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It’s the end of the ’net as we know it

gapplebook

Neulich, als mir der ganze Wust rund um Jugendschutz, Urheberrechte und Netzneutralität im Zusammenspiel mit Ansprüchen vieler Netzbewohnerinnen und -bewohner, der gesetzlichen Realität und politischer wie wirtschaftlicher Interessen, Zwänge und Sachlagen, gepaart mit …

Liest noch jemand mit?

Als ich also neulich einfach mal so nachdachte – das passiert mir manchmal –, da dachte ich: Der ganze Irrsinn ist vielleicht mit dem Netz, wie es ist, unlösbar. Vielleicht brauchen wir zwei Internetze.

Wie schon gesagt: ich dachte „nur so“ nach, das Konzept hat hier und da noch Lücken mit einem Durchmesser von rund vierzigtausend Kilometern, aber ich dachte in meinem gar nicht mehr so jugendlichen Leichtsinn, dass zwei Netze viele Herausforderungen lösen könnten.

Das eine Netz wäre das „geprüfte“, in dem sich das Kommerzielle und Offizielle trifft und das relativ harmlos, aber auf eine Art auch „sicher“ wäre, weil bestimmte Seiten durch Altersnachweis nur für Erwachsene zugänglich, der Zahlungsverkehr TÜV-geprüft und Dienste inkl. eGovernment nach irgendeiner DIN-Norm gestaltet wären. Anbieter in diesem Netz müssten irgendeinen relativ leicht zu bekommenden Nachweis haben, um teilnehmen zu können, und sich daher an bestimmte Regeln halten, sonst gäb’s auf die Finger. Als Benutzer könnte man an seinem Rechner oder via Provider einstellen, dass man nur dieses Netz haben will und hätte damit sein Shopping-Web oder sein Kindernetz, was auch immer.

Und dann gäbe es noch noch das andere Netz, das im Grunde so wäre wie das, was wir jetzt kennen, aber noch viel, viel anarchistischer. Denn es gäbe keinerlei Regeln – aber auch so gut wie keine Rechte. Dieses Netz könnte man nach erwünschter Freischaltung ebenfalls nutzen, die Benutzung erfolgte jedoch im Großen und Ganzen „auf eigene Gefahr“, Rechtsansprüche, die aus Schäden wie Betrug etc. entstünden, gäbe es ebenso wenig wie die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. In diesem zweiten Netz gäbe es Filesharing bis die Platte voll ist und keinerlei Ansätze von Zensur, Prüfungen, Gesetzen.

Was für eine grandiose Schnapsidee, dachte ich, und was für ein Blödsinn.

Und dann, als ich weiter nachdachte – das passiert mir manchmal –, da dachte ich:

Gar kein Blödsinn.

Genau das wird die Zukunft des Internet sein, ob wir das nun wollen oder nicht, und genügend Menschen werden es wollen, und genau deshalb wird gerade daran gebaut. Von Google, Apple und Facebook.

Nur, dass die seit längerem darüber nachdenken und auch nicht „nur so“.

Denn wie man es auch dreht und wendet, und egal, welche Position man im Einzelnen dabei einnimmt: Fakt ist, dass wir vor einem Berg an gesellschaftlichen und juristischen Herausforderungen stehen, den die digitale Welt nun einmal mit sich bringt. Das ist zwar nicht so schlimm, weil jede neue Technologie auch neue Herausforderungen mit sich brachte, es fällt aber schwer zu akzeptieren, dass die Umsetzung halbwegs intelligenter Lösungen noch viele Jahre dauern wird.

Es ist richtig, dass das Urheberrechtsgesetz mindestens eine deutliche Reform braucht, es ist aber nunmal Tatsache, dass es diese Reform noch nicht gibt und daher das Gesetz in seiner aktuellen Version gilt, und dass Lobbyisten zwar auf allen Seiten an der Politik zerren, sich diese aber mit jedem Tag schwerer tut, zeitnahe Entscheidungen zu treffen, denn sie ist sich zumindest der Tragweite solcher Entscheidungen sehr bewusst (was, zugegeben, manchmal das Einzige zu sein scheint, dessen sie sich bewusst ist). Die vielen Konjunktive im ACTA-Entwurf werden zur Zeit allein als Angriff aufs Netz gewertet, aber man könnte sie ja auch einmal als Unsicherheit betrachten, als hilfloses „Wer weiß, was da noch kommt, so richtig festlegen wollen wir uns jetzt lieber noch nicht, wir wollen uns alle Türen in alle Richtungen offen halten“.

Und was ist mit dem Glücksspielstaatsvertrag, mit Abmahnwahn, Jugendschutz, Strafverfolgung, Datenschutz, Privatsphäre, Persönlichkeitsrechten, politischer oder wirtschaftlicher Propaganda, gekauften Meinungen? Wie geht der Gesetzgeber mit Fragen zum Nutzer-Tracking zu Werbezwecken von Unternehmen und anderen Aufgaben im wirtschaftlichen Bereich um?

Man kann sich vieles schönreden, es mag auch sein, dass der Einzelne nicht jeden der schnell aufgezählten Punkte für relevant hält, aber es wird wohl niemand behaupten, dass die Digitalisierung der Welt keinerlei Herausforderungen für selbige bereithält.

Und dabei leben wir, die ich jetzt einfach mal „täglich über Facebook hinaus surfende Netznutzer“ nenne, in unserer eigenen Filterblase und haben, glaube ich, viel zu wenig Schimmer von den Internet-Ansprüchen jener Nutzer, die das Netz als reines Shopping-, Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmedium sehen, und die für eine höhere Sicherheit in Sachen Betrug, Viren, Spam und Datenmissbrauch einiges eintauschen würden, für das andere im Namen der Freiheit kämpfen.

Ich werte das nicht, sondern ich betrachte es als Tatsache, die mir täglich begegnet: Es gibt den Wunsch nach einem sicheren, verlässlichen Netz ohne größere Risiken für den Rechner, die Psyche, das Konto und die Kinder, und es ist gar nicht mal so undenkbar, dass jene, die diesen Wunsch hegen, sogar die Mehrheit bilden. Selbst, wenn sie dafür nicht gleich auf die Straße gehen.

Google, Apple und Facebook kennen diesen Wunsch und sie wissen, dass er politisch in absehbarer Zeit nicht unter Berücksichtigung möglichst vieler Interessen erfüllbar ist. Also bauen sie dieses Netz einfach ohne größere Rücksicht, denn es wird sich lohnen. Zur Zeit baut jeder für sich, doch wer weiß schon, ob es in fünf Jahre nicht „Gapplebook“ heißt? Bei genauerer Betrachtung gibt es das „geschützte“ Netz schon an mehreren Stellen:

Ließe man auf einem iPhone von Apple auch noch den Browser weg, hätte man dieses Netz schon, denn Apps und deren Funktionen unterliegen den Entscheidungen von Apple, Netzfunktionalitäten sind meistens App-interner, also eingeschränkter Natur und schwer zu umgehen, die Funktionen des Geräts sowie seine Inhalte lassen sich nach Altersstufen einschränken. Der interne Zahlungsverkehr ist bei Apple bereits eingebaut, ebenso wie bei den Mitbewerbern.

