Man liest das und wundert sich. Dann schreibt mans hin und wundert sich noch mehr. Dann liest man ein paar andere Positionen, und irgendwann stellt man fest: Neoliberale Gedanken, ja, davon hat man jetzt ein paar aufgefangen. Bloß: Was ist an der Debatte eigentlich links? Was heißt das überhaupt noch: Links sein? Heißt das nett sein? „Kapital“ sagen? Marx lesen und ihn manchmal sogar verstehen, oder Bakunin, oder doch eher Gramsci? Sartre vielleicht? Kropotkin? Wer hat denn noch Antworten heute? Und worauf?
Herzlich willkommen im Schlagwortbrei. Man weiß weder genau, was links eigentlich ist, noch, was neoliberal. Wenn man diesen Diskurs führen will, dann muss man ihm Grenzen setzen. Man könnte jetzt mit eben soviel Recht die Verstaatlichung der Großkonzerne fordern, mehr Kita-Plätze oder irgendwas mit Klimaschutz. Wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat, fallen einem bestimmt noch ein paar Sachen zur Globalisierung ein.
Das ist eine Zeitungsdebatte, die vom diffusen Wunsch gespeist wird, es solle besser werden, als es ist. Natürlich, eine schöne Forderung – allein, es hilft nichts. Es scheint mehr darum zu gehen, was wir als links wahrnehmen, als was links eigentlich ist. Ein weltanschaulicher Rorschachtest. Sind Gewerkschaften links? Kreuze an: Vielleicht. Ist Schröder links? Kreuze an: Kommt drauf an.
Gehen wir zurück zu Mercedes Bunz. Da steht:
Links, ich lade das jetzt mal kurz groß auf, denn das ist mir wichtig, bedeutet viel mehr jede Menge Ideale, die irgendwo herumpurzeln, Ideale wie: Veränderung, Widerstand, Utopie, Kritik, Gerechtigkeit, Freiheit, Klugheit, Revolution und vielleicht sogar, warum nicht, Wahrheit.
Das hilft nicht weiter. Es schmeichelt mir natürlich, wenn ich morgens vor dem Spiegel stehe und mir sage: Ich bin links, drum klug. Oder, linke Faust gen Himmel, den Widerstand auf die Straße bringe, gegen Hartz 4 oder was weiß ich, und glaube, das sei Revolution. Ist es nicht. Das ist Selbstbeweihräucherung.
Und man könnte mühelos in drei viertel des Textes „links“ durch „human“ ersetzen, ohne dass ein allzugroßer Sinnverlust eintritt. Weil darum geht es: einen humanen, einen gerechten Neoliberalismus. Weil: Wir sind schon drin. In dem Unternehmen, das die Gesellschaft ist. Die linke Alternative ist Kritik, Sichtbarmachung. Meint Mercedes Bunz.
Damit trägt sie Säulen ins Pergamonmuseum. Linke Kritik ist schon hochpopulär, die Geisteswissenschaften werden von Foucault und Bourdieu dominiert, die Globalisierungsdebatte konzentriert sich auf linke Argumente, an denen sich selbst die Rechte schamlos bedient. Das ist nicht das Problem, und es ist auch keine Alternative: Das ist die Defensive. Da ist von der Utopie nichts mehr übrig. Vielleicht ist von der Linken nichts mehr übrig. Nicht, weil sie gesiegt hat. Sondern weil sie sich arrangiert hat.
Es kommt hinzu, dass die Linke ein Labelproblem hat. Es gibt keine linke Lichtgestalt mehr, weder unter den Intellektuellen, noch unter den Staatsmännern. Castro verwest, Morales kennt keiner, und bei Chavez weiß man noch nicht so genau, was man davon halten soll. Damit geht einher, dass es eine dezidiert linke Position in vielen Bereichen nicht gibt. Wer schon mal auf linken Podiumsdiskussionen war, weiß, dass auf ein in den Raum gebrülltes „Israel“ hin der ganze Saal beginnt, sich mit Sitzkissen zu bewerfen. So geht das in vielen Bereichen. Irgendwann ruft einer „Faschist“, und dann is wieder gut. Programmatisches Denken geht anders, aber so ist die Linke: Immer in der Defensive, immer am sich verteidigen.
