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Problemlösung, zidanestyle

Direktlink.
Quicktime-Video. (30 MB)

Und das passende T-Shirt dazu: “Zidane me here!”

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Der Wischmob, der aus der Tiefe kam

So liebe Kinder, wir hatten alle unseren Spaß an den Kommentaren der gesunden Härte, wir werden “einen Zidane machen” in unseren Wortschatz aufnehmen und auf “du Materazzi!” als schlimmste Beleidigung in kommenden deutschen Rap-Lyrics warten. Mama Zidane gäbe übrigens auch ein prächtiges Gangsta-Girlie ab mit Sprüchen wie: “Wenn er das wirklich gesagt hat, möchte ich seine Eier auf dem Tablett serviert haben”. Jedenfalls zitiert das der Daily Mirror. Die lustigen Briten wieder!

Doch WM ist nicht nur Stierkampf. Deswegen haben wir in den letzten Tagen nimmermüde mit unserem Günter Theodor Netzer nicht unähnlichem Wischmob in den hintersten Ecken medialer Berichterstattung, den staubigsten Kellern anderer Blogs und den geheimsten Verliesen schmieriger Bezahlberichter alle Meinungsfetzen aufgewischt, um diese nun als unsere eigenen auszugeben. Merkt ja sowieso keiner. Hier also der erste Teil unseres ultimativen WM-Fazits, Abschnitt “Eher ganzheitlich betrachtet”.

Taktik: da war viel mit zwei Sechsern und einer Spitze. Also ein 4-5-1 oder 4-2-3-1, je nach Rechenschieber. Torlos, solide, effektiv, langweilig. Idiotisch allerdings, wenn man dieses System aus Feigheit nicht umstellt, obwohl es das Spiel erfordert: Argentinien ohne Messi gegen Deutschland, Frankreich nur mit Henry gegen am Ende tote Italiener. Ansonsten einfach langweilig. Ach so, das hatte ich schon gesagt.

Goldene Momente: zehn australische Stürmer im Kamikaze gen Japan, der brechende Beckham, die Blutfehde Holland gegen Portugal, Rooneys minutenlanger Blick auf seine rote Karte, die Gottesgranaten von Lahm, Frings und Rodriguez, der Sieg der Realität über unfassbare brasilianische Arroganz, der prickelnde Zungenkuss zwischen Jens und Olli, Graham Polls Gelb-Gelb-Rot, Lehmanns Zettel, Zidanes Wembley-Elfer, Zidanes freundschaftlicher Kopfklaps.

Schwarze Momente: Togo an sich, der in den australischen Strafraum hineingeschwalbte Grosso, jede Sekunde Spielzeit der Ukraine und von Serbien-mit-Anhang, die Sperre von Defensivjesus Frings, die 118. Minute des ersten Halbfinales, Trézéguets Wembley-Elfer, Zidanes freundschaftlicher Kopfklaps.

Cleverle neben dem Platz: Klinsmann, Löw und Lippi. Offensichtlich.

Arschgeigen neben dem Platz: Sven-Göran Eriksson wegen der am schlechtesten angelegten Millionengage in der Geschichte des englischen Fußballs, Marco van Basten wegen der Demontage des holländischen Fußballs. Und alle Funktionäre von Togo.

Schland: ganze Stadtviertel entleerten sich auf die Plätze der öffentlichen Ball-Beweihräucherung. Eine riesige CSD-Loveparade mit Wohlfühlaroma. Es sollen sogar Frauen unter den Zuschauern gewesen sein. “Unter” im Sinne von “auch dabei”. Und im Sinne von “unter”.
Ansonsten: jaha, is’ ja gut jetzt. Wir sind toll, wir sind voll, der Ball rollt mit schwarzrotgold. Nun aber wieder zurück zum fröhlichen Alltag mit Iraktoten, Gesundheitsdingens oder Tour de Farce.

Wahre Sieger der WM: kleine zwölfjährige Mädchen in südostasiatischen Sweatshops, die mit WM-Artikeln von Adidas, Nike und all den bunten Fähnchen ganz bestimmt endlich zu Millionärinnen wurden.

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Klinsmann geht

Der Messias wird gehen. Einfach so. Sagt die Süddeutsche. Sagt die BLÖD.

