Letztens habe ich beim Putzen unter unserem Gästebett die Reste meiner Kassettensammlung wiedergefunden. In einer Bananenkiste verstaubt das musikalische Gedächtnis meiner Jugend. Die Chancen, dass diese liebevoll zusammengestellten Mixtapes noch einmal abgespielt werden, sind gleich Null. Seitdem ich vor 14 Jahren zu Hause ausgezogen bin, besitze ich kein Gerät mehr, das Kassetten wiedergeben könnte.
Dabei vermisse ich die Möglichkeit überhaupt nicht, meine alten Tapes abspielen zu können. Warum auch? Die darauf gebannte Erinnerungen sind sowieso ständig verfügbar. Immer und überall – eine Internetverbindung vorausgesetzt.
Das Netz hat in den letzten Jahren die Art und Weise, wie wir Musik konsumieren, gehörig umgekrempelt. Zeit für einen Rück- und einen Ausblick auf die nächsten Monate Jahre:
Ganz Früher: WAV, AU und Realaudio
In der Internet-Audio-Steinzeit speichert man ganze CDs im nicht komprimierten Windows-WAV-Format auf den Festplatten universitärer FTP-Server, heutige Linux-Extremisten machen das damals im .AU-Format von SUN. Heimischer Plattenplatz ist klein und teuer, CD-ROM-Brenner gibt es nur vom Hörensagen und das MP3-Format versteckt sich noch irgendwo in den Laboren des Fraunhofer IIS.
Bewegt man sich damals, Ende 94, Anfang 95 im Netz, gibt es eine gute Chance, die Adressen aller relevanten FTP-Server der Welt auswendig zu kennen. Glücklich ist, wer ein entsprechend großes Home-Verzeichnis auf einer permanent mit dem Internet verbundenen Unix-Kiste hat, um dort ein oder zwei seiner Lieblingssongs zu speichern.
Um 1995 herum wird das World Wide Web multimedial: Netscape 1.1.N kann endlich Bewegtbild darstellen: Die quasi Live-Übertragung aus dem Aquarium der Netscape-Zentrale im Gif89a-Format beeindruckt mich fast so sehr wie die Töne, die meine Windows NT-Arbeitsstation plötzlich spuckt: In bester Feldfernsprecher-Qualität kann man nun Radiosendungen aus den USA per RealAudio verfolgen.
In den folgenden Jahren entstehen erste Musikplattformen. Zum Beispiel das damals durchaus populäre Internet Underground Music Archive, IUMA, ein Verzeichnis von Indie-Künstlern mit Band-Infos und Klangbeispielen. Ein sehr früher MySpace-Vorläufer, wenn man so will. Man baut Fan-Homepages, konvertiert CDs ins Real-Audio-Format, streamt sie per http oder bietet die so komprimierten Musikdaten gleich zum Download an. Gelegentlich schickt die Rechtsabteilung einer Plattenfirma mal einen Brief, in denen man freundlich gebeten wird, die Dateien doch zu entfernen.
Im Wesentlich kann man also schon früh mit ans Internet angeschlossenen Rechnern Musik hören. Irgendwie. Aber wessen Rechner ist schon ständig am Netz, wenn man nicht gerade im Studentenwohnheim auf dem Campus wohnt, wo die Nutzung von TCP/IP alsbald die des fließenden Wassers spürbar übersteigt?
Zu Hause hört man weiterhin CDs aus dem Laden, vielleicht noch die ein oder andere Schallplatte oder Kassette. Über neue Musik informiert man sich, je nach subkultureller Zugehörigkeit, bei MTV, der ME Sounds, der Spex oder der Frontpage. Die ersten digitalen Aufzeichnungsmedien kommen auf den Massemarkt. Philips erleidet mit seiner digitalen Compactcassette (dcc) endgültig Schiffbruch, Sony und andere können mit der MiniDisc einige Erfolge feiern.