Auch, weil es im Grunde nicht die eine linke Position gibt, sondern viele. Der linke Neoliberalismus wird die Debatte wohl kaum bereichern, weil es auch da kein Programm, keine Vision gibt, sondern heftet nur ein weiteres Papier auf den Rücken dessen, was man als links verstehen könnte. Ignazio Ramonet hat nach dem französischen Präsidentschaftswahlen gesagt, die Linke habe den Wettstreit der Ideen verloren. Das stimmt: Gegen sich selbst.
Danke dafür. Ist doch toll, so ein direkter Meinungsaustauch hier. Und Frédéric hier, das ist auch toll, ruhig mehr davon.
Und jetzt?
Das war die vernichtende Analyse. Kaum was dran auszusetzen. Aber kommt noch ein „So geht’s weiter, nach dem „Links“ tot ist“? Oder arrangieren wir uns jetzt mit dem, was ist und lassen andere das machen, was ist?
Auch ziemlich „links“ die reine Kritik der Verhältnisse ganz ohne Änderungsvorschlag.
@ Aktra
was so toll daran ist: das liberale:)
@ Björn
es geht nicht immer alles in einen artikel. ich erlebe das ständig, wenn fred allumfassend wird. das ist wunder-wunderschön, würde aber den bildschirm sprengen. deshalb gibt es das ganze in portionen. erst kritisiert er, dann gibt er uns die lösung – und dann hallelujah.
Als nächstes kommt die Definition, welches Links das beste ist, Johhny macht ne Partei auf, Malte vernichtet in einem nervenzerfetzenden Rededuell gleichzeitig Pofalla und Lafontaine, Max wird Kanzlerkandidat, Julia hat bestimmt super Ideen für ne neue Deutschlandfahne. und ich setz mich zur Ruhe. Isn’t it?
@malte: den bildschirm sprengen hätte ja was revolutionäres… ;-)
Ok ok ich weiß, mein „Name“ ist dann vielleicht doch nicht so ein Name. Egal, das ist eben mein Pseudonym. Frédéric (toller Name btw) das hast du wunderbar auf den Punkt gebracht. Allgemein lese ich besonders gern bei euch die Artikel, die den philosophischen Touch in sich tragen. Egal, ob kurz oder lang, die Aussage zählt. Desweiteren lohnt es sich bei euch immer wieder, auch die Kommentare zu lesen. Sollte vielleicht auch mal der Hosenanzug tun. Danke in aller Form, dass es euch (noch) gibt.
Hermann Rorschach
Linker Neoliberalismus: In Predappio befindet sich in der Via Gramsci ein Mussolini-Devotionalienladen …
@ OverFlow
wer ist der hosenanzug?
Na du. Du bist doch der einzige, der hier seine Klamotten postet! :)
OverFlow, danke dir sehr, weil man nach solchen Zeilen noch lieber ins Internet tippt.
Und Rorschach ist richtig. Ohne „h“. Da hat das Lektorat wieder gepennt.
Urban Priol verwendet dieses Synonym für Angela Merkel, Malte.
Wird das jetzt eine ‚Rhetorikschlacht‘?
Bitte gebt alles was ihr in den vielen,
teilweise unnützen (Voträgen) Semestern abgesessen u.
zumindest teilweise verstanden habt, an die weniger
Begabten weiter…
Bin kein Querulant!
Die Linke stirbt nicht, nur weil jemand oder viele nicht mehr den Wald vor lauter Bäumen sehen bzw. ihren einstigen Helden nachtrauern. Links ist eine Überzeugung und wird in der Vernunft geboren. Man ist Mensch und möchte auch als Mensch leben.
Es existiert die Vernunft und daneben der Rest, sowie Leute ohne wirkliche Position.
Guter Einwand. Da ist ja schon mal die Lage definiert: Links ist tot. Aber kein Grund zur Trauer, weil: Rechts ist damit genauso tot. Also: Es lebe „Links“, „wir haben gewonnen“ (m.b.).
Links wäre damit: Sich nicht einpassen wollen. Nicht mal unter einem Label wie „Links“. Links wäre gegen alle Kategorien, Parteien, Organisationen, Institutionen zu sein. Links wäre ich. Nur ich. Ich wäre der einzige der Linke.
Und wenn ich für etwas kämpfen müsste, wäre es, dass jeder das von sich behaupten kann.