Und ich glaube, ich weiß auch, warum: weil ihn jeder zum Bleiben bewegen wollte, weil plötzlich jede ein Kind von ihm wollte. Klinsmann aber braucht Widerstände und kurzfristige Ziele. UEFA-Pokal holen? Ab zu Inter, Trapattoni in den Wahnsinn treiben, den Pott holen. Mission accomplished, Abgang. Als “German diver” auf der Insel verachtet? Ab zu Tottenham, Spieler des Jahres werden, den Diver als Torjubel einführen, von allen geliebt werden. Mission accomplished, Abgang. Deutscher Meister werden? Ab zu Bayern, gegen Tonnen treten, Trapattoni in den Wahnsinn treiben und die Schale holen. Mission accomplished, Abgang.

Alle DFB-Nörgler überzeugen und deutschen Fußball reanimieren?
Mission accomplished, Abgang.

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Artikel 55, Absatz 4

Auf die Gefahr hin, dass hier ein neuerlicher Kommentarsturm entfesselten Testosterons losbricht, weise ich dezent auf einen SpOn-Artikel hin, der wiederum auf Artikel 55, Absatz 4 des Fifa-Disziplinarreglements hinweist:

Verhalten sich Spieler, Offizielle von Verbänden oder Clubs sowie Zuschauer in irgendeiner Form diskriminierend oder menschenverachtend gemäss Abs. 1 und/oder 2 dieses Artikels, so werden der betreffenden Mannschaft, sofern zuordbar, bei einem ersten Vergehen automatisch drei Punkte abgezogen. (…) In Spielen ohne Punktevergabe wird die entsprechende Mannschaft, sofern zuordbar, disqualifiziert. (Quelle)

Die absurdeste aller Situationen also wäre, wenn die Vergabe des wichtigsten Pokals der Sportwelt von einem Wort oder einem Satz eines italienischen Spielers abhinge. Denn unabhängig von Zidanes berechtigter roter Karte würde eine beweisbare rassistische oder menschenverachtende Äußerung Materazzis nach harter Auslegung der Fifa-Regeln Italien womöglich den Titel kosten.

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Schlussjedanken

Bevor wir der Welt unsere abschließenden Gedanken zum sportlichen Dorffest der letzten paar Wochen schenken, wischen wir nochmal kurz feucht durch unsere Archive und lassen solange Toni Mahoni dem Weltmeister herzlich gratulieren.

Toni Mahoni

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Beckmann gegen Wahrheit 1:0

Öffentlicher Unmut gegenüber der eigenen Person ist oft unangenehm. Sogar Gott kam nicht damit klar und erwies sich mehrfach als unsouveräne Mimose (Paradies dicht, Sintflut, Babel, Sodom/Gomorrha, Gebote 1 und 2), anstatt sich cool und laid back eine zu drehen. Reinhold Beckmann wiederum mag die Initiative “Stoppt Beckmann” nicht, die seinen Kommentar beim Endspiel verhindern wollte, aber nicht konnte. Beckmanns Anwälte wollen nun ihrerseits diese Initiative stoppen:

Uns droht nun eine Vertragsstrafe bei Nichtbeachtung einer Unterlassungserklärung. Die Höhe der möglichen Strafe bewegt sich in Sphären die man vermutlich nur als ARD Fußballkommentator erwirtschaftet, für uns jedoch weit außerhalb unserer Möglichkeiten liegt. Das weiß Herr Beckmann. (Quelle)

[via]

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ITALIEN IST WELTMEISTER

Aus, aus, aus!
Die WM ist aus!
Italien ist Weltmeister!
Herzlichen Glückwunsch!

Und Zidane… ach, ach, ach, mir fehlen die Worte.

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Italien – Frankreich (politisch korrekt)

22 Menschen männlichen Geschlechts, 11 davon mit italienischer, 11 davon mit französischer Staatsbürgerschaft, messen sich diesen Sonntag um 20 Uhr in sportlichem Wettkampf auf Naturrasen im Rahmen der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft (mit Doppel-s) miteinander. Der Gewinner wird nach den offiziellen FIFA-Regeln ermittelt und darf den FIFA-Weltpokal aus den Händen des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Horst Köhler, in Empfang nehmen.

He ihr arroganten bordeauxschlürfenden Froschfresser, schlagt den metrosexuellen Spaghettis ihr Gel aus den Haaren, dass es kracht! Ich will Zizou vergoldet sehen!

Gez. bratwurstfressender Krautnazi

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Ballannahme

Sechs Minuten noch im Blogdorfstadion, keiner bloggt, die Sonne brennt unaufhörlich hernieder … Coca, immer wieder Coca, der aufrechte Rechte der Aspartamos am Ball … er hat den Ball verloren, diesmal gegen Knüwer – Thomas “Der Terrier” Knüwer nach innen geflankt – Kopfball – abgewehrt – aus dem Hintergrund müsste jetzt aber auch mal so ganz langsam dringend irgend jemand schießen…

Ahem. Uns wurde ein WM-Bällchen zugeworfen. Da die anderen Fooligans sich gerade gemeinsam unzüchtig im Ermüdungsbecken vergnügen (wieso eigentlich “Ermüdungsbecken”? Wird man vom Spiel nicht schon müde genug?), übernehme ich die Verantwortung und schreite zum Punkt.

