Die Hintergründe zur Interview-Situation sowie unseren Konzertbericht könnt ihr in diesem Podcast hören, es folgt das Transkript und die Töne des Interviews vom vergangenen Donnerstag.
Paul, hast du schonmal einen Pinsel zertrümmert?
Paul Simonon: Ich habe eine Menge Bilder zerstört. Eine Menge. Unter jedem Bild, das ich gemalt habe, liegen womöglich 20 andere…
Ich habe in einem Interview gelesen, dass Damon die Songs von TGTBATQ als „politische Liebeslieder“ bezeichnet hätte, stimmt das?
Damon Albarn: Ja, das ist es, was ich zu schreiben versuche.
Was glaubt ihr, ist der Unterschied zwischen einer politischen Band heutzutage und einer politischen Band in den 60ern, 70ern, 80ern?
DA: Naja, in den 60ern hatten die Bands eine sehr starke emitionale Ebene, die die Message begleitete, wohingegen heutige politische Bands, wenn es sie überhaupt gibt, mir sehr dogmatisch und bombastisch erscheinen und sie vergessen dabei, dass es bei Musik um Schönheit geht und nicht um… um…
PS: … Predigen.
DA: Predigen, genau.
Gibt es denn eurer Meinung nach heutzutage überhaupt eine Band, die einen Einfluss auf die Gesellschaft oder wenigstens die Jugend hat?
DA: Heutzutage?
PS: Schwer zu sagen für uns, wir sind einfach nicht mehr in dem Alter. Das müssen die jungen Leute, wo immer sie leben, selbst herausfinden, wir sind einfach eine komplett andere Altersklasse.
Was ändert sich in der zweiten, dritten, vierten Band im Gegensatz zur ersten, in der man noch mit seinen Schulfreunden zusammen gespielt hat?
DA: Oh, es wird einfacher! Man kommt besser voran.
PS: Wir haben beide viel Erfahrung, wir haben in Bands gespielt, seit wir sehr jung waren, auf eine Art sind wir jetzt „weiser“. Jetzt ist es eher wie ein Treffpunkt, es ist offener.
Gibt es etwas in eurer musikalischen Vergangenheit, das ihr bereut?
DA (grinsend): Ähm… nun… es gibt Dinge, die ich getan habe… die künstlerisch deutlich weniger erfolgreich waren als andere… (lacht). Aber, ach, je älter man wird, desto mehr tendiert man dazu, weniger Fehler zu machen. Für sehr viele Leute bedeutet das dann, dass sie weniger unternehmenslustig sind. Als ich 22 war habe ich mich gerne betrunken habe um dann auf die Dächer hoher Gebäude zu steigen. Das würde ich heute nicht mehr machen.
Wirklich nicht?
DA: Nein. Also, wenn ich heutzutage auf das Dach eines hohen Gebäudes steigen müsste, würde ich darauf achten, dass ich nicht betrunken bin (lacht).
Paul, war es wirklich Damon der dich dazu brachte wieder den Bass in die Hände zu nehmen?
PS: Ja! Es war wirklich Damon. Ich hatte eine Menge Respekt vor seiner Musik, seine Gedanken und für seine Position als Mensch in dieser Welt, wie sie eben ist… Also, anders gesagt: Er wurde in die 10 Downing Street eingeladen und hat sich geweigert hinzugehen. Er hat einen Brief geschrieben und die Partie (auch: der Partei…) abgesagt. Das ist eine Entscheidung, die ich unterstütze.
Ich hab auch die erste Gorillaz-Show in London gesehen, das war gut, das war meine Art von Musik. Zu der Zeit hatte ich auch gerade das Gefühl, dass ich mal wieder etwas anderes machen könnte als zu malen. Es ist machmal gut, etwas anderes zu machen als mit Farbe auf Leinwand zu malen, eine Skulptur oder halt, wie bei mir, Musik. Leute wie Canaletto haben zwischendurch aufgehört zu malen und Musik gemacht. Oder Vlaminck, der hat Violine gespielt.
Es gab viele Reaktionen seitens der Blogs auf eure Platte, habt ihr ein persönliches Verhältnis zu dem, was gerade im Netz passiert?
