Ich muss das jetzt mal loswerden. Dass ich heilfroh über deutschsprachigen Hiphop bin. Und dass ich jedes Mal meine Finger im Zaum halten muss, wenn es auf Facebook oder in meiner Twitter-Timeline heißt: „Marteria? Was ist das denn fürn Scheiß?“. Oder: „Gerade zum ersten Mal Casper gehört, das braucht ja echt kein Mensch!“.
Denn (und das sage ich als alter Sack) wenn die alten Säcke nicht verstehen, was da Großartiges abgeht, dann sollen sie halt Coldplay hören. Oder Muse. Gibt ja genug Musik für alle. Nur: Die Musik jüngerer Menschen zu diskreditieren, weil man sie nicht versteht und sich vor allem nicht damit beschäftigt hat, ist echt sehr lahm und außerdem so alt wie die Eltern der Rolling Stones. Denn was haben mir die 30-Jährigen erzählt, als The Clash und The Jam mein Universum waren? „Braucht doch kein Mensch! Alles schon mal da gewesen! Klingt wie die Kinks! Klingt wie The Who!“. Und was haben die Punks gesagt, als es mit Techno losging? „Das ist doch keine Musik, das ist ja immer dasselbe!“.
Na und? Jede Generation braucht ihren eigenen Soundtrack, und für die aktuelle ist dies halt (auch und seit langem) deutschsprachiger Hiphop.
Dabei ist es völlig egal, ob wir über alte und immer noch aktuelle Helden wie Fettes Brot oder Sido mit Rucksäcken voller Hits reden, oder über Marteria, der unter diesem Namen und mit seinem Alter Ego Marsimoto schon seit Jahren unterwegs ist, aktuell vielleicht sogar Schlagerfreunden ein paar Hits um die Ohren haut, mit seinen letzten Album „Zum Glück in die Zukunft II“ aber ein beachtenswert düsteres Werk hingelegt hat. Oder über Casper, der die Brücke zwischen Rock und Pop und Rap schlägt wie kein Zweiter, der sich in seinen Songs und Texten von Radiohead bis Tom Waits inspiriert zeigt und dabei immer das Herz am rechten Fleck trägt.
„Hiphop“ als Beschreibung eines Genres greift ohnehin zu kurz, zu viele unterschiedliche Stile gibt es. Vom prolligen Gangsterquatsch bis Comedy, von Emo über Hardcore bis Massenpop ist alles vertreten. Und wenn es wie bei den eben genannten nach Jahren harter Arbeit auch noch richtig erfolgreich ist, dann ist das zu begrüßen, denn immer noch stellt Sprechgesang eine echte Alternative für junge Menschen dar, die nach Künstlern suchen, die ihnen aus der Seele sprechen und trotzdem (oder gerade deshalb) den Eltern auf die Nerven gehen.
Seid froh darüber. Denn jeder Hiphop-Fan ist hoffentlich einer weniger, der auf das hohle Gefasel von rechtslastigen Rockbands reinfällt, die an genau der gleichen Stelle angeln gehen. Dort nämlich, wo Jugend nach Identität sucht, nach einem Funken Aufbegehren, nach Zusammenhalt.
Klar. Nicht jeder Rapper gibt Zitierenswürdiges von sich. Gerade der dumpfe Sexismus in einigen Ecken ist kaum auszuhalten, und natürlich müssen solche Inhalte immer wieder debattiert werden. Es muss uns Alten aber auch klar sein, dass die Suche nach der größtmöglichen Provokation niemandem fremd sein sollte, der sich mal mit Rock und Roll beschäftigt hat. Und womit provoziert man die Bio-Helikopter-Elterngeneration am besten? Genau. Und es funktioniert prima. Und tut weh, weil es weh tun soll. Aber wenn es etwas härter wird, dann liefern Jungs wie Kollegah halt in den Ohren einiger Jugendlicher besser ab als die x-te Heavy-Metal-Band, die möglicherweise auch bei den Eltern im Regal steht und letztendlich textlich auch nie für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert war. Hat man halt nur nicht verstanden. War ja Englisch.