Das schönste WM-Erlebnis?
• Die unter dem wegen großer Hitze hochgerafften Rock sichtbaren, ausgesprochen hübschen Beine, auf die ich nach dem 1:0 der Italiener gesenkten Hauptes bis zum Abpfiff habe starren müssen, um mich zumindest optisch an etwas Schönes zu klammern.
Die Nacht nach dem Spiel England-Schweden mit total verrückten Weltbürgern in verrückt großer Zahl.

Das beste Spiel?
Ich nehme die ersten 30. Minuten von Deutschland-Schweden, ein bisschen von Frankreich-Spanien und Argentinien-Mexiko sowie das vom Bällchen-Zuspieler ungeliebte Deutschland-Italien, deswegen.

Lieblingssprechchor?
“You only got one song!” der Engländer gegen vor Einfallslosigkeit nur so sprühende Gegnergesänge.

Schönstes Trikot?
Waren alle kacke. Will wieder diese hautengen Einteiler. Gibt auch weniger Trikotzupfen damit.

Weltmeister des Herzens?
Elfenbeinküste. Weil sie in jeder anderen Gruppe weitergekommen wären.

Bestes WM-Bier?
Alles außer offizieller Fifa-Sponsor. Ansonsten habe ich da den Überblick verloren.

Lieblingsspieler?
Shaka Hislop (T’n’T), Matthew Amoah (Ghana), Fernando Torres (Spanien), Philip Lahm und Zinedine Zidane, falls Frankreich Weltmeister wird.

TV-Höhepunkt?
• Jürgen Klopp auf eine wie immer dämliche Kerner-Frage: “Mir ist das scheißegal.”
• Lukas Podolski, der spät abends aus seinem Hotelfenster wiederholt “Mooonika!” rief und Monika Lierhaus damit zum Lachen brachte, als diese vor dem Hotel live zu berichten versuchte.

TV-Tiefpunkt?
• Thomas Warks totale Inkompetenz (der seinen Job wohl nur deswegen behält, weil Papa Oskar Wark seinerzeit nicht nur die geistige Messlatte auf Normalnull gesenkt hat, sondern heute noch ein bisschen ZDF-Strippen ziehen darf)
• Reinhold Beckmanns gewohnt schmierige verbale Hand auf dem Schenkel der Zuschauer.

War’s schön?
Boah!

Und jetzt? Mehr Fußball oder reicht’s?
Ersma so’n kleinet Päusken, woll, aber dann weiter.
Leben ohne Fußball ist möglich, aber nicht sinnvoll.

(Dieses WM-Bällchen samt Fragebogen darf sich jeder erdribbeln, der möchte.)

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Ein Halbfinale, zwei Geschichten

Nach dem Halbfinale.
“Scheissdreck!”
Genau das steht in der SMS mit unbekannter Nummer. Da steckt bestimmt der blonde Engel mit neuem Apparat dahinter, denke ich mir. Traue mich nicht, die Nummer anzurufen. Vor allem, weil ich mein schreckliches Geheimnis nicht preisgeben will. Denn ich bin schuld. Ich allein bin schuld an der Niederlage der deutschen Mannschaft.

Aberglaube ist mein Steckenpferd nicht, aber von Zeit zu Zeit simuliere ich ihn, um mich nicht so alleine und nirgendwo dazugehörig zu fühlen wie das kleine dicke Mädchen in der Ecke des Schulhofs, das wir alle noch kennen. Ich also an jedem Spieltag des deutschen Teams brav morgens mein Spreeblick-Hemd an, heimlich auf Groupies hoffen (klappt nicht), jubeln (klappt), Ketchup drauf, Bier drüber, Schweiß rein – was man eben so macht mit Hemden. Dabei immer schön die üblichen Aberglaubenregeln beachtend: nicht für andere Zwecke entweihen, nicht ausleihen und vor allem auf keinen Fall vor dem Endspiel waschen.

