöne Flashanimation kann nicht mehr gefunden werden… :-/
    http://www.stereostil.de/jo/panopticom/swf/index.htm
    error 404: File not found

  28. 28

    hat denn keiner ne Kopie gemacht?

  29. 29

    Ich habe mehr als 20 Jahre in einem Überwachungsstaat (http://de.wikipedia.org/wiki/DDR) gelebt und das war ganz sicher kein Spaß. Zwei Dinge* hat es mich aber gelehrt: 1. Jeder hat etwas zu verbergen. (Auch wenn es meist nicht illegal ist.) 2. Selbst wer glaubt nichts verbergen zu müssen, hat trotzdem etwas zu befürchten.

    *Eigentlich hat es mich als zwei Dinge gelehrt, aber sei´s drum. :)

  30. 30
    Alex

    Mann, wo ist denn die Flash-Animation hin… es kann doch nicht sein, das wirklich niemand es irgendwo gespeichert hat… bitte, bitte, ich will es auch sehen!!!

  31. 31
    alex

    kann man nun noch damit rechnen, diese flash-animation irgendwo zu finden oder war sie so gut, dass sie besser unter verschluss gehalten werden sollte?

  32. 32
    Notwendig

    Der Server muss gehackt worden sein, da ist alles platt, nix mehr da. *Grübel..

  33. 33
    spasskanzlei

    überwachung! was heisst da überwachung!? äh:

    http://sevenload.de/videos/jJMJ5P3-stoiber-2007-ungeschnitten

    momentamal, wer hat denn das rausgegeben?

    euer ministerpräsident

  34. 34

    och nö!die flash animation geht nicht mehr :-(
    kennt jemand nen link? hat’s jemand gespeichert?

  35. 35

    Ich hatte leider auch nur den halben Tag… Wäre schön, den Rest auch noch sehen zu können.

  36. 36

    news-online.de :: wissen, was zählt *** Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, erklärt am 5. Februar 2007: *** Quelle: http://www.bfdi.bund.de ***

    Bonn, den 5. Februar 2006

    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, begrüßt die heutige Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der sog. verdeckte Online-Durchsuchungen im Strafverfahren unzulässig sind:

    Die heimliche Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Daten mit Hilfe eines Programms, das ohne Wissen des Betroffenen aufgespielt wurde, stellt einen gravierenden Eingriff in dessen informationelles Selbstbestimmungsrecht dar. Es ist zu befürchten, dass die Maßnahme auch private Inhalte des Computers, wie etwa Arztrechnungen oder höchstpersönliche Aufzeichnungen, erfasst, die ähnlich sensibel sind wie vertrauliche Unterhaltungen oder Tagebucheinträge. Der von Verfassungs wegen zu gewährleistende Kernbereich privater Lebensgestaltung muss daher auch hier geschützt bleiben.

    Selbst wenn künftig eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Online-Durchsuchungen geschaffen werden sollte, ändert dies nichts daran, dass Online-Durchsuchungen das Vertrauen in die Sicherheit des Internets erheblich beschädigen.(…)“

  37. 37

    Aus einem Urteil von 1983 (Kann jemand herausfinden, um welches Urteil es sich handelt?)

    »Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.«

    „žInzwischen scheint man sich an den Gedanken gewöhnt zu haben, dass mit den mittlerweile entwickelten technischen Möglichkeiten auch deren grenzenloser Einsatz hinzunehmen ist. Wenn aber selbst die persönliche Intimsphäre „¦ kein Tabu mehr ist, vor dem das Sicherheitsbedürfnis Halt zu machen hat, stellt sich auch verfassungsrechtlich die Frage, ob das Menschenbild, das eine solche Vorgehensweise erzeugt, noch einer freiheitlich- rechtsstaatlichen Demokratie entspricht.“

    Aus dem Sondervotum der Richterinnen R. Jaeger und C. Hohmann- Dennherdt des 1. Senates des Bundesverfassungsgerichtes zum „žGroßen Lauschangriff“ 2004

    Gegen Ueberwachung kann man sich schuetzen:
    forum.opensky.cc/kb.php?mode=cat&cat=5

    Gruss peter/opensky.cc