Spiegel-Online-Chef Matthias Müller von Blumencron kickt im Interview mit Deutschlandradio Kultur (super Symbolbild auch) ein bisschen in Richtung Holtzbrinck, kommt um die Beantwortung der Frage herum, wann seiner Meinung nach die letzte Print-Ausgabe des Spiegels erscheinen wird und lehnt eine zentrale Medienaufsicht für das Internet ab:
Es ist nicht so, dass uns der Onlinebereich völlig aus dem Ruder läuft und das Einzige, auf das wir jetzt warten, noch eine staatliche Regulierungsbehörde ist, die endlich Ordnung in dieses Chaos bringt. Ich glaube, das wäre eine der, ja, gruseligsten Vorstellungen.
Ich weiß, dass es immer schicker ist, große Medienhäuser inklusive ihrer Köpfe für komplett ahnungslos und lernresistent zu erklären, da man selbst ja schließlich das einzige Lebewesen mit echtem Durchblick ist, und ich selbst habe mich noch vor zwei Jahren öffentlich gefragt, ob Herr von Blumencron „keine Ahnung“™ vom Netz hat oder nur so tut.
Bemühe ich mich heute um eine möglichst emotionsfreie Betrachtung der Entwicklung von SpOn, muss ich dem Magazin zwar einen stärker empfundenen Hang zum Boulevardesken und durchaus auch unangenehm reißerischen Aufmachern attestieren, kann auf der anderen Seite aber auch spannende Lernprozesse beobachten. Dazu gehören persönlicher verfasste Artikel ebenso wie transparente Korrekturen, (nicht immer allen Lesern verständlicher) Humor oder auch laufend aktualisierte oder korrigierte Artikel zu minutenaktuellen Themen. Alles Dinge, die nicht zuletzt durch (u.a.) Blogs inspiriert scheinen.
Es sieht aus, als hielten viele Mainstream-Medien bzw. deren Online-Präsenz bei hochgekrempelten Jeans vorsichtig den großen Zeh ins Wasser (dieser FTD-Artikel, danke für den Hinweis, wäre vermutlich noch vor drei Jahren undenkbar gewesen), während SpOn immerhin schon die Badehose angezogen hat, um sich ins Meer zu wagen.
Ist SpOn also super? Nö. Meine Kritik bleibt die an der inhaltlichen Positionierung, die oft bestenfalls verwirrend ist – so empfand ich die Berichterstattung rund um den G8-Gipfel anfangs erschütternd einseitig, kritischere Sichtweisen schienen sich erst später dazu zu mischen.
SpOn wird als eines der größten Online-Magazine des Landes immer kritisier- und angreifbar sein, dafür sorgt allein schon die schiere Menge von Autoren und Themen. Die Tatsache aber, dass man scheinbar mehr als einige andere gelernt hat, auf Kritik und Fehlerhinweise zu reagieren und junge Entwicklungen im Web auf Nutzbarkeit für das eigene Angebot zu überprüfen, halte ich für genauso bemerkenswert wie das Interview mit von Blumencron, das meines Erachtens vor nicht allzu langer Zeit noch anders geklungen hätte. Und dem ich trotzdem in einzelnen Punkten widerspreche, zum Beispiel in dem, dass der Spiegel ein „hervorragendes Magazin“ sei, was ich allerspätestens nach dem Ahmadinedschad-Interview stark bezweifle (aber was soll er auch anderes sagen?).
Es bleibt spannend zu beobachten, welche Einflüsse der „Web 2.0“-Hype tatsächlich hat – nicht auf unsere geliebten Blog-Mikrokosmen, sondern auf den Mainstream.
Ich bin so undestruktiv in letzter Zeit.
Die Ostsee, die Ostsee.
Schön ist auch der Text von Reinhard Mohr (auch im Deutschlandradio Kultur, einen Tag später), der eine etwas andere Richtung bei der Betrachtung der Online-Medien geht: Bloß nicht zu schnell werden!
Spiegel Online ist tatsächlich fast konkurrenzlos, was umfangreiche Berichterstattung im Web angeht. Und wenn sie ihr Videoangebot ausbauen, dann haben ZDF und Co. auch hier online einen echten Konkurrenten.
Nur eine Frage bleibt: Was soll der Blogeintrag eigentlich? Eine richtige Kritik formulierst Du nicht (die wäre auch unangebracht, wie Du selbst merkst), loben willst Du sie aber auch nicht (und auch hier hast Du gute Gründe). Dass es „spannend bliebt“, wie sich irgendwas im Web entwickelt, würde einen ähnlichen Artikel über so gut wie jede Seite rechtfertigen.
r3lite: Der Grund für jeden Artikel hier ist ja immer ein sehr subjektiver, man schreibt, worüber man sich Gedanken gemacht hat. Somit kann alles erscheinen, egal, ob es dafür einen „triftigen“ Grund (also z.B. einen, der im Interesse einer größeren Öffentlichkeit liegt) gibt oder nicht. Da unterscheide ich zwischen Blog und Magazin.
Bei mir war die Vermutung ausschlaggebend, dass bei SpOn ein gewisses Umdenken stattgefunden hat. Externe Links, auch und gerade zu Blogs, waren bspw. noch vor nicht allzu langer Zeit passé, gerne hiße es dort „im Internet“, obwohl es eine klare Quelle gab. Und da in Blogs, auch hier, gerne über SpOn geschimpft wird, hielt ich es für interessant, mal nachzusehen, ob das alles noch angemessen ist. Der Schluss (teils ja, teils nein) ist keine Revolution. Aber das muss er ja auch nicht sein.
Nächstes Vorhaben: Keine Artikel mehr erklären. ;)
weltfriedenmood dank ostsee…juchuh!..;)
Lieber Johnny,
bist Du von Deinem ‚Unabhängigen‘ Blog enttäuscht, oder so sehr überzeugt,
dass es dir ein Zwingendes Bedürfnis ist, Fehler bei anderen zu suchen?
Vielleicht findet sich für die Spreeblick Verlag KG auch ein solventer Käufer,
der natürlich ebenso ‚unabhängig‘ ist. ;-)
Jessas, PiPi, was ist denn das für eine langeweilige Bemerkung?
Big Brother is watching you …
Danke für den Link auf den tollen FTD-Text!