(PS: ich weiß, es ist schwer zu verstehen. Aber ich meine es tatsächlich ernst.)
@ mspro: Nein, das denke ich ganz und gar nicht. Links ist nicht tot. Es reicht aber nicht, nett und individuell zu sein und so, da muss mehr kommen.
Frédéric, natürlich muss da mehr kommen. Aber die Ausgangslage ist so. Und die Linke ist nicht seit gestern zersplittert. Das ist praktisch ihr Geburtsfehler und das nicht ohne Grund. Aber warum Fehler, frage ich mich da.
Ich denke, wir sind heute soweit – und gerade die Linke – sich nicht mehr in Kategorien fassen lassen zu müssen. Also: Für sich selber sprechen, satt sich zu organisieren. Dazu hat heute jeder die Möglichkeit.
Natürlich ist damit noch kein konkretes Problem gelöst, aber ich denke, das wäre ein guter Anfang.
Denn wenn jeder das machen würde, würde es zwangsläufig den Diskurs aus den Händen derer reißen, die meinen, für uns sprechen zu dürfen und würde ihn dorthin befördern, wo er hingehört. DAS wäre Diskurspolitik.
Ich könnte das noch lang und breit ausführen. Aber vielleicht verstehst Du jetzt ein wenig, dass es mir nicht ums „nett und individuell zu sein“ geht.
Das war auch eher auf den Text von Mercedes Bunz bezogen. Ich fürchte, obwohl ich Deine Ansicht in vielen Punkten teile, dass fehlende Organisationsformen politische Aktion verunmöglichen. Und der Anarchosyndikalismus ist ja nun leider schon seit einiger Zeit mausetot. Obwohl es da Auswege gäbe, gerade da… On verra.
Weil’s hier ja um den KAPITALISMUS, GLOBALISIERUNG, GERECHIGKEIT und ähnliches geht, ein paar Daten und Fakten. Der Human Development Report (HDR) versucht weltweite Trends zu Armut, Gesundheit und ähnlichem statistisch zu erfassen. Das Gesamtbild sieht – im Gegensatz zu dem was man immer wieder hört – gar nicht so schlecht aus. Es gibt zumindest Anlass zur Zuversicht. Schuld daran ist nicht der Sozialismus, oder irgend eine andere Utopie, sondern der viel gescholtene Kapitalismus und die weltweite Öffnung der Märkte, genannt Globalisierung. Gucks du HIER
Pardon? Man weiß noch nicht so genau was man von ihm halten soll, dem Chavez? Der man ist grad dabei eine sozialistische Autokratie zu installieren.
Und wie grandios Chavez grad am Scheitern ist. Kann man HIER nachlesen. Und jetzt sag bitte keiner daran seinen die USA schuld. Es ist das alte Elend. Wenn der Staat anfängt Preise festzulegen, schmiert die Wirtschaft ab und der Schwarzmarkt boomt. Willkommen im SOZIALISMUS DES 21. JH.
fpk, der „HIER“-Link ist nicht korrekt, lieferst du den noch nach? Vielleicht einfach Plaintext, ich bau das dann ein.
Das Blöde an dieser Debatte ist ja auch, dass selbst die „žEndlich sagt“™s mal einer“-Option ihren Querdenkernimbus eingebüßt hat (so wie das Wort „žQuerdenken“ ja auch auf Paul Breitner heruntergehandelt wurde und also zu vermeiden ist). Und dass die eleganteren unter den Debattlostretartikeln die Willkürlichkeit ihrer Treterei durchaus mittransportieren und im Tretakt selbst zugleich kommentieren bzw. wieder zurücknehmen. Ein Schritt vor, anschließend ein bisschen die Füße vertreten. Bleibt die Frage, was bleibt, wenn auch das unterbleibt. Wortloses Unbehagen? Der Wunsch, kein Poschardt zu sein? Das wäre immerhin etwas. Aber wie sagt man es?
der Link zum HDR: http://hdr.undp.org/docs/statistics/data/flash/2005/2005.html
Ach @Frédéric. Oft glaube ich, dass das Hauptproblem mit dem Linkssein, in der Angst unserer Generation liegt, utopisch zu denken.