Aber Musik aus dem Netz bleibt klanglich unattraktiv und sehr teuer. Denn schließlich lassen sich durch ein analoges Modem in endlicher Zeit nur begrenzt Daten übertragen.
Früher: Mp3, Peer-2-Peer, DSL
Einige wenige neue Technologien sorgen dafür, dass früher bald nichts mehr so ist wie ganz früher: Das Mp3-Format, der CD-Brenner, der DSL-Anschluss und Napster.
Gegen Ende der 90er Jahre tauchen die ersten MP3-Dateien im Netz auf. Ganz und gar Großartiges wird über das neue Format gemunkelt. Klein seien die Datenmengen, groß das Hörvergnügen. Und wirklich: ganze CDs schrumpften auf übersichtliche Datenmengen – bei vergleichbarer Klangqualität. Das MP3-Format verbreitet sich schnell im Netz, Justin Frankel wird reich, in dem er seine kleine Firma Nullsoft an AOL verkauft, während Michael Robertson mit mp3.com die etablierte Musikindustrie erstmals in Bedrängnis bringt.
Aber erst Shawn Fenning reißt – aus Sicht der Musikindustrie – die Büchse der Pandora ganz auf. Seine Tauschbörse Napster gleicht einem Füllhorn. Nahezu jedes Stück Musik scheint verfügbar. Schnell und kostenlos. Nie war es einfacher, sich mit Musik zu versorgen. Als nach nur zwei Jahren Napster auf Grund rechtlicher Probleme vom Netz geht, stehen neue, modernere Peer-to-Peer-Netze wie Emule oder Kazaa schon in den Startlöchern.
Die aufkommende DSL-Technologie ermöglicht es erstmals, auch zu Hause zu überschaubaren Kosten rund um die Uhr breitbandig online zu sein. DSL und Peer-2-Peer befruchten sich gegenseitig.
Internetradio wird populär. Nach Pionieren wie der Betalounge entstehen an jeder Ecke neue Webradios. Sie senden entweder per Realaudio oder als Mp3-Stream. Auch immer mehr klassische Radios schicken ihre Sendungen ins Netz.
Unüberschaubar viele Netlabels nutzen die Möglichkeiten den Webs, um neue Musik zu veröffentlichen. Vorbei an klassischen Vertriebswegen und ohne die Musik an eine spezifische Hardware zu koppeln.
Apple bringt mit dem iPod den ersten erfolgreichen tragbaren Musikspieler für das Mp3-Format auf den Markt. Viele andere Hersteller folgen. Damit lassen sich die aus dem Netz gesaugten Stücke nun auch unterwegs anhören. Das letzte Refugium der CD und der Minidisc wird zerstört.
Bezahlbare CD-Brenner schließlich sorgen dafür, dass aus einer gekauften CD auf Schulhöfen und in Kantinen und Mensa-Cafés zehn dezentrale Sicherungskopien werden. Frisch heruntergeladene MP3s werden massenhaft gesammelt, gebrannt, auf Festplatte gebannt und getauscht.
Statt CDs auf teuren Hifi-Anlagen abzuspielen, wird Musik nun immer öfter am Rechner über billige Soundkarten und noch billigere Kleinlautsprecher gehört.
Über neue Musik informiert man sich inzwischen hauptsächlich im Netz. Neben den Online-Angeboten klassischer Musikzeitschriften entstehen reine Online-Magazine.
Heute: Flash, Blogs, Blip und Last.fm
In den CD-Abteilungen der Kaufhäuser kaufen nur noch die Menschen, die keinen Computer zu Hause haben. Musikläden existieren nur noch in der Nische. Wenn überhaupt.
CDs verstauben wohlsortiert im Regal, die Musik kommt von der externen oder der Netzwerk-Festplatte oder direkt aus dem Netz: Musik wird online gekauft oder getauscht, Online-Angebote wie Deezer, Roccatune oder Grooveshark verfügen über ein fast alle musikalischen Bereiche abdeckendes Repertoire. Möglich macht dies das vormals so verpönte Flash-Format.