Schließlich arbeitet auch Facebook daran, dass der Nutzer Zuckerbergs Kreation nicht mehr verlassen muss, nicht einmal Links „nach draußen“ braucht man noch, wenn die Facebook-interne Reader-App des Guardian dessen Texte innerhalb von Facebook erscheinen lässt. Gespielt, Filme geschaut und Musik gehört wird eh schon direkt bei Facebook, was also hindert Provider daran, auf Wunsch des Kunden nur Facebook frei zu schalten? Oder möchten Sie gleich das Facebook-Pad plus Facebook-Handy mit weltweit kostenfreiem Zugang zum Facebook-Internet und dem mobilen Facebook-Netz? Amazon, ein weiterer nicht zu unterschätzender Spieler, macht mit dem Kindle Fire in den USA bereits vor, wie so etwas funktioniert.

Und dass Google seine Nutzungsbestimmungen geändert hat, um beim Kunden alle Dienste des Unternehmens inklusive „Persönlichkeitsmanagement“ im wahrsten Sinne der Worte zusammen zu führen, deutet ebenfalls auf eine ähnliche Richtung hin, wenn auch vielleicht auf eine ansatzweise „offenere“ Struktur. Sogar die Geräte-gesteuerte Exklusivität hat Google mit den ChromeBooks schon getestet, wenn auch mit vorerst mäßigem Erfolg. Doch was genau hält Google davon ab, Kinder- oder auch Normalnutzerschutzfunktionen basierend auf der Google-eigenen Kenntnis der Netzinhalte anzubieten? Das Netz also nach Wunsch des Nutzers oder seines Erziehungsberechtigten „vorzufiltern“, entweder unter Einsatz klarer Sperren auf Basis der Nutzerwünsche oder wenigstens mit dem Warnhinweis: „Achtung! Sie verlassen jetzt den von Google als sicher eingestuften Bereich des Internet. Wollen sie wirklich fortfahren?“

Das alles ist im Ansatz bereits vorhanden und wird noch konkreter werden, ich bin sicher – das passiert mir manchmal.

Denn die Netzpolitik, die sich zurecht für ein für alle gleichermaßen zugängliches, weitgehend freies und unreguliertes Netz einsetzt, hat ein Problem, das ihre Position in der Öffentlichkeit schwächt: Sie kämpft ihren Kampf für mehr Demokratie, Offenheit und Selbstverantwortlichkeit auch für jene, deren Ziele zweifelhafter sind, die an Kompromissen keinerlei Interesse haben, die in dem Irrglauben leben, man könne auf einen Staat völlig verzichten und denen nicht allzu oft geltende Regeln oder die Findung neuer schlichtweg egal sind. Nutznießer und Trittbrettfahrer der engagierten und demokratisch motivierten Netzpolitik, die in den Augen Einiger als anti-demokratische Kräfte gelten, machen die netzpolitische Arbeit in der Praxis äußerst schwer, wenn sie unterm Strich den Eindruck des puren Egoismus vermitteln und große Teile der (Netz-) Bevölkerung aktiv ausschließen oder mindestens ignorieren wollen.

Eine tatsächlich demokratische Netzpolitik wird Kompromisse eingehen müssen und darf nicht einmal den Anschein des Strebens nach einer Techno-Diktatur vermitteln, in der diejenigen die gesellschaftlichen Sieger sind und sich damit brüsten, die über mehr technisches Wissen und Können verfügen als andere. Eine demokratische Gesellschaft braucht Solidarität mit Außenseitern und Minderheiten, sie braucht soziale und erzieherische Verantwortung gegenüber allen Beteiligten, und niemand, der diese Ansprüche außer Acht lässt, darf eine Chance haben, sich politisch durchzusetzen.

Ich mache mir dabei kaum wirkliche Sorgen um die Netzpolitik, denn ich glaube, viele der Akteure wissen dies alles, andere werden es noch erkennen. Dennoch besteht das beschriebene Problem und es wird noch Jahre dauern, bis sich die verschiedenen politischen Parteien angenähert oder wenigstens halbwegs eine gemeinsame Sprache gefunden haben, um Lösungen zu finden, deren Umsetzung weitere Jahre in Anspruch nehmen wird. Andere, die kaum auf Kompromisse Rücksicht nehmen müssen, werden diese Zeit nutzen.

Denn der Ruf der „gesellschaftlichen Mitte“ nach einer gewissen Regulation und Klarheit bei bestimmten Bereichen im Netz wird immer lauter werden. Es hat schließlich Gründe, warum sehr viele Menschen Facebook nutzen, das „Internet light“, das völlig ausreicht für viele Menschen, deren Bedarf gedeckt wird von Privatunternehmen, welche bereits jetzt über die technischen Mittel und vor allem die Nutzerzahlen verfügen, die oben angedeuteten „Netze im Netz“ auch wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben.

Die Debatte um Urhebervergütungen wird, wie viele andere Fragen auch, von Google, Apple und Facebook beantwortet, also von USA-basierten Unternehmen, die ebenso eng mit Geheimdiensten der Welt zusammen arbeiten wie mit dritten Unternehmen. Die Tatsache, dass wir zur Zeit solchen Unternehmen mit unseren Daten und der generellen Entwicklung des Netzes offenbar mehr vertrauen als der eigenen Regierung, ist allein der verwerflichen politischen Realität der letzten Jahre inklusive fadenscheiniger Netzsperren-Forderungen, Vorratsdatenspeicherung und undurchsichtigen Handelsabkommen anzukreiden. Die Schuld daran, dass nur noch rund die Hälfte aller Wahlberechtigten in Deutschland glaubt, dass ihre Stimme wichtig wäre oder einen Einfluss hätte, tragen Politikerinnen und Politiker, die aus ihrer ganz eigenen Filterblase heraus eine Misstrauensgesellschaft heran gezüchtet haben.

Doch ich befürchte, dass sich die Demokratie in eine gefährliche Richtung entwickelt, wenn wir sie nicht pflegen und vor allem wieder neu definieren. Demokratie ist kein sich selbst erhaltendes System, wichtige gesellschaftliche Bereiche dürfen nicht Wirtschaftsmächten überlassen werden, und wenn wir uns als Staatsbürger aufgeben, dem Staat also nur noch misstrauen und zu der Überzeugung gelangen, dass wir ihn nicht brauchen, dann resultieren daraus nicht automatisch allein positive Entwicklungen.

Irre. Mit dem Anfang des Textes hat der Schluss jetzt nicht mehr so viel zu tun. Nun ja. Das passiert mir manchmal.

UPDATE Glücklicherweise hat mich Max gerade darauf hingewiesen, dass die Kommentare abgeschaltet waren, das war keine Absicht, tut mir leid! Jetzt ist alles, wie es sein soll, es kann und soll also gerne mit diskutiert werden.