DA: Mehr als alle anderen Platten, mit denen ich zu tun hatte, hat diese ihre Bekanntheit durch das Netz erlangt. Es gibt auf ihr keine Songs für die kommerziellen Radiosender, wir haben keine Videos, also sind wir nicht auf MTV, also mussten wir irgendwie anders an die Leute kommen. In diesem Sinne ist es eine sehr moderne Platte. Was in den Blogs und auf YouTube und so weiter passiert ist, hat mich als sehr positive Erfahrung überrascht. Und auf eine Art glaube ich, dass das für die Plattenfirmen der Beweis sein sollte, dass man mit guter Musik überleben kann. Vielleicht kann man sich keinen Bentley davon leisten, aber man kann überleben und mit guter Musik vorankommen. Und das ist eine sehr wichtige Aussage, die da gesendet wird.
Unsere Leser haben Fragen gestellt, soll ich euch die mal vorlesen?
DA: Na klar!
ManU oder Chelsea?
DA: Pfft! Also bei mir Chelsea.
PS: (winkt ab)
Rugby League oder Rugby Union?
DA: Keins von beiden.
PS: Ich interessier‘ mich nicht für Rugby.
Blair, Brown oder Cameron?
DA: Leider keiner davon. Das ist der Grund, warum es unserer Demokratie so schlecht geht.
PS: Man hat nicht wirklich eine Wahl.
Frage an Paul: Wie gefällt dir die Version von Guns Of Brixton von Nouvelle Vague? Hast du die je gehört?
PS: Ja, hab‘ ich, gute Version! Hat eine frische Herangehensweise und versucht nicht einfach, das Original zu kopieren. Ja, das ist eine sehr gute Version!
Jemand fragte, ob du dir wirklich die Nase gebrochen hast? Was ist bei diesen Bildern passiert?
PS: (grinst) Weiß nicht … Naja … Sie hat einen Schlag abbekommen und wurde dann schwarz…
Und wir werden nicht erfahren, wer’s war?
PS: Nee, das könnte Ärger geben… (lacht)!
Es gibt bei den Plattenfirmen eine gewisse Paranoia wegen der Leute, die mit ihren Handy-Kameras Gigs filmen und ins Internet stellen. Macht euch das bei euren Konzerten was aus?
DA: Ach, das macht uns nichts aus.
PS: Das ist sogar sehr hilfreich, nur dadurch können z.B. Leute in Neuseeland einen Eindruck von dem bekommen, was hier abgeht.
DA: Ich habe da absolut keinerlei Probleme mit. Wir haben nach drei Konzerten im Roundhouse in London gespielt, quasi vor einem weltweiten Publikum! Es war in Wirklichkeit ein sehr, sehr geplantes (?) Proben, eine Art globale Probe und damit haben wir sozusagen alle Songs Monate vor dem Album rausgegeben. Manchmal ist es gut, wenn man einfach total offen damit umgeht, ein Beispiel, dem Regierungen mal folgen sollten… Wenn man nichts zu verbergen hat, sollte man kein Problem damit haben.
Vom Gig in Köln habe ich bereits am nächsten Morgen Fotos und Rezensionen in Blogs gesehen.
PS: Das ist das faszinierende daran, das ist das positive daran, man muss nicht warten, bis die großen TV-Stationen…
DA: Und außerdem muss man nicht auf die Meinung von Leuten warten, die gar nicht dabei waren, was ja oft vorkommt, und das ist einfach falsch, nicht richtig.
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Viel wäre bei diesem Interview noch drin gewesen, hätte man sich in einer etwas entspannteren Situation befunden… Zwei angenehm englische Herren mit tollen Stimmen und klaren Meinungen, mit einer popmusikalischen Historie, die ihresgleichen sucht…
Und vielleicht wäre ich dann auch von allein auf die eigentlich naheliegende und wichtigste Frage gekommen, die nämlich, die Tanja während des Konzerts einfiel:
Is the Queen ugly?
Gutes Interview mit guten Fragen! Meinen uneingeschränkten Neid habt Ihr, dass Ihr so nah dran wart.
Antwort: Indeed, it is.
Danke für das Interview.
respekt, alter! :)
Du klingst sehr britisch ;-)
Was haben denn Tony und Simon in der Zeit gemacht? Beleidigt halbe Brötchen vertilgt?