Es braucht Mut dazu die gegebenen Zusammenhänge radikal in Frage zu stellen und man muss sich sehr weit aus dem Fenster lehnen, um sich die Vision einer anderen Welt auszumalen.
Manchmal glaube ich, wir sind dafür einfach zu cool.
Gut erkannt, Frédéric: Schlagwortbrei.
Wenn man mit „linker Neoliberlismus“ nach „urbane Penner“ schon wieder ein grandioses Unwort kreiert (Penner sind per definitionem urban, die anderen wären Landstreicher – man nennt sich selber also einfach nur Penner, auch wenn sich urban scheinbar hip und kreativ anhört), deutet das auf große begriffliche Verwirrung hin. Was bei der inflationären Benutzung des Wörtchens „links“ erstmal auch nicht verwundert. Als fescher Journalist 2.0 aber auch von Neoliberalismus keinen Begriff zu haben ist zumindest traurig.
Wenn ich mal ein paar handfestere Schlagwörter einbringen darf, die vielleicht die Grenzen zwischen links und neoliberal, humanistisch usw. deutlicher machen könnten:
lohnabhängige Arbeit
Privateigentum an Produktionsmitteln (und Grund)
Mehrwert
Konkurrenz
parlamentarische, repräsentative Demokratie
Hausarbeiten machen!
Wieder so ein Artikel.
Du schreibts von siegen und verlieren, von Grenzen setzen und Führern, vielleicht liegts daran das du dir (dein) links sein nicht erklären kannst, weil es in einer kapitalistischen Welt so schwer ist mit Herz und Verstand zu sehen.
und wenn man dringend jemand zum hinterherrennen braucht http://de.wikipedia.org/wiki/John_Holloway
Ach du liebe Zeit, demnächst wird hier noch behauptet, Adolf Hitler sei ein glühender Marxist-Leninist gewesen. Euch hat Mami wohl zu wenig die Brust gegeben, wie? Oder habt ihr nur eine Gehirnhälfte mit auf den Weg bekommen?
Es gibt weder einen linken Neoliberalismus, noch existiert auf diesem Planeten ein humaner Kapitalismus.
Würde ich diesen hanebüchenen Unsinn einem Bertelsmann-Ideologen unter die Nase halten, müßte der sich anschließend selbst strangulieren. Ihr seid wahrhaftig als „Urbane Penner“ zu betiteln, da ihr definitiv in einer Mickey-Maus-Traumwelt lebt.
Schön zu sehen, dass die alten Reflexe noch funktionieren: Kaum gehts um irgendwie links, schon wirds persönlich. Und dabei hat noch nicht einmal wer „Israel“ gerufen.
@ fpk: Zu Chavez weiß die Linke häufiger mal tatsächlich nicht, was sie davon halten soll. Um das herauszufinden, reicht’s, sich mal zwei verschiedene linke Zeitungen zu kaufen. Die Monde diplomatique geht eher vorsichtig mit Chavez um, die Jungle World haut ihm jedes Mal auf die Fresse.
Was Dein Globalisierungsargument anbelangt, denkst Du da vielleicht in einem anderen Zeitrahmen: Im Endeffekt bedeutet die nichts anderes, als dass sich das Verhältnis von Märkten und Staaten zugunsten der Märkte verschiebt. Wann genau die Globalisierung einsetzt, darüber gibt es geteilte Annahmen. Nimmt man die Zeit der industriellen Revolution, dann zeigt sich: Zwischen 1820 und 1913 wächst das Verhältnis des Pro-Kopf-Einkommens zwischen den reichen Zentren und der Peripherie von 3:1 auf 10:1. Ich finde die aktuellen Zahlen gerade nicht, aber man kann davon ausgehen, dass das Verhältnis sich weiter zugunsten der reichen Länder verschoben hat. Mit einem Wort: Unschön.
@fRED: Mein Linkssein kann ich erklären, aber darum gings nicht; das Wort siegen taucht auf, weil es im Text von Mercedes Bunz auftaucht; und wer bei Lichtgestalten an Hitler denkt, darf ruhig nochmal zum ersten Absatz hochscrollen.
