Unser Mo hat vor einigen Tagen einen vielbeachteten Artikel über die verbindende Kaft des Fußballs geschrieben.
Ich selbst habe gestern mit Franzosen die Marseillaise gesungen, mit genug Weißwein im Blut würde ich sie aber auch abseits der Weltmeisterschaft singen, ein großartig blutrünstiger Hassmarsch, man möchte gleich einen Feldzug nach Russland organisieren.
Der Fußball ist jedoch zugleich auch Spaltpilz.
Ob man sich die Fehde zwischen Achim Achilles und Birgit Schönau anschaut (online leider nicht mehr verfügbar, Birgit Schönau tappte in die von Achilles aufgestellte Falle der Vulgärklischees, indem sie mit Phrasen wie “Italians do it better” konterte), die britische Yellow Press oder auch die Kommentare auf youtube zu meinem Wayne-Rooney-Video, bei denen die Äußerung you german wankers will pay noch zu den harmloseren gehört: Überall wird Fußball zum Anlass genommen, Klischees aus den untersten Schubladen des Plattitüden-Schranks zu nehmen und sie als Waffe einzusetzen.
Fußball ist durchaus ein Hilfsmittel, um Rassimus zu überwinden. In fast allen Mannschaften wirken Spieler mit, deren ethnische Wurzeln fernab von ihrer Fußballheimat liegen.
Aber bermerkenswert ist, wie heftig nationale Ressentiments geschürt werden, besonders angesichts der Tatsache, dass alle vier Halbfinalmannschaften aus Ländern der EU kommen. Wird da deutlich, dass die EU keine Herzensangelegenheit der Bürger Europas ist? Oder handelt es sich bei den nationalistischen Parolen doch nur um Fanmetaphorik?
Bei einem Spiel zwischen Alemannia Aachen und Saarbrücken schallte aus dem Fanblock der Gäste:
Ihr seid alle Ruhrpott-Assis.
Neben einer dramatischen Verkennung der geographischen Lage Aachens enthüllt diese Anekdote, dass man allzu weitreichende Schlüsse aus den oben aufgezeigten Beobachtungen nicht ziehen kann. Mit Sicherheit haben diese Saarbrücker Fans Aachen zu Deutschland gezählt, sind nach dem Spiel in Aachener Kneipen einkgekehrt und haben ihren Familien Printen mitgebracht (Aus Aachen kann man nur Printen mitbringen).
Eine kriegerische Auseinandersetzung der beiden Städte stand und steht nicht zu befürchten.
Solange Parolen im Stadion bleiben, kann man sie hinnehmen. Vor und nach dem Spiel aber wäre es angenehm, man würde die Fiktion eines zivilisierten und sportlichen Umgangs wahren.
Ein paar Worte noch in eigener Sache:
Auch wir bedienen uns überreichlich im Reservoir der Länderklischees.
Nun ist ein Grundproblem eines monthematischen Weblogs, dass wir unser politisches Profil nicht an anderer Stelle schärfen können, um für einen Ausgleich zu sorgen. Es bleibt uns die Hoffnung, dass unsere Leser die satirisch überspitzten Artikel unterscheiden können von denen, die eins zu eins so gemeint sind, wie sie niedergeschrieben wurden. Wir wissen alle voneinander, wo wir politisch stehen, keiner von uns hat einen nationalistischen Hintergrund, Mo ist britischer als die Queen, Lotta ist in Italien geboren und aufgewachsen, Lena hat ein Herz für Holland, Melville ist Schweizer. Ich selbst kann nur meine Begeisterung für Schwedinnen und ihre Bräuche ins Feld führen, aber das ist ein anderes Thema.