Das Konzept „Album“ löst sich langsam auf. Musik wird in Playlisten auf Online-Plattformen organisiert und von dort direkt abgespielt.
Über neue Musik informiert man sich entweder in Musikblogs – die sich mit speziellen Suchmaschinen wie der Hypemachine oder Elbo.ws bequem durchsuchen lassen – in Social Networks oder auf spezialisierten Musik-Plattformen wie Last.fm oder Blip.fm.
Friends erstetzen den Radio-DJ.
Diejenigen, die ihre HiFi-Anlage noch nicht versteigert haben, hören damit wieder Musik. Das Mediacenter gibt die Mp3s von der heimischen Netzwerkplatte wieder oder streamt Webradio. Alle Anderen hören weiterhin Musik direkt am Computer. Aus billigen Soundkarten und etwas besseren Lautsprechern mit Bassreflex.
Bald: Das Ende aller Tonträger und der Raubkopien – Überallmusik
Während die Musikindustrie auf neue Tonträger wie USB-Sticks und Speicherkarten setzt, löst sich tatsächlich jedoch das Konzept des Musikbesitzens auf. Warum sollte man Musik noch lokal speichern wollen, wenn das Netz sie rund um die Uhr zur Verfügung stellt? Mp3-Verkäufe und -Tausche werden in dem Maße zurückgehen, wie die Zugriffe auf Online-Musikplattformen wie Deezer & Co steigen werden.
In dem Moment, in dem man wirklich always online ist, verliert das Speichermedium seine Daseinsberechtigung. Musik wird sich endgültig vom Trägermedium lösen. Selbst im mobilen Bereich werden Mp3 und AAC rasch an Bedeutung verlieren. Mobilfunktelefone werden endgültig zum WLAN-fähigen Mediaplayer. Die genannten Angebote lassen sich auch unterwegs entweder per UMTS oder WLAN nutzen.
Harte Zeiten also nicht nur für die Musikindustrie, die noch immer händeringend nach neuen Geschäftsmodellen sucht, sondern auch für die etablierten Online-Musikhändler und Hersteller von Mp3-Playern.
Vielleicht werden wir in Zukunft Audio-Geräte sehen, die nicht nur selbstverständlich über eine WLAN-Schittstelle verfügen, sondern auch einen integrierten Zugriff auf das Repertoire einer Musikplattform bieten. Ein Zugang mit garantierter Bandbreite und Qualität ließe sich durchaus als Abonnement verkaufen.
Die großen Fragen, die sich stellen, werden weiterhin lauten: Schafft es die Musikindustrie, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten und sich mit neuen Geschäftsmodellen anzupassen? Wird die Allgegenwart von Musik gar zu einem Wertverlust führen?
Einen Vorteil dürfte die Musikindustrie in dieser Entwicklung indes sehen: Mit dem Niedergang des Trägermediums wird auch das Raubkopieren der Vergangenheit angehören.
Na und, dann wird Raubstreamen eben strafbar gemacht. Oder man „hört schwarz“. Irgend was wird da schon trotzdem noch kommen… Falls es jemals soweit kommt.
Ich sehe es nicht kommen, dass abonnierbare Streaming-Bibliotheken all die Musik auf Tasche haben werden, die ich am Ende hören will. All die Live-Aufnahmen, Party-Mitschnitte und wahrhaften Untergrundproduktionen, teils sehr private Erinnerungen, die für mich Musikhören ausmachen. Insofern wird das Konzept nicht ganz aufgehen und einen tragbaren Abspieler mit Speichermedium nicht ersetzen können.
Was ich aber durchaus sehe ist, dass diese Stücke auf meinem Server mit fast unbegrenztem Speicherplatz zu Hause liegen (oder einer bereits jetzt verfügbaren »Internetfestplatte«), inklusive aller Raubkopien, und ich sie unterwegs im vernetzten Player abspiele. Punkt für deine Vision, Minuspunkt (wiedermal) für die Musikindustrie.