Es gibt genügend großartige Inhalte, und wenn man es schon nicht schafft, die Reimkünste der vielen Rapper zu bewundern, dann sollte man wenigstens vor dem, was musikalisch im Hiphop passiert, Respekt haben. Vor dem, was dort mit Stimmen und Tempi gemacht wird. Vor der Wortgewandtheit, dem Wortwitz, dem Fluss.
Womit wir bei Samy Deluxe angekommen sind.
Ebenfalls schon eine beachtenswerte Weile an Bord, hat der Hamburger gerade mit „Männlich“ sein neues Album vorgestellt, auf dem er sich erneut als King of Nuscheln präsentiert und mit dem ihm eigenen Stil Wörter reimt, die sich eigentlich nicht reimen können – außer bei Samy eben.
Klar gibt es da mit „Traum“ auch die radiotaugliche Single, aber auch Selbstironisches …
… oder den Ausflug zum Reggae.
Samy Deluxe kann sich die große Klappe leisten, es dürfte keinen Rapper in Deutschland geben, der seinen äußerst eigenen Stil nicht respektiert. Und weil Samy auch live eine Granate ist (und weil ihr tapfer bis hierhin gelesen habt), verlosen wir zwei Tickets für das Konzert von Samy Deluxe im Berliner Postbahnhof am 6. Mai 2014.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, die Tickets werden unter all denjenigen verlost, die im Kommentar einen sich reimenden Vierzeiler hinterlassen, der begründet, warum sie unbedingt Samy Deluxe live sehen müssen.
Ausgelost wird am kommenden Freitag, 11. April 2014, etwa zur Mittagszeit.
UPDATE Je ein Ticket geht an Luisa (13) und Carloz (03)! Herzlichen Glückwunsch und danke an alle fürs Mitmachen!
Ich mag deutschen Hiphop,
viel lieber als Pop,
und Samy Deluxe am 6. Mai,
da wäre ich voll gern dabei.
Yo :)
Was schert mich Weib,
was schert mich Kind,
Hauptsache ist,
TeBe gewinnt.
Sam hat’n Händedruck, der Hände bricht
und ’n Gesichtstattoo das Bände spricht.
Sein Rücken ist breiter als beim friesischen Bauer
und beim Konzert bin ich dabei, sonst übelste Trauer.
Da bin ich bei dir Johnny, und deinen Worten, und zwar bei allen:
Jeder Hiphop-Fan ist hoffentlich einer weniger, von denen, die auf das hohle Gefasel von rechtslastigen Rockbands reinfallen.
Nur zum Konzert nach Berlin, verlose mal ruhig jemand anderen dort hin.
Wohl hör‘ ich gern HipHop, da bin ich ja gern mit dabei
(trotzdem ich wohl die einzige hier bin ohne Spotify …)
Die Tickets für Berlin soll aber jemand anderes haben
Die Anreise aus Hamburg wär‘ mir zu weit für den Knaben!
„Just sign up for Spotify to listen to this song“ :(
Geht das nicht barrierefreier? Soll doch schließlich alte Leute überzeugen.
@#820295: Ja, dafür, dass du kostenfrei und legal Songs hören kannst, will man deine Registrierung. Das ist der Tausch. Aber mit Barrierefreiheit hat das nichts zu tun.
Alles was bisher wahr is leider eher Mist,
für alles was kommt is diss hier der Diss.
Warum ich Samy Deluxe live sehen will?
Samy is schnell und der ging ja gar nicht!
https://www.youtube.com/watch?v=dLnk5YYKYSY#t=46s #vittel
Grüße
Gretus
Menchen die Songs wie diesen: https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=WI21DACd_Zc#t=39 machten, gehören einfach gelobt. Und solange es (deutschen) HipHop gibt, der Messages in solcher Intensität transportieren kann wie ein Samy oder ein curse, ein torch oder auch fettes brot oder nochsovielmehrtollehiphopacts so lange hat er mehr als nur eine Daseinsberechtigung (die jeder Form von Musik eh zusteht, wiel Musik einfach Liebe ist).
Achso, ich hab Samy schon gesehen und muss nicht noch mal ;)
deutscher Hiphop ist ein muss !!
Der deutsche Hiphop kann etwas,
das hören macht dabei viel Spaß,
Samy Deluxe das ist ein muss,
drum hoff ich, ich gewinn zum Schluss.
dieser HipHop toll,
Samy macht den Postbahnhof voll.