UPDATE Marcel Weiss hat bei Neunetz eine Replik auf diesen Artikel verfasst. Und hier und dort gibt es noch zwei weitere Artikel bei antiperson.de mit spannenden Anmerkungen/ Gedanken.

54 Kommentare

  1. 01

    Ich gehe mal auf zwei für mich relevante Absätze ein:
    1. „Und dann gäbe es noch noch das andere Netz, das im Grunde so wäre wie das, was wir jetzt kennen, aber noch viel, viel anarchistischer. Denn es gäbe keinerlei Regeln – aber auch so gut wie keine Rechte. Dieses Netz könnte man nach erwünschter Freischaltung ebenfalls nutzen, die Benutzung erfolgte jedoch im Großen und Ganzen „auf eigene Gefahr“, Rechtsansprüche, die aus Schäden wie Betrug etc. entstünden, gäbe es ebenso wenig wie die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. In diesem zweiten Netz gäbe es Filesharing bis die Platte voll ist und keinerlei Ansätze von Zensur, Prüfungen, Gesetzen.“

    und 2. „Als Benutzer könnte man an seinem Rechner oder via Provider einstellen, dass man nur dieses Netz haben will und hätte damit sein Shopping-Web oder sein Kindernetz, was auch immer.“

    Den Gedanken an sich finde ich absolut plausibel und sinnvoll. Salopp gesagt: Sollen doch die Rentner und Ängstlichen, die Kinder und Unkreativen ihr geprüftes Netz mit deutschem Qualitätssiegel nutzen. Niemand hat was dagegen, solange „wir“ unser Netz voll Anarchie und geistiger Freiheit behalten dürfen.

    Zwei „Aber“, in bezug auf die oben zitierten Absätze:

    1. Wer ist „wir“? Was für Voraussetzungen muss man erfüllen, um im unregulierten Netz klarzukommen? Ich zum Beispiel habe von der technischen/Programmiererseite des Internets überhaupt keine Ahnung, aber ich schätze, was mir von technisch versierten Menschen ermöglicht wird. Wieviel Nerd muss in mir sein, um durch ein komplett unreguliertes Netz zu surfen? „Nutzung auf eigene Gefahr“ würde eben auch bedeuten, dass mich im Netz jeder verarschen kann, ders drauf anlegt, weil es nichts gibt, woran ich mich orientieren kann. Ich kann mich nur an Gesetzen orientieren, oder an Hilfestellung für technisch unversierte Menschen (z.b. Zertifikate?). Darf ich das unregulierte Netz dann nicht nutzen, ohne vorher nen Basiskurs in Programmierung besucht zu haben? Auch wenn ich pro OpenData, pro Kulturwertmark, pro Opt-in, contra Leistungschutzrecht etc pp wäre?

    und 2: Das unregulierte Netz als Standardeinstellung sozusagen, von der aus man sich für die sichere Variante entscheiden kann. Ich denke, in der Realität wird es eher anders kommen. Die sichere, regulierte Version ist für alle da, und nur wer den Willen, die Connections und das Know How hat, kann in den unregulierten Bereich rübergehen. Das Netz, wie wir es heute kennen (oder wie es vor zehn/fünfzehn jahren aussah) wird zur Subkultur, die nur einem eingeweihten Kreis Zugang gewährt. Womit wir wieder bei 1. sind – wie kann man dafür sorgen dass bestimmte Gruppen, die durchaus ein Gewinn für die Gemeinschaft sein können, aber bestimmte Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen, dennoch mit einbeziehen?

    Es gibt sicher noch weitere Fragen. Wenn wir dafür vernünftige Lösungen und gute Ideen finden können, bin ich bei der ganzen Sache gern von Anfang an dabei.

  2. 02

    Also ich will ja nicht meckern aber läuft das nicht dadrauf raus:
    Ein Netz für die Arte-Mediathek, eines für Kinderpornos?

  3. 03

    @#801022: @#801044: Ich verstand den Artikel oben gar nicht als Vorschlag, um diesen Gedanken geht es ja nur im ersten Teil. Im zweiten dann darum, dass an dieser Trennung schon längst gearbeitet wird, dass sie quasi schon da ist, und darum, dass man die Netzzukunft vielleicht doch besser nicht den Unternehmen überlassen sollte.

    Komisch, dass ich in meinen Kommentaren offenbar oft klarer bin als im Artikel. :)

  4. 04
    matthias

    Ist es denn nicht so, dass es diese zwei Aspekte des Netzes schon immer gibt? Der unbedarfte Nutzer macht eben seinen Browser auf und hat seine T-Online Startseite. Soweit so gut, über die üblichen Seiten (SPON/bild.de, Facebook & YouPorn) kommen diese Nutzer doch eher selten heraus. Das Ganze verschiebt sich nur insofern, als dass es eben mehr Nutzer gibt, die in ihren geschlossenen Systemen das Netz nutzen wollen. Damit kann aber wohl auch der Großteil der Poweruser leben, solange wenigstens Netzneutralität gewahrt bleibt.

  5. 05

    @#801058: Klar gibt es die zwei Aspekte, aber es geht doch tiefer. Was Apple etc. machen, ist ein völlig anderes Netz. Da gibt es auf Dauer auch keinen zweiten Aspekt mehr. Sondern nur noch einen. Und in diesem System werden viele „Probleme gelöst“, da Filesharing usw. gar nicht existieren kann.

  6. 06

    Zwei Doofe, ein Gedanke.

  7. 07

    Um auch mal meinen Senf dazu zu geben: es gibt doch längst solche unkontrollierten „Nebennetze“. Aber ein Gentleman genießt und schweigt. Sollen die Duckfaces und Scumbagmützen auf Facebook glücklich werden, sollen die Friedriche und Zierckes dieser Welt glauben, sie hätten alles im Griff.

    Ich sach nur: the internet does not work that way.

  8. 08

    Ich glaube die Utopie von einem anderen … „Netz, das im Grunde so wäre wie das, was wir jetzt kennen, aber noch viel, viel anarchistischer“ …, wird wohl eine Utopie bleiben. Schließlich war das „Internet“ der Unix Freaks in den 90ern genau eben das: „anarchistisch“. Und es ist kommerzialisiert worden, bis zu dem was wir heute haben und weitergedacht wird als „Gapplebook“. Das wir faktisch ja bereits haben, realisiert über die unterschiedlichen „public Intranets“, denn nichts anderes sind diese Anwendungen wie Fratzenbuch und co.
    Es geht um Kommerz. Ein „Anarcho-WWW“, wer sollte das finanzieren.
    Ich empfehle mal wieder ein altes Buch rauszukramen. 1984 von George Orwell. Der hat den kommerziellen Aspekt dort zwar nicht thematisiert, aber doch schon ne Menge anskizziert, von dem was wir heute haben, und das uns vielleicht morgen erwartet. Die Webcam lässt grüßen.