„Heute: (…) Musikläden existieren nur noch in der Nische. Wenn überhaupt.“
Man wünscht dem Autor, mal wieder vor die Tür zu gehen. Da wo ich wohne (an der Spree) wimmelt es vor Plattenläden. Außerdem: Weder UMTS noch WLAN sind Audiostandarts, wenn dein neues handy da irgendwas streamt, sind vermutlich die „bedeutungslosen“ mp3 und aac im Spiel. Und wer seine alten Tapes nicht mehr hören mag, weil es sowieso alles im Netz gibt, bzw. wer sich darauf verlassen kann, dass „seine Musik“ auf den o.g. Plattformen verfügbar ist und immer sein wird, der konnte auch vor 20 Jahren auf Tonträger verzichten und einfach Radio hören.
@#693084: Okay. Was die privaten Party-Mitschnitte betrifft, magst Du Recht haben. Aber auch dafür lassen sich private oder öffentliche Streaming-Plattformen denken.
@#693086: tja, nicht jeder wohnt in berlin. zum streamen im mobilen bereich werden sich mp3 und aac eher nicht eignen. da braucht es vernuenftige streaming-codecs. die gibt es und werden weiterentwickelt. und ja: annähernd 100% des zeugs, was ich auf tapes und singles noch habe (obskure portugisische pressungen von sisters of mercy bootlegs zum beispiel) – gibt es da draussen. ob ich das heute noch hören mag, ist eine ganz andere frage.
Ich glaube die Reste der Musik-Konzerne werden von den anderen Mediengiganten übernommen und dann gehört das Sony-Paket zu Freenet und das Warner-Paket zu Arcor und wenn ein Medienriese seinen Nutzern ermöglicht illegal an das Paket des Konkurrenten zu kommen wird dieser verklagt. Theroretisch. Praktisch wird es wahrscheinlich Abkommen geben. Auch mit den Indies. Wenn man irgendwas neues anleiern will kann man die kleinen ranlassen und die errichten unentgeldlich eine Infrastruktur bis die Beta-Phase abgeschlossen ist.
„Warum sollte man Musik noch lokal speichern wollen, wenn das Netz sie rund um die Uhr zur Verfügung stellt?“
Sollte die Frage ernst gemeint sein (was ich nicht hoffe): Kontrolle. Ich jedenfalls möchte nicht auf die Gunst von Anbieter XY angewiesen sein, um die Musik abzuspielen, die ich gerade hören möchte. Selbst wenn es zu Dienst XY immer noch einen Ersatzdienst AB geben sollte, begebe ich mich damit in eine Abhängigkeit, die ich mit lokal Gespeichertem (egal ob Musik oder anderweitige Dokumente) eben nicht habe.
@#693086:
bei uns gibt es auch einen plattenladen. nein, quatsch, das sind sogar zwei. aber die haben beide seit zwei jahren das schaufenster nicht mehr umdekoriert. einigen wir uns doch darauf: man würde seinem sohn nicht raten, einen plattenladen aufzumachen. es sei denn man ist uhrmacher und hat erfahrung mit dem lebensgefühl selten besuchter läden.
wenn man nicht in berlin oder [großstadt] wohnt is das aber auch mit dem always on vielleicht sone sache (zumindest noch ne zeitlang). mit vorhersagen ist das ja immer sone sache, aber ich für meinen teil werd mir hier mal die musikläden mit vinylangebot näher anschauen.
alles in allem eine analyse, die auch meiner weitestgehend entspricht – was das konsumverhalten der mehrheit angeht. allerdings fehlt auch hier eine analyse der konsequenzen für den kreativen output der musiker, also die MUSIK an sich:
da eine klassische indiekarriere, von der man gerade so leben kann, heutzutage nicht mehr möglich ist, gibt es seit einigen jahren fast nur noch musik von kids reicher eltern oder angepassten ewig gleichklingenden jägermeister-rock zu hören.