Deutschland bleibt im Turnier. Das Hemd bleibt ungewaschen. Am Morgen des Halbfinales also lasse ich mich von einem Gefühl der Rücksicht auf meine Mitmenschen täuschen wie einst Holofernes von Judith und lege das Glücksbringer-Hemd zunächst zur Seite, um vorher ein anderes mit hochsommerlicher Körperflüssigkeit zu durchtränken. “Das Gewinnerhemd ziehe ich erst kurz vor dem Spiel an”, sage ich zu mir in Anbetracht des noch sehr langen, sehr heißen Tages. (Ich wiederum stehe ja auf durchschwitzte Hemden von in mein Beuteschema passenden Individuen, aber manchmal muss man sich der deo-fehlgeleiteten Mehrheit beugen und überhaupt gehört das gar nicht hierher, was erzähle ich denn!)

Nie hat die deutsche Mannschaft verloren, wenn ich das Gewinnerhemd ganztätig durch die Hitze getragen habe.
Gestern hat sie verloren. Weil ich schwach war.
“Scheissdreck!”


Nach dem Halbfinale.
Eine seltsame Stimmung herrscht in den Straßen: eine Mischung aus Melancholie und beginnender Nostalgie wie am letzten Tag eines wunderschönen Urlaubs in Südfrankreich. Vielleicht wird man irgendwann wieder nach Südfrankreich reisen, doch diesen einen Urlaub wird man nicht wiederholen können, das weiß man am Tag der Abreise.

In der Bahn.
Ihr leerer Blick starrt durch das Fenster oder in ihr Spiegelbild oder auf die letzten zwei Spielminuten in ihrem Kopf. Sie sitzt mir schräg gegenüber und trägt eines der WM-90-Trikots mit diesen assymetrischen Streifen, die ihre Brust unvorteilhaft assymetrisch erscheinen lassen. Sie sieht aus, als sei sie gerade von einem wunderschönen Urlaub in Südfrankreich nach Hause gekommen. Traurig, aber nicht trauernd.

Für einen kurzen Moment treffen sich die Blicke unserer Augen, und in diesem Augen-Blick lächeln wir uns an, ganz schwach nur, eher mit den Augen als mit den Mundwinkeln, weil mehr nicht nötig ist heute nacht. Wir beide waren zuvor in genau derselben Minute geschockt, haben in genau denselben Minuten gebangt, gehofft, gejubelt, ohne uns zu kennen. Da reicht ein schwaches Lächeln.

Natürlich habe ich sie nicht angesprochen. So etwas tue ich nie. Und natürlich schlägt mein Herz heute abend für Frankreich. Zu schön waren all die Augenblicke mit Zidane.

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England – Portugal: penalties again

Schon als man diesen verlogenen Campino im imagekonformen England-Jersey Eigenmarketing betreiben sah, musste man sich zwingend eine Niederlage Englands wünschen. Und dann ließ der Sven auch noch ein höchst unenglisches 4-1-4-1 spielen, weil er sich nicht traute, Lampard auf der Bank zu lassen. Luis Felipe Scolari auf der anderen Seite hatte zuvor schon zwei Mal gegen England gewonnen. Einmal mit Brasilien, einmal mit Portugal. Klare Sache eigentlich. Dass zumindest in diesem Spiel für ein paar Minuten drei Löwen in der käsigweißen Brust pochen würden, konnte man beim Anpfiff noch nicht ahnen. Dass Owen Hargreaves über sich und alle anderen Spieler hinauswuchs, auch nicht. Dass England nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen scheitern würde, das allerdings schon.

Als Becks nach seiner Auswechslung heulte wie ein vom Schulschläger verprügelter kleiner Waisenjunge, als 10 Engländer zwar besser als 11 Portugiesen, aber genauso ziellos spielten, als Becks himself später den von Weinkrämpfen geschüttelten Rio Ferdinand tröstete und als Terrys Tränen sein Trikot benetzten wie ein melancholischer Herbstregen die Dächer von Westminster, da war aus dem unansehnlich spielenden, mit Mühe und Glück gewinnenden Rumpel-England wieder Ye Olde England geworden: die mit den drei Löwen, kämpfend, weinend, verzweifelt, vor dem eigenen Schatten fliehend und – natürlich – geschlagen. Jeder Spieler, jeder Zuschauer im Königreich ahnte nicht nur, sondern wusste ganz genau, dass ein Sieg Englands im Elfmeterschießen so unmöglich sein würde wie Hamlets Überleben im fünften Akt seiner eigenen Tragödie.