  9. 09
    Peter

    Mannomann … das ist der beste Artikel aller Zeiten hier. Mitsamt dem nach „Irre.“. Den Gedanken des zweiten Netzes hatten wohl schon andere. Aber es gibt noch keine Lösung dafür. Oder kenn ich sie nur nicht? Usenet reloaded? Haben die Tor-Entwickler was am Start? Vielleicht ein invite-Internet? Also „ich-gebe-dich-dafür-frei-meine-website-zu-sehen-Staat-muss-leider-draussen-bleiben“.

  10. 10
    ofi

    Also erst einmal ein deutliches „Danke!“, dass Du Sachen öffentlich denkst, die ich und sicher auch Andere auch schon einmal gedacht haben, aber vorsichtshalber nur für uns.

    Das „anarchistische“ Netz hatten wir früher einmal als technische Spielwiese und Medium von Nerds, deren einziger gemeinsamer Nenner ein mehr oder weniger gesunder Menschenverstand war. Mit der Etablierung von HTTP war es aber plötzlich auch ohne GMV 1.0 benutzbar und damit plötzlich kommerziell interessant, und zwar zuvorderst für Dinge, die es in kontrollierten Medien (oft zu recht) nicht gibt.

    Deshalb vermute ich wird das 2-Netz-Modell hinauslaufen auf eines mit beamteter Medienwacht (analog Rundfunkrat), institutioneller Genehmigungspflicht und Verantwortung auch für Nutzerbeiträge, und eines mit persönlicher Sachkundenachweis- und vollumfänglicher Haftungspflicht (analog den alten Amateurfunklizenzen) als Teilnahmevoraussetzung, worüber dann weitere Staatsschergen wachen. Natürlich wird es virtuelle Landesgrenzen mindestens im ersten dieser Netze geben; China macht’s vor und wird bereits heute von Heerscharen kontrollwütiger Steuerfresser auf dem ganzen Restplaneten dafür beneidet.

    Beide Netze bieten dann ein Füllhorn von Möglichkeiten zur Generierung weiterer Steuereinnahmen, um die dafür schließlich notwendigen Behördenkarzinome zu nähren. Manchmal – aber nur manchmal – habe ich angesichts der massierten Dummheit im Netz auch den Eindruck, dass die Leute zumindest in diesem unseren Land genau das brauchen, denn „Demokratiepflege“ ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Masse der heutigen Internet-Spaßnutzer interessiert, und verlangt außerdem einen GMV >= 1.0.

  11. 11
    mr_coko

    Prinzipiell gar nicht schlecht – aber ich befuerchte, es gibt da ein Problem, denn die 3 Welten lassen sich ja gar nicht voneinander trennen. Ein Produkt (z.B. Lied), geschaffen fuer die reale Welt (so ohne Netz und so) – das koennte ja trotzdem und gegen den Wunsch des Erzeugers im anarcho-Net frei verteilt werden. Ich habe das Gefuehl, das wuerde die Probleme nur potenzieren, denn viele wollen zwar manchmal die „Freiheit“ ausleben, aber wenn es um die eigenen vermeintlichen Rechte geht, dann soll da bitte jemand sein, bei dem man sich ausheulen kann oder den man als ordnende Macht anrufen darf…

  12. 12
    Wolf

    Besonders die Begründung am Ende ist realistisch. Sie resultiert aus den Erfahrungen, dass politische Entscheider offensichtlich nach Tagesaktualität handeln und die Nachhaltigkeit ihrer Entscheidungen nicht hinterfragen. Das begann bbereits in den 60er Jahren, als in den ersten Computerschulen der bis heute ignorierte Ruf laut wurde, Programmieren zum Unterrichtsfach zu erklären und endet mit dem öffentlich demonstrierten Dilettantismus, der überstürzten ACTA- Unterzeichnung – und – der Unfähigkeit diesen Fehler zuzugeben, um andere Staaten, die das Machwerk schon unterzeichnet haben, nicht bloßzustellen.
    Das ist nur eins der vielen Beispiele einer Politik nach dem Peter- Prinzip. Aus diesem Grund bleibt der Einsatz derjenigen, die sich halbwegs mit Technik auskennen weiterhin „alternativlos“ notwendig.

  13. 13

    Ein sehr interessanter Artikel.
    Stellt sich nur die Frage, ob es dieses Netz nicht bereits gibt. Und ich rede da nicht unbedingt von den erwähnten Beispielen. Sicherlich wurde mit Facebook und Co. eine Art „Nichtschwimmer-Bereich“ eingeführt. Außerhalb gibt es Wellen, Stürme und Haie. Im inneren Bereich warmes Wasser. Woher die Wärme kommt lassen wir mal beiseite (ich denke hier in Richtung Kinderschwimmbecken).
    Was ich meine sind Zertifikate und vielleicht auch De-Mail und der E-Postbrief. Und darüber hinaus auch verifizierte Konten bei Google+ und Twitter. Ich bin sicher, dass es einige Twitter-Nutzer und Google-Pluser gäbe, die genau wie bei De-Mail gerne ein mit Perso verifiziertes Konto hätten, um ihren Aussagen noch mehr Sicherheit zu verleihen.
    Vielleicht sollten auch kleinere Firmen und Privatnutzer anfangen ihre E-Mails (inkl. De-Mail) und Homepages und Social-Media Konten mit staatlich geprüften Zertifikaten auszustatten. Dann hätte man eine „geprüftes“ Netz und eine ungeprüftes Netz. Im Browser könnte man eine Weiche einbauen, die davor warnt, wenn man den „Nichtschwimmer-Bereich“ verlässt. Was es ja auch eigentlich in fast allen Browsern bereits gibt. Leider sind wir hier wieder bei der Frage, wieviele der Internetnutzer wirklich darauf achten. Eine physische Trennung (unterschiedliche Server oder Router-Einstellungen) wären da sicherlich mehr geeignet für viele Nutzer.

  14. 14

    @#801075: Dein letzter Satz beschäftigt mich auch oft, denn – auch wenn ich dabei wie mein eigener Opa klinge, den ich nie kennengelernt habe: Ohne Pflichten keine Rechte. Ich kann kaum erwarten, dass mir jemand zu Hilfe eilt, wenn mein eigenes Foto ohne Genehmigung in der BILD erscheint, gleichzeitig aber davon ausgehen, dass in anderen Fällen Urheberrechte im Netz nunmal nicht mehr durchzusetzen sind. Und ob ein wirklich komplett freies Netz wirklich so toll ist, in dem ich nicht mal mehr ansatzweise die Chance habe, z.B. die Identität eines Postings wenigstens zu vermuten … das kann man auch bezweifeln.

    @#801073: @#801074: und alle anderen: Danke sehr für den Input!

  15. 15

    Und wenn wir es dann endlich hätten, das TÜV-geprüfte Netz für alle, dann würden die Nerds endlich unter sich bleiben, eine kleine Mehrheit im echten Netz, die man nicht schützen muss und schon ein Jahr später wäre das alte Netz einfach verboten.