ich glaube nicht, dass ich mich dieser meinung völlig alleine bin und sehe diesen punkt als einen wichtigen grund für den massiven verfall des wertes von musik … und was keinen wert hat, muss ich auch nicht besitzen … hui, das klingt nach nem teufelskreis …
@ malte, binko & die plattenladen-diskussion:
es wird immer menschen geben, denen musik wichtig ist, die sie nicht nur beim abwaschen hören und die auch mit soundblaster und 128kbit eher nicht so glücklich werden – für die sind plattenläden. bei mir in der strasse gibt’s drei oder vier, und die sind voll mit coolen jungen leuten, malte.
aber, klar, insgesamt eher eine minderheit (2-3 % ?), die in der schönen stadt an der spree natürlich deutlich überrepräsentiert ist ..
@#693102: Nein, die Frage war durchaus ernst gemeint. Wir vertrauen ja auch den Banken unser Geld an. ;)
Permanetz ist wohl der Knackpunkt der ganzen Geschichte. Damit die lästige „Cloud“ funktioniert muss drahtloser (synchroner?) Extrembreitband-Internetzugang mit geringen Latenzzeiten für 1000e paralleler Nutzer quasi flächendeckend verfügbar sein.
Als Vision eine spannende Sache, aber bis dahin werden noch ein paar WLAN-Standards durchs Land ziehen.
Dazu natürlich noch die Frage inwieweit sich das mit dem menschlichen Besitzbedürfnissen vereinbaren lässt. Viele Leute haben (noch?) gerne Dinge in der Hand die sie ihr Eigen nennen können. Sei das nun ein altes Polaroid oder eine gebrannte CD mit den Urlaubsfotos.
Irgendwie traurig, aber wahr.
Ich glaube aber, dass auch in Zukunft man eine iTunes artige Oberfläche behalten wird. Die wird zwar Online überall verfügbar sein (Google Konzept), aber im übertragenden Sinn noch physikalisch verfügbar.
Vielleicht auch nicht, aber Dienste wie Last.fm sind mir persönlich zu unübersichtlich und zu benutzerunfreundlich. Da bin ich vielleicht auch der Dino. Ich kaufe sogar noch echte CDs, obwohl ich sie dann eigentlich nur das erste Mal über den CD Spieler abspiele, aber ich brauche einfach das Artwork und die Hülle und einen abgeschalteten Computer um mich auf die schöne Musik zu konzentrieren.
@#693103:
Das stimmt so einfach nicht. Ich will mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, vielleicht kommt es ja wirklich so, wie von Andreas prognostiziert.
Fakt ist trotzdem, dass Vinyl derzeit einen ernormen Aufschwung erlebt (wenn auch auf niedrigem Niveau, dafür aber sehr beständig und in recht beträchtlichem Ausmaß). Und ich würde meinem Sohn zumindest nicht zwingend abraten. Die von mir besuchten Plattenläden dekorieren ihr Schaufenster wahrscheinlich auch recht selten um – das war aber vor 15 Jahre nicht anders. Trotzdem sind sie – auch wenn man damit sicher nicht steinreich werden kann – sehr gut frequentiert. Und teilweise haben sie erst in den letzten fünf Jahren neu eröffnet…
Mein subjektiver Eindruck ist auch, dass ein durchaus relevanter Teil der Musikhörern wieder Sehnsucht nach einer Musiksammlung „zum Anfassen“ hat. Meine Vinylsammlung wird regelmäßig von Besuchern bestaunt – und zwar nicht so, wie man eine Blechauto-Sammlung eines Sammelfreaks begutachtet, sondern neidvoll und immer häufiger mit dem Kommentar, man habe sich jetzt auch wieder einen Plattenspieler angeschafft. Es gibt einfach auch das Bedürfnis, Musik zu „besitzen“, seine Sammlung zu zeigen, das Coverartwork zu bestaunen, etc. Gleichfalls ist das Konzept „Album“ nicht tot.
