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Zaungastbefragung

Die SMS-Nachrichten auf Spree8 sind ja leider recht fragmentarisch – man kennt die Person hinter der Telefonnummer nicht. Deshalb kam in dem Kommentaren die Nachfrage, warum wir den nicht mal die Leute hinter den Nachrichten befragen — wir haben die Nummern ja schließlich. Auf meine Interviewanfrage hin kam ein „Gern. Nur nass und ein bisschen rumgeschubst worden. Ruf einfach an.“ Leider hat der Rekorder meines Telefons versagt: die Aufnahme ist schlicht nicht zu verstehen. Hier also die Teile die ich rekonstruieren konnte:

Ralf (aus Mangel an Redaktion musste ich den Namen selbst ändern) wurde gerade mit etwa 250 anderen Demonstranten von einigen Wasserwerfern weggespült. Um für sein Recht auf Demonstrationsfreiheit zu demonstrieren sei er nach Heiligendamm gefahren. Nach seiner Schilderung scheint die Lage am Westtor eigentlich nahezu idyllisch zu sein: Vermummte gäbe es weit und breit nicht. Die meisten Demonstranten trügen T-Shirts, einige liefen mit freiem Oberkörper herum, einige Pessimisten hätten Regenjacken an. Auch konnte er sich nicht recht erklären, was die Polizei zum Einsatz der Wasserwerfer bewog. Von einem Bengalischen Feuer sei die Rede gewesen, und tatsächlich hätte ein paar Stunden zuvor eins gebrannt. Steine oder Flaschen seien nicht geflogen, die Menschen hätten eh alle nur leichte Plastikflaschen – eigentlich kein Wunder, wenn man eine Tagesration an Wasser mit sich rumschleppen muss. Aber generell würde es die Polizei mit den Lautsprecherdurchsagen nicht so ernst nehmen: mal würde sie kurz vor dem Einsatz von Wasserwerfern warnen, aber oft auch nicht.

Wie er denn das Verhalten der Polizei einschätzen würde wollte ich wissen. „An den Stellen, an den die Polizei eingreift, greift sie eigentlich immer zu hart ein.“ Allerdings greift die Polizei wohl nicht immer ein: einen Tag zuvor, am Osttor wäre die Polizei quasi nicht mehr in Erscheinung getreten. Zu viele Demonstranten wären dort gewesen. Mittlerweile herrsche da wohl eine geradezu „volksfestartige Stimmung“, es würden wohl sogar Polizisten gegen Demonstranten Volleyball spielen.

Um so betroffener zeigte sich Ralf von einer Situation, die sich kurz vorher abgespielt hatte: bei einem Wasserwerfereinsatz sei eine Demonstrantin im Gesicht verletzt worden. Die Polizei hätte daraufhin ihre Sanitäter nicht zum Unglücksort gelassen, stattdessen mussten Demonstranten die Verletzte selbst zur Polizeikette tragen.

Das so ein Treffer mit dem Wasserwerfer mehr schmerzt als eine Wasserschlacht im Garten dachte ich mir ja schon. Das man aber solche Wunden davonträgt hätte ich nun auch nicht gedacht. Gute Besserung von hier!

4 Kommentare

  1. 01

    Wir hatten kurz überlegt den Artikel aus Google-Findbarkeitsgründen „Interview mit Paris Hilton (Name von der Redaktion geändert)“ zu benennen, hatten aber nicht die Eier dafür.

    Die Redaktion

  2. 02

    Hehe. Bei Technorati ist Paris Hilton wirklich gerade ganz vorne. So ein Schmarren.

    Und es war wirklich unverhältnismäßig, was die Polizisten da gemacht haben. Warum dürfen die eingentlich so willkürlich mit Wasserwerfern vorgehen? Gibt es für deren Einsatz keine Vorschriften, wegen der man sie belangen könnte?

  3. 03

    Toll und richtig Mutig wenn man zugibt keine Eier zu haben!

  4. 04
    proletensau

    Tja, das Los der Männer 2.0 ist es, keine Eier mehr zu haben. Muss Mann sich wenigstens nicht um Kastration sorgen. Dürfte weitreichende psychodynamische Folgen haben. Im Sinne der Gleichstellung ist es aber allemal korrekt als Mann ohne Eier unterwegs zu sein.

    (Hoffe ich bin jetzt keinem auf den Sack gegangen.)

    Gute Darstellung des Gipfels – nicht nur in diesem Beitrag.