    Demokratie haben wir doch eh schon in weiten Teilen durch Angsteuerung ersetzt. Die Angst vor dem Terror, vor den Ausländern, vor dem Verbrechen im Internet, Angst vor freier Meinung, Angst ist der neue Motor von Politik und Gesellschaft. Wir müssen mal dringend zurück zum Mut kommen, sonst wird das auf Dauer nix mehr!

  16. 16

    @#801081: Klar, mit Angst kann man eine Menge steuern, übrigens auch mit der Angst vor Zensur, Freiheitsberaubung und Einschränkung der Konsummöglichkeiten.

    Ich teile deine Meinung zum Thema Angst, mir ist aber nicht klar, in welchen Punkten du den Mut forderst, kannst du das etwas ausformulieren? Mut wozu genau?

  17. 17
    becker

    Ich finde den Aspekt des Vertrauensverlustes gegenüber der Politik sehr interessant. Die Politik sollte dem Allgemeinwohl dienen und ich sehe, dass es nicht im Interesse des Allgemeinwohls liegt, wenn eine wichtige Infrastruktur wie ein soziales Netzwerk allein in den Händen eines privaten Konzerns liegt. Vielleicht sollte man den Betreibern dezentraler Alternativen wie Diaspora Anträge auf Subventionen ermöglichen, um sie attraktiver machen zu können und vernünftige Ausweichmöglichkeiten zu haben, falls Facebook datenschutzrechtlich mal zu sehr über die Stränge schlägt.

  18. 18

    tl;dr – zumindest nicht bis zum Ende.

    Denk nochmal über den Begriff „Internet“ nach, was er bedeutet, was dahinter steht. „Inter“ steht für dazwischen, „net“ für Netzwerk. Das ergibt vom Sinn her „Zwischennetzwerk, dass (Netzwerke) verbindet“.

    Du beschreibst nicht die Zukunft, sondern den Status Quo.

  19. 19

    @#801102: „Hab‘ den Artikel zwar nicht zuende gelesen, habe aber dennoch kluge Ratschläge“? :) Im Ernst: Schon klar. Aber im Kern geht es ja um die Frage: Wem vertraue ich mehr? Und warum? Und ist das gut so?

    @#801098: Den Ansatz, so etwas wie Diaspora „offiziell“ zu unterstützen, finde ich gut und richtig, aber würde man ein „staatliches Social Network“ , das öffentlich-rechtliche Facebook sozusagen, nutzen? Dafür muss sich „der Staat“ erst einmal jede Menge Vertrauen zurückholen, denke ich. Und das wird dauern.

  20. 20

    Warum sollte ich einen langen Artikel zu Ende lesen, unter dem steht, dass der Anfang nichts mehr mit dem Schluss zu tun hat? der Schreiber also drauf los geschrieben und mitten drin das Thema gewechselt hat? Als Podcast oder Diskussion höre ich mir so etwas ja gern an. Einen langen Artikel dazu lese ich dann doch lieber erst, wenn der Autor seine Gedanken geordnet + überdacht hat und sich bewusst ist, worauf er eigentlich hinaus will.

    Kern meines Kommentars war übrigens, dass du nicht die Zukunft beschreibst.

  21. 21

    @#801110: Und dass dies längst die Gegenwart ist, schreibe ich selbst in dem Artikel.

  22. 22

    \o/ Na, wenn mir das auch bereits schon bewusst war, du im Verlauf des Artikels ebenfalls zu dem Schluss kommst, dann brauche ich den Artikel ja tatsächlich nicht mehr komplett lesen :-)

  23. 23
    nik

    Macht für mich keinen echten Sinn.

    – Wer sollte das schwarze Netz finanzieren? Die Content-Industrie sicher nicht, die haben kein Interesse an illegalen Vertriebsmethoden. Die User nicht, die wollen nur „umsonst nutzen“. Werbetreibende – Hmm, wollen die ernsthaft auf einem Schwarzmarkt agieren, ohne Rechtssicherheit?
    – Warum sollte der Staat einen rechtsfreien Raum (diesmal wirklich) zulassen
    – Im weißen Netz müssten die großen Akteure ja die Inhalte filtern, nicht nur die Anbieter. Aber wieso sollte sich hier kein Betrug entwickeln? Wer soll so einen Filter leisten, ob ein Online-Magazin jetzt seine Texte oder Bilder irgendwo geklaut hat? Ob jemand Material unter CC anbietet (und dieses weiterverbreitet wird), ohne dass er die Rechte besitzt? Wie sollte Rechtssicherheit aussehen, wenn es noch Nutzer-orientierte Apps geben soll (z.B. zum Bilder posten, Bloggen o.ä.)
    – Wie soll verhindert werden, dass Inhalte von weiß nach schwarz abwandern?

    Eine Einschränkung über kastrierte Geräte, ok, das könnte ich mir vorstellen. Aber was ist mit den ganzen Medienschaffenden, wie sollen die Daten, Werke oder Software in das Netz bekommen?

  24. 24
    Chris Fogle

    Interessant. Der Gedanke mit den zwei Netzen ist dir also neulich beim Rumdenken gekommen. Ein Bekannter hat diesen Gedanken mir gegenüber schon vor ca. einem Jahr ausgeführt, und ich bin sicher, dass das schon nicht auf seinem eigenem Mist gewachsen war. War das also eine originäre Idee von dir (liegt ja wirklich in der Luft) oder hast du den Gedanken woanders aufgeschnappt?

  25. 25
    matthias

    @nik: In der Vergangenheit, vor der Kommerzialisierung, hat sich das Netz doch auch quasi selbst finanziert und noch heute kenne ich ausreichend Leute, die alle ihre Dienste die sie heute nutzen selbst betreiben, ergo auch die Server bezahlen. Gerade diese Nutzer des „schwarzen“ Netzes sind da nicht so kleinlich, wenn der Dienst nur cool genug ist. Mal davon ab: Es gibt ja auch heute schon quasi Darknets (z.B. I2P) die auf der normalen Infrastruktur laufen. Der Traffic ist einfach so marginal, dass man damit prinzipiell erstmal niemandem auf die Füße tritt.

  26. 26
    becker

    @Johnny Haeusler

    Ich meinte das eher so. Der Staat stellt Subventionen bereit, wenn ein soziales Netzwerk zwei Bedingungen erfüllt:

    1. Es ist dezentral.
    2. Es ist Open-Source.

    Bei einem dezentralen Netzwerk suche ich mir dann einen Server aus, dem ich am vertrauenswürdigsten finde (z. B. den des Chaos Computer Club) oder mach meinen eigenen auf (da ich keinen Plan davon habe, würde das wohl flach fallen).

  27. 27

    Sehr kluger Artikel. Insbesondere die Betonung, dass ein Internet mit Schwimmflügeln wahrscheinlich von weiten Teilen der Nutzer gewünscht wird, gefällt mir – denn die Annahme dürfte richtig sein. Die meisten Leute wollen ihre Autos ja auch einfach fahren, ohne an ihnen herumzuschrauben.