Die Entwicklung bleibt jedenfalls spannend und entschieden ist das noch gar nix…
Schon heute kann man erkennen, dass durch eine Tour oder ein Konzert und Merchandise wesentlich mehr Geld zu holen ist, als durch den Verkauf von Tonträgern. Die Tokio-Hotel Schuhe, Handys, etc. bringen mehr als die Band mit ihren Platten einspielt. Die überhöhten Preise für CD’s und das viel zu einfache Kopieren sind nur zwei Faktoren, die den Menschen die Lust nehmen heute noch Tonträger zu kaufen.
Der Weg geht auf jeden Fall in Richtung: Online immer und überall. Und klar möchte man gerne seinen Speicherplatz sparen.
Eine Frage bleibt allerdings: Wird die Musikindustrie das nicht erkennen und für das bloße Online-Hören Geld verlangen? Das Urheberrecht und Copyright machen es ihnen, meiner Meinung nach, möglich.
Dann heißt es nicht 99 Cent für eine MP3, sondern 0,01 Cent für das Hören oder 99 Cent einmalig und dafür so oft hören wie man will. Oder vielleicht wird dann sogar die Musikflatrate eingerichtet…
Vinyl kommt zurück, und zwar massiv, und zwar mit Grund. Die Leute, die sich nicht besonders für Musik interessieren, also die meisten, kaufen keine CDs mehr, und das merkt die Musikindustrie. Diejenigen, die sich interessieren, werden Musik immer in allen möglichen Formen anschaffen, ordnen, staplen, horten, katalogisieren und horten. Dazu gehört zwar heutzutage auch eine Digitalsammlung, aber vor allem eine Sammlung an physischen Tonträgern – und das bedeutet Schallplatten. Plattenläden werden nie verschwinden, im Gegenteil, sie werden gerade im Zeitalter der ubiquitären Musikstreams wieder wichtiger (behaupte ich). Sie werden immer nur eine Liebhaberklientel ansprechen, aber die wird immer da sein. Die CD hingegen findet ihr verdientes Ende, weil sie ein Datenträger ist, der so tut, als wäre er ein Tonträger, also ein zutiefst unehrliches Produkt. Die Musikbranche sollte sich also zwar Gedanken über ihr Überleben in der digitalen Welt machen – zugleich aber sollte sie nicht vergessen, daß sie letztendlich von den zehn Prozent Intensivkäufern lebt. Und von derjenigen Musik, die diesen Leuten wirklich am Herzen liegt.
Ich benutze schon seit längerem Jango.com und bin sehr zufrieden. Du hast recht, wenn Musik sowieso ständig verfügbar ist, wird der „Besitz“ nicht mehr so wichtig. Bin gespannt wo das noch alles hinführt, und auch wie lange sich diese streaming audio Angebote halten werden.
Ich warte ehrlich gesagt sehnsüchtig auf den Tag, an dem DRM-freie Musik für marktübliche Preise im Plattenladen gekauft werden und vor Ort über ein Terminal direkt auf den mp3-Player des Vertrauens gezogen werden kann. Und wenn es nur als Dreingabe zum eigentlichen Tonträger ist. Denn wo wird die meiste Musik gehört? Unterwegs, oder täusche ich mich da?
@#693184: vergiss es… Wenn sich der Online Content weiter so verbreitet, wird keiner mehr in einen Laden gehen oder wenn, dann nur Sammler, die unbedingt ne CD wollen…
@#693186: Mag sein, dass es nur mir so geht, aber mir ist es schon oft passiert, dass ich im $CDführendesGeschäft vor einem Album stand und überlegt habe, was für ein Stress es bedeutet, sich die CD zu kaufen, zu rippen und auf den Player zu spielen (Nein, ich habe weder iPod noch iTunes). Wie gemütlich wäre es da, sich vor einen Automaten zu stellen, flux über ein Übertragungsmedium seiner Wahl das Album auf den Player zu kopieren und schon beim Verlassen des Ladens einen neuen Hörgenuss zu erleben?