Gut für die neutralen Zuschauer: die Engländer spielten ihr bestes Spiel bei dieser WM, die Portugiesen hingegen konnten es ohne Deco nicht einseitig dominieren. Schlecht für die Zuschauer: kaum Torszenen, keine Tore. Glaubt man den von uns gepflegten Fußballklischees, waren die Gründe für Portugals zögerndes und ängstliches Überzahl-Spiel die ihrer Seele inne wohnenden Fado und Saudade. Irgendwann klickt es im Kopf eines portugiesischen Fußballers und genau dann, wenn er alle Chancen auf den Sieg hat, will er den nicht mehr. Den stürmerlosen 10 Engländern fehlte in der Schlussphase ein echter, nunja, Stürmer. Peter Crouch mag von englischen Medien unterschätzt worden sein, doch ein Rooney ist er nicht. Was seine Freundin übrigens sehr freuen dürfte, nicht aber den Sven.

Und Rooney. Man sagt, echte Mittelstürmer müssten ein bisschen blöde sein, um zu treffen. (”Wenn’s denkst, is eh zu spät.” – Gerd Müller. “Ich denk nie, ich schieß einfach.” – Lukas Podolski) Dass ein Stürmer aber so blöde sein muss, einen Meter vom Schiedsrichter entfernt Carvalho mit Schmackes in die Eier zu treten, sagt man nicht. Aus gutem Grund, und der ist rot. Wie zynisch wirkt das letzte Titelblatt der Sun jetzt. Und wo wir die Sun gerade im Blick haben: den Vorgang des Elfmeterschießen nannte sie hübsch “German Roulette”.

Letztlich hat Portugal, wie man so schön unkreativ sagt, “verdient gewonnen”. Vor allem, wenn man sich an die vergangenen WM-Spiele beider Mannschaften erinnert. Allerdings hätte Portugal gegen rooneylose Engländer schon in der regulären Spielzeit gewinnen müssen. 58 Minuten Überzahl! 58 Minuten! Figo mühte sich, rackerte, aber zauberte nie. Frankreichs Zidane hingegen legte gut geplante Altherren-Päuschen ein, um in den entscheidenden Momenten Kraft für ZZ-Zaubereien zu haben. Dass Scolaris Weltschmerz-Kicker Leh Blöh im Halbfinale schlagen können, glaube ich nicht (mehr). Deco hin oder Deco her.

England kann sich trösten. Immerhin hatte es Shakespeare. Vor 400 Jahren.

(Warum dieser Spielbericht erst so spät erscheint, mag sich der eine oder die andere fragen, doch – so unglaubwürdig das klingen mag – am Wochenende sind sogar wir auch nur Mensch.)

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Die Italiener petzen

Wieviel Angst die Italiener wirklich vor der deutschen Mannschaft haben, zeigt ihr Nachtreten gegen Torsten Frings. Der soll bei den Tumulten nach dem Viertelfinale gegen Argentinien Julio Cruz ins Gesicht geschlagen haben, wie ein Foto der italienischen Zeitung “La Repubblica” beweisen soll. Die fordert natürlich eine sofortige Bestrafung (ergo Sperre) und geht der Fifa damit auf den Blattersack. Inzwischen hat die Fifa Ermittlungen eingeleitet, die noch vor dem Halbfinale abgeschlossen werden sollen. [Quelle]

Doch selbst Argentinien bestreitet deutsche Schläge und gibt zu, ausschließlich selbst rumgeprollt zu haben. Julio Cruz sagte der Gazzetta dello Sport:
“Ich habe keinen Faustschlag bekommen, zumindest habe ich nichts gespürt.” [Quelle]

Julio Cruz spielt übrigens bei Inter Mailand, Italien…

Update um 22:20 Uhr: das ZDF heute journal hat das betreffende Bild samt Video gezeigt. Ein Fall für Radio Eriwan. Die Hand von Cruz berührt das Gesicht von Torsten Frings, was man mit viel Argentinien-Antipathie als “Ohrfeige” bezeichnen könnte, aber nicht muss. Daraufhin nähert sich dem Kinn von Cruz eine Faust, berührt es womöglich, doch Julio Cruz zeigt danach keine erkennbare Reaktion. Der Winkel des Arms kombiniert mit der Kenntnis menschlicher Anatomie lassen den Schluss zu, es habe sich um die Faust von Frings gehandelt. Mit Sicherheit zuordnen konnte zumindest ich diese Faust nicht. “Im Prinzip ja” könnte man antworten auf die Frage, ob Frings Cruz berührt habe. “Geschlagen” oder “geboxt” hat er ihn nicht, doch nach Erhalt von genug Mafia-Geld könnte die Fifa es als “Versuch eines Boxhiebs” interpretieren und nicht als bloßen Reflex im Affekt.
Mehr sage ich ohne Anwalt nicht.