Immer wieder sympathisch die beiden. Nettes Interview :)
Schöne Antworten, die, wie du sagst, Lust auf mehr machen…
sehr nettes und informatives interview…
Dank Dir :)
Ist dir die Frage mit der Queen und ugly echt so spät eingefallen? Och schade, ich dachte, das wäre offensichtlich, die Antwort dazu hätte ich gerne gehört.
Ich hab vermutet, dass seine kaputte Nase etwas mit den kaputten Schneidezähnen von Damon zu tun hätte, aber …
Hey, cool, Du hast das Versprechen gehalten! Dann will ich mal meins einloesen meine Antworten zu geben:
– ManU or Chelsea?
Neither. Celtic Football Club!
– Rugby League or Rugby Union?
Both, although Rugby Union is what I watch more (when I find the time)
– Blair/Brown or Cameron?
Unfortunately I’m not entitled to vote (I can only pay taxes, not decide where they’re spent), but if I was I might go for the Monster Raving Loony Party (hey, they’re blogging…). Well, may be.
– Lager or Ale?
Ale. Real Ale
sehr nettes wenn auch kurzes interview.
ich weiß auch immer gar nicht, was alle gegen den albarn haben.
@ Armin:
Jetzt würde ich sie auch wählen! Endlich mal vernünftige „Politiker“!
ManU oder Chelsea?
DA: Pfft! Also bei mir Chelsea.
PS: (winkt ab)
Ha, Abwinken ist genau die richtige Antwort auf diese Frage. Bestimmt auch ein Gunner der Paul, wie Joe Strummer. Daß Damon aber mit mit Chelsea sympathisiert, schockiert mich schon…
Ansonsten, schönes Interview und ich geb‘ zu, ich bin ein wenig neidisch auf Dich, Johnny.
@Armin: Celtic spielt doch gar nicht in der richtigen Premierleague ;-)
alex., im Paradies zu spielen reicht doch.
Johnny, ich nehme an das Fragezeichen bedeutet Du bist Dir der Uebersetzung nicht ganz sicher?
Es war in Wirklichkeit ein sehr, sehr geplantes (?) Proben, eine Art globale Probe und damit haben wir sozusagen alle Songs Monate vor dem Album rausgegeben.
Das bezieht sich doch auf das „scrutinised rehearsal“. Das wuerde ich am ehesten mit „genau beobachteten Proben“ uebersetzen, was besseres faellt mir da leider nicht ein. Es geht darum dass die Proben sehr genau beobachtet, verfolgt, untersucht und analysiert wurden und viel darueber berichtet wurde. Es gibt den Begriff der „media scrutiny“, der bedeutet in etwa dass die Medien ein Thema aufgenommen haben, es eingehend untersuchen und darueber berichten.
Gibt’s vielleicht auch Deutsche Begriffe fuer, aber da ich praktisch nie Woerter uebersetze sondern mich bemuehe Bedeutungen zu verstehen weiss ich sie nicht.
@14
Tja, bei der breiten (englischen) Masse hat er nunmal nicht die working-class-Kredibilität eines Noel Gallagher und bei den Indie-Kids umgibt ihn nicht das Mysterium eines Thom Yorke. Von daher wird dann jegliches Anzeichen von Arroganz immer gleich zum Bild des selbstverliebten Schnösel zusammengedichtet. Aber selbst McCartney hatte ja lange mit dem Coolness-Faktor zu kämpfen….und irgendwann werden sicher auch die Letzten merken, dass Albarn „unser“ David Bowie ist.
Schade, nicht mal ein bisschen gehobenes Kiddie-Fantum á la „Hey Paul, ich war mal Dein Support!“
Tráckbà ck mánùál: http://rezirezen.blogspot.com/2007/02/spreeblick-bei-good-bad-queen.html
Sebastian, das habe ich hinterher gemacht, nachdem die Aufnahmegeräte gestoppt waren. Im Ernst.
Cool. Und, was sacht er?
Ach naja… was soll er sagen? Im Gegensatz zu Strummer damals, der sich wirklich an unseren Bandnamen erinnern konnte (er hat ihn vor mir gesagt!) konnte er sich glaube ich nicht wirklich erinnern. War halt nettes „So do you still play in a band?“ und so. Ich denke Leute wie mich trifft er täglich. Aber: Immer charmant dabei. Wie es sich gehört.
ein wenig off topic: das cover von calexico zu „guns of brixton“ ist auch ziemlich gut.