@#693189: und wenn der player versagt?? Dann is der song auch weg. Mir sind online Inhalte da lieber. Schonen meine Festplatte und sind immer verfügbar, wenn der Service gut ist.
Einziger Haken ist da halt nur: Is der Service pleite, sind auch die Songs futsch… Und das geht ja bekanntlich schnell heutzutage…
Habe mir vorgenommen meine letztlich verbliebenen Legosteine einigermaßen in Ordnung zu bringen, indem ich n i c h t bei Spreeblick vorbeisschaue. Mist, es ist mir partout nicht gelungen. Ich hasse Euch (Das Gegenteil ist der Fall). Avec Arsch ;)
Ich habe noch ’nen funktionierenden Kasettenrecorder und drei Schuhkartons voll mit Kasetten.
Als Kind der Neunziger besitze ich zwei Plattenspieler und einen ganzen Haufen Vinyl.
Ich möchte nicht wissen wieviel Geld ich für CD’s ausgegeben habe und noch immer ausgebe.
Ich kaufe mp3s online und nutze mp3-Player.
Ich hab ’nen Knall.
Vinyl, Baby.
… und wenn alle musik immer on demand verfügbar ist, wird die kunst der kompilation obsiegen: user generated radio! (und vinyl, baby)
@#693225:
Kann man den Beitrag werten?
Entsprechende Alternativen
könnte ich ohne Bezug sofort benennen, wenn gewünscht.
Good old new radio is the answer. Eines das man immer einschalten kann und vertrauensvoll an die Hand nimmt: http://www.byte.fm Ja, ist Werbung, aber für die Guten, believe me…
mit byte.fm, laut.fm, hypem, pandora etc. erreiche ich keine entsprechung meines musikgeschmacks und -bedürfnisses. das ist (nur) besseres radio zum entdecken neuer musik, aber mein musikkonsumbedürfnis kann ich nur über die pflege einer riesigen datenbank, die in kleinen häppchen (wiedergabelisten) organisiert ist, befriedigen. die loslösung vom trägermedium und vom besitz des mediums wird kommen, ja, aber nur dann eine befriedigende lösung sein, wenn der entsprechende dienst so einfach gestaltet ist wie ein cassettenrecorder und die wiedergabelisten echte visuelle qualität haben. muxtapes hatten meiner meinung nach genau deswegen so eine überdurchschnittlich hohe qualität. das design und seine reduzierte funktion haben qualitativ hochwertige mixe (zT mit viel liebe gemacht) bewirkt. da haben manche sogar geripptes vinyl hochgeladen, hinreißende raritäten, wunderbare compilationen; eine gute zusammenstellung beinhaltet für mich die möglichkeit stile zu mischen. radio und community-dienste bleiben stilkonform. bloß, weil ich ein stück von kenny larkin hören will, heißt das nicht, dass ich die nächste halbe stunde techno hören will und nach einer stunde bei thunderdome landen. technik hat kein fingerspitzengefühl, seine stärke liegt in der geschwindigkeit, in der zeitersparnis.
Ich versteh das nicht, man soll sein Leben also erst erleben und aufzeichnen und dann von irgendwelchen Turbokapitalisten wieder zurückmieten? Wieso denn? Was geb ich meinen Kindern weiter? Ein Passwort für eine Webseite, die in 10 Jahren vom Netz ist? Einen MP3-Player voller Lieder mit kaputtem Akku, für den es kein Netzteil mehr gibt und dessen Dateisystem nirgendwo mehr geladen werden kann? Eine Liste von Youtube-Links? Und wenn ich selbst in den Dschungel auswandern will, wo’s kein Internet gibt, aber meine Musik weiter hören will?
Cloud Computing is a trap.
Habt keine Angst, Kinder. Die Musik wird sich in den Äther verflüchtigen und immer um uns herum sein. Und zwar: Alle Musik. Alle. Und zwar: Jederzeit. Immer.
Die Angst vor fehlendem Netzzugang ist dabei ungefähr so sinnvoll wie die Angst vor Stromausfall. Vinyl funktioniert ja auch nicht mehr, wenn der Strom ausfällt.
(Was ja nicht heißt, dass man von nicht allem, was wirklich wichtig ist, mehrere lokale Kopien haben sollte. Sicher ist sicher.)
Strom kann ich selber machen, Internet nicht. :)
Grammophon geht sogar mechanisch mit Kurbel!
Im Ernst: Um einen stabilen Internetzugang wird man sich in Zukunft genauso wenig sorgen wie heute um einen Stromausfall.
Proprietäre Lösungen sind natürlich ein Problem, wenn ein Anbieter sagen kann „Nö, jetzt nicht mehr!“ oder pleite geht oder die Gebühren erhöht oderoderoder.
oderoderoder man nicht einfach nur konsumieren will sondern selbst was mit der Musik anstellen will. Oder weil man garnicht im Internet sein will um Musik hören zu können ( nur weil irgendwann selbst mit dem Eierkocher 24/7 online sein kann, heißt das nicht, dass man das will)
Und selbst dann wird man nicht alles über eine Quelle finden und sich seine Musik nicht über eine Quelle zusammenstellen können. Und man kann nie sicher sein, dass jedes spezielle Stück, jeder Remix, stets verfügbar bleiben wird.
Ich werde weiterhin horten. Sei es digital als MP3 oder analog als Vinyl. Auf CD kann ich gut verzichten. Wie Dietrich schon sagt. Das is nur n veralteter Datenträger.
The future is now, my dear!
@#693109: Wie recht du doch hast… Ich kann nur hoffen, dass es trotzdem noch Leute geben wird, die sich Musik kaufen. Aufnahmen sind ein schönes Zubrot für Musiker, und Live-Auftritte längst nicht immer so gut bezahlt, wie man es sich wünschen würde…
jaja aber es wird auch eine Gegenbewegung geben. Ist doch jetzt schon auffällig das immer mehr Neuerscheinungen auch wieder auf Vinyl veröffentlicht werden, war Mitte der Neunziger noch ganz anders. Seh ich als direkte Reaktion auf den Mp3-Wahn. Schon jetzt haben immer mehr Leute keine Bock mehr auf fade, anonyme Daten aus scheppernden Laptopboxen mit nem kleinen Bildchen in Itunes als einzig Fassbarem. Der Mensch will Sammeln, was in der Hand haben, durch Plattencover blättern.
Trotz Fernseher und Internetstream gibt es ja trotzdem noch Kino.
Vinyl wird so schnell nicht sterben, sowieso nicht wenn bald die ersten Leute merken das CDs nach ca. 30 Jahren nicht mehr abspielbar sind.
Musik nurnoch im Stream wäre allerdings echt der logische nächste Schritt der Musikentfremdung.
Da Musik mittlerweile überall verfügbar ist, sind Livekonzerte wieder IN geworden, weil es den Leuten das Grfühl gibt etwas erlebt zu haben, was nicht jeder hat.
Ein interessanter Artikel :)
Klar ändert sich viel mit den Jahren.
Aber ist es nicht so, dass ein neues Medium oder ein neues Format oder was auch immer, wenn es auf den Markt kommt, zwar die anderen verdängen kann/verdrängt aber niemals ersetzt?
Das Nebeneinander existieren funktioniert auch bei anderen Beispielen sehr gut.
Außerdem ist es doch das, was der Konsument will: sich selber entscheiden können.
Und eins muss man doch dazu sagen: das Gefühl der guten alten Platte, wenn sie knackt, die Musik losgeht (ein Klassiker natürlich) – das kann nichts ersetzen!
Danke für diesen Beitrag, hat mir wirlklich sehr bei meine Facharbeit über Musik im Internet geholfen :)