    Nur das mit den zwei getrennten Netzen wird nicht funktionieren. Die Älteren werden sich erinnern: Das gab es schon mal, es nannte sich AOL. Hat sich nicht durchgesetzt. Das Problem ist die Verbindung der Netze, und wenn es erst auf dem Endgerät des Nutzers ist. Wenn man die Inhalte aus dem geschützten Web ohne DRM wieder in das ungeschützte Web zurückspielen kann, dann haben wir wieder den Salat mit dem Urheberrecht. Und auch im bösen Web wird es genug Angebote ála Megaupload geben, die einfach zu bedienende Angebote für Nicht-Nerds zur Verfügung stellen. Weil es sich für sie rechnet.

    Ich befürchte, der Geist ist aus der Flasche, und wir bekommen ihn da nicht wieder rein.

  28. 28

    @#801115: Ich bin ganz sicher, dass der Gedanke schon vielen Menschen vor vielen Jahren gekommen ist (und nein, ich habe ihn nicht von jemandem anderes gehört, aber er ist ja trotzdem keine so wahnsinnige Eigenleistung) – aber mir war dieser Gedanken jetzt gar nicht soooo wichtig, sondern eher der Schluss, dass das eben schon längst passiert mit Facebook etc.. Wir brauchen das quasi nicht mehr zu diskutieren – es ist bereits Realität.

    Und der Kern des Artikels sollte eigentlich die Frage sein, ob es gut sein kann, dies alles allein den Unternehmen zu überlassen. Das taucht jetzt hier in der Debatte aber kaum auf. Meine Schuld wahrscheinlich, vielleicht habe ich den Artikel „falsch“ geschrieben.

    Was ich meine: Wir sind sehr achtsam gegenüber dem Staat, während die Unternehmen einfach loslegen und machen.

    Die Zweinetzigkeit ist kein Vorschlag von mir, sondern für viele ein alter Hut – dass sie aber von Gapplebook bereits gebaut wird, wurde mir erst neulich richtig klar.

    Mist, wenn man Artikel erklären muss, dann hat man was falsch gemacht. :)

    @#801113: :)

    @#801118: Ok, verstehe. Ja, sowas könnte gehen und da wollte Diaspora ja auch mal hin, denke ich.

    @#801121: Dass wir mit Facebook im Grunde wieder bei AOL und Compuserve sind, ist doch sowieso der größte Witz an den Entwicklungen … schon komisch.

  29. 29

    „reines Shopping-, Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmedium“
    So beschreibst du das Internet light? Dann benutze ich auch nur dieses Netz! Das wo.ich dachte, dad Netz voll auszuschöpfen – obwohl ich einen Blog schreibe und manchmal auch für wikipedia (+Foren und Twitter) so nutze ich es doch hauptsächlich in jenen 4 genannten Sparten!

    Meine Frage – was ist dann das echte Internet und wer soll es benutzen, wenn selbst versierte Netznutzer wie ich nicht einmal davon wissen?

  30. 30
    Alex

    War das nicht AOL?

  31. 31

    Ich halte das Szenario zweier verschiedener Netze gar nicht mal für so unrealistisch. Mit einem winzigen Detailunterschied: Das offene, anarchische Netz wird legal nicht zu bekommen sein, und wer darin/damit erwischt wird, ist pauschal straffällig geworden, egal, was genau er damit gemacht hat.

  32. 32
    Alex

    Wir haben schonmal ein Netz gebaut. Wir können es wieder tun. Die Modems liegen noch herum, aber vielleicht tun es auch OpenVPN und TOR.

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    @#801092: Mit Mut meine ich: Mut, das Internet als Herausforderung anzunehmen. In der Wahrnehmung der Politik scheint mir das Netz vor allem eine Gefahr zu sein. Natürlich gibt es Gefahren und auch Rechtsverstöße, aber es gibt auch viel Positives. Warum müssen Nerds dieses Positive verteidigen? Und es ist ja die Frage, ob es ohne die Freiheit im Netz wirklich dieses Positive gegeben hätte und weiterhin geben würde. Mit dem Netz ist ja nicht nur die Information verbunden sondern auch die Technologie, die gleichzeitig ohne das Netz nicht existieren würde, wenn man sich das anhand von Open Source mal überlegt.

    Aber mit Mut meine ich auch den Mut zu neuen Geschäftsmodellen. Und nein, damit meine ich nicht, dass die Plattenbosse einfach damit leben müssen, dass Leute alles herunterladen. Heute habe ich gelesen, dass 1931 die „Musikindustrie“ den Radiosendern verbieten wollte, Schallplattenmusik zu senden. („Radio“, Jörg Häusermann, 1998). Umbrüche gab es schon immer. Wie der Urheber zu seiner Vergütung kommt, das ist eine der großen Fragen der nächsten zehn, zwanzig Jahre. Natürlich ist es ein Problem, dass Leute das Zeug kopieren. Aber womöglich wird es auch immer mehr ein Problem, dass eine „Musikindustrie“ an Gewicht verliert. Kann man alles doch auch selber machen. Und solange sie noch groß sind, versuchen sie, ihre Macht auszuspielen. 1931 war das nicht anders. Zunächst einigte man sich dann übrigens darauf, dass nur noch 60 Stunden pro Monat Musik aus der Konserve kommen durfte. Stellt Euch das mal heutzutage vor.

    Ich wünsche mir also den Mut, den neuen Herausforderungen zu begegnen anstatt durchsetzen zu wollen, dass sich die Welt einfach nicht möge verändert haben. Und ich muss leider sagen, diesen Wunsch richte ich intuitiv sofort an die Politik, denn genau dort scheint er mir am wenigsten erfüllt.

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    wer auf totale Anarchie steht. Und Geduld hat;
    http://www.i2p2.de
    http://freenetproject.org

  35. 35

    @#801142: Cool, danke dir sehr für die Mühe! Diese Art von Mut: Ja, die will ich auch sehen (und die Radio-Anekdote ist ein super Beispiel).

    Einzig der Satz „Kann man alles doch auch selber machen.“ hat mich stutzen lassen, darüber schreibe ich aber noch mal länger, denn das kann man natürlich nicht (was aber nicht schlimm ist), irgendeine Form einer „Musikbranche“ wird es IMHO immer geben. Aber das ändert nichts daran, dass die Art von Mut, die du beschreibst, tatsächlich gefragt ist.

  36. 36

    @#801144: OK, ich gebe zu, „kann man doch alles selber machen“ ist etwas großspurig und eine extreme Aussage. Aber es ist doch so, dass heute der Künstler, egal ob er Text, Bild oder Musik erkünstelt, viel leichter ein Publikum findet und sich zumindest bis zu einer gewissen Größenordnung selbst vermarkten kann, ja sogar Teile der Produktion selbst übernehmen kann, die noch vor 20 Jahren nur in teuren Studios möglich gewesen wäre. Und das sorgt eben auch für eine Machtverschiebung.