@ Lebedjew: Bei mir bleibt der Wunsch, nicht die falschen Debatten zu führen. Der diffuse Wunsch, irgendwas nicht zu sein, kann sich aber nur von Fall zu Fall konkretisieren. Einen positiven Gegenentwurf zu setzen, das zu können, wäre schön. Wenn ich das aber versuche, merke ich, das meine paar Zeilen vor allem eines sind: dogmatisch. Das ist zum Teil ein mediales Problem, ein Platzproblem, aber wohl auch eine Frage des Talentes. Sieh’s als Eingeständnis.
@Hilde: ich vermute, du hast nicht so recht verstanden, was die Aussage von Frédéric ist. Macht aber auch nichts, mit Adolf, Mami und Mickey Maus hat es allerdings nichts zu tun und Bertelsmann würde damit sogar noch Geld verdienen.
Es gibt keine linke Lichtgestalt mehr, weder unter den Intellektuellen, noch unter den Staatsmännern. Castro verwest, Morales kennt keiner, und bei Chavez weiß man noch nicht so genau, was man davon halten soll.
oh dann hab ich dich wohl falsch verstanden, mit deiner these. das das wort führer nen reichsreflex auslöst hätte ich mir auch denken können.
dann macht es doch einfach. schickt den lieben frédéderic auf ins land und dann interviewt er einen interessanten „bedeutenden“ „linken“ aus deutschland. stars in der manege wurden immer gemacht – die kamen nie so auf die welt – wählt aber bitte sorgfältig und klug aus! :-)
@Frederic
Ich hatte die Aussage so verstanden, dass DU nicht weißt, was DU von Mr. Chavez zu halten hast. Dass Die Linke Chavez toll findet (sie hat ja sonst nur noch Amadinedingsbums als antiimperialistische Lichtgestalt auf der internationalen Bühne – Posterboy Castro bringts nicht mehr) is klar. War ne Verwirrung meinerseits.
Venezuela sollte aber jeder, im Auge behalten, der sich für den Soz. des 21. Jh. interessiert.
Mein Tip: Die Wirtschaft wird immer mehr den Bach runter gehen. Chavez wird durch die Öleinnahmen seine Klientel bedienen können, es wird aber unruhig werden, weil immer weitere Teile der Bevölkerung von der Misswirtschaft betroffen sind. Das Land wird immer autoritärer werden. Schuld sind natürlich die Klassenfeinde, die man durch Zensur, Geheimpolizei usw. bekämpfen muss. …
Ich weiß nicht ganz, was du mit der Verschiebung zugunsten von Märkten meinst. Kannst du das erklären?
Schön, dass du die historische Perspektive hast. Die Globalisierung ist schon ganz schön alt. Stimmt. Aber: Ab den 10er Jahren begann es wieder eine Tendenz hin zum Protektionismus (vom Markt zum Staat, meinst du das?). Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf hab wurde erst in den 60er oder 70er Jahren das Volumen an internationalem Handel erreicht, das es um die Jahrhundertwende gab (nagel mich nicht auf die genauen Daten fest, hab grad keine Referenzen bei der Hand).
Und seit den 70er Jahren gibt es den Prozess, dass die Peripherie langsam aufholt. Zumindest ein Teil davon, nämlich, wie in den Statitiken von HDR deutlich wird, die asiatischen Staaten. Und das sind eben gerade die Teile der Welt, die sich dem internationalen Handel geöffnet haben und begannen mit den westlichen Industriestaaten, zu konkurrieren – zuerst mit Plastikspielzeug, jetzt mit Computerchips und Flachbildschirmen (schlimm dieser Wettbewerb, so unmenschlich). Das hat dort Wohlstand geschaffen. Nicht die zahlreichen sozialistischen Experimente zuvor.
Du hast Recht. Die Schere zwischen Arm und Reich geht international immer mehr auseinander. Die Industriestaaten bleiben nicht stehen, sondern entwickeln sich weiter (wär ja auch scheiße wenn nicht) und einigen Teile der Welt entwickeln sich gar nicht.
Aber die Armut in der Welt geht auch zurück, weil andere Staaten angefangen haben aufzuholen. Und das sind die Staaten, in denen nach marktwirtschaftlichen Prinzipien gearbeitet wird und die sich der internationalen Arbeitsteilung geöffnet haben.
Apropos. Alle von Euch, die im Kampf gegen den den NEOLIBERALISMUS ideologisch noch nicht ganz gefestigt sind, oder vielleicht noch Mitstreiter suchen, sollten mal hier vorbeischauen:http://neo.liberalismus.at/
@ fpk: Nicht alle Linken finden Chavez super, im Gegenteil. Wobei viele sehr skeptisch sind, was die Berichterstattung über, oder besser: gegen Chavez anbelangt. Nach Guatemala und dem Irak ist auch ein vorsichtiger Umgang mit der Berichterstattung über Themen, die weltanschauliches Konfliktpotential beinhalten, angebracht. Ich bin nicht drin in der Südamerika-Thematik, überhaupt nicht. Mich interessiert in erster Linie Afrika. Deswegen bin ich da extrem vorsichtig mit Statements.
Mit der Verschiebung zugunsten der Märkte meine ich die Erleichterung des Freihandels und damit auch Organisationen wie die WTO oder den IWF, aber auch internationale Wirtschaftsabkommen wie GATS oder TRIPS, die den Staaten wirtschaftspolitisch mehr und mehr das Heft aus der Hand genommen haben.
Ich glaube nicht, dass die Peripherie aufholt – wenn man in Staaten denkt, vielleicht. Wenn man aber die Gesellschaften betrachtet, kann von Aufholen für meine Begriffe keine Rede mehr sein. Wenn ich mir konkrete Beispiele für Produzenten ansehe (hab ich hier und hier gemacht, beispielsweise), bleibt vom Fortschritt nicht allzuviel. Für Afrika gibts da endlos Beispiele, aber da ist es vielleicht sinnvoller, mal nen ganzen Artikel drüber zu schreiben.
Der Artikel deckt sich ja ziemlich mit dem, was ich letztens unter Maltes Artikel geschrieben habe. :-)
Allerdings ist meine Meinung zu Chavez aber schon sehr eindeutig: Diktator. Basta.
Marx meinte und irrte – das Geld der Schatten der Wirtschaft sei – These ist tot aber die Bewegung weigert sich ganz zu sterben!
Gesell meinte das die Wirtschaft der Schatten des Geldes sei – These muss sich erst noch durchsetzen – das führt dann aber zu einem echten Markt und zur Vergesellschaftung von natürlichen Monopolen!
Zum Schluss wird man herausfinden das beide Sätze ein Feedbacksystem bilden!
Wenn man gegen Etwas kämpfen will dann verliert man die Kraft an dem Alten und wenn man siegt übernehmen die Starken aus der 7 ten Reihe die Kontrolle – leichter ist es FÜR etwas zu sein – eine Haltung zu haben – auch in der Zeit wo die Leute aus Unverständnis nicht verstehen können – Beleidigen – Ignorieren – Verfälschen – Verwirren – oder zitieren aus Werken die „Über“ das Thema geschrieben haben!
Die Originale als PDF Bücher
Ein Diktatur in zwei freien Wahlen gewählt ist ein Diktatur und damit Basta!
Bessere Krankenversorgung für die Mehrheit der Menschen – Pressefreiheit – weniger Hunger – gestiegene Löhne – das tut nix zur Sache!
@Frederic
zu Chavez: war mir schon klar. Mit Die Linke meinte ich DIE LINKE (die Partei, die aus der Verschmetzung von SED und dem äußersten linken Rand des Westens hervorgegangen ist).
Und vorsichtiger Umgang mit Medien ist immer angesagt. Man kann nie genug Positionen lesen.
Nur dass Verstaatlichung und Preiskontrollen, wie sie derzeit in Venezuela eingeführt werden, schlimm enden, das ist ein Fakt. Unzählige Male in den verschiedensten Teilen der Welt durchexerziert. Daher ist das auch so tragisch, was da passiert. Man müsste es eigentlich besser wissen.
zum Rest: was sagst du denn dann zu den Statistiken des HDR? Da gibt’s doch ein Aufholen. Nicht in Afrika, aber in Asien. Da wo mehr Freihandel stattfindet, die Staaten einigermaßen intakt sind und keine Kleptokratie herrscht. Da kommen Leute aus der Armut.
Gut Nacht aus Peking.
links ist jene freiheit die aus der gleichheit entspringt, die keinen zurücklässt.
@ fpk: Ach so, (Betonung on)die(Betonung off) Linke. Und ich dachte die (Betonung on) Lin(Betonung off)ke. :)
Den Bericht will ich lesen, ich kann mit Schaubildern immer nicht so gut. Und ich will wissen, welche Zahlen da verwendet wurden. Tausend Dank für den Tip, das wird bestimmt spannend, und gute Nacht aus Berlin!
und noch ein toller Text: Das Gespenst des Neoliberalismus
Ein paar klärende Worte zum Buzzwort Neoliberalismus.
Auch ein toller Text. Diesmal von Links zum Thema Neoliberalismus:
Erziehung der Öffentlichkeit
http://www.jungewelt.de/2007/07-25/019.php?print=1
Sehr erhellend.
Das Wort „links“ sollte erst am Ende jedes Textes auftauchen, der sich mit dem Bereich (siehe alle Kommentare) und seiner Richtung befassen will. Am Wort heften sich zudem, wie du, Frédéric, auch bennenst allzuviele persönliche Zweifel, Fragen, Lebenserinnerungen, Identitätsmythen.
Daß die Weltkultur eine rationale, kapitalistische ist, brauch nicht bewiesen zu werden.
Vielmehr – und so meine These – ist doch jegliche Kritik an ihr, also Gesellschaftskritik mithin, dem Bereich, des vormaligen „Links“ zuzuordnen. Da nun das Synonym im Laufe seines Auftretens zusehr mit anderen Assoziationen verbunden wurde, ist der Begriff zu meiden.
Es sei an das Problem des Prädikats „marxistisch“ erinnert: es hat Jahrzehnte gedauert und dauert noch an, bis der Marxbezug eine leichtgängige Denunziation einfach mit Marx‘ exakter Analyse abwehren konnte, und so ist „links“ ein Überbleibsel, dessen Nutzung der Anhänger des Begriffkerns sich verwehren sollte.
Ich denke, und das nicht politisch, daß jeder Mensch seine Umwelt beobachten sollte, den sie hält zur Kritik an; eigentlich ist Politik hier doch der Versuch, der paradisischen Utopie Rechnung zu tragen, daß ‚alles in Ordnung wird, wenn …‘. Es wird nicht alles in Ordnung sein. Dein Verstand, wenn du ihm folgst, findet selbst die Lücken, die Verkrümmungen, das ungenaue Fugwerk, und wenn du ihm weiter folgst, benennst du es.
Erinnert sei an Walter Benjamin, und Theodor Adorno, und Siegfried Kracauer usw, deren verschiedenbereichige Scharfsinnigkeit bei Marx eine – wohlgemerkt – inhaltlich treffende Analyse fand. Deren Denken sie zwar noch vor Parteizugehörigkeiten schützen konnte, aber das Einfallen einer Ideologie in selbiges für den Selbstschutz der dreißiger Jahre unumgehbar schien.
Weswegen noch in der Studentenbewegung der Nachkriegsdekaden das Label der Autoren zuende gestrikt wurde, sodaß es der abermals ideologischen Bewegung einsetzbar ward.
Und nun erst, 80-90 Jahre nach dem Verfassen, werden die Gedanken weiter gestreut, findet ihre eigentliche Scharfsinnigkeit Schnittstellen (!).
Die SED war eine äußerst „Rechte“ Partei und die Kinder der SED Nomenklatura nicht zufällig das was sie heute sind – natürlich war die PDS nicht mehr die SED aber ob die Verschmelzung viel bringen wird?
Das Ziel ist doch nur die Verschmelzung zur SPD – bis zum nächsten Verrat der alten Tante!
Bestimmt gibt es Bestrebungen alter SPD-Genossen. Aber wie schon bei Maltes Artikel kommentiert wurde: Von CDU bis Grün und SPD bis zu der FDP ist bisher nicht zu sehen, dass die Ausgabe von Steuergeldern anders als bisher organisiert werden soll. Natürlich kann man immer weiter auf „Die Linke“ – einschlagen. Aber warum denn eigentlich (außer man lebt in Berlin)? Bin mir nicht wirklich sicher ob ich z.B. in Hessen nicht lieber ein Landesparlament mit denen sehe als ein Landesparlament mit Ministerpräsident Koch und ausschließlich den mit der CDU in Frankfurt kuschelnden Grünen und der unfähigen SPD.
‚Wir können sicher sein: Mit einer kulturellen »Elite«, die solche Zumutungen fraglos akzeptiert, kann alles gemacht werden. Ihr können der sozialpolitische Rückschritt als Reform, die imperialistische Aggression als Friedenspolitik, der Irrationalismus als erstrebenswerte intellektuelle Disposition, gnadenlose Anpassung und würdelose Unterwerfung (die beispielsweise in den postmodernistischen »Diskursen« gang und gäbe sind) als »kritische«, gar »subversive« Haltungen verkauft werden. Vor allem kann ihr jedoch die Entstrukturierung ihrer Lebensverhältnisse und die destruktive Wirkung eines zunehmenden »lebensweltlichen« Bewährungsdrucks (»Angst vor dem Absturz«) als Chance selbstbestimmter Lebensgestaltung vorgegaukelt werden.‘
‚Wenn der Kapitalismus eines Tages zusammenbrechen und sich die neue Ordnung durch die Erzaehlung der Greueltaten des untergegangenen Systems zu legitimieren versuchen sollte, werden diese Geschichten auf ganz aehnliche Weise zum Thema von Fernsehdokumentationen und Real-Crime-Reportagen werden, wie es heute die Berichte von der Verfolgung durch die DDR-Staatssicherheit sind. Man wird von den Tragoedien der ertrunkenen Einwanderer und in die Prostitution verkauften Frauen erzaehlen, und alle werden sich fragen, wie eine ganze Gesellschaft so gleichgueltig sein konnte‘
Und m.a.c.k.e., genau da triffst dus, denn alle Greueltaten und Kriege, und unpositionierende Intellektuelle, all das gab es tausende von mal. Und wird es wieder geben. Diese Struktur ist jeder Gesellschaft inhärent, alles was mehr als sagen wir 2 Millionen Menschen umfasst, ist dieser Strukturierung unterworfen. Auch die Diskussionen und Bemühungen um Gegenwirkung.
Das heisst also nicht, daß man sagt „dann ist ja alles egal!“, wer das sagt, dessen Kopf ist zu klein für den Gesamtkontext, und der darf ruhig weiter machen, tue ich ja auch. Aber die Gesamtsicht ist mir trotzdem wichtig.
mann, was für eine künstliche debatte hier und anderswo geführt wird. solange ihr euch um diese begrifflichkeiten kümmert, anstatt zu handeln, muss man vor euch wirklich keine angst haben.
nur so ein gedanke, wenn das fernsehen für die massen der tranquilizer ist, dann sind die blogs das gegenstück für die „etwas klügeren“ – bleibt mal schön weiter von der strasse weg und schreibt schöne sätze in eure notebooks.
?!“linker neoliberalismus“!? – mann, ihr habt echt probleme in berlin
ich brauchte doch bitte sehr nicht diesen artikel, um zu wissen, dass die linke zerstritten ist.
Es wäre schon möglich, den Begriff mit Leben zu füllen. Es gibt linkgerichtete, fortschrittliche Einstellungen. Und man könnte auch eine ökonomische Theorie – recht fern von Marx – auf der Höhe unserer Zeit formulieren, die tatsächlich „links“ wäre.
Nur, das wäre dann kein „linker Neoliberalismus“, sondern – wie Mercedes Bunz wohl selber weiß – ein ziemlich radikaler, linksgerichteter Ordoliberalismus.
Damit lässt sich anstinken gegen die wachsende Übermacht und Konzentration wirtschaftlicher Macht, anschreien wegen dem Leid der Leidenden, anpöbeln die satten Eliten Europas; den Klientelisten und Lobbyisten die Maske vom Gesicht reißen, es ließe sich – auch in der Ökonomie – Gerechtigkeit und Chancengerechtigkeit fordern, ohne damit unrealistisch zu werden. Den diversen Professor Unsinns, die geradezu maschinenhaft das Stetsimmergleiche formulieren, könnte etwas entgegen gehalten werden, was funktioniert – und nicht nur bloße Utopie ist.
Aber bitte, dann taugt der Begriff „Neoliberalismus“ nicht, der heute doch nur für einen radikalisierten Wirtschaftsliberalismus steht. Neoliberalismus bezeichnet die Interessen der Wirtschaftseliten und die von ihnen deformierte paläoliberale ökonomische Theorie.
Das kann man nicht einfach „links“ nennen – und alles ist wieder gut.