Samy de Luxe – richtig!,
ist mir wichtig
Samy wird nuscheln, ich will nur kuscheln
mir beim Hip Hop im Bahnhof die Haare verwuscheln
wenn ich jetzt nicht ganz vorne liege und hier gewinn
werd‘ ich Rotz und Wasser heulen und das wird ganz schlimm!
Samy rockt around the Clock eben
drum mus ich ihn sehen um zu verstehen
wie der Mann live abgeht, abdreht mir den Verstand raubt
mit Verlaub Hip Hop ist meine Braut.
Weil ich 40jähriger Vater meinem 5 jährigem Sohn sehr gerne im Auto Samy vorspiele und dabei kräftig am Kopfnicken bin.
Ene mene miste,
hier kommt Mike MC
Ich finger nicht, ich fiste:
das ist Gangbang Poesie.
Wenn alle Boxen brennen
und Himmel und Hölle
aufeinanderprallen,
lassen wir die Korken knallen.
Könnt ich gehen zu Herrn Deluxe,
hebt ich fröhlich meine Mütze.
Könnt ich reimen wär ich Rapper,
red stattdessen meist nur übers Wetter.
Samy wird den Bahnhof hipHoppen
Und wo andere Tickets shoppen
Werde ich so reintroten
Und alle anderen Rhymer werden verrotten!
Danke an alle! Die Gewinner stehen jetzt oben im Artikel!
Zu spät den Contest erst gecheckt,
Für Samy wär ich doch vereckt,
Die Ticketfee vor mir versteckt,
Mein Reimtalent bleibt unentdeckt!
(-:/
wie war das mit dem nazivergleich?
sorry, dass geht ja mal gar nicht.
#fail
@#842777: Welcher Nazivergleich?
>> Seid froh darüber. Denn jeder Hiphop-Fan ist hoffentlich einer weniger, der auf das hohle Gefasel von rechtslastigen Rockbands reinfällt, die an genau der gleichen Stelle angeln gehen. Dort nämlich, wo Jugend nach Identität sucht, nach einem Funken Aufbegehren, nach Zusammenhalt.
Das vermittelt mir das Gefühl dass jeder der ein Herz für Hiphop hat, sonst relativ anfällig für Nazimusik wäre.
Rap / Hiphop ist aus meiner Sicht eine der wenigen Kulturen die Menschen vereint, unabhängig von der Herkunft – Geschlecht – Hautfarbe – whatever.
Ziemlich einseitiger Beitrag – vermutlich major driven – sponsored!?
Aber ich lade gern mal dazu ein folgende Songs zu konsumiere:
https://www.youtube.com/watch?v=_5EVKUjejxg
https://www.youtube.com/watch?v=CZ_9ZL6KDLk
https://www.youtube.com/watch?v=U0tadvfTxb8
Das ist auch deutscher Rap.
@#875895: In gewisser Hinsicht ist das Major driven, von denen haben wir schließlich die Sammy-Tickets bekommen … damit hört dann aber das Sponsoring auch schon auf. Und meine Sätze zu Hiphop im Allgemeinen haben damit nichts zu tun. Den einen Satz hast du glaube ich falsch aufgenommen, natürlich bin ich nicht der Meinung, dass jeder, der auf Hiphop steht, potentiell ansonsten auf Rechtsrock stehen könnte, weil das irgendetwas miteinander zu tun hätte. Nee, nee.
Ich glaube, dass Hiphop Musik ist, die es gerade jungen Menschen erlaubt, sich abzusetzen von anderen (auch Eltern und dem Establishment), eine eigene Welt zu finden. Dass ich das mag, steht ja oben.
Und eine andere Art, sich abzusetzen, könnte eben auch rechtslastiger Quark sein. Meiner Meinung nach hängt die Richtung, die man einschlägt, besonders mit 12, 13, 14 Jahren stark mit dem Freundeskreis zusammen, und so kam dieser Satz zustande, weil jemand, der auf Hiphop steht, hoffentlich und zum Glück gar nicht mehr auf die Idee kommen wird, menschenverachtendes Zeug zu hören. Aus den von dir genannten Gründen. So ist dieser Satz gemeint.
Danke für die Links!