    Diese ganze Geschichte, wie weit der Künstler eine Plattenfirma braucht, usw., sehe ich durchaus differenzierter. Am Ende ist es vermutlich sogar so, dass wirklich gute Musik erst dann entsteht, wenn man den Kopf frei hat von dem ganzen Vermarktungs- und Produktionsgedöns. Das frisst alles unglaublich viel Zeit. Bei guten Büchern vermutlich nicht anders, nicht mein Metier. ;-)

  37. 37

    @#801145: Vieles ist günstiger geworden, einfacher. Aber der Markt der Aufmerksamkeit hat sich nur vergrößert, nicht verbessert, das Publikum ist meiner Meinung nach nicht wirklich leichter zu finden, im Gegenteil – es gibt ja auch viel mehr Angebot.

    Ich behaupte ja: die künstlerische Mittelschicht ist weggebrochen. Es gibt noch immer die Superstars (damit habe ich auch kein Problem) und den hungernden Musiker, aber es gibt kaum noch die, die „okay“ über die Runden kommen. Und auf die Self-Made-Internet-Stars, die auf die Industrie scheißen können, warte ich seit zehn Jahren.

    Langes, anderes Thema. Aber auch spannend. :)

  38. 38

    @ Johnny Haeusler
    „Und auf die Self-Made-Internet-Stars, die auf die Industrie scheißen können, warte ich seit zehn Jahren.“

    Ja Johnny, warten nützt auch nichts. Damit muss man anfangen. Und wenn es dann läuft und pro Tag 120 CDs per Post geordert werden, dann müssen halt mal ein bis zwei neue Studentenjobs geschaffen werden, damit die den Versand wuppen. Bei ner selbst produzierten CD ist ein Profit von > 4 € pro CD drin, nach Steuern. Das kriegt kein Paul McCartney für seine CD. Aber du hast recht: „Langes, anderes Thema. Aber auch spannend.“ Nur die Vertriebswege, Radioairplay usw. da sind das „Institutionelle“, der sprichwörtliche Haken oder die kommunikativen „Machtverhältnisse“ berührt. Bloggs könnten ein Ansatz sein, das System der kommunikativen Machtverhältnisse zu knacken. Vielleicht hilft es, sich mal ein wenig mit Niklas Luhmann zu beschäftigen, der in seiner systemtheoretisch gedachten Gesellschaftsanalyse sehr interessante Gedanken zum System der Massenmedien entwickelt hat.
    Ich denke, gerade im Hinblick auf die Pop Musik könnte die Emanzipation der Künstler von den Zwängen der Musikindustrie, diese Musik wieder hör- und unverwechselbar werden lassen.

  39. 39

    @#801152: Doch, ich warte, denn Herangehensweisen wie deine lese ich seit vielen Jahren, ohne dass die Vision eintritt, und ich kenne viele Leute, die das so selbst in die Hand genommen haben und die immer wieder an ihre Grenzen stoßen. 120 CDs pro Tag zu verschicken (Studentenjobs, na klar, und als würde noch jemand CDs bestellen) wäre dabei aber nur das Eine. Wenn man so viele Bestellungen hätte durch die Promo durch Blogs und andere unabhängige Medien.

    Um die Massenmedien geht es dabei doch gar nicht mehr, das ist schon lange passé, schon in den 80ern und auch noch in den 90ern konnte man mit etwas Glück als Künstler okay leben ohne Massenmedien. Und was ist das Internet, wenn nicht: Massenmedium? Und auch dort nützen dir zwölf Artikel auf 50 Blogs weniger als ein einziger auf spiegel.de.

    Es geht darum, dass die Kosten einfach nicht virtuell sind, da helfen auch die 4 Euro nicht:

    Das Cover wird natürlich auch von einem Studenten für fast umme gemacht, in die finanzielle Vorlage fürs Herstellen geht die Band selbst (Kleinkredite sind kein Problem), die CDs an Club-Promoter versenden und hinterher telefonieren: Das macht die Freundin, den Bus zum Auftritt fahren, die Fotos machen, die Website pflegen, Facebook, Twitter, Kommunikation: Der Drummer hat eh nix zu tun, Übungsraum-Miete, Buchhaltung … ich will nicht rumheulen, denn so geht es allen, die anfangen, nicht nur im künstlerischen Bereich. Aber während es bei Start-Ups völlig okay ist und sogar gefeiert wird, wenn sie VC kassieren, und während niemand auf die Idee kommt, Twitter zu boykottieren, weil man mit der Nutzung die Geldgeber unterstützt, die an Kommunikation und Internet überhaupt kein Interesse haben, ist es bei Künstlern verwerflich, wenn sie sich Partner ins Boot holen, die vorfinanzieren und daher mitverdienen? Das verstehe ich einfach nicht. (Über die Verteilung der Einnahmen kann und muss man dabei aber natürlich reden, doch die hat sich auch schon geändert, die paar Cent von iTunes werden schon lange nicht mehr so verteilt wie die Einnahmen aus CD-Verkäufen damals.)

    Das Prinzip der Selbstausbeutung gibt es nicht erst seit dem Netz, unabhängige Labels und Künstler haben unter dem Begriff „Independent“ schon in den frühen 80ern nach den von dir beschriebenen Prinzipien gehandelt – teilweise auch sehr erfolgreich – und das, was du beschreibst, machen tausende von Bands jeden Tag. Radio braucht man dabei schon länger nicht mehr, das ist alles, sorry, alter Käse.

    Nur, dass es funktioniert im Sinne: Die Band kann davon halbwegs die Miete bezahlen, das ist die absolute Ausnahme. Denn auch das Netz hat die Aufmerksamkeitsquote des Einzelnen nicht erhöht, ganz im Gegenteil. Und dass gerade die Indie-Labels unter den neuen Gegebenheiten am meisten leiden, nicht etwa allein die Majors, das wird oft unter den Teppich gekehrt. Denn nur noch ein Drittel der produzierten Musik in irgendeiner Form verkaufen zu können, das ist bei einer Madonna nur eine Verschiebung der Einnahmequellen, dann werden halt die Konzerte und Shirts teurer. Bei einer mittelbekannten Band bedeutet das aber, dass nicht mal mehr die vorher eh schon knappen Einnahmen vorhanden sind.

  40. 40

    @ Johnny Haeusler

    Ja Johnny, die Hoffnung stirbt zu letzt.
    Es wird sicherlich so sein, wie du oben beschrieben hast. Und wenn es dann funktioniert, bleibt vom einem selbst nur noch der Zombie und so endet es mit einem, wie es mit Madonna oder all den anderen Protagonisten der Rock Musik gegangen ist.
    Doch ich bin überzeugt, da ist noch ein kleines Dorf in mir, ein „von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf, hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ Nur, die kleine virtuelle „www“ wird nicht besser sein, als das reale Vorbild. Doch wenn selbst du nicht mehr an „Blogs“ glaubst – („und auch dort nützen dir zwölf Artikel auf 50 Blogs weniger als ein einziger auf spiegel.de.“) – dann ist das traurig.
    Es geht doch genau darum, etablierte „MachtMedien“ wie z. B. „spiegel.de“ zu okkupieren, und diese letztlich dazu zu zwingen, ihre Arroganz der politischen und ökonomischen Macht in Verbindung mit ihrem Kommunikationsmonopol durch „Gegenpräsenz“ zu brechen. Und für Musiker wäre dann das Radio auch wieder wichtig (GVL). Das ist dann, „sorry“, k e i n „alter Käse“, sondern cash.

    Vielleicht habe ich deine konkreten oben beschriebenen Erfahrungen als Musiker selbst nicht er- und gelebt. Doch die Utopie ist immer ein Traum, der von der Realität zerstört wird. In diesem Sinne: verändern wir unsere Realität, dort wo wir es können.
    ;-)

  41. 41

    @#801174: Weitermachen, was man für richtig hält, ist immer das Beste und ich wollte keineswegs hoffnungslos klingen – höchstens realistisch. :) Und: Das kann sich auch alles wieder ganz schnell ändern. Zum Besseren für uns!

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    Hasko

    Hurra! Ein Bandwurm. Naja. Kurz gesagt: Wer glaubt, die Mehrzahl der Internetnutzer hingen nur bei Google, Apple, Facebook und ggf. Amazon rum, hat ein Generationenproblem. Meine Kinder und deren Freunde scheinen sich jedenfalls sehr wohl des Internets jenseits der vier „Großen“ bewusst zu sein.

    Zweitens: Niemand sagt, dass es keine Regeln braucht. Naja, vielleicht doch jemand, Idioten halt. Fakt ist: Zum Rechtsstaat gehören Regeln. Aber es gehört auch dazu: Im Zweifel für den Angeklagten. Das mag manchmal schwer sein, aber nicht jeder, der mal ein Video geschaut hat, bei dem im Hintergrund Musik lief, die möglicherweise nicht hätte verteilt werden dürfen, ist auch gleich ein aktiver Kinderpornograph. Dass man deswegen Kinderpornographie nicht verfolgen sollte, hat meines Wissens deshalb keiner gefordert.

    Wenn mal die bestehenden Gesetze durchgesetzt würden, wären wir einen Schritt weiter. Wenn das nicht reicht, könnte man durchaus über neue Gesetze sprechen. Aber wo ist das Gesetz, wenn meine Mailbox permanent vollgemüllt wird? Das ist verboten — aber kümmert sich ein Schwein darum? Keines. Eben. Aber wehe ich schau auf Youtube das neue Video von Dingsbums an — am Besten sofort in den Knast mit mir.

  43. 43

    ich glaube, dass der problemstellung dieses artikels ein viel tiefer gehendes problem dieser gesellschaft zu grunde liegt.

    wir leben in einer welt, in der schwarz/weiss-denken einfach nicht mehr hinhaut, weder im on- als auch im offline-leben. verkürzte, knappe antworten gibt es nicht, zusammenhänge erschließen sich nicht immer auf den ersten blick, und die welt zu verstehen, das schafft schon mal gar keiner. das macht alles angst.

    und genauso wie im internet suchen die menschen auch im realen leben sicherheit, das bewährte, das einfache. die wenigsten wollen sich ernsthaft mit serverkonfigurationen auseinandersetzen, wollen das netz durchsurfen, kennen lernen, neues entdecken, solange ihen facebook und co das vertraute geben. einfache lösungen sind gefragt.

    das erklärt auch im realen leben (und ich spreche hier von der situation in .at) den boom der rechtspopulistischen fpö. einfache antworten auf komplexe themen – das zieht. man muss nciht viel nachdenken, serviert wird eine patentlösung – in diesem fall „ausländer raus“ – und das genügt. (das sich diese parolen bei näherem betrachten als schwachsinn erweisen und auf die komplexität der ihr zugrunde liegenden themantik alles andere als eine lösung sind, das wissen nur die, dies ernsthaft interessiert). max mustermann und otto normalbürger wollen das so. halt in verworrenen zeiten.

    und genauso verhält sich das im internet. solange facebook und co einen mikrokosmos vorgeben, der funktioniert, in dem man sich geborgen fühlt, eben WEIL es ohne viel nachdenken funktioniert, solange ist alles ok. die menschen sehen sich nach einem internet ohne betrügern, ohne spam, ohne fishing, ohne all dem ganzen scheiß. und glauben dass bei facebook gefunden zu haben. ganz nebenbei gibts noch farmville, und schon ist der kleine mikrokosmus zum wohlfühlen komplett.

    der ehemalige .at bundeskanzler, fred sinowatz, in vielen sachen visionär seiner zeit, hat das 1983 (!) ziemlich treffend auf den punkt gebracht:

    „Ich weiß schon, meine Damen und Herren, alles ist sehr kompliziert, so wie die Welt, in der wir leben und handeln. Haben wir daher den Mut, mehr als bisher auf diese Kompliziertheit hinzuweisen; zuzugeben, dass es perfekte Lösungen für alles und für jeden in einer pluralistischen Demokratie gar nicht geben kann.“

    und genau das ist der punkt: ein zwei-klassen internet, ein anarchistisches und ein geordnetes, das ist einfach zu wenig um die realen situationen zu erfassen und zu erklären. aber es bietet eben halt, in einer zeit, in der alles sehr komliziert ist.

    (bedingt durch die tatsache, dass es 4:49 ist und ich seit stunden keinen kaffee mehr getrunken habe, hoffe ich dass mein gedankengang verständlich und halbwegs nachvollziehbar ist. ansonsten: einfach nachfragen!)

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    @#801225: Also ich fand’s verständlich und stimme zu. Ich hatte aber auch schon zwei Kaffee. :)

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    Nur mal leise anklopfen um ja niemand zu erschrecken.

    http://www.Spiegel.TV bietet seit neuestem übersetzte BBC Reportagen.
    Hellauf begeistert bin ich nicht unbedingt (überspielte Unsicherheit).

    Der schmale rote Faden.

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    Fräulein Achterbahn

    Was soll denn immer dieses Geschrei nach mehr Sicherheit? Es wird nie absolute Sicherheit geben. Nirgenwo und auch nicht im Netz.

    Dieses Bedrohungsszenarion durch das Internet exisitiert doch überhaupt nicht.

    Einzig die mangelnde Medienkompetenz, also der Enduser ist doch für die Lücken verantwortlich. (meist sehr alte oder sehr junge Menschen)

    Das wird sich aber mit der Zeit relativieren und an einem Ende sind halt die Eltern gefragt.

    Ich und viele andere haben sich wunderbar mit dem Status Quo arrangiert.

    Die Idee an sich ist ja ganz nett, müsste aber politisch umgesetzt werden sonst glaube ich kaum dass das „zweite, anarchistische Netz“ lange